TE Bvwg Beschluss 2020/9/11 W115 2177602-3

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Veröffentlicht am 11.09.2020
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Entscheidungsdatum

11.09.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W115 2177602-3/5E

BESCHlUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.




Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Antragsteller, Staatsangehöriger von Afghanistan, gelangte unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet und stellte am XXXX einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.    Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom XXXX wurde dieser Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.); der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.); ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen den Antragsteller gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

1.2.    Die gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , GZ XXXX , als unbegründet abgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht legte dem angeführten Erkenntnis neben ausführlichen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat, die folgenden Feststellungen zum Fluchtvorbringen, zur Situation des Antragstellers im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan und zu seinem Familienleben zugrunde (Auszug aus dem angeführten Erkenntnis; Schreibfehler korrigiert; Beschwerdeführer = Antragsteller):

„Der Antragsteller spricht muttersprachlich Dari und ist schiitischen Bekenntnisses. Positiv festgestellt wird weiters, dass der Antragsteller etwa im Alter von zehn Jahren seinen Herkunftsstaat mit der Mutter und weiteren Geschwistern Richtung Iran verlassen und sich bis zu seiner Ausreise im Jahr 2015 im Iran aufgehalten hat. Der Antragsteller hat im Iran eine mehrjährige Grundschule absolviert und hat er seinen Lebensunterhalt durch die Tätigkeit als Landarbeiter, Schneider, Fliesenleger sowie Teppichknüpfer bestritten. Der Antragsteller ist verheiratet und hat ein Kind und befinden sich die Familienangehörigen nach wie vor im Iran. Des Weiteren verfügt der Antragsteller im Iran über weitere familiäre Anknüpfungspunkte. Ungeklärt bleibt, ob der Antragsteller im Herkunftsstaat über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt. In Österreich hat der Antragsteller keinerlei familiäre oder sonstige enge soziale Bindungen.

Die Familienangehörigen des Antragstellers im Iran bestreiten den Lebensunterhalt ebenfalls durch Erwerbstätigkeit und steht der Antragsteller zu den familiären Anknüpfungspersonen im Iran in Kontakt.

Ungeklärt bleibt, ob der Antragsteller Angehöriger der Volksgruppe der Hazara ist. Der Antragsteller hat im Verfahren angegeben, Angehöriger der funktionalen Religionsgruppe der Sayed zu sein.

Positiv festgestellt wird, dass der Vater des Antragstellers aus nicht näher nachweisbarem Grunde zum vormaligen Zeitpunkt getötet wurde, weshalb die Familie des Antragstellers gemeinsam mit dem Antragsteller Afghanistan verlassen hat und sich bis zuletzt im Iran aufhielt. Der Antragsteller war vor seiner Ausreise keinen konkreten wie immer gearteten Verfolgungshandlungen ausgesetzt, ebensowenig wie die Familienangehörigen des Antragstellers (abgesehen vom Vater). Der Antragsteller stammt aus der afghanischen Provinz Bamyan. Die Provinz Bamyan wird hauptsächlich von Angehörigen der Völker der Hazara, Tadschiken, Tataren und Paschtunen bewohnt.

In der Provinz Bamyan besteht tatsächlich eine prozentuell geringfügige Minderheit einer Personengruppe, die sich selbst als Sadat oder Sayed bezeichnen. Die Sayed führen sich selbst auf eine Abstammung vom Propheten Mohamed zurück und sehen sie sich oftmals keiner anderen ethischen Gruppierung zugehörig bzw. vermeinen sie sich von anderen Volksgruppen auf Grund der Herkunft abzuheben. Die Sadat oder Sayed stellen eine respektierte Minderheitengruppe dar und werden sie nicht diskriminiert. Der Antragsteller leidet aktuell an keinen schwerwiegenden oder gar lebensbedrohlichen gesundheitlichen oder psychischen Beeinträchtigungen.

Der Antragsteller hat verschiedene Anstrengungen zum Erwerb der deutschen Sprache unternommen und wird ihm sein positives Wohlverhalten durch mehrere Referenzschreiben attestiert.

Der Antragsteller hat keine weiteren Schritte zur Integration unternommen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aus einer konkreten individuellen Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verlassen hat oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe oder massive Verfolgung landesweit zu befürchten hätte.

Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bei einer allfälligen Rückkehr nach Afghanistan, beispielsweise in Ballungszentren Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde.“

Dieser Sachverhalt wurde auf die folgenden beweiswürdigenden Erwägungen gestützt (Auszug aus dem angeführten Erkenntnis):

„Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zur Herkunft des Beschwerdeführers, zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Arbeitsfähigkeit, sowie zu seiner familiären Situation in Afghanistan und in Österreich ergeben sich aus dem diesbezüglich glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl („BFA“) und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht („BVwG“). Die Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand ergeben sich aus den diesbezüglich vorgelegten medizinischen Unterlagen.

[…]

Aus keiner der vorliegenden Quellen ergibt sich, dass derzeit dergestalt exzeptionelle Umstände in Kabul, Mazar-e-Sharif und Herat und anderen Städten anzunehmen sind, die die begründete faktenbasierte Annahme bzw. Prognose rechtfertigen, dass der Beschwerdeführer dort keine Lebensgrundlage vorfindet und von ihm die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können.

Beweiswürdigend wird festgehalten, dass einerseits im Verfahren nicht klar hervorgetreten ist, ob der Antragsteller tatsächlich Angehöriger des Volkes der Hazara ist; dies auf Grund der diesbezüglich divergenten Angaben vor beiden Instanzen des Verfahrens. Zugrunde gelegt wurde die zentrale wiederholte gleichbleibende Aussage des Antragstellers, Angehöriger der sogenannten funktionalen Religionsgruppe der Sadat oder Sayed zu sein. Nicht hervorgekommen ist im Verfahren, dass Angehörige dieser Gruppierung in Afghanistan per se gefährdet oder einem Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind.

Zentral zugrunde gelegt wurde, dass der Vater des Antragstellers zum vormaligen Zeitpunkt - allenfalls aufgrund der Übertretung sozialer Normen - dies aus Sicht der Angehörigen der eigenen funktionalen Religionsgruppe, getötet wurde. Nicht war dem Vorbringen des Antragstellers nachvollziehbar entnehmbar, dass auch die Angehörigen des getöteten Vaters demgemäß die Mutter sowie die Geschwister des Antragstellers und der Antragsteller selbst einem massiven maßgeblich wahrscheinlichen Verfolgungsrisiko der Herkunftsregion ausgesetzt waren.

Zu Grunde zu legen war, dass der Antragsteller mit seiner Mutter und den Schwestern die letzten Jahre seit dem zehnten Lebensjahr bis zum Jahr 2015 im Iran zugebracht hat, wo es ihm auch offenbar möglich war, durch die Aufnahme mehrerer Erwerbstätigkeiten den Lebensunterhalt zu sichern und ist dies indiziert überdies durch die Tatsache, dass es dem Antragsteller im Iran war zu heiraten und Familie zu gründen.

Aufgrund der Berichtslage war festzuhalten, dass die Angehörigen der genannten Gruppierung der Sayed in der Herkunftsregion des Antragstellers Bamyan eine gering prozentige Minderheit darstellen.

[…]“

1.3.    Der Antragsteller verließ daraufhin das österreichische Staatsgebiet und war zumindest vom XXXX bis XXXX in Deutschland aufhältig. In weiterer Folge wurde der Antragsteller aufgrund der vorliegenden Zuständigkeit Österreichs für die Bearbeitung des Asylverfahrens gemäß der Dublin-III Verordnung aus Deutschland nach Österreich rücküberstellt.

1.4.    Am XXXX stellte der Antragsteller einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag).

1.5.    Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX sowie im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am XXXX gab der Antragsteller im Wesentlichen zusammengefasst an, dass die Fluchtgründe an sich dieselben seien, wie im vorangegangenen Verfahren. Vor ca. einem Jahr seien seine Mutter und seine zwei Schwestern aus dem Iran nach Afghanistan abgeschoben worden. Bei einem nächtlichen Überfall auf ihr Haus seien seine Mutter und seine jüngste Schwester von den Angreifern geköpft worden. Er vermute, dass die Feinde seiner Familie hinter diesem Angriff stecken würden. Seine andere Schwerster habe sich ebenfalls in diesem Haus aufgehalten und sei seit diesem Angriff verschollen. Weiters habe er noch eine Schwester in Afghanistan, diese sei ebenfalls verschollen. Darüber hinaus hätte er vom Iran aus in den Krieg nach Syrien ziehen sollen und sei im Iran auch festgenommen worden. Da jedoch sein Freund verletzt aus dem Krieg zurückgekehrt sei, sei er von seinem Wohnort geflüchtet und habe sich versteckt. Danach sei er nach Europa geflüchtet. Nun seien seine Mutter und seine Schwestern gefunden und nach Afghanistan abgeschoben worden. Er sei schuldig, dass sie abgeschoben worden seien, da er nicht in Syrien gekämpft habe.

1.6.    Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen; ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt; gegen den Antragsteller gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist. Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht und wurde gegen den Antragsteller gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von einem Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen.

1.7.    Der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

1.8.    Am XXXX übermittelte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht die Anhörung des Antragstellers am XXXX vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Deutschland. Im Zuge dieser Anhörung hat der Antragsteller u.a. angegeben, dass er keine Geschwister habe und seine Mutter vor ca. 4-5 Jahren im Zuge eines Verkehrsunfalles im Iran ums Leben gekommen sei.

1.9.    Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde die gegen den Bescheid des Bundesamtes vom XXXX erhobene Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , GZ XXXX , als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde vom Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst ausgeführt, dass das Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass vom Antragsteller keine neuen Fluchtgründe vorgebracht worden seien und sich die individuelle Situation für ihn hinsichtlich seines Herkunftsstaates Afghanistan nicht in einem Umfang verändert habe, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhaltes auszugehen sei. Zudem weise die Behauptung, dass seine Mutter und seine jüngere Schwester von den Feinden des Vaters oder von sonst einer Person geköpft bzw. getötet worden seien, keinen glaubhaften Kern auf. Zudem habe sich die allgemeine Situation im Herkunftsstaat des Antragstellers nicht geändert. Es könne nicht festgestellt werden, dass im Falle einer Verbringung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat Afghanistan diesem ein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 EMRK drohe. Ihm stehe eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in den Städten Mazar-e Sharif, Herat oder Kabul zur Verfügung. Es würden keine Umstände existieren, welcher einer Abschiebung des Antragstellers aus dem Bundesgebiet entgegenstünden.

1.10.   In weiterer Folge ordnete das Bundesamt über den Antragsteller die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an und wird dieser seit XXXX in Schubhaft angehalten.

2.       Am XXXX stellte der Antragsteller gegenständlichen Folgeantrag (dritter Antrag) auf internationalen Schutz, zu welchem er am XXXX durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde.

Im Verlauf dieser Befragung gab der Antragsteller zu seiner neuerlichen Antragstellung im Wesentlichen zusammengefasst an, dass seine Fluchtgründe weiterhin aufrecht seien. Die Situation habe sich nicht geändert. Er wolle einfach in Österreich bleiben, deswegen stelle er einen neuerlichen Asylantrag.

2.1.    Mit Verfahrensanordnung, übernommen am XXXX , wurde dem Antragsteller vom Bundesamt mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufzuheben.

2.2.    Bei der niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt am XXXX wurde dem Antragsteller im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari und eines Rechtsberaters die Gelegenheit eingeräumt, zu der geplanten weiteren Vorgangsweise des Bundesamtes - Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache und Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes - Stellung zu nehmen.

Der Antragsteller gab im Wesentlichen zusammengefasst an, dass er gesundheitlich in der Lage sei, die Einvernahme durchzuführen. Er habe aber Nierensteine und würde daher Tabletten nehmen. An einer lebensbedrohenden Krankheit leide er jedoch nicht. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab der Antragsteller an, dass seine neuen Fluchtgründe mit seinem alten Fluchtgrund verbunden seien. Im Mai oder Juni dieses Jahres habe er aus Afghanistan einen Anruf von einer ihm bekannten Person erhalten. Im Zuge dieses Gespräches sei ihm von dieser Person mitgeteilt worden, dass sie wisse, wer seine Mutter und seine Schwester geköpft habe. Zudem habe er auch seine ältere Schwester in seiner Gewalt. Dieser Mann habe zu ihm gesagt, dass er persönlich nach Afghanistan kommen und ihm 20.000 US-Dollar bezahlen müsse. Würde er dies nicht tun, dann werde seine Schwester umgebracht. Beweismittel für dieses Vorbringen könne er jedoch keine vorlegen. Weiters wurde dem Antragsteller vom Bundesamt die Möglichkeit geboten, in aktuelle Länderfeststellungen zu Afghanistan Einsicht zu nehmen. Dies wurde von ihm abgelehnt.

2.3.    Im Anschluss an die niederschriftliche Einvernahme am XXXX wurde vom Bundesamt mit dem im Spruch genannten mündlich verkündeten Bescheid der dem Antragsteller gemäß § 12 AsylG 2005 zukommende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben. Das Bundesamt traf erneut umfangreiche Feststellungen zum Herkunftsstaat und gab den Verfahrensgang wieder. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit der Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert habe. Im gegenständlichen Verfahren habe der Antragsteller keine substanziell neuen Fluchtgründe vorgebracht und sich im Wesentlichen auf sein bereits im Vorverfahren erstattetes Vorbringen gestützt, das er um einige weitere Angaben ergänzt habe. Auch die allgemeine Lage im Herkunftsstaat habe sich nicht entscheidungswesentlich geändert. Die aktuelle COVID-19-Pandemie erfordere auch nicht die Zuerkennung von subsidiärem Schutz. Das Risiko des Antragstellers, daran zu erkranken, sei sehr niedrig, zumal es keine Anhaltspunkte geben würde, dass der Antragsteller einer Risikogruppe angehöre. Auch hinsichtlich seines Gesundheitszustandes sei keine Änderung zum Vorverfahren eingetreten. Eine Verletzung des Art. 3 EMRK drohe dem Antragsteller aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht. Im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers seien ebenfalls keine Änderungen seit der Rechtskraft des Vorverfahrens eingetreten. Der neuerliche Antrag auf internationalen Schutz würde daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Da somit alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vorliegen würden, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

3.       In der Folge legte das Bundesamt den Verwaltungsakt (samt den Vorakten) mit dem gemäß § 62 Abs. 2 AVG beurkundeten Bescheid vom XXXX dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Der Verwaltungsakt (samt den Vorakten) langten der Aktenlage nach am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein. In weiterer Folge wurde das Bundesamt mit Schreiben vom selben Tag davon in Kenntnis gesetzt, dass die gegenständlichen Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung eingelangt sind.

4.       Mit Aktenvermerk vom XXXX , GZ XXXX , wurde vom Bundesverwaltungsgericht festgehalten, dass nach dem Ergebnis einer unverzüglichen Prüfung seitens des erkennenden Richters aus heutiger Sicht nicht zu entscheiden gewesen wäre, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtmäßig gewesen wäre.

Es sei aus ho. derzeitiger Sicht (auf Basis der aktuell vorliegenden Aktenlage) nicht anzunehmen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Ein diesbezügliches Vorbringen sei - nach dem Ergebnis einer Grobprüfung - nicht glaubhaft erstattet worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Antragsteller trägt den im Spruch genannten Namen und ist am XXXX geboren. Er ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan und gehört der Volksgruppe der Sayed sowie der schiitischen Glaubensrichtung des Islams an. Der Antragsteller ist in der Provinz Bamyan geboren. Im Alter von zehn Jahren ist er gemeinsam mit seiner Mutter und weiteren Geschwistern in den Iran gezogen und hat sich bis zu seiner Ausreise im Jahr 2015 dort aufgehalten. Die Muttersprache des Antragstellers ist Dari. Der Antragsteller hat im Iran eine mehrjährige Grundschule absolviert und hat seinen Lebensunterhalt durch die Tätigkeit als Landarbeiter, Schneider, Fliesenleger sowie Teppichknüpfer bestritten. Der Antragsteller ist verheiratet und hat ein Kind und befinden sich diese Familienangehörigen nach wie vor im Iran. Des Weiteren verfügt der Antragsteller im Iran über weitere familiäre Anknüpfungspunkte. Nicht festgestellt werden kann, ob der Antragsteller im Herkunftsstaat über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt. In Österreich hat der Antragsteller keinerlei familiäre oder sonstige enge soziale Bindungen.

Der Antragsteller stellte im Bundesgebiet bereits zwei Anträge auf internationalen Schutz.

Der erste Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist. Weiters wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX als unbegründet abgewiesen.

In der Folge reiste der Antragsteller trotz Verpflichtung nicht freiwillig aus dem Bundesgebiet aus. Stattdessen verließ der Antragsteller Österreich unrechtmäßig und reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Deutschland ein und war zumindest vom XXXX bis XXXX dort aufhältig. In weiterer Folge wurde der Antragsteller aufgrund der vorliegenden Zuständigkeit Österreichs für die Bearbeitung des Asylverfahrens gemäß der Dublin-III Verordnung aus Deutschland nach Österreich rücküberstellt.

Am XXXX stellte der Antragsteller einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag).

Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde dieser Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen; ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist. Weiters wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht und wurde gegen den Antragsteller ein auf die Dauer von einem Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Antragsteller ist nicht legal in das Bundesgebiet eingereist und hatte nie ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich.

Der Antragsteller stellte am XXXX einen dritten (gegenständlichen) Antrag auf internationalen Schutz. Er bezieht sich dabei auf Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des ersten Verfahrens bestanden haben bzw. die bereits im Kern unglaubwürdig sind und auch im Falle einer Wahrunterstellung keine Asylrelevanz aufweisen. Auch eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat des Antragstellers ist zwischenzeitlich nicht eingetreten.

Es ist nicht ersichtlich, dass eine Rückkehr des Antragstellers nach Afghanistan für diesen eine unzulässige Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeutet oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es liegen keine Umstände vor, welche einer Außerlandesbringung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Antragsteller bei einer Rückkehr nach Afghanistan ernsthafter Schaden droht. Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in die Städte Herat und Mazar-e Sharif in eine ausweglose Lage bzw. existenzbedrohende Situation geraten würde.

Es bestehen keine Hinweise, dass bei dem Antragsteller etwaige physische bzw. psychische Erkrankungen vorliegen, die einer Rückkehr nach Afghanistan entgegenstehen würden.

In Bezug auf den Antragsteller besteht weiterhin kein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben im Bundesgebiet.

Der Folgeantrag wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Person des Antragstellers, zum Gang der Vorverfahren sowie des gegenständlichen Verfahrens ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Im gegenständlichen (dritten) Asylverfahren bringt der Antragsteller keine wesentlich neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor. Sein diesbezügliches Fluchtvorbringen wurde bereits in den Vorverfahren als unglaubhaft beurteilt. Auffallend ist die massive Steigerung des Vorbringens des Antragstellers. So begründete der Antragsteller seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen damit, dass sein Vater aufgrund der Übertretung von sozialen Normen von Angehörigen der Volksgruppe der Sayed, denen auch der Antragsteller und sein Vater angehören, getötet worden sei und auch ihm persönlich von diesen Leuten Gefahr drohe. Im Zuge seiner zweiten Antragstellung steigerte er dieses Vorbringen, indem er angab, dass er zwischenzeitlich erfahren habe, dass seine Mutter und seine jüngere Schwester getötet worden seien. Er vermute, dass es die Feinde seines Vaters gewesen seien. Zudem sei seine zweite Schwester, die bei dem Angriff ebenfalls anwesend gewesen sei, verschollen. Er vermute, dass sie als Geisel festgehalten werde, damit die Feinde seines Vaters an ihn herankommen. Zur Begründung seines nunmehr dritten Antrages auf internationalen Schutz steigerte der Antragsteller sein Vorbringen betreffend seine Fluchtgründe nochmals dahingehend, dass er angab, im Mai oder Juni dieses Jahres aus Afghanistan einen Anruf von einem ihm bekannten Mann bekommen zu haben, der ihm mitgeteilt habe, dass er mit der Tötung seiner Mutter und seiner Schwerster etwas zu tun habe. Zudem habe er auch seine ältere Schwester in seiner Gewalt und der Antragsteller müsse persönlich nach Afghanistan kommen und ihm 20.000 US-Dollar bezahlen, sonst würde seine Schwester getötet werden. Diesbezüglich ist auszuführen, dass dieses Vorbringen - wie auch der Antragsteller in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am XXXX selbst angegeben hat - im Zusammenhang mit dem bereits im ersten Asylverfahren erstatteten Vorbringen bezüglich der Bedrohung des Antragstellers durch die Feinde seines Vaters steht. Das Bundesverwaltungsgericht unterzog dieses Vorbringen folglich bereits im Rahmen der vorangegangenen Verfahren einer umfassenden Würdigung und gelangte zum Ergebnis, dass sich dieses Vorbringen als nicht glaubhaft erwiesen hat. Vielmehr steht dieses Vorbringen mit dem rechtskräftig negativ beschiedenen Vorbringen aus den Vorverfahren im untrennbaren Zusammenhang und es liegt daher nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird jener Sachverhalt bekräftigt, über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Zudem konnte der Antragsteller hinsichtlich der angeblichen Entführung seiner Schwester und der Forderung von 20.000 US-Dollar für ihre Freilassung keine Beweismittel vorlegen.

Auch bezüglich der gesundheitlichen Situation des Antragstellers hat sich keine entscheidungsrelevante Änderung ergeben, insbesondere sind keine Anhaltspunkte für akute oder lebensbedrohliche Erkrankungen hervorgekommen. Vom Antragsteller wurde im gegenständlichen Verfahren zwar im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am XXXX angegeben, an Nierensteinen zu leiden und daher Tabletten einzunehmen, medizinische Beweismittel wurden jedoch keine vorgelegt. Auch auf Befragung durch das Bundesamt im Rahmen dieser Einvernahme hat der Antragsteller das Vorliegen schwerwiegender Erkrankungen verneint. Weiters geht aus einer aktuellen Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres hervor, dass sich darinnen keine Einträge finden, die auf maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen des Antragstellers hindeuten. Es sind daher insgesamt beim Antragsteller keine neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, dass eine schwere Erkrankung vorliegt. Zudem ergibt sich aus den vorliegenden Länderinformationen eine ausreichende medizinische Grundversorgung in Afghanistan, sodass dem Antragsteller auch in seinem Herkunftsstaat eine allfällige Inanspruchnahme der benötigten Behandlung möglich sein wird.

Entscheidungsrelevante Änderungen seit der Rechtskraft der Entscheidungen in den Vorverfahren hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Antragstellers sind nicht eingetreten, wovon sich das Bundesverwaltungsgericht durch Einsicht in das aktuelle, dem verfahrensgegenständlichen Bescheid zugrundeliegenden Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 13.11.2019, aktualisiert am 21.07.2020, überzeugen konnte. Der Antragsteller ist den Länderfeststellungen auch nicht substantiiert entgegengetreten. Auch bezogen auf die zum Entscheidungszeitpunkt aktuell vorherrschende COVID-19 Pandemie war im gegenständlichen Verfahren das Vorliegen einer verfahrenswesentlichen Änderung der Lage im Herkunftsstaat nicht zu erkennen. Vor dem Hintergrund, dass diese Pandemie grundsätzlich weltweit herrscht und der Antragsteller keiner Risikogruppe zugehörig ist, droht ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine Verletzung des Art. 3 EMRK.

In Summe wird somit der Folgeantrag, welcher wie dargestellt als Begründung nur ein leicht modifiziertes Vorbringen zu den vorangegangenen Asylverfahren beinhaltet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Näheres wird im Verfahren vor dem Bundesamt zu prüfen sein.

Das Vorliegen eines schützenswerten Privat- oder Familienlebens in Österreich wurde anlässlich der vorangegangenen Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht eingehend erörtert und als nicht schützenswert festgestellt. Auch im gegenständlichen Verfahren wurde das Vorliegen eines schützenswerten Privat- oder Familienlebens in Österreich nicht hinreichend belegt. Es sind auch keine maßgeblichen zusätzlichen Integrationsmerkmale aufgetaucht, die insgesamt zu einer anderen Beurteilung beitragen hätten können.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 22 Abs. 10 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005AsylG idgF, ergehen Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

Zu A) Entscheidung in der Sache:

Im Verfahren zur Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch das Bundesamt ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Es wurde dem Antragsteller Parteiengehör eingeräumt, er wurde am XXXX und am XXXX befragt und wurde ihm die Möglichkeit der Stellungnahme zu den maßgeblichen Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat eingeräumt. Mit der entsprechenden Verfahrensanordnung wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufzuheben.

Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufheben, wenn

1.       gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2.       der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3.       die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 22 Abs. 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, ist eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

Gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG sind die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

Gemäß § 22 Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 binnen acht Wochen zu entscheiden.

Zu prüfen ist sohin, ob die Voraussetzungen für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 vorliegen.

Gegen den Antragsteller besteht eine aufrechte Rückkehrentscheidung.

Wie bereits oben dargestellt, hat der Antragsteller das Vorliegen eines neuen asylrelevanten Sachverhaltes nicht glaubhaft gemacht. Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher, wie auch im Rahmen der getroffenen Feststellungen und der Beweiswürdigung aufgezeigt, kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.

Auch die für den Antragsteller hinsichtlich der Frage der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bzw. Status des subsidiären Schutzberechtigten maßgebliche Ländersituation in Afghanistan ist seit der Rechtskraft der Entscheidungen in den Vorverfahren im Wesentlichen gleich geblieben und wurde Gegenteiliges auch nicht behauptet.

Der vorliegende Folgeantrag wird daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

In den Vorverfahren haben sowohl das Bundesamt als auch das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG).

Auch im nunmehr gegenständlichen dritten Asylverfahren vor dem Bundesamt sind - im Lichte der eben getroffenen Erwägungen - keine Risiken für den Antragsteller im Sinne des § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden.

Hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Antragstellers ist auszuführen, dass sich auch in dieser Hinsicht keine entscheidungsrelevanten Änderungen seit der Rechtskraft der Entscheidungen in den Vorverfahren ergeben haben. So wurde vom Antragsteller im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am XXXX lediglich unsubstantiiert vorgebracht, an Nierensteinen zu leiden und dagegen Tabletten einzunehmen. Medizinische Beweismittel wurden hingegen keine vorgelegt. Auch in der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres finden sich keine Einträge, die auf maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen des Antragstellers hindeuten. Zudem ergibt sich aus den vorliegenden Länderinformationen eine ausreichende medizinische Grundversorgung in Afghanistan, sodass auch in seinem Herkunftsstaat eine allfällige Inanspruchnahme der benötigten Behandlung möglich sein wird.

Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass die medizinische Versorgung in Afghanistan nicht auf österreichischem Niveau ist und mit Kosten verbunden sein kann. Allfällige Schwierigkeiten bei der Gewährleistung einer entsprechenden medizinischen Behandlung im Herkunftsstaat erreichen im vorliegenden Fall die unbestreitbar hohe Schwelle des Art. 3 EMRK, wie sie von der Judikatur des EGMR festgesetzt wird, nicht. So hat nach der ständigen Rechtsprechung im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind (vgl. EGMR 13.12.2016, 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff). Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. EGMR 13.12.2016, 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff). Eine akute lebensbedrohende Krankheit des Antragstellers, welche eine Überstellung gemäß der dargestellten Judikatur des EGMR verbieten würde, liegt im konkreten Fall jedenfalls nicht vor.

Wie bereits beweiswürdigend ausgeführt, besteht auch keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung nach Art. 3 EMRK alleine aufgrund der gegenwärtigen COVID-19 Pandemie.

Weiters ist der Ansicht des Bundesamtes beizupflichten, dass kein schützenswertes Familien- oder Privatleben des Antragstellers in Österreich feststellbar ist. Wie bereits ausgeführt, haben sich bezüglich der familiären und privaten Lebensumstände des Antragstellers keine maßgeblichen Änderungen seit dem Zeitpunkt des rechtskräftigen Abschlusses der Vorverfahren ergeben.

Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat stellt für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Artikel 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

Da insgesamt somit die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen, ist der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom XXXX rechtmäßig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf oben angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung entschiedene Sache faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag non-refoulement Prüfung Pandemie

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W115.2177602.3.00

Im RIS seit

24.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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