TE Bvwg Beschluss 2020/7/8 L524 2230308-1

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Veröffentlicht am 08.07.2020
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Entscheidungsdatum

08.07.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AVG §35
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L524 2230308-1/8E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. in der Beschwerdesache der XXXX , geb. XXXX , StA Irak, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.01.2020, Zl. 1150370409-191191990, betreffend Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten, den Beschluss:

A) Über die Beschwerdeführerin wird gemäß § 35 AVG eine Mutwillensstrafe von € 600,? verhängt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Feststellungen:

Der Ehemann der Beschwerdeführerin verließ im Jahr 2014 den Irak und stellte am 14.01.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 22.11.2015, Zl. 15-1050109401/150046771, wurde sein Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).

Dieser Bescheid erwuchs mit 14.12.2015 in Rechtskraft. Zuletzt wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 20.11.2020 verlängert.

Die Beschwerdeführerin stellte im Oktober 2019 für sich und ihre minderjährigen Söhne Anträge auf Erteilung von Einreisetitel gemäß § 35 AsylG zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG. Diesen Anträgen wurde stattgegeben.

Daraufhin wurden der Beschwerdeführerin und den beiden minderjährigen Söhnen ein von 11.11.2019 bis 11.03.2020 gültiges Visum D erteilt. Am 15.11.2019 reiste die Beschwerdeführerin mit den beiden Söhnen legal in Österreich ein.

Am 21.11.2019 stellte die Beschwerdeführerin für sich und ihre Söhne jeweils Anträge auf internationalen Schutz.

In der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab die Beschwerdeführerin an, dass sie den gegenständlichen Antrag deswegen stelle, weil ihr Ehemann den Status eines subsidiär Schutzberechtigten erlangt habe und sie denselben Schutz wie ihr Ehemann beantrage. Eigene Fluchtgründe brachte sie weder für sich selbst noch für die Söhne vor.

In der Einvernahme vor dem BFA gab die Beschwerdeführerin an, dass sie keine eigenen Fluchtgründe hat und sie sich auf die Gründe ihres Ehemannes bezieht. Sie gab auch an, dass ihre Söhne keine eigenen Fluchtgründe haben. Die beiden Söhne gaben in derselben Einvernahme ebenso an, dass sie keine eigenen Fluchtgründe haben. Auf die Frage, ob sie alle ihre Fluchtgründe genannt hat, gab die Beschwerdeführerin an, dass sie keine Fluchtgründe hat.

Mit Bescheid des BFA vom 20.01.2020, Zl. 1150370409-191191990, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkte I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkte II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkte III.). Auch die Anträge der Söhne wurden gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und ihnen der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde.

In der Beschwerde wird ausgeführt, dass die Beschwerdeführer ihre Aussagen zu ihren Fluchtgründen, die sie in den Einvernahmen vor der belangten Behörde gemacht haben, aufrechterhalten und dass sie Angaben gemacht haben, welche wahrscheinlich erscheinen und mit den Tatsachen und allgemeinen Erfahrungen übereinstimmen.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom25.05.2020, L524 2230308-1/6E, L524 2230306-1/4E und L524 2230307-1/4E, wurden die Beschwerden der Beschwerdeführerin und ihrer Söhne gegen Spruchpunkt I. der Bescheide des BFA vom 20.01.2020 als unbegründet abgewiesen.

II. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Bescheid betreffend den Ehemann der Beschwerdeführerin, IZR-Auszügen des Ehemannes und der Beschwerdeführerin, den Niederschriften der Erstbefragung und der Einvernahme vor dem BFA, dem Bescheid betreffend die Beschwerdeführerin und der Beschwerde.

II. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Verhängung einer Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG:

Gemäß § 35 AVG kann die Behörde gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt mutwillig, wer sich im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und der Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet, sowie wer aus Freude an der Behelligung der Behörde handelt. Darüber hinaus verlangt das Gesetz aber noch, dass der Mutwille offenbar ist; dies ist dann anzunehmen, wenn die wider besseres Wissen erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschieht, dass die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, für jedermann erkennbar ist. Mit der in § 35 AVG vorgesehenen Mutwillensstrafe kann geahndet werden, wer "in welcher Weise immer" die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nimmt (vgl. VwGH 16.02.2012, 2011/01/0271).

Die mutwillige Inanspruchnahme der Behörde kann auch durch die Erhebung von Rechtsmitteln verwirklicht werden (VwSlg. 3410 A/1954; vgl. auch VwSlg 15.245 A/1928; VwGH 24.03.1997, 95/19/1705M; 18.04.1997, 95/19/1706). Dabei ist aber zu bedenken, dass der Vorwurf des Missbrauchs von Rechtsschutzeinrichtungen mit äußerster Vorsicht gehandhabt werden muss. Ein solcher ist daher nur ausnahmsweise dann am Platz, wenn für das Verhalten des Einschreiters nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine andere Erklärung bleibt (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 35, Rz 3; VwGH 29.06.1998, 98/10/0183; 16.02.2012, 2011/01/0271; vgl. auch VwGH 15.12.1999, 98/12/0406).

Strafbarer Mutwille bei Ergreifung von Rechtsmitteln hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Bewusstsein von der Grundlosigkeit des Rechtsmittels zur Voraussetzung. Mutwillig wird ein Rechtsmittel daher dann ergriffen, wenn sich der Rechtsmittelwerber wissentlich auf einen unrichtigen Tatbestand stützt oder wenn es zweifellos und auch ihm bewusst ist, dass der vorliegende Tatbestand keinen Grund zur Beschwerde gibt (vgl. VwGH 01.06.1928, Slg. Nr. 15.245/A). Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Rechtsprechung in der Folge dahingehend präzisiert, dass auf Seiten desjenigen, der das Rechtsmittel einbringt, ein offenbar mutwilliges Handeln erforderlich ist. Wenn das Gesetz neben der Mutwilligkeit, d.h. neben einem von der Absicht, die Behörde zu behelligen, geleiteten und von dem Bewusstsein getragenen Handeln, dass mit dem Rechtsmittel der erstrebte Zweck überhaupt nicht verwirklicht werden kann, noch verlangt, dass der Mutwille offenbar ist, so lässt sich daraus erkennen, dass die wider besseres Wissen erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschehen muss, dass jedermann die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, hätte erkennen müssen (vgl. VwGH 18.04.1997, 95/19/1706 unter Hinweis auf VwGH 18. Mai 1954, Slg.NF. Nr. 3410 A).

Im vorliegenden Fall wurde dem Ehemann der Beschwerdeführerin mit Bescheid des BFA vom 22.11.2015 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Als Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, stellten die Beschwerdeführerin und ihre Söhne im Oktober 2019 Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 AsylG zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG. Diesen Anträgen wurde stattgegeben und die Beschwerdeführerin und die Söhne reisten im November 2019 in Österreich ein.

Am 21.11.2019 stellte die Beschwerdeführerin für sich und ihre Söhne jeweils Anträge auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des BFA vom 20.01.2020 wurde der Beschwerdeführerin und den Söhnen der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG zuerkannt, da dem Ehemann der Beschwerdeführerin dieser Status rechtskräftig zuerkannt wurde.

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wurde gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkte I.). Gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde.

Mit der Beschwerde, die sich gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, kann der erstrebte Zweck, nämlich die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nicht verwirklicht werden. Die Beschwerdeführerin hat nämlich weder in der Erstbefragung noch in der Einvernahme vor dem BFA und auch nicht in der Beschwerde auch nur annähernd ein Vorbringen erstattet, welches auf eine asylrelevante Verfolgung hindeutet.

In der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab die Beschwerdeführerin an, dass sie den gegenständlichen Antrag deswegen stellt, weil ihr Ehemann den Status eines subsidiär Schutzberechtigten erlangt habt und sie denselben Schutz wie ihr Ehemann beantragt. Eigene Fluchtgründe brachte sie nicht vor.

In der Einvernahme vor dem BFA gab die Beschwerdeführerin an, dass sie keine eigenen Fluchtgründe hat und sie sich auf die Gründe ihres Ehemannes bezieht. Sie gab auch an, dass ihre Söhne keinen eigenen Fluchtgründe haben. Die beiden Söhne gaben in derselben Einvernahme ebenso an, dass sie keine eigenen Fluchtgründe haben. Auf die Frage, ob sie alle ihre Fluchtgründe genannt hat, gab die Beschwerdeführerin an, dass sie keine Fluchtgründe hat.

In der Beschwerde wird ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin und ihre Söhne die Aussagen zu ihren Fluchtgründen, die sie in den Einvernahmen vor der belangten Behörde gemacht haben, aufrechterhalten und dass sie Angaben gemacht haben, welche wahrscheinlich erscheinen und mit den Tatsachen und allgemeinen Erfahrungen übereinstimmen. Die Beschwerdeführerin erstattete aber in der Erstbefragung und auch in der Einvernahme vor dem BFA keine Verfolgungsgründe. Vielmehr führten sie dort mehrfach aus keine Fluchtgründe zu haben.

Da die Beschwerdeführerin keinerlei Gründe betreffend die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorbrachte und die Ermittlungspflicht gemäß § 18 AsylG nicht so weit geht, dass Umstände, die ein Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln sind (vgl. VwGH 06.09.2018, Ra 2018/18/0202), kann mit dem Rechtsmittel der erstrebte Zweck, die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, überhaupt nicht verwirklicht werden.

Wenn kein Vorbringen betreffend die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten erstattet wird, hätte auch jedermann die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, erkennen müssen. Es ist zweifellos und es musste der Beschwerdeführerin auch bewusst sein, dass es keinen Grund zur Beschwerde gibt, wenn sie mit einem Einreisetitel gemäß § 35 AsylG in Österreich einreist, hier – abgeleitet von ihrem Ehemann – die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten beantragt und diesem Antrag auch entsprochen wird.

Wenn in der Beschwerde der belangten Behörde vorgeworfen wird, sie habe es unterlassen, auf das individuelle Vorbringen der Beschwerdeführer einzugehen, die Beschwerdeführer Hinweise zur Begründung ihres Antrags gegeben hätten, welche die Behörde nicht näher hinterfragt habe, so ist dieses Vorbringen vor dem Hintergrund der mehrfachen Angaben in der Erstbefragung und der Einvernahme vor dem BFA, dass die Beschwerdeführerin und ihre Söhne keine Fluchtgründe haben, tatsachenwidrig und geradezu dreist und offenbart, dass die Beschwerdeführerin aus Freude an der Behelligung der Behörde gehandelt hat.

Unter Berücksichtigung des Umstands, dass diese Vorgehensweise der Beschwerdeführerin ihr Verfahren und die beiden Verfahren ihrer minderjährigen Söhne betraf, ist angesichts eines Strafrahmens von € 726,? eine Strafe von € 600,? ausreichend.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.

Schlagworte

Aussichtslosigkeit Mutwillen Mutwillensstrafe Rechtsmissbrauch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L524.2230308.1.01

Im RIS seit

25.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

25.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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