TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/18 97/20/0495

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Veröffentlicht am 18.09.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §19 Abs1 Z1;
AsylG 1991 §19 Abs2;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 97/20/0496 E 18. September 1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des K, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in Wien I, Reichsratsstraße 13, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Juni 1997, Zl. 4.352.017/1-III/13/97, betreffend Zurückweisung eines Antrages in einer Asylangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Inhalt der Beschwerde und des angefochtenen Bescheides war der Beschwerdeführer im Verfahren über seinen Asylantrag vom 2. Mai 1997 für den 26. Mai 1997, 7,30 Uhr, zur Einvernahme vor dem Bundesasylamt geladen.

Mit Bescheid vom 30. Mai 1997 wies das Bundesasylamt den Asylantrag gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 "ab".

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 30. Mai 1997 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Diese Entscheidung begründete die belangte Behörde im wesentlichen wie folgt:

"Sie sind der Ihnen zu Handen Ihres rechtsfreundlichen Vertreters am 13.05.1997 zugestellten Ladung für den 26.05.1997, 07.30 Uhr, ohne vorhergehende Entschuldigung nicht nachgekommen. Das Schreiben Ihres rechtsfreundlichen Vertreters, in dem er um Erteilung eines neuen Ladungstermines ersucht, da Sie erkrankt seien, ist dem Bundesasylamt mittels Telefax erst am 26.05.1997, 12.30 Uhr, zugekommen. Die Behörde hatte somit von Ihrem Fernbleiben erst nach dem Ladungstermin Kenntnis.

Da das angeführte Tatbestandsmerkmal vorliegt, Ihre "Entschuldigung" insbesondere nicht als "vorhergehende" qualifiziert werden kann, war spruchgemäß zu entscheiden."

In der Beschwerde hält der Beschwerdeführer dem folgendes entgegen:

"Im vorliegenden Fall erhielt mein rechtsfreundlicher Vertreter am 13.5.1997 eine Ladung für Montag, den 26.5.1997,

7.30 Uhr. Ich habe meinen rechtsfreundlichen Vertreter umgehend von meiner Erkrankung in Kenntnis gesetzt und hat dieser diesen Umstand am gleichen Tage dem Bundesasylamt mittels Telefax mitgeteilt. Aufgrund dieses Sachverhaltes erscheint bereits evident, daß eine vorhergehende Entschuldigung de facto nicht möglich war, da der Ladungstermin bereits um 7.30 Uhr festgesetzt wurde. Es war mir somit unmöglich, das Bundesasylamt oder meinen ausgewiesenen Vertreter vom Umstand meiner Erkrankung vor diesem Termin in Kenntnis zu setzen.

Die Voraussetzungen für eine Abweisung des Asylantrages gemäß § 19 Abs. 1 Z. 7 (gemeint: Z. 1) AsylG liegen somit nicht vor."

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

§ 19 Abs. 1 und 2 AsylG 1991 lauten in den hier

wesentlichen Teilen wie folgt:

"§ 19 (1) Asylanträge sind in jedem Stand des Verfahrens abzuweisen, wenn

1. der Asylwerber einer Ladung zu einer Vernehmung oder zu einer mündlichen Verhandlung ohne vorhergehende Entschuldigung nicht nachgekommen ist;

...

(2) In den Fällen des Abs. 1 Z. 1 und 2 findet § 71 AVG sinngemäß mit der Maßgabe Anwendung, daß der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen einer Woche nach Zustellung des gemäß Abs. 1 erlassenen Bescheides gestellt werden muß."

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 30. Juni 1994, B 1219/93 u.a., die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung verneint und dazu u.a. ausgeführt:

    "Zur Erreichung des Zieles, den Asylwerber zur Mitwirkung

am Verfahren zu verhalten, wäre es aber nicht geboten, einen

Asylantrag in der Sache nur deshalb endgültig negativ zu

erledigen, weil der Asylwerber seiner Mitwirkungsverpflichtung

nicht (voll) nachgekommen ist; vielmehr genügt es, Konsequenzen

im Bereich der Prozeßvoraussetzungen zu ziehen. Das Gesetz kann

in diesem Sinn ausgelegt werden, nämlich dahin, daß das im

ersten Halbsatz des § 19 Abs. 1 AsylG 1991 gebrauchte Wort

"abzuweisen" nicht im technischen Sinn zu verstehen ist,

sondern im Sinn von "zurückzuweisen". Diese Interpretation

vermeidet ein dem Art. 11 Abs. 2 B-VG widersprechendes

Ergebnis. ... Bei diesem Gesetzesinhalt sind die Z. 1 und 2 des

§ 19 Abs. 1 AsylG 1991 "erforderlich" im Sinne des Art. 11

Abs. 2 B-VG, also unerläßlich. ... Wenn sich die belangte

Behörde bei Formulierung der Sprüche der angefochtenen

Bescheide der (verfehlten) Terminologie des Gesetzes bedient

und die Asylanträge "abgewiesen" hat, ... sind ... die

bekämpften Bescheide im oben dargelegten Sinn zu deuten."

Dieser Sichtweise ("Interpretation" des Wortes "abzuweisen" im Sinne von "zurückzuweisen") hat sich der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt angeschlossen (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 9. Mai 1996, Zl. 95/20/0113, und die dort zitierten Vorerkenntnisse).

Für den vorliegenden Fall folgt daraus zunächst, daß die von der belangten Behörde bestätigte "Abweisung" des Asylantrages nicht als Entscheidung über das Recht des Beschwerdeführers auf Asyl, sondern als Zurückweisung des Antrages "zu deuten" ist.

Ob diese Entscheidung zu Recht erfolgte, hat die belangte Behörde - trotz der Verwendung des Ausdrucks "insbesondere" - nur unter dem Gesichtspunkt geprüft, ob die Entschuldigung des Beschwerdeführers eine (in bezug auf den Termin, zu dem der Beschwerdeführer geladen war) "vorhergehende" gewesen sei. Die belangte Behörde verneinte dies, weil der Beschwerdeführer für 7,30 Uhr geladen gewesen, seine Entschuldigung wegen Krankheit aber erst um 12,30 Uhr desselben Tages bei der Behörde eingelangt sei.

Damit hat die belangte Behörde die durch das AsylG 1991 geschaffene Rechtslage richtig erkannt. Das Wort "vorhergehend" im § 19 Abs. 1 Z. 1 AsylG 1991 kann nicht auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die als Zurückweisung zu deutende Abweisung im Sinne des ersten Halbsatzes der Bestimmung, sondern nur auf den Zeitpunkt bezogen werden, zu dem der Asylwerber der Ladung nachkommen sollte. Daraus folgt, daß die als Zurückweisung zu deutende Abweisung nach der vom Gesetzgeber des AsylG 1991 getroffenen Anordnung auch dann zu erfolgen hat, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung eine Entschuldigung vorliegt, und daß deren Inhalt - wenn die Entschuldigung keine "vorhergehende" war - für diese Entscheidung nicht von Bedeutung ist (vgl. schon die Erkenntnisse vom 10. März 1994, Zl. 94/19/0228, und vom 20. September 1995, Zl. 94/20/0567, zu jeweils nur um Stunden verspäteten Entschuldigungen). Ohne "vorhergehende" Entschuldigung können die Verhinderungsgründe daher nur im Rahmen eines Wiedereinsetzungsantrages nach § 19 Abs. 2 AsylG 1991 geltend gemacht werden. Die Entscheidung über einen derartigen Wiedereinsetzungsantrag ist im vorliegenden Fall nicht zu beurteilen.

Eine Auseinandersetzung mit der sachlichen Rechtfertigung des § 19 Abs. 1 Z. 1 AsylG 1991 erübrigt sich, weil der Verfassungsgerichtshof in der zitierten Entscheidung schon ausgesprochen hat, mit dem von ihm angenommenen Inhalt ("abzuweisen" im Sinne von "zurückzuweisen") sei die Regelung "unerläßlich".

Das Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76, sieht derartige Zurückweisungen nicht mehr vor. Zu der statt dessen für bestimmte Fälle eingeführten Regelung führen die Erläuternden Bemerkungen (686 BlgNR 20. GP, 28) aus:

"Mit dem geltenden § 19 des Asylgesetzes 1991 sollte die gesetzliche Möglichkeit geschaffen werden, in bestimmten Situationen das Asylverfahren auch vor Abschluß des Ermittlungsverfahrens zu beenden. Dies ist nur dann begründbar, wenn eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts wegen Abwesenheit des Asylwerbers nicht möglich ist. ..."

Gemäß § 42 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 tritt dieses mit 1. Jänner 1998 in Kraft. Mit diesem Tag treten Verfahren betreffend Bescheide nach dem AsylG 1991, die beim Verwaltungsgerichtshof angefochten sind, gemäß § 44 Abs. 2 Asylgesetz 1997 in das Stadium vor Erlassung des Berufungsbescheides zurück, sofern die Anfechtung vor Kundmachung dieses Bundesgesetzes (am 14. Juli 1997) erfolgte.

Im vorliegenden Fall erfolgte die Anfechtung mit der am 12. August 1997 zur Post gegebenen und am 14. August 1997 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Beschwerde, weshalb über letztere in jedem Fall - unabhängig von der Frage ihrer Erledigung vor oder nach dem Inkrafttreten des Asylgesetzes 1997 am 1. Jänner 1998 - unter Anwendung des AsylG 1991 zu entscheiden ist.

Auf dem Boden der durch das AsylG 1991 geschaffenen Rechtslage ist die Beschwerde nicht begründet. Da sich dies schon aus ihrem Inhalt ergibt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997200495.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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