TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/27 W189 1248900-4

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Veröffentlicht am 27.07.2020
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Entscheidungsdatum

27.07.2020

Norm

AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §13

Spruch

W189 1248900-4/2Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. RIEPL über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 03.06.2020, Zl. 731754805-191005576, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:

A) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides wird abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I.       Verfahrensgang:

Dem Beschwerdeführer (in der Folge: BF) wurde am 18.08.2017 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) ein Konventionsreisepass mit der Nummer K 1295121 ausgestellt.

Mit Bescheid des BFA vom 22.11.2019, Zl. 731754805-180493346, wurde dem Beschwerdeführer in Spruchteil I. der ihm mit Entscheidung vom 13.04.2004, Zl. 248.900/0-XI/38/04, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 idgF aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG wurde festgestellt, dass diesem die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. In Spruchteil II. wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, weiters wurde ihm in Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Darüber hinaus wurde gegen den Beschwerdeführer in Spruchpunkt IV. gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG idgF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG idgF erlassen, in Spruchpunkt V. gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei und in Spruchpunkt VI. ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage; dem Beschwerdeführer werde aufgrund der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit keine Zeit zum Verbleib im Bundesgebiet nach Entlassung aus der Freiheitsstrafe zugesprochen. Zudem wurde in Spruchpunkt VII. gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen.

Gegen diese Entscheidung erhob der BF fristgerecht Beschwerde.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.03.2020, Zl. W103 1248900-3/6E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dagegen Revision eingebracht.

Gegenständliches Verfahren ist bislang noch nicht rechtskräftig entschieden, doch hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 19.06.2020, Zl. E 1863/2020-4, ausgesprochen, dass dem seitens des rechtsfreundlichen Vertreters eingebrachten Antrag, gegenständlicher Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, keine Folge gegeben wird. Mit gegenständlichen Bescheid vom 03.06.2020 wurde dem BF mit Spruchpunkt I. der Konventionsreisepass gemäß § 94 Abs. 5 iVm. § 93 Abs. 1 Z1 FPG entzogen und dem BF aufgetragen, das Dokument unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen. In Spruchpunkt II. wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß § 13 Abs 2 VwGVG ausgeschlossen.

Begründend führte die Behörde zu Spruchpunkt II. aus, dass der dringende Verdacht bestünde, dass der BF den Konventionsreisepass dazu verwenden möchte, um sich damit weiterhin als Konventionsflüchtling auszugeben. Dieser Verdacht habe deshalb seine Berechtigung, als der BF nach Haftentlassung den Ausweis für diverse Behördenwege (AMS) verwendete. Zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung führte sie aus, dass das öffentliche Interesse das Interesse des BF mit dem Konventionsreisepass diverse Rechtsverhältnisse vorzuweisen, überwiege.

Dagegen wurde vom rechtsfreundlichen Vertreter des BF das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben. In der Beschwerde wurde angeregt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zumal dem BF nicht bewusst gewesen sei, dass er den Konventionsreisepass nicht weiter verwenden dürfe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A)

§ 13 VwGVG lautet:

Aufschiebende Wirkung

§ 13. (1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

(3) […]

(4) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.
Die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 13 Abs. 2 VwGVG, entsprechen Großteils jenen, die § 64 Abs. 2 AVG normiert (vgl. Lehofer, Die aufschiebende Wirkung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ÖJZ 2014, 5ff.). Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zeigen, dass § 13 VwGVG weitgehend der Bestimmung des § 64 AVG nachgebildet wurde (RV 2009 BlgNR XXIV. GP). Da der Judikatur zu § 64 Abs. 2 AVG die Notwendigkeit einer Abwägung bei Gegenüberstellung öffentlicher Interessen und jener des Berufungswerbers ebenfalls zu entnehmen ist (VwGH vom 03.07.2002, Zl. 2002/20/0078), kann damit ohne Weiteres auf diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zurückgegriffen werden, um die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung an Hand der dort aufgestellten Kriterien zu überprüfen (vgl. VwGH vom 01.09.2014, Ra 2014/03/0028).

Die zuständige Behörde hat eine Interessenabwägung durchzuführen und darzulegen, worin die Gefahr im Verzug besteht, die einen vorzeitigen Vollzug des Bescheides dringend gebietet (Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 64 Rz 31). In der Interessenabwägung sind die Interessen des Beschwerdeführers gegen die berührten öffentlichen Interessen und allfälliger weitere Parteien abzuwägen, wobei in einem ersten Schritt festzustellen ist, welche Interessen überwiegen.

„Gefahr in Verzug“ bedeutet, dass der Aufschub der Vollstreckung einen gravierenden Nachteil für die Partei oder das öffentliche Wohl bewirken würde (VwGH 4.5.1992, 89/07/0117; vgl. Hengstschläger/Leeb, Rz 31 zu § 64 AVG).

Die Entscheidung über Zuerkennung bzw Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung; wurde eine im Einzelfall vorzunehmende Interessenabwägung vom VwG auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rsp entwickelten Grundsätzen vorgenommen, so ist eine einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht revisibel (vgl. VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).

Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

Im Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde ausgeschlossen.

Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der BF seinen Konventionsreisepass dafür verwendet hat, Leistungen des AMS in Anspruch zu nehmen.

Der Behörde ist nicht zu widersprechen, wenn sie in einer Abwägung der öffentlichen Interessen, nämlich die Verhinderung Rechtsverhältnisse rechtsmissbräuchlich darzustellen, den öffentlichen Interessen den Vorzug gibt. Der vorzeitige Vollzug ist geboten, um durch Entziehung des Konventionsreisepasses (weitere) Handlungen, die auf die zuerkannte Flüchtlingseigenschaft basieren, zu verhindern. Die Verhinderung strafbarer Handlungen soll gravierende Nachteile für das öffentliche Wohl verhindern.

Der BF ist in seiner Beschwerde den Ausführungen der Behörde zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nicht substanziell entgegengetreten und hat auch kein Vorbringen dazu erstattet, dass für ihn damit ein unverhältnismäßiger (angesichts der sonstigen Interessen unverhältnismäßig schwerwiegender) Nachteil verbunden wäre.

Da das Bundesverwaltungsgericht auch keine Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Nachteil für den BF erkennen kann, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheids abzuweisen.

Mit der gegenständlichen Entscheidung über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wird die Entscheidung über den Entzug des Konventionsreisepasses nicht vorweggenommen. Auf die Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Hauptsache kommt es im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dem Wortlaut zufolge nicht an (vgl. VwGH vom 11.04.2011, AW 2011/17/0005).

Eine mündliche Verhandlung konnte entfallen, da das Bundesverwaltungsgericht nach der Regelung des § 13 Abs. 5 VwGVG verpflichtet ist, über die Beschwerde "ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden", was impliziert, dass grundsätzlich keine mündliche Verhandlung durchzuführen ist (vgl. VwGH vom 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen vor dem Hintergrund der in der rechtlichen Beurteilung angeführten Rechtsprechung des VwGH keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W189.1248900.4.00

Im RIS seit

04.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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