TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/25 I422 2232138-1

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Veröffentlicht am 25.06.2020
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Entscheidungsdatum

25.06.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §52
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
StGB §75
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I422 2232138-1/3Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Kosovo, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Rudolf MAYR, Währinger Straße 3/14, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.04.2020, Zl. 435412206/190196101, nach Beschwerdevorentscheidung vom 09.06.2020 zu Recht:

A)

Der Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt IV. der Beschwerdevorentscheidung) wird Folge gegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer wurde mit dem rechtskräftigen Urteil des Geschworenengerichtes am Sitz des Landesgerichts St. Pölten vom 09.10.2019, zu 19 Hv 31/19v, wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB und des Vergehens des unbefugten Besitzes bzw. der Führung von Schusswaffen der Kategorie B nach § 50 Abs. 1 Z 1 WaffG zu einer Freiheitsstrafe von 13 (dreizehn) Jahren verurteilt.

Aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilung erließ die belangten Behörde mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid über den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I.) und stellte die Zulässigkeit seiner Abschiebung in den Kosovo fest (Spruchpunkt II.). Zugleich verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer ein unbefristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt III.), erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.) und gewährte ihm keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V.).

Gegen die Entscheidung erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde. Begründet wurde dies im Wesentlichen mit dem Vorliegen eines schützenswerten Familienlebens und einer unrichtigen Interessensabwägung durch die belangte Behörde. Des Weiteren habe es die belangte Behörde unterlassen auf die Persönlichkeit des Beschwerdeführers einzugehen und reduziere diese lediglich auf seine strafgerichtliche Verurteilung und nehme keine Gefährdungsprognose vor. Im Rahmen seiner Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die ersatzlose Behebung des Bescheides in eventu eine deutliche Herabsetzung des Einreiseverbotes in eventu die Zurückverweisung der Sache an die belangte Behörde zur neuerlichen Erledigung. Zugleich beantragte der Beschwerdeführer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Dahingehend wurde begründend ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seit rund zehn Jahren legal im Bundesgebiet aufhältig, offiziell gemeldet und erreichbar sei. Die Erforderlichkeit einer umgehenden Abschiebung sei nicht erkennbar. Des Weiteren werde auf die Notwendigkeit der Anwesenheit des Beschwerdeführers bei einer mündlichen Verhandlung verwiesen. Bei Durchführung der geplanten Abschiebung werde die Ermittlung und die Gewinnung des persönlichen Eindrucks sowie das Bestehen des bisher noch überhaupt noch nicht festgestellten Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers stark beeinträchtigt. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gefährde in gewisser Weise die Durchführung eines mangelfreien Verfahrens. Ebenso werde auf das massive Interesse des Beschwerdeführers an der aufschiebenden Wirkung verwiesen. Der Beschwerdeführer wäre aufgrund der Abschiebung von seinen Kindern und seiner österreichischen Ehegattin getrennt.

Infolge der im Spruch gleichlautenden Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 09.06.2020, Zl. 435412206/190196101, stellte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 16.06.2020 rechtzeitig einen Vorlageantrag.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht mit dem Antrag vor, sie als unbegründet abzuweisen.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der für die Frage der aufschiebenden Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, dem Beschwerdevorbringen sowie aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Strafregister und dem Fremdenregister (IZR). Da die Beweisergebnisse keine entscheidungswesentlichen Widersprüche aufweisen, erübrigt sich eine eingehendere Beweiswürdigung.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Die Beschwerde richtet sich (unter anderem) gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde und der als solcher in Spruchpunkt IV. der Beschwerdevorentscheidung bestätigt wurde. Das Bundesverwaltungsgericht hat darüber gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden.

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist, Die Aberkennung bedarf - insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen - einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbots erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum darüber hinaus die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers geboten ist.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit stützt, genau zu bezeichnen.

Da eine Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft derzeit nicht absehbar ist, ist es nicht notwendig, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen. Da sich jedoch aus dem Verwaltungsakt und dem Beschwerdevorbringen ein Privatleben des Beschwerdeführers ergibt und nicht hinreichend geklärt ist, ob der Beschwerdeführer dieses Privatleben tatsächlich und vor allem in welcher Intensität führt, besteht bei seiner Abschiebung nach Kosovo die reale Gefahr einer Verletzung seiner nach Art 8 EMRK geschützten Rechte, worauf die Beschwerde zu Recht hinweist. Aus diesen Gründen ist Spruchpunkt IV. der Beschwerdevorentscheidung zu beheben und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig, weil es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt und das Bundesverwaltungsgericht keine grundsätzlichen Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle zu lösen hatte.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung Einreiseverbot ersatzlose Teilbehebung Gefährdung der Sicherheit Gewalttätigkeit Interessenabwägung Kassation Mord öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Provisorialverfahren Rückkehrentscheidung Spruchpunktbehebung Straffälligkeit Verbrechen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I422.2232138.1.00

Im RIS seit

03.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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