TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/24 L518 2223572-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.09.2019
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Entscheidungsdatum

24.09.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs2a
FPG §76 Abs3 Z1
FPG §76 Abs6
VwGVG §35 Abs3

Spruch

L518 2223571-1/11E

schriftliche ausfertigung des am 24.09.2019 mündlich verkündeten erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Kosovo, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.09.2019, Zl. 1246042110-190939015, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.09.2019 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG idgF iVm § 76 Abs. 2 Z. 2 und Abs. 6 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF iVm. § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 1 FPG idgF iVm § 76 Abs. 2a FPG idgF wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

IV. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013, hat der Beschwerdeführer dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von ? 887,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung erging nachstehendes Erkenntnis:

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Der maßgebliche Sachverhalt steht aufgrund des Ergebnisses der Beschwerdeverhandlung fest und deckt sich im Wesentlichen mit den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.

Verfahrensgang:

Die bB stellte folgenden Sachverhalt fest bzw. wurden nachstehende Ausführungen getroffen:

"Die VP reiste vermutlich am 14.09.2019 von Ungarn aus kommend ohne Visum in das österreichische Bundesgebiet ein. Sie versuchte am 15.09.2019 illegal in das deutsche Bundesgebiet einzureisen. Folglich wurde von der deutschen Polizei die Einreise verweigert.

Am 15.09.2019 um ca. 10:40 Uhr wurden die VP von der deutschen Polizei an die österreichische Polizei übergeben und aufgrund des unrechtmäßigen Aufenthaltes gem. § 39 FPG festgenommen. Anschließend wurden die VP in das PAZ Salzburg verbracht.

Am 15.09.2019 um 13:45 Uhr wurde die VP von der Polizei niederschriftlich einvernommen. Ihr wurden Fragen für die LPD Salzburg und zusätzlich Fragen fürs BFA RD Salzburg gestellt. Eine ED-Behandlung ergab, dass keine Eurodac-Treffer aufscheinen.

Eine Zurückschiebung durch die LPD Salzburg nach war nicht möglich, weshalb die Zuständigkeit des fremdenpol. Verfahrens um 14:58 Uhr zum BFA RD Salzburg wechselte. Ab diesem Zeitpunkt befand sich die VP gem. § 40 BFA-VG in Anhaltung.

Unter der GZ. 1246042110/190939007 wurde am 15.09.2019 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet. Mit Schriftsatz vom 15.09.2019 wurde der VP eine Frist von 3 Tagen zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt. In gleichem Schriftsatz wurde neben Erläuterungen zu den Bestimmungen des FPG mitgeteilt, dass das Verfahren ohne nochmaliger Anhörung aufgrund der Aktenlage fortgeführt wird, falls keine Stellungnahme zu der beabsichtigten Vorgehensweise der Behörde abgegeben wird.

Unter der GZ. 1246042110/190939015 wurde am 15.09.2019 gegen die VP die Schubhaft verhängt. Der Mandatsbescheid wurde nachweislich um 17:00 Uhr zugestellt. Seit diesem Zeitpunkt befand sich die VP im PAZ Salzburg im Stande der Schubhaft.

Durch das Koordinationsbüro der RD Salzburg wurde für den 20.09.2019 ein Abschiebetermin festgelegt. Die Information über die bevorstehende Abschiebung wurde der VP am 16.09.2019 nachweislich zugestellt.

Am 18.09.2019 wurde die RD Salzburg vom PAZ telefonisch darüber in Kenntnis gesetzt, dass die VP einen Asylantrag gestellt hat. Folglich wurde der VP ein Aktenvermerk gem. § 76 Abs. 6 FPG nachweislich um 10:40 Uhr zugestellt.

Aufgrund des gestellten Asylantrages, wurde das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme am 18.09.2019 eingestellt.

Zur Einreisemotivation und Asylantragsstellung der VP:

Die VP wurde während der Niederschrift vom 15.09.2019 über den Zweck des Aufenthaltes und des Reisezieles befragt. Dabei gab die VP sinngemäß an, dass Sie nach Deutschland reisen wolle um eine Arbeitsstelle zu suchen. Danach wollte die VP vom Kosovo aus eine Arbeitsbewilligung beantragen.

Die VP reiste demnach ohne Visum, ohne Aufenthaltstitel eines Mitgliedsstaates, vermutlich unter Umgehung der Grenzkontrolle und nicht aus touristischen Zwecken in den Schengenraum. Seine Einreisemotivation war ausschließlich die unrechtmäßige Arbeitsaufnahme in einem Mitgliedsstaat.

Auf die Frage, wohin sich die VP im Falle einer Haftentlassung begeben würde, gab die VP an, dass Sie zurück in den Kosovo reisen würde.

In der Schubhaftbeschwerde behauptet die ARGE Diakonie unter anderem, dass die VP nach Deutschland reisen wollte, um einen Asylantrag zu stellen. Die ARGE Diakonie geht dabei sogar soweit und unterstellt der deutschen Exekutive, dass eine Asylantragsstellung nicht ermöglicht wurde (S. 2).

Wäre es der VP tatsächlich primär um Schutz gegangen, so stellt sich die Frage, weshalb die VP nicht schon in Ungarn einen Asylantrag stellte. Auch während der Befragung am 15.09.2019 im PAZ Salzburg hätte die VP Gelegenheit gehabt einen Asylantrag zu stellen.

Da die VP über das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme und über den Abschiebetermin Bescheid wusste, geht die ho. vielmehr davon aus, dass der Asylantrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme gestellt wurde, damit bei einer etwaigen Entlassung aus der Schubhaft die VP erneut illegal nach Deutschland bzw. illegal durch die Mitgliedsstaaten reisen könnte.

Zur Fluchtgefahr und weshalb mit einem gelinderen Mittel nicht das Auslangen gefunden werden konnte:

Der Schubhaftbeschwerde der ARGE war unter anderem auch zu entnehmen, dass die Anwendung gelinderer Mittel zur Erreichung des Sicherungszweckes ausreichend gewesen wäre.

Im Zuge der Prüfung einer geeigneten Sicherungsmaßnahme wurde selbstredend durch das Bundesamt die Verhängung eines gelinderen Mittels geprüft.

Die während der Basisbefragung behauptete Ausreisebereitschaft konnte vom Bundesamt dahingehend nicht berücksichtigt werden, weil angesichts der rechtlichen Situation (fehlendes Visum für den Schengenraum) ausschließlich eine Ausreise über den Flughafen möglich gewesen wäre, der Kauf eines Flugtickets jedoch an der finanziellen Situation der VP scheiterte.

Die VP verfügte zum Zeitpunkt der Befragung über 225,- Euro und 300,00 serbische Dinar, wovon die Hotel- und Flugkosten nicht bezahlt hätten werden können. Diesbezüglich wird nochmal auf die Einreisemotivation hingewiesen, welche offensichtlich der Verbesserung der wirtschaftlichen Situation dienen sollte.

Es muss also davon ausgegangen werden, dass sich die VP, selbst wenn tatsächlich eine Ausreisebereitschaft in den Kosovo vorlag, diese nur durch Benützung von PKW/BUS/BAHN leistbar gewesen wäre. Dadurch hätte die VP erneut illegal durch den Schengenraum reisen müssen und wäre dies auch noch durch das Bundesamt indirekt unterstützt worden. Ein Antrag zur freiwilligen Rückkehr wurde seitens der VP nicht gestellt.

Bezüglich einer etwaigen Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten und der periodischen Meldeverpflichtung, konnte zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht das Auslangen gefunden werden. Dies deshalb, weil die VP wie bereits erwähnt nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügte, sodass die Miete einer Unterkunft bzw. die Hotelkosten für die VP nicht zu finanzieren gewesen wäre, und weil sich die VP, wie aus von dieser gemachten Aussagen klar ersichtlich, dem Verfahren entzogen hätte.

Die widersprüchlichen Angaben der VP, nämlich die Ausreisebereitschaft in den Kosovo und der späteren Asylantragsstellung 2 Tage vor dem geplanten Flugtermin, deuten eindeutig auf Schutzbehauptungen und einem fehlenden Kooperationswillen mit dem Bundesamt hin. Die behauptete Ausreisewilligkeit und der später gestellte Asylantrag dienten rein dazu um aus der Schubhaft entlassen zu werden und weiterhin illegal durch die Mitgliedsstaaten reisen zu können. Daher kann auch nach der Asylantragsstellung nicht davon ausgegangen werden, dass sich die VP an ein gelinderes Mittel gehalten hätte.

Da aufgrund der beschriebenen Faktoren, der persönlichen Lebenssituation und der bestehenden erheblichen Fluchtgefahr ein beträchtliches Risiko des Untertauchens aus einem gelinderen Mittel vorlag und nach wie vor vorliegt, wurde von der Verhängung eines gelinderen Mittels abgesehen und die Schubhaft gem. § 76 Abs. 6 FPG aufrechterhalten.

Geplante weitere Vorgehensweise:

Da es sich beim Kosovo um einen sicheren Herkunftsstaat handelt, wird das Asylverfahren durch die EAST-West als ein beschleunigtes Verfahren (Fast-Track-Verfahren) geführt. Durch das beschleunigte Asylverfahren und dem vorhandenen Reisedokument, ist eine baldige Abschiebung sehr wahrscheinlich und die Anhaltung in Schubhaft durchaus verhältnismäßig. Die VP hat sich die längere Anhaltung in Schubhaft durch die unbegründete Asylantragsstellung selbst zuzuschreiben."

Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Zu Spruchpunkt I. Beschwerde gegen die bescheidmäßige Anordnung der Schubhaft:

8. Abschnitt

Schubhaft und gelinderes Mittel

Schubhaft

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer nach versuchter illegaler Einreise nach Deutschland betreten und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach Österreich überstellt. Folglich wurde der BF durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zum Zweck der Vorführung vor die Behörde aufgrund des illegalen Aufenthaltes vorgeführt. Vom BFA wurde der BF in Schubhaft genommen und die Verbringung in den Kosovo vorbereitet. In der Schubhaft brachte der BF zwei Tage vor der geplanten Abschiebung einen Antrag auf internationalen Schutz ein und brachte nunmehr von der ersten fremdenpolizeilichen niederschriftlichen Einvernahme ein völlig gegenläufiges und letzten Endes auch unglaubwürdiges, Vorbringen vor. Die Unglaubwürdigkeit wird durch die Umstände untermauert, dass der BF mit einem Bahnticket von Budapest nach Wien und folglich mit einem weiteren Bahnticket von Wien nach Deutschland zu reisen versuchte. Wäre der BF tatsächlich - wie behauptet einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt, wäre wohl bei einem maßgerechten Asylwerber davon auszugehen, dass dieser bereits in Ungarn, spätestens jedoch in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht hätte. Zudem wäre wohl davon auszugehen, dass der BF bereits bei der ersten niederschriftlichen Einvernahme seine Fluchtgründe dargelegt und begründet hätte. Auch erweist sich als absolut unglaubwürdig, dass die deutschen Polizeiorgane eine Asylantragstellung "überhört" und sich sohin eines Amtsmissbrauches schuldig gemacht hätten. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer konkret befragt, ob dieser in einem oder mehreren Mitgliedsstaaten einen Asylantrag gestellt hat und wurde diese Frage vom BF verneint. Bei Gesamtbetrachtung erweist sich das Vorbringen des BF, er wäre nach Deutschland gereist, um dort einen Asylantrag einzubringen als nicht glaubwürdig und sollte dies lediglich dazu dienen, die beabsichtigte aufenthaltsbeendende Maßnahme zu unterlaufen.

Im Ergebnis war festzustellen, dass die Festnahme infolge der illegalen Einreise und Weiterreise nach Deutschland rechtmäßig war. Ebenso erwies sich die durch das BFA vorgenommene Verhängung der Schubhaft angesichts der Voraussetzungen als legitim. Insoweit der BF erst in Schubhaft befindlich erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz stellte und sogar wesentliche Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde, erwies sich die Aufrechterhaltung der Schubhaft gem. Abs. 6 des § 76 FPG als rechtmäßig.

Auch ist von einem beschleunigten Dublinverfahren auszugehen, weshalb sich auch die Beibehaltung der Schubhaft als rechtskonform erweist.

Ein gelinderes Mittel kam nicht zur Anwendung, da es zur Erreichung des Sicherungszweckes nicht ausreichend gewesen wäre. Selbst bei einer freiwilligen Rückkehr in den Kosovo müsste der BF illegal durch den Schengenraum reisen. Der Vollständigkeit halber sei angeführt, dass der BF einen Antrag zur freiwilligen Rückkehr nicht gestellt wurde.

Kostenentscheidung:

Der mit "Kosten" betitelte § 35 VwGVG lautet:

"§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden."

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:

"1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro."

Im gegenständlichen Verfahren wurde gegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG (Festnahmeauftrag, Festnahme und Effektuierung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme insbesondere der Verletzung der Familieneinheit) Beschwerde erhoben. Die bP stellten einen Antrag auf Kostenersatz gemäß § 35 VwGVG.

Es gebührt ihnen gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG als unterlegene Parteien kein Kostenersatz.

Ein Anspruch auf Kostenersatz im Verfahren vor dem VwG besteht unter anderem dann, wenn sich eine Maßnahmenbeschwerde gegen mehrere Verwaltungsakte richtet und mit der Bekämpfung eines davon erfolgreich ist. Nach der - zu § 79a Abs. 7 AVG iVm § 52 Abs. 1 (und § 53 Abs. 1) VwGG idF vor Inkrafttreten des BGBl. I Nr. 33/2013 ergangenen - hg. Judikatur (vgl. E 12. April 2005, 2004/01/0277) kommt es für den Ersatzanspruch des BF darauf an, wie viele Verwaltungsakte er mit einer Maßnahmenbeschwerde erfolgreich angefochten hat. Bei der Ermittlung der Anzahl der Verwaltungsakte kann allerdings nicht allein darauf abgestellt werden, wie die zu Grunde liegende Beschwerde strukturiert ist und wie viele Einzelakte sie im Rahmen des bekämpften Amtshandelns zu erkennen vermeint. Wesentlich sind vielmehr die behördlichen Feststellungen über das angefochtene Verwaltungsgeschehen, anhand derer zu beurteilen ist, wie viele sachlich und zeitlich trenn- und unterscheidbare Akte, die einer isolierten Betrachtung zugänglich sind, vorliegen, wobei für diese Beurteilung auch der jeweils verfolgte Zweck der Amtshandlung(en) und die in Frage kommenden Rechtsverletzungen eine Rolle spielen. Diese Judikatur wurde auf den Anwendungsbereich des § 35 VwGVG 2014 übertragen (vgl. B 4. Mai 2015, Ra 2015/02/0070; E 16. März 2016, Ra 2015/05/0090).

Im Rahmen der letztgenannten Entscheidungsfindung (E 16. März 2016, Ra 2015/05/0090) hält der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen nachstehendes fest:

§ 52 VwGG idF BGBl. I Nr. 33/2013 regelt Fälle, in denen sich eine (in einem einzigen Schriftsatz erhobene) Revision gegen mehrere Erkenntnisse oder Beschlüsse richtet. In solchen Fällen besteht Anspruch auf mehrfachen Schriftsatzaufwand. Dies gilt nach § 35 Abs. 6 VwGVG 2014 sinngemäß, wenn sich eine Maßnahmenbeschwerde gegen mehrere Verwaltungsakte richtet (Hinweis E vom 7. Oktober 2010, 2010/17/0143, mwN).

Die belangte Behörde ist auf Grund der Beschwerdeabweisungen (vollständig) obsiegende Partei, weshalb ihr die Kosten im entsprechenden Ausmaß zuzusprechen waren.

Insoweit der Beschwerdeführer mit seinem Beschwerdevorbringen unterlag, war sein Antrag auf Kostenersatz abzuweisen.

Zu B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiter ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Gemäß § 29 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden, wenn von den Parteien auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt wird. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten.

Diese gekürzte Ausfertigung des nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 29.04.2019 verkündeten Erkenntnisses ergeht gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG, da sowohl die beschwerdeführende Partei, als auch die belangte Behörde nach Belehrung über die Folgen des Verzichts gem. § 25a Abs. 1a VwGG und § 82 Abs. 3b VfGG ausdrücklich auf eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof verzichtet haben.

Schlagworte

Antrag auf schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses Ausreisewilligkeit beschleunigtes Verfahren Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Glaubwürdigkeit Kooperation Kostenentscheidung - Gericht Kostenersatz Kostenersatz - Antrag Mittellosigkeit mündliche Verhandlung mündliche Verkündung Obsiegen öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung schriftliche Ausfertigung Schubhaft Schubhaftbeschwerde Schubhaftverfahren Schutzbehauptung Sicherungsbedarf Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L518.2223572.1.00

Im RIS seit

28.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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