TE OGH 2020/10/22 6Ob199/20p

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Veröffentlicht am 22.10.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden sowie die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei I*****, vertreten durch Dr. Hausberger, Dr. Moritz und Dr. Schmid, Rechtsanwälte in Wörgl, gegen die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei F*****, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung und Rechnungslegung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 3. September 2020, GZ 4 R 109/20s-31, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§§ 528a iVm 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Nach ständiger Rechtsprechung hat ein bestimmtes Begehren zur Voraussetzung, dass ihm der Gegenstand, die Art, der Umfang und die Zeit der geschuldeten Leistung zu entnehmen ist (RS0000466). Auch wenn die Anforderungen an die Bestimmtheit nicht überzogen werden dürfen, muss eine stattgebende Entscheidung derart bestimmt sein, dass sie eine zuverlässige Grundlage für die zwangsweise Durchsetzung der ausgesprochenen Verpflichtung bildet, sowie, dass der Umfang der materiellen Rechtskraft der Entscheidung zuverlässig und eindeutig festgelegt werden kann (8 Ob 91/16i ua; G. Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 389 Rz 6). Die Beurteilung, ob das Begehren ausreichend bestimmt ist, richtet sich jeweils nach den Umständen des Einzelfalls (8 Ob 91/16i ua) und wirft daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1.2. In ihrem Provisorialantrag begehrt die Klägerin „die gerichtliche Hinterlegung des ursprünglichen geldwerten Anteils der Klägerin als wirtschaftliche Berechtigte in Höhe von 8,8314 % [eines mittlerweile aufgelösten Wertpapierkontos] zum Stichtag 9. 12. 2012“ und den Auftrag an den Beklagten, diesen geldwerten Anteil binnen 48 Stunden auf das vom Verwahrungsgericht bekanntzugebende Konto zu überweisen.

1.3. Bei einem derartigen Sicherungsantrag ist aber völlig unklar, welche Wertpapiere seinerzeit den Bestand eines vor acht Jahren aufgelösten Wertpapierdepots bildeten; aus diesem Grund ist auch nicht klar, wie hoch der „geldwerte Anteil“ der Klägerin ist, dessen Verwahrung die Klägerin in ihrem Sicherungsantrag begehrt.

1.4. Dies gilt auch für den von der Klägerin gestellten Eventualantrag, dem Beklagten zu verbieten, den „geldwerten Anteil“ der Klägerin an dem angeführten Konto zu veräußern oder sonst darüber zu verfügen.

1.5. Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Rechtsauffassung besteht kein Grund, bei einer Stufenklage von diesen Grundsätzen abzuweichen. Die Stufenklage ermöglicht dem Kläger lediglich, zugleich mit der Auskunftserteilung bereits die geschuldete Leistung zu verlangen, wobei das Klagebegehren in Abweichung von § 226 ZPO vorläufig unbestimmt bleiben darf (Art XLII Abs 3 EGZPO; Konecny in Fasching/Konecny3 Art XLII EGZPO Rz 8). Dieses Verfahrensinstitut kann für das Sicherungsverfahren jedoch lediglich bedeuten, dass an die Bezeichnung des zu sichernden Anspruchs nicht strengere Anforderungen gestellt werden als im Hauptverfahren. Keinesfalls kann daraus jedoch abgeleitet werden, dass abweichend von sonst geltenden Grundsätzen die begehrte Sicherungsmaßnahme nicht deutlich bestimmt bezeichnet werden müsste, bliebe doch andernfalls völlig unklar, was genau dem Gegner der gefährdeten Partei aufgetragen wird und was erforderlichenfalls im Wege eines Zwangsvollstreckungsverfahrens durchgesetzt werden müsste.

2.1. Soweit der Revisionsrekurs eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens darin erblickt, dass die Vorinstanzen die Unbestimmtheit des Sicherungsantrags nicht zum Gegenstand eines Verbesserungsauftrags machten, ist ihm zunächst entgegenzuhalten, dass es nach ständiger Rechtsprechung (RS0005433) dem Wesen des auf rasche Entscheidung abgestellten Provisorialverfahrens widerspricht, eine Entscheidung aufzuheben, um der klagenden Partei in einem zweiten Rechtsgang die Möglichkeit zu geben, ein unbestimmtes Sicherungsbegehren zu verbessern.

2.2. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung der Rechtsmittelwerber in einer Verfahrensrüge wegen Verletzung der Anleitungspflicht darzulegen hat, welches zusätzliche oder andere Vorbringen er aufgrund der von ihm nicht beachteten neuen Rechtsansicht erstattet hätte (RS0037095 [T4, T14, T16, T19]; RS0037325 [T5]; RS0037300 [T46, T48] uva). Auch im Revisionsrekurs vermag die Klägerin ihren Antrag jedoch nicht in einer den Bestimmtheitserfordernissen entsprechenden Weise zu präzisieren. Schon aus diesem Grund ist auf die Kritik der Literatur an der Unzulässigkeit der Verbesserung von Inhaltsmängeln im Provisorialverfahren (vgl dazu G. Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 389 Rz 20 ff) nicht einzugehen.

3. Zusammenfassend bringt der Revisionsrekurs daher keine Rechtsfragen der von § 526 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass er spruchgemäß zurückzuweisen war.

Textnummer

E129882

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0060OB00199.20P.1022.000

Im RIS seit

27.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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