TE Bvwg Beschluss 2020/8/7 W195 2233603-1

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Veröffentlicht am 07.08.2020
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Entscheidungsdatum

07.08.2020

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z2
B-VG Art132 Abs2
B-VG Art133 Abs4
Sonstige Rechtsvorschriften (SUB) §0
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W195 2233603-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsident Dr. Michael SACHS über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch XXXX , Rechtsanwälte in XXXX , gegen die behauptete Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Beamte der PI XXXX der LPD XXXX am 29.06.2020 beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text


BEGRÜNDUNG

I. Verfahrensgang

Mit Schriftsatz vom 31.07.2020, eingelangt im Bundesverwaltungsgericht am 03.08.2020, erhob der Beschwerdeführer (BF) eine Maßnahmenbeschwerde gegen das polizeiliche Vorgehen im Rahmen einer Anhaltung des BF und Abmontieren eines Kennzeichens für das Moped XXXX .

Konkret sei der BF am 29.06.2020 mit dem genannten Moped von XXXX nach XXXX unterwegs gewesen war. Er sei mit einer Geschwindigkeit von 65 km/h gemessen worden und wurde deshalb von zwei Polizeibeamten angehalten. Im Zuge dieser Anhaltung sei die Abnahme der Kennzeichen und damit einhergehend der Entzug zur Zulassung zur Inbetriebnahme und Benützung dieses Fahrzeuges durch namhaft gemachte Polizeibeamte der PI XXXX erfolgt.

Dieser Entzug basiere auf einer rechtswidrigen Vorgangsweise, zumal schlichtweg das zugrundeliegende Messverfahren kein geeignetes Verfahren gewesen sei, um zu überprüfen, ob das gegenständliche Fahrzeug gemäß den gesetzlichen Bestimmungen richtig zugelassen sei und keinerlei Nachweis vorläge, dass die Verkehrs- und Betriebssicherheit in Frage zu stellen sei. Diesbezüglich verwies der BF auf einen erfolgten Rückbau des Fahrzeuges in den Originalzustand im Laufe des Sommers 2019, welcher noch immer vorliegen würde.

Durch die Abnahme der Kennzeichen hätten die Polizeibeamten (konkret ein namentlich genannter Polizeibeamter) unmittelbare behördliche Befehl- und Zwangsgewalt ausgeübt und den BF in einem gesetzlich gewährleisteten Recht verletzt. Es werde deshalb vom rechtsfreundlich vertretenen BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben, zumal das Kraftfahrwesen eine Art 10 B-VG-Materie sei und die Angelegenheit den § 57 KFG beträfe.

Beantragt wurde vom rechtsfreundlich vertretenen BF die Feststellung des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich der ungerechtfertigten Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen den BF durch die entzogene Zulassung bzw. Abnahme von Kennzeichen für das Fahrzeug KZ XXXX und die damit einhergehende Untersagung der Benutzung des Mofas sowie die Zuerkennung der Kosten in der verzeichneten Höhe von € 737,60.

Eine Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde nicht beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen

Am 29.06.2020 wurde der BF, der mit einem Moped unterwegs war und von Polizeibeamten mit einer Geschwindigkeit von 65 km/h gemessen wurde, angehalten. In weiterer Folge wurde die Kennzeichentafel mit der XXXX vom Moped abgenommen und damit einhergehend die Untersagung der Benutzung des Kraftfahrzeuges durch einen Polizeibeamten der PI XXXX , umgesetzt.

Gegen diese Maßnahme brachte der rechtsfreundlich vertretene BF eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein und beantragte die Feststellung der ungerechtfertigten Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehl- und Zwangsgewalt und stellte ein Kostenersatzbegehren.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Vorbringen in der Maßnahmenbeschwerde. Offensichtliche Widersprüche, insbesondere zum Vorbringen in der Maßnahmenbeschwerde, traten nicht auf, sodass der Sachverhalt im ausreichenden Maße für eine (kompetenzrechtliche) Beurteilung ausreichend dargestellt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1 Maßgebliche Rechtslage

Allgemeines zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß Art. 129 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) besteht für jedes Land ein Verwaltungsgericht des Landes. Für den Bund bestehen ein als Bundesverwaltungsgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes und ein als Bundesfinanzgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte u.a. über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit (Z 1); gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit (Z 2); wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Z 3) oder gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 2 B-VG (Z 4).

Gemäß Art. 132 Abs. 2 B-VG kann jeder gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Die Erhebung einer solchen Maßnahmenbeschwerde ist dann zulässig, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist (vgl. VwGH vom 26.04.2010, 2009/10/0240; VwGH vom 21.10.2010, 2008/01/0028; VwGH vom 31.05.2012, 2010/06/0203). Eine Maßnahmenbeschwerde kann sich demnach nur gegen die Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt durch Verwaltungsbehörden oder durch Organe in ihrem Dienste richten (vgl. VwGH vom 14.12.1990, 90/18/0234).

Nach der Judikatur des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Zwangs- und Befehlsgewalt im Wesentlichen ein Verwaltungshandeln, das von einem Verwaltungsorgan in der Hoheitsverwaltung durch Ausübung unmittelbaren Zwanges (Gewalt) oder Erteilung eines Befehls (mit unverzüglichem Befolgungsanspruch) gegen einen individuellen Adressaten gesetzt wird (VfSlg. 7346/1974, 11.935/1988; VwGH vom 28.05.1997, 96/13/0032). Voraussetzung für das Vorliegen eines derartigen Aktes ist, dass einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen wird (vgl. statt vieler VwGH vom 19.09.2006, 2005/06/0018). Ein derartiger Eingriff liegt im Allgemeinen vor, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (VfSlg. 12.791/1991; VwGH vom 23.01.2007, 2005/06/0254). Werden objektiv keine Zwangsmaßnahmen gesetzt oder angedroht oder müssen diese nicht zwangsläufig erwartet werden, handelt es sich um keine Ausübung verwaltungsbehördlicher Zwangs- und Befehlsgewalt (VwGH vom 24.06.1998, 97/01/0239; VwGH vom 16.11.2000, 98/01/0452 oder VwGH vom 06.07.2004, 2003/11/0175).

An dieser Stelle ist festzuhalten, dass das BVwG – soweit sich aus Art. 131 Abs. 3 B-VG nichts anderes ergibt –gemäß Abs. 2 B-VG nur über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennt, sofern es sich dabei um Rechtssachen handelt, in denen die Vollziehung des Bundes unmittelbar von Bundesbehörden besorgt wird.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 6 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in jeder Lage des Verfahrens seine Zuständigkeit zu prüfen und eine etwaige Unzuständigkeit wahrzunehmen (VwGH vom 29.10.2015, Ro 2015/07/0019).

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Im Falle der Zurückweisung hat die Entscheidung gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss zu ergehen.

Hinsichtlich der Zuständigkeit des BVwG zur Entscheidung über die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde bedeutet dies:

Aufgrund des vorgebrachten Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass als Rechtsgrundlage für das polizeiliche Einschreiten Bestimmungen des Kraftfahrzeuggesetzes dienten.

Zwar wird, wie der anwaltlich vertretende BF richtigerweise ausführt, das „Kraftfahrwesen“ im Art 10 Absatz 1 Z 9 B-VG genannt und fällt dieses somit in Gesetzgebung und Vollziehung in die Bundeskompetenz. Allerdings wird im Art 102 Abs 2 B-VG das „Kraftfahrwesen“ nicht als Angelegenheit, „im Rahmen des verfassungsmäßig festgestellten Wirkungsbereiches“, die „unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden“, genannt. Der Vollzug des Kraftfahrwesens ist vielmehr Gegenstand der mittelbaren Bundesverwaltung.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich, dass im vorliegenden Fall im Ergebnis keine Angelegenheit vorliegt welche „unmittelbar von Bundesbehörden“ im Sinne von Art. 131 Abs. 2 erster Satz B-VG besorgt wird, weshalb gegenständlich auch keine Zuständigkeit des BVwG zur Entscheidung vorliegt. Aus diesen Erwägungen ergibt sich weiters, dass der Rechtszug im vorliegenden Fall – soweit es das Verwaltungshandeln betrifft - somit nicht an das BVwG, sondern gemäß der Art. 131 Abs. 1 B-VG inhärenten Generalklausel an das (örtlich zuständige) LVwG, im konkreten an das Landesverwaltungsgericht XXXX , zu gehen hätte. Dies ergibt sich zudem aus dem in der Beschwerde angeführten Wohnsitz des BF in XXXX .

Dem Begehren hinsichtlich Kostenersatzes war wegen der Unzulässigkeit der Beschwerde in der Hauptsache keine Folge zu geben, weil der BF mit seinem Vorbringen nicht obsiegte.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Da die vorliegende Beschwerde mittels Beschluss zurückzuweisen war und aus einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, welche zudem auch nicht beantragt worden war, Abstand genommen werden (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 (2018) § 24 VwGVG, Anm 7, mwN).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Im vorliegenden Beschluss findet sich die relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kompetenzlage Landesverwaltungsgericht Maßnahmenbeschwerde Unzuständigkeit BVwG Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W195.2233603.1.00

Im RIS seit

04.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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