TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/9 W165 2195718-1

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Veröffentlicht am 09.09.2020
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Entscheidungsdatum

09.09.2020

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art133 Abs4
FPG §11
FPG §11a

Spruch

W165 2195724-1/2E

W165 2195718-1/2E

W165 2195720-1/2E
W165 2195723-1/2E
W165 2195721-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , 3. XXXX , geb. XXXX , 4. XXXX , geb. XXXX und 5. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Afghanistan, die minderjährigen Beschwerdeführer vertreten durch die Kindesmutter XXXX , diese vertreten durch das österreichische Rote Kreuz, gegen die Bescheide der österreichischen Botschaft Islamabad vom 30.01.2018, GZ: Islamabad-ÖB/KONS/2997/2016, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 35 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF1), ist die Mutter der minderjährigen Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer (im Folgenden: BF2 bis BF5).

Die Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), stellten am 18.08.2016 bei der österreichischen Botschaft Islamabad (im Folgenden: ÖB Islamabad), Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005.

Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehemann der BF1 und angebliche Vater der BF2 bis BF5 angegeben, dem mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.10.2015, GZ: W116 1431257-1/9E, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Am 13.09.2017 wurde ein Asylaberkennungsverfahren gegen die Bezugsperson eingeleitet. Am 24.10.2017 fand eine Einvernahme der Bezugsperson in ihrem Asylaberkennungsverfahren statt. Mit Bescheid des BFA vom 30.10.2017 wurde der Bezugsperson der Flüchtlingsstatus mit der Begründung aberkannt, dass diese nach Afghanistan gereist sei und sich damit unter den Schutz des Heimatstaates gestellt habe. In der Folge wurde ein Beschwerdeverfahren gegen die Aberkennung des Asylstatus beim Bundesverwaltungsgericht angestrengt, das unter der GZ: W222 1431257-2 gegenwärtig noch anhängig ist.

Den Einreiseanträgen waren diverse Unterlagen (in Kopie) angeschlossen, wie die Reisepässe der BF und der Bezugsperson, die Geburtsurkunden der BF, eine Heiratsurkunde der BF1 und der Bezugsperson (in Originalsprache und englischer Sprache), das Asylerkenntnis der Bezugsperson vom 02.10.2015, eine E-Card der Bezugsperson.

Zu den seitens der ÖB Islamabad an das BFA samt Unterlagen weitergeleiteten Einreiseanträgen übermittelte das BFA der ÖB Islamabad mit Schreiben vom 24.10.2017 eine Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Gegen die Bezugsperson sei ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 AsylG 2005 anhängig. In der angeschlossenen Stellungnahme vom selben Tag führte das BFA ergänzend aus, dass schon die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren infolge Führung eines Verfahrens zur Aberkennung des Asylstatus gemäß den §§ 7 bzw. 9 AsylG 2005 nicht vorliegen würden.

Mit Schreiben der ÖB Islamabad vom 27.10.2017, der Vertreterin der BF zugestellt am 17.01.2018, wurde den BF unter Anschluss der Mitteilung und Stellungnahme des BFA vom 24.10.2017 die Möglichkeit zur Stellungnahme zur negativen Wahrscheinlichkeitsprognose innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung des Schreibens eingeräumt.

Mit Schreiben vom 24.01.2018 erstattete die Vertreterin der BF eine Stellungnahme an die ÖB Islamabad. Darin wurde zusammengefasst vorgebracht, dass der Bezugsperson mittels Bescheides des BFA vom 30.10.2017, zugestellt am 06.12.2017, der Flüchtlingsstatus wegen der von der Behörde angenommenen Rückkehr nach Afghanistan aberkannt, der Status als subsidiär Schutzberechtigter nicht zuerkannt, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan festgestellt worden sei. Gegen diesen Bescheid sei fristgerecht Beschwerde erhoben worden und sei das diesbezügliche Verfahren somit gegenwärtig beim Bundesverwaltungsgericht anhängig, sodass der Flüchtlingsstatus nicht rechtskräftig aberkannt worden sei. Nach Ansicht der BF stelle das Aberkennungsverfahren gegen den Status der Bezugsperson eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar. Das vorliegende Einreiseverfahren wäre somit bis zur rechtskräftigen Klärung der Aberkennung des Status der Bezugsperson auszusetzen. Der Verwaltungsgerichtshof habe darüber hinaus festgestellt, dass an die Wahrscheinlichkeitsprognose eine niedrigere Beweisschwelle als an ein diesbezügliches Verfahren gemäß § 34 AsylG 2005 im Inland geknüpft sei. Sofern eine Gewährung desselben Schutzes bloß wahrscheinlich sei, sei die Einreise zu gewähren. Abgelehnt werden dürfe der Antrag nur dann, wenn die Erteilung nicht einmal wahrscheinlich, also ausgeschlossen sei. Da bislang keine rechtskräftige Entscheidung diesbezüglich vorliege, könne nicht davon gesprochen werden, dass eine Gewährung desselben Schutzes ausgeschlossen sei, womit den BF die Einreise zu gewähren sei.

Das BFA teilte der ÖB Islamabad nach Erhalt der Stellungnahme der BF vom 24.01.2018 mit Schreiben vom 29.01.2018 mit, dass die negative Mitteilung aufrecht bleibe. Wie bereits in der Stellungnahme ausgeführt, dürfe das BFA gemäß § 35 Abs. 4 Z 1 AsylG 2005 nur dann eine positive Mitteilung erteilen, wenn gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig sei (§§ 7 und 9 AsylG 2005). Unstrittig sei, dass ein Verfahren der Bezugsperson zur Aberkennung des Status laufe. Sohin könne schon gemäß § 35 Abs. 4 Z 1 AsylG 2005 - selbst im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 - keine positive Mitteilung ergehen, weshalb die Entscheidung aufrecht bleibe.

Mit Bescheiden der ÖB Islamabad vom 30.01.2018, der Vertreterin der BF zugestellt am selben Tag, wurden die Einreiseanträge gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung von Anträgen auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Daraus habe sich ergeben, dass die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 26 FPG iVm § 35 Abs. 4 AsylG 2005 abzulehnen wären.

Gegen die Bescheide richten sich die fristgerecht eingebrachten Beschwerden vom 27.02.2018, worin wie bisher vorgebracht wurde und vollinhaltlich auf die Stellungnahme vom 24.01.2018 verwiesen wurde. Der Ausgang des beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Asylaberkennungsverfahrens der Bezugsperson werde letzten Endes dafür ausschlaggebend sein, ob die BF als Familienangehörige eines anerkannten Flüchtlings zu qualifizieren seien. Der Bezugsperson werde aufgrund einer Aussage der Ehegattin im Zuge der Antragstellung zur Familienzusammenführung vorgeworfen, nach Afghanistan gereist zu sein. Die Bezugsperson habe dazu im Wesentlichen angegeben, lediglich nach Pakistan gereist zu sein. Ihre Frau habe in Afghanistan die organisatorischen Schritte gesetzt und Dokumente zwecks Leistung des Fingerabdrucks nach Pakistan gebracht. Die Aussagen der Bezugsperson seien vom BFA als nicht glaubwürdig erachtet und sei aufgrund deren Reise nach Afghanistan davon ausgegangen worden, dass die Bezugsperson aktuell nicht mehr von den Taliban bedroht sei. Selbst im Falle, dass die Bezugsperson für einen kurzen Zeitraum nach Afghanistan zurückgekehrt wäre, ließe sich daraus nicht das Wegfallen der asylrelevanten Gefahr ableiten. Da durchaus die Möglichkeit bestehe, dass der Beschwerde der Bezugsperson in deren Aberkennungsverfahren stattgegeben werde, sei das Verfahren zur Familienzusammenführung auszusetzen, bis eine rechtskräftige Entscheidung im Aberkennungsverfahren vorliege. Das Aberkennungsverfahren gegen den Status der Bezugsperson stelle eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 15.05.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 18.05.2018, wurden die Beschwerden samt Verwaltungsakten mit dem Hinweis, dass eine Beschwerdevorentscheidung nicht erlassen worden sei, vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt werden der unter I. dargelegte Verfahrensgang und Sachverhalt.

Am 13.09.2017 wurde ein Asylaberkennungsverfahren gegen die Bezugsperson eingeleitet. Am 24.10.2017 fand eine Einvernahme der Bezugsperson in ihrem Asylaberkennungsverfahren statt. Mit Bescheid des BFA vom 30.10.2017 wurde der Bezugsperson der Flüchtlingsstatus mit der Begründung aberkannt, dass diese nach Afghanistan gereist sei und sich damit unter den Schutz des Heimatstaates gestellt habe. In der Folge wurde ein Beschwerdeverfahren gegen die Aberkennung des Asylstatus beim Bundesverwaltungsgericht angestrengt, das unter der GZ: W222 1431257-2 gegenwärtig noch anhängig ist.

II. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus den Verwaltungsakten, den einliegenden Unterlagen und dem Vorbringen der BF.

Der Umstand, dass gegen die Bezugsperson bis dato ein Asylaberkennungsverfahren anhängig ist (Beschwerdeverfahren beim Bundesverwaltungsgericht), folgt aus einem dies bestätigenden aktuellen Auszug aus dem IZR zur Bezugsperson und der Einschau in das hg. Aktenverwaltungssystem.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 idgF lauten:

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:

Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragsteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG2005

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt der Vertretungsbehörde keine eigene Prüfungskompetenz zu (VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152 uvam).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offensteht, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, zumal die negative Prognose des BFA zutreffend ist.

Der Auffassung der österreichischen Vertretungsbehörde, dass den Einreiseanträgen nicht stattzugeben gewesen sei, da gegen die Bezugsperson ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 AsylG 2005 anhängig sei, ist beizupflichten:

Die Regelung des § 35 Abs. 4 Z 1 AsylG 2005 normiert, dass das Bundesamt eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose („Mitteilung, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist“), u.a nur dann erteilen darf, wenn gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9). Dies lässt die Wertung erkennen, dass - da während eines anhängigen Asylaberkennungsverfahrens eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose unzulässig ist - auch kein Einreisetitel zu erteilen ist. Im verfahrensgegenständlichen Fall steht - auch von den BF nicht in Abrede gestellt - fest, dass gegen die Bezugsperson ein Asylaberkennungsverfahren anhängig ist. Das Asylaberkennungsverfahren war bereits im Zeitpunkt der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA anhängig. Das BFA hat im Hinblick darauf, der gesetzlichen Vorgabe entsprechend, eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose abgegeben und die Vertretungsbehörde in Bindung daran die Einreiseanträge zu Recht abgelehnt. Dass das Einreiseverfahren im Sinne des § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Asylaberkennungsverfahrens auszusetzen wäre, wie die Vertreterin der BF vermeint, kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Sieht man einmal davon ab, dass es sich bei einer Verfahrensaussetzung nach § 38 AVG um eine „Kann-Bestimmung“ handelt, so stellt das Gesetz in seinem § 35 Abs. 4 Z 1 AsylG 2005 explizit allein auf die Anhängigkeit eines Asylaberkennungsverfahrens als solche ab und knüpft bereits hieran die Unzulässigkeit einer positiven Wahrscheinlichkeitsprognose. Dies erklärt sich daraus und ist auch insofern konsequent, als die Bezugsperson mit Anhängigmachung eines Asylaberkennungsverfahrens wieder in das Stadium ihren unsicheren Aufenthaltsstatus zurückfällt, weshalb die Statusgewährung an Familienangehörige nicht als wahrscheinlich angesehen werden kann. In weiterer Folge hat die Bindung der Vertretungsbehörde an die Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA dazu zu führen, dass ein Einreiseantrag abzulehnen ist.

Entgegen der Rechtsauffassung der Vertreterin der BF stellt ein Asylaberkennungsverfahren der Bezugsperson somit keine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar. Ein – allenfalls vorfragenweise zu beurteilendes – Ergebnis eines solchen Aberkennungsverfahrens ist laut unmissverständlicher gesetzlicher Regelung nicht maßgebend.

Die Vorgangsweise der Vertretungsbehörde entspricht somit den gesetzlichen Vorgaben und ist nicht zu bemängeln. Das Asylaberkennungsverfahren gegen die Bezugsperson war auch im Entscheidungszeitpunkt der Vertretungsbehörde anhängig und ist auch gegenwärtig, somit im Zeitpunkt der Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht über die beschwerdegegenständlichen Einreiseanträge, nach wie vor anhängig.

Im Übrigen ist es den BF unbenommen, im Falle, dass das beim Bundesverwaltungsgericht anhängige Asylaberkennungsverfahren der Bezugsperson zu dem Ergebnis führen sollte, dass deren Status durch die Behörde zu Unrecht aberkannt worden sei und auch die übrigen Voraussetzungen für die Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 AsylG 2005 - insbesondere die Familienangehörigeneigenschaft - erfüllt sind, jederzeit neue Einreiseanträge zu stellen.

In Anbetracht dessen, dass im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels besteht, war spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu erlassen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Asylaberkennung Einreisetitel Prognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W165.2195718.1.00

Im RIS seit

24.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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