TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/4 G307 2232795-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.08.2020
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Entscheidungsdatum

04.08.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G307 2232795-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Ungarn, vertreten durch die Diakonie, gemeinnützige Flüchtlingsdient Gesellschaft mbH –, ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.06.2020, Zahl XXXX , zu Recht erkannt:

A)       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) wurde zuletzt mit Urteil des LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2000, RK XXXX .2001, wegen § 146, 147/3 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 ½ Jahren verurteilt.

2. Die BF wurde aufgrund der Festnahmeanordnung des LG XXXX , vom XXXX .2019, von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX .2019 im Bundesgebiet festgenommen und zum Vollzug der offenen Freiheitsstrafe in die Justizanstalt XXXX überstellt.

3. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), der BF persönlich zugestellt am 03.04.2019, wurde diese über die beabsichtigte Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme in Kenntnis gesetzt und gleichzeitig unter Bekanntgabe des Ergebnisses der Beweisaufnahme zur Abgabe einer dahingehendenStellungnahme binnen 10 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens aufgefordert.

Die BF gab bis dato dazu keine Stellungnahme ab.

4. Mit Bescheid des BFA, ahl. XXXX , vom XXXX .2019, der BF persönlich zugestellt am 28.05.2019, wurde gegen diese gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 8 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG der BF kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

5. Gegen den unter I.4. genannten Bescheid des BFA erhob die BF durch ihre Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) am 19.06.2019 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden BVwG).

6. Mit Beschluss des BVwG, GZ.: G306 2220427-1/2E, vom 10.07.2019, wurde der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückverwiesen.

7. Mit Schreiben des BFA vom 08.02.2020, wurde der BF neuerlich Parteiengehör eingeräumt und diese zur Abgabe einer diesbezüglichen Stellungnahme binnen 10 Tagen ab Erhalt dieser Aufforderung angehalten.

8. Mit per Post am 13.05.2020 beim BFA eingebrachtem Schreiben gab die BF eine Stellungnahme ab.

9. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, der BF persönlich zugestellt am 05.06.2020, wurde gegen diese gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 6 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub nicht erteilt (Spruchpunkt II.) sowie gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

9. Mit per E-Mail am 03.07.2020 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob die BF durch ihre RV Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid beim BVwG.

Darin wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, sowie jeweils in eventu die Behebung des angefochtenen Bescheides, die Herabsetzung der Befristung des Aufenthaltsverbotes sowie die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde beantragt.

10. Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA vorgelegt und sind am 08.07.2020 beim BVwG eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Die BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), ist Staatsangehörige der Republik Ungarn, geschieden und kinderlos.

1.2. Die BF hält sich seit 09.01.2019 in Österreich auf und ging von 13.01.2019 bis 07.02.2019 einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach. Erstmals reiste die BF im Jahr 1992 ins Bundesgebiet ein und hielt sie sich die letzten 18 Jahre vor ihrer gegenständlichen Einreise nicht in Österreich auf.

1.3. Die BF ist gesund und arbeitsfähig und nahm von XXXX .2019 bis XXXX .2019 an einem „Basiskurs für Reinigungskräfte“ an der XXXX teil.

1.4. Die BF verfügt über keine familiären Bezugspunkte in Österreich, sondern hält sich die Familie der BF im Herkunftsstaat Ungarn auf. Auch sonst konnten keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer tiefgreifenden Integration in Österreich festgestellt werden.

1.5. Die BF weist folgende Verurteilungen im Bundesgebiet auf:

1.       LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .1999, RK XXXX .1999, wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges sowie des Vergehens der Bandenbildung gemäß §§ 146, 147 Abs. 1/1 und Abs. 2, 148 StGB, § 278/1 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, wovon 20 Monate bedingt nachgesehen wurden.

Mit Urteil des LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2000, wurde die bedingte Strafnachsicht widerrufen.

Die Freiheitsstrafe wurde am XXXX .2000 vollzogen.

2.       LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2000, RK XXXX .2001, wegen des Verbrechens des schweren Betruges gemäß § 146, 147/3 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 ½ Jahren.

Die BF wurde im Zuge dieser jüngsten Verurteilung für schuldig befunden, sie habe in XXXX mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, H.C.W. durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, nämlich zur Übergabe von Bargeldbeträgen verleitet, die das Opfer um einen insgesamt ATS 500.000,00 übersteigenden Betrag an seinem Vermögen schädigten, und zwar

a.       am XXXX .2000 durch das Versprechen, nach Bezahlung einer „Abfindung“ für ihren Lebensgefährten zu ihm zu ziehen und mit ihm leben zu wollen zur Überlassung von ATS 450.000,00;

b.       am XXXX .2000 durch Vorgabe, dass für den aufgenommenen Kredit noch eine Kreditvermittlungsgebühr fällig sei, zur Überlassung von ATS 80.000,00.

Als mildernd wurden dabei keine Umstände, als erschwerend die einschlägige Vorstrafe, die Tatwiederholung sowie der überaus rasche Rückfall rund drei Monate nach Rechtskraft des gegen die BF ergangenen Urteils gewertet.

Es wird festgestellt, dass die BF die beschriebenen Straftaten begangen und die erwähnten Verhaltensweisen gesetzt hat.

Die BF trat die Freiheitsstrafe in Bezug auf ihre letzte Verurteilung von sich aus nicht an, sondern kehrte in ihren Herkunftsstaat zurück und wurde letztlich aufgrund einer Festnahmeanordnung des LG XXXX , vom XXXX .2019, zum Zwecke der Vorführung zum Antritt einer Strafe oder Maßnahme, von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX .2019 im Bundesgebiet festgenommen und in die Justizanstalt XXXX überstellt. Seither verbüßt die BF ihre offene Freiheitsstrafe, aktuell in der Justizanstalt XXXX .

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht aufgrund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Staatsangehörigkeit, Familienstand, Kinderlosigkeit, letzter Erwerbstätigkeit, Fehlen familiärer Anknüpfungspunkte der BF in Österreich, Bestand solcher in Ungarn sowie Gesundheitszustand der BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht – substantiiert – entgegengetreten wurde.

Den widerspruchsfrei gebliebenen Angaben der BF folgen ferner die Feststellungen zum aktuellen Aufenthalt im Bundesgebiet, welche auch durch eine im Zentralen Melderegister aufscheinende Wohnsitzmeldung beginnend am 09.01.2019 untermauert wird, zum Nichtantritt der Freiheitstrafe, zur seinerzeitigen Rückkehr nach Ungarn, zum 18-jährigen Aufenthalt außerhalb Österreichs vor der aktuellen neuerlichen Einreise nach Österreich sowie zum ersten Aufenthalt in Österreich im Jahr 1992.

Die Arbeitsfähigkeit der BF wiederum erschließt sich aus deren festgestellten Gesundheitszustand und dem Umstand, dass die BF vor ihrer Festname einer Beschäftigung nachgegangen ist und den Besuch eines Basiskurses für Reinigungskräfte im oben genannten Zeitraum nachzuweisen vermochte (siehe AS 307).

Die oben genannten Verurteilungen der BF samt den näheren Ausführungen sowie die Feststellung, dass die BF die beschriebenen Straftaten begangen hat, beruhen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich, einer Ausfertigung des oben zitierten Strafurteils des LG XXXX vom XXXX .2000 sowie einer Ausfertigung des Berufungsurteils des OLG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2001 (siehe AS 83f). Dem Strafregister kann zudem der Vollzug der mit Urteil des LG XXXX vom XXXX .1999 ausgesprochenen Freiheitsstrafe entnommen werden.

Die erfolgte Festnahme der BF aufgrund einer Festnahmeanordnung des LG XXXX und Überstellung in die JA XXXX , beruhen auf einer Ausfertigung der besagten Festnahmeanordnung (siehe AS 13) sowie auf Protokollen und Amtsvermerken der LPD XXXX vom XXXX .2019 (sieh AS 1ff). Der aktuelle Vollzug der offenen Freiheitsstrafe der BF ergibt sich aus den Angaben derselben, einer Abfrage des Zentralen Melderegisters sowie einer an die Fremdenbehörden gerichteten Verständigung der JA XXXX über den Strafantritt eines Fremden vom XXXX .2019 (siehe AS 25).

Das Fehlen von Anhaltspunkten für eine tiefgreifende Integration der BF in Österreich beruht auf dem Nichtvorbringen eines diesbezüglichen Sachverhaltes seitens der BF.

2.2.2. Wie die erfolgte Einräumung eines schriftlichen Parteiengehörs an die BF durch das BFA zeigt, wurde dieser hinreichend die Möglichkeit geboten, sich zur Sache zu äußern und allfällige Beweismittel in Vorlage zu bringen bzw. zu benennen. Demzufolge können keine Verfahrensmängel erkannt werden.

Insofern die BF in der gegenständlichen Beschwerde das Bestehen sozialer Kontakte in Österreich, insbesondere zu einer namentlich genannten Person, vorbringt und auf ihre Deutschkenntnisse verweist, vermag sie damit den Feststellungen der belangten Behörde hinsichtlich der Nichtfeststellbarkeit einer tiefgreifenden bzw. besonderen Integration, nicht substantiiert entgegenzutreten. Wie in weiterer Folge in der rechtlichen Begründung noch näher ausgeführt werden wird – genügen die von der BF vorgebrachten Argumente für sich allein vor dem Hintergrund des erst kurzen, zum überwiegenden Teil in Strafhaft verbrachten Aufenthalts in Österreich und der davor über viele Jahr hinweg anhaltenden Abwesenheit vom Bundesgebiet, nicht, um eine tiefgreifende bzw. besondere Integration in Österreich zu begründen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides.:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jeder der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 8 leg cit. als EWR-Bürger, ein Fremder der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Die BF ist auf Grund ihrer ungarischen Staatsbürgerschaft EWR-Bürgerin gemäß § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

3.1.1. Der mit „Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate“ betitelte § 51 NAG lautet:

„§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1.       in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2.       für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3.       als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er

1.       wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2.       sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3.       sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4.       eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.“

Der „Bescheinigung des Daueraufenthalts für EWR-Bürger“ betitelte § 53a NAG lautet:

„§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1.       Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2.       Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3.       durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1.       zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2.       sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3.       drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1.       sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2.       der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3.       der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat.“

Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 FPG lautet:

„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Der mit „Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub“ betitelte § 70 FPG lautet:

„§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1.       nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2.       die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.“

3.1.2. Die Beschwerde war aus folgenden Gründen abzuweisen:

Da die BF, die aufgrund ihrer ungarischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, die Voraussetzungen eines durchgehenden und rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet weder seit fünf noch seit zehn Jahren erfüllt, kommt für diese der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 zweiter Satz FPG für Unionsbürger zur Anwendung.

Gegen die BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürgerin ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß §§ 67 Abs. 1 zweiter Satz FPG nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet ist. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230)

Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

In diesem Zusammenhang weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig, von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen hat (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es obliegt daher dem erkennenden Gericht festzustellen, ob eine Gefährdung im Sinne des FPG vorliegt oder nicht. Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

3.1.3. Die BF wurde unbestritten zuletzt vom LG XXXX wegen des Verbrechens des schweren Betruges zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 ½ Jahren verurteilt. Dabei fällt besonders die Höhe des von der BF herbeigeführten Schadens bei ihrem Opfer sowie der rasche Rückfall in gleichgelagerte strafbare Verhaltensmuster nach vorangegangener einschlägiger Verurteilung wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges und des Vergehens der Bandenbildung ins Auge.

Zudem zeigte die BF das Fehlen einer Verbundenheit zu gültigen Normen und die Bereitschaft, die Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen, auf, indem sie ihre Freiheitsstrafe nicht antrat, sondern zum Zwecke der Vereitelung ihres Vollzuges aus dem Bundesgebiet ausreiste. Nach 18 Jahren kehrte die BF nach Österreich zurück, war aber weiterhin nicht bereit, ihre Strafe anzutreten, sodass sie letztlich von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach Anordnung der Festnahme durch das Strafgericht festgenommen werden und dem Vollzug ihrer offenen Freiheitsstrafe zwangsweise zugeführt werden musste.

Das von der BF insgesamt gezeigte Verhalten lässt ungeachtet eines ansonsten strafgerichtlichen Wohlverhaltens, keinesfalls erkennen, dass sie eine Integration in die österreichische Gesellschaft hegt, reuig und bereit ist, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen oder eine Verbundenheit zu gültigen Normen aufweist. Letztlich muss das besagte Wohlverhalten der BF, soweit damit gemeint ist, dass diese seit ihrer jüngsten Verurteilung in Österreich nicht mehr erneut straffällig geworden ist, relativiert werden. Dies insofern, als nicht ausgeschlossen werden kann, dass die durch den Nichtantritt einer Freiheitsstrafe vorhandene Gefahr, bei der Betretung einer Straftat die offene Strafe – nach allfälliger Überstellung nach Österreich – antreten zu müssen, die BF möglicherweise von weiteren Straftaten abgehalten haben könnte.

Mit der Behauptung, ihre Verurteilungen lägen 20 Jahre zurück, gelingt es der BF nicht, eine aktuelle Beeinträchtigung öffentlicher Interessen auszuschließen. Die BF scheint dabei zu übersehen, dass sie sich über fast 2 Jahrzehnte hinweg dem Vollzug einer rechtsgültig ausgesprochenen Freiheitsstrafe aufgrund von ihr wiederholt begangenen Straftaten entzogen, und damit andauernd gegen gültige Rechtsnormen verstoßen hat. Von einem rechtstreuen Leben kann sohin nicht die Rede sein. Vor diesem Hintergrund, kann der Beteuerung der BF, sich reuig zu bekennen, auch nicht gefolgt werden. Vielmehr lässt die BF, aufgrund nichterfolgten freiwilligen Strafantrittes und gegenständlichen Bestreitens verhaltensbedingter relevanter Beeinträchtigungen öffentlicher Interessen eine, auf Reue und Einsicht aufbauende, Bereitschaft zur Übernahme der eigenen Verantwortung nicht erkennen. Letztlich legt der Umstand, dass die BF trotz offener Freiheitsstrafe erneut nach Österreich reiste, ohne sich den Strafverfolgungs- oder Strafvollzugsbehörden zu stellen, eine gewisse Ignoranz gegenüber bzw. fehlende Achtung vor geltenden gesellschaftlichen Normen nahe.

Der belangten Behörde ist sohin nicht entgegenzutreten, wenn diese im konkreten Verhalten der BF eine maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erkennt. Angesichts der von der BF gezeigten Beharrlichkeit bei der Missachtung gültiger Bestimmungen, liegt es nahe bzw. kann es nicht ausgeschlossen werden, dass die BF – nach erfolgten Vollzug ihrer Freiheitsstrafe – erneut Rechtsverstöße begehen wird, sodass auch von einer gegenwärtigen Gefahr seitens des BF auszugehen ist.

So hat zur Frage der Gefährdung öffentlicher Interessen, insbesondere der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, im Falle von Gewalt- und Eigentumsdelikten (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474) sowie bei der Missachtung fremdenrechtlicher Bestimmungen (vgl. VwGH 09.03.2003, 2002/18/0293) der VwGH wiederholt Stellung bezogen, und eine dahingehende – maßgebliche – Gefährdung attestiert.

Auch die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen der BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen, konnte – insbesondere in Ermanglung der Feststellung des Bestehens einer besonderen Integration – eine Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen diese nicht rechtfertigen.

Das von der BF gezeigte Verhalten lässt ferner nicht erkennen, dass diese einen tatsächlichen und nachhaltigen Integrationswillen hegt.

Angesichts des besagten und in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens der BF ist davon auszugehen, dass das gegen die BF erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen durch die BF) geboten.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen der BF. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten.

Daher ist die belangte Behörde somit zu Recht von der Rechtsmäßigkeit der Verhängung des Aufenthaltsverbotes ausgegangen, erweist sich dieses nämlich vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten in Bezug auf die BF als erforderlich, um der von dieser ausgehenden Gefährlichkeit zu begegnen und einer Reduktion der Befristung nicht zugänglich.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Der mit „Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub“ betitelte § 70 FPG lautet wie folgt:

„§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1.       nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2.       die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.“

3.2.2. Vor dem Hintergrund der von BF ausgehenden Gefährlichkeit, insbesondere deren negativen Zukunftsprognose, welche einen Rückfall der BF befürchten lässt, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn diese die sofortige Ausreise der BF als im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für gelegen erachtet.

Insofern ist die Beschwerde auch in diesem Umfang abzuweisen.

3.3. Der mit „Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde“ betitelte § 18 BFA-VG lautet:

„§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1.       der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2.       schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3.       der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4.       der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5.       das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6.       gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7.       der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1.       die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2.       der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3.       Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.“

Wie bereits oben zur Gefährlichkeit der BF und deren negativen Zukunftsprognose ausgeführt wurde, kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn diese die Effektuierung des ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für erforderlich erachtet. Vor dem Hintergrund des von BF wiederholt bzw. über einen langen Zeitraum hinweg gezeigten rechtsverletzenden Verhaltens kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese wiederholt in gezeigte Verhaltensmuster zurückfällt, sodass sich eine Effektuierung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes im öffentlichen Interesse gelegen ist.

Anhaltspunkte, welche eine Beeinträchtigung der der BF gemäß Art 2 oder 3 EMKR zugesicherten Rechte naheliegen ließen, konnten weder von Amts wegen festgestellt werden, noch wurde dies von der BF konkret behauptet. Eine Verletzung von Art 8 EMRK ist zudem schon aufgrund der gänzlichen Abweisung der Beschwerde nicht erkennbar.

Sohin lässt sich verfahrensgegenständlich ein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht feststellen und ist im Ergebnis die Beschwerde auch in diesem Umfang als unbegründet abzuweisen.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen – allenfalls mit ergänzenden Erhebungen – nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung - Entfall Interessenabwägung öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G307.2232795.1.00

Im RIS seit

04.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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