TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/2 L510 2009242-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.03.2020
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Entscheidungsdatum

02.03.2020

Norm

AVG §78
B-VG Art133 Abs4
BVwAbgV §1 Abs1
FPG §69 Abs2

Spruch

L510 2009242-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch Diakonie gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2018, Zahl XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

1. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, stellte mit Schreiben vom 12.04.2018 (AS 3), konkretisiert mit Schreiben vom 25.06.2018 (AS 1), einen Antrag auf Aufhebung des gegen ihn bestehenden unbefristeten Aufenthaltsverbotes.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 30.07.2018, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 09.01.2010 erlassenen unbefristeten Aufenthaltsverbotes gemäß § 69 Abs 2 FPG abgewiesen und (II.) ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 78 AVG iVm § 1 Abs 1 iVm Tarif A Z2 BVwAbgV Bundesverwaltungsabgaben in Höhe von EUR 6,50 binnen vier Wochen zu entrichten habe (AS 33ff).

3. Mit Schreiben vom 21.08.2018 wurde fristgerecht Beschwerde gegen diesen Bescheid erhoben (AS 101ff).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Türkei. Seine Identität steht fest (AS 79-83).

1.2. Der Beschwerdeführer verfügte über einen Aufenthaltstitel Niederlassungsbewilligung (AS 81).

1.3. Die Lebensgefährtin, die beiden erwachsenen Kinder (derzeit etwa 17,5 bzw 19,5 Jahre alt) sowie zahlreiche weitere Verwandte des Beschwerdeführers leben in Österreich. In der Türkei leben keine Verwandten des Beschwerdeführers ersten oder zweiten Grades (AS 3-11).

1.4. Der Beschwerdeführer wurde mit seit 16.08.2010 rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , wegen § 75 StGB (Mord) zu einer Freiheitsstrafe von 18 Jahren verurteilt (OZ 2).

Dieser Verurteilung liegt zu Grunde, dass der Beschwerdeführer im XXXX zunächst mit seinem PKW absichtlich mit hoher Geschwindigkeit auf den vor einer roten Ampel angehaltenen anderen PKW auffuhr, den Lenker des anderen PKW aus dem Auto zerrte und diesen mit einem mitgeführten Messer mit 25 Messerstichen tötete. Der Beschwerdeführer stach 13 Mal von hinten und 12 Mal von vorne, teils mit erheblicher Wucht ein, wobei zumindest ein Stich das Herz traf. Der Beschwerdeführer hielt jenen Mann für den Liebhaber seiner Ehefrau. Der Beschwerdeführer selbst führte seit etwa einem Jahr vor der Tatbegehung eine außereheliche Beziehung. Das Landesgericht wertete die grausame Tatausführung als erschwerend (AS 23, 37).

1.5. Der Beschwerdeführer hat die Haft im XXXX angetreten und wird im Mai 2027 entlassen (AS 29ff). Er verbüßt seine Strafe in der Justizanstalt XXXX (ZMR).

1.6. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom XXXX , wurde rechtskräftig gegen den Beschwerdeführer gemäß § 86 Abs 1 iVm §§ 63 und 66 FPG, BGBl I Nr 100/2005 in der (damals) geltenden Fassung, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen (AS 19ff).

1.7. Ein Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des ausgesprochenen unbefristeten Aufenthaltsverbotes vom 12.02.2014 wurde im Rechtsmittelweg durch Erkenntnis des BVwG vom XXXX , rechtskräftig abgewiesen (hg Akt zur zitierten GZ).

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen basieren auf den Kopien des österreichischen Führerscheins des Beschwerdeführers (AS 79) sowie der Kopie seines Aufenthaltstitelnachweises (AS 81-83), auf den Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Familienmitgliedern (AS 3) sowie den Angaben seiner Lebensgefährtin (AS 5) sowie jenen seiner Verwandten (AS 7 und 9), der Verbalnote der Botschaft der Republik Türkei vom 19.08.2013 (AS 11), einem Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich (OZ 2), den Inhalten des Bescheides der Bundespolizeidirektion XXXX vom XXXX (AS 19-27), dem gegenständlich angefochtenen Bescheid (AS 33-45), dem Auszug aus der Vollzugsinformation (AS 29-31) sowie der hg. Entscheidung vom XXXX . Sämtliche Feststellungen sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

Zur Abweisung des Antrages auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes

3.1. Gemäß § 125 Abs 3 FPG idgF (BGBl I Nr 110/2019) gelten Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeit bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, als nach diesem Bundesgesetz erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer.

Gemäß § 125 Abs 25 FPG dritter Satz FPG idgF (BGBl I Nr 110/2019) bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr 87/2012 erlassene Aufenthaltsverbote bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31.12.2013 gemäß § 69 Abs 2 und 3 in der Fassung BGBl I Nr 87/2012 aufgehoben werden oder außer Kraft treten.

Das Aufenthaltsverbot des Beschwerdeführers wurde ursprünglich mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom XXXX gemäß §86 Abs 1 iVm §§ 63, 66 FPG, BGBl I Nr 100/2005 rechtskräftig ausgesprochen. Nach den oben angeführten Gesetzesstellen steht es nach wie vor in Geltung.

3.2. Gemäß § 69 Abs 2 FPG, BGBl I Nr 87/2012 als auch BGBl I Nr 110/2019 ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

§ 67 FPG:

(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. […]

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist; […]

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

Wird durch ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war; 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens; 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens; 4. der Grad der Integration; 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden; 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit; 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts; 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren; 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

3.3. Der Judikatur des VwGH folgend kann ein Antrag nach § 69 Abs 2 FPG nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahmen die dafür maßgebenden Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung der Maßnahme eingetretenen und gegen die Aufhebung der Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist (VwGH 30.07.2014, 2012/22/0112; 24.01.2012, 2011/18/0267; 12.03.2013, 2012/18/0228).

Bei der Entscheidung nach § 69 Abs 2 FPG 2005 kommt es auf Veränderungen der maßgebenden Umstände (zu Gunsten oder zu Lasten des Fremden) - einschließlich der Rechtslage - an. Stellt sich die Situation im Entscheidungszeitpunkt so dar, dass nunmehr in Anbetracht der aktuellen Verhältnisse keine - dem seinerzeitigen Aufenthaltsverbot entsprechende - aufenthaltsbeendende Maßnahme mehr erlassen werden dürfte, liegen also gegenwärtig die Voraussetzungen für die Verhängung einer entsprechenden aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht mehr vor, so wäre einem Aufhebungsantrag nach § 69 Abs 2 FPG 2005 stattzugeben. Erbrächte die aktuelle Beurteilung dagegen das Ergebnis, es hätte auch aus derzeitiger Sicht eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu ergehen, müsste das Aufhebungsbegehren abgewiesen werden. Vor diesem Hintergrund ist also zu fragen, ob gegen einen von einem "alten" Aufenthaltsverbot betroffenen Drittstaatsangehörigen ungeachtet aller seit Erlassung dieses Aufenthaltsverbotes eingetretenen Veränderungen aktuell eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot ergehen dürfte (jüngst VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0156).

§ 9 Abs 4 BFA-VG 2014 kommt im Aufhebungsverfahren nach § 69 Abs 2 FPG 2005 nicht zum Tragen (VwGH 15.03.2018, Ra 2017/21/0216).

Die Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes kann nur nach Einzelfallbeurteilung erfolgen, weshalb insoweit die abstrakte allgemeine Festlegung eines Wohlverhaltenszeitraumes nicht in Betracht kommt. Dass es aber grundsätzlich eines Zeitraums des Wohlverhaltens - regelmäßig in Freiheit - bedarf, um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, was grundsätzlich Voraussetzung für die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes ist, kann nicht mit Erfolg in Zweifel gezogen werden (Hinweis E 22. Jänner 2013, 2012/18/0185; E 22. Mai 2013, 2013/18/0041); ebenso wenig, dass dieser Zeitraum üblicherweise umso länger anzusetzen sein wird, je nachdrücklicher sich die für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Gefährlichkeit manifestiert hat (VwGH 22.01.2015, Ra 2014/21/0009; 26.06.2019, Ra 2019/21/0118; 22.03.2018, Ra 2017/22/0194).

3.4. Mit der Begehung eines Mordes durch 25 Messerstiche hat der Beschwerdeführer eine Tat gegen das höchste Rechtsgut, nämlich menschliches Leben, begangen. Die grausame Tatausführung wurde vom Strafgericht als erschwerend gewertet. Für seine Straftat hat der Beschwerdeführer insgesamt 18 Jahre Haft zu verbüßen von denen noch mehr als sieben Jahre vor ihm liegen – die Haftentlassung findet voraussichtlich am 06.05.2027 statt.

Der Beschwerdeführer legte in seinem Antrag auf Aufhebung ausschließlich dar, dass er in der Türkei keine familiären Anknüpfungspunkte habe, sondern viele seiner Verwandten in Österreich leben würden, diese ihn unterstützen und auch nach Haftentlassung für ihn da sein würden (AS 3). Die Beschwerde kritisiert, dass das BFA keinerlei Ermittlungen hinsichtlich der Gefährdungslage bzw hinsichtlich eines Gesinnungswandels des Beschwerdeführers getätigt habe: Das BFA habe weder den Beschwerdeführer, noch dessen Lebensgefährtin, noch dessen Brüder einvernommen, noch habe es eine psychologische Abklärung des Beschwerdeführers vornehmen lassen (AS 103).

Die Beschwerde tritt mit ihren Ausführungen dem angefochtenen Bescheid nicht mit Erfolg entgegen. Sie übersieht, dass es in erster Linie auf einen Zeitraum des Wohlverhaltens des Beschwerdeführers – in Freiheit – ankommt und ein Gutachten, das einen Gesinnungswandel eines Täters bescheinigt, der nicht in einem, einen relevanten Zeitraum umfassenden, Wohlverhalten seinen Ausdruck gefunden hat, für den Wegfall der Gefährdungsprognose nicht ausreicht (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0108). Auch der Status eines „Freigängers“ oder eine Strafverbüßung in Form des elektronisch überwachten Hausarrestes würde eine wesentliche Minderung der sich aus dem strafbaren Verhalten ergebenden Gefährdung nicht ableiten lassen (VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118).

Der vom BFA getroffenen Entscheidung ist auch sonst nicht entgegenzutreten, da auch zum aktuellen Zeitpunkt ein unbefristetes Aufenthaltsverbot auszusprechen wäre, zumal nicht davon auszugehen ist, dass sich die durch den begangenen, grausamen Mord zum Ausdruck gebrachte Gefährlichkeit des Beschwerdeführers inzwischen wesentlich verringert hätte oder überhaupt weggefallen wäre. Darüber hinaus befindet sich der Beschwerdeführer auch noch in Strafhaft. Ein vom Beschwerdeführer selbst ausgehender redlicher Lebenswandel und ein von ihm selbst ausgehendes Wohlverhalten in Freiheit, über einen angemessen langen Zeitraum, kann der Beschwerdeführer derzeit nicht vorweisen. Es sind keine Umstände erkennbar und wurden solche Umstände auch nicht (substantiell) vorgebracht, aus denen zu schließen wäre, dass der Beschwerdeführer zukünftig keine Gefahr mehr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit in Österreich darstellen würde.

3.5. Hinsichtlich der vorzunehmenden Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist festzuhalten, dass nicht verkannt wird, dass der Beschwerdeführer von seiner Lebensgefährtin und seinen Kindern in der Haftanstalt besucht wird und die Großfamilie des Beschwerdeführers ihm nach seiner Entlassung (vollste) Unterstützung zusichert. Nichtsdestotrotz handelt es sich beim Beschwerdeführer als auch dessen Kinder (und Lebensgefährtin) um Erwachsene (nicht verkannt wird, dass der Sohn erst knapp 18 Jahre alt ist), und sind keine Merkmale der Abhängigkeit ersichtlich. Weiters sind die Beziehungen durch die Inhaftierung gekennzeichnet. Eine Trennung des Beschwerdeführers von seiner Lebensgefährtin und seinen Verwandten ist im Lichte der vom Beschwerdeführer zu verantwortenden, massiv verpönten Straftat in Kauf zu nehmen. Der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit kommt im gegenständlichen Fall ein höherer Stellenwert zu als dem Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers.

3.6. Der Abweisung des Antrages auf Aufhebung des unbefristeten Aufenthaltsverbots war nicht entgegenzutreten, weshalb die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.

Zur Verpflichtung der Entrichtung von Bundesverwaltungsabgaben

3.7. Nach § 78 Abs 1 AVG können den Parteien in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörden Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden, sofern die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgelegt ist (VwGH 19.12.2013, 2013/03/0125). Gemäß § 78 Abs 2 AVG sind für das Ausmaß der Bundesverwaltungsabgaben, abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen, durch Verordnung der Bundesregierung zu erlassende Tarife maßgebend [...].

Gemäß § 1 Abs 1 der Verordnung der Bundesregierung über die Verwaltungsabgaben in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung und über die Art ihrer Einhebung bei den Bundesbehörden (BVwAbgV) haben die Parteien für jede Verleihung einer Berechtigung oder für sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen, die von Behörden im Sinne des Art VI Abs 1 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen oder infolge Säumnis einer solchen Behörde vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommen wurden, in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung - abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen - die gemäß dem Abschnitt II festgesetzten Verwaltungsabgaben zu entrichten.

Gemäß Tarif A Z 2 BVwAbgV beträgt das Ausmaß der Verwaltungsabgabe in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung für sonstige Bescheide oder Amtshandlungen, die wesentlich im Privatinteresse der Partei liegen, soweit nicht eine andere Tarifpost Anwendung findet, EUR 6,50.

3.8. Bei der Beurteilung der Frage, ob und allenfalls in wessen Privatinteresse eine Amtshandlung lag, ist die einzelne Amtshandlung nicht isoliert, sondern im Gesamtzusammenhang jenes Verfahrens zu sehen, dessen Teil sie bildet. Dabei ist auf das jeweilige Verfahrensziel abzustellen (VwGH 01.09.2017, Ra 2016/03/0055). Die Verleihung einer Berechtigung ist eine wesentlich im privaten Interesse der solcherart berechtigten Partei liegende Amtshandlung (VwGH 28.01.2004, 2002/04/0193).

3.9. Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde auf Antrag des Beschwerdeführers ein Verfahren geführt und dieses mit dem angefochtenen Bescheid beendet. In Ermangelung eines amtswegigen Behebungsgrundes des Aufenthaltsverbotes ist vom wesentlichen privaten Interesse des Beschwerdeführers auszugehen, dessen Ziel die Herabsetzung bzw Aufhebung des Aufenthaltsverbotes aus privaten Interessen war. Dass das BFA dabei auch öffentliche Interessen zu beachten hatte, schadet nicht (VwGH 01.09.2017, Ra 2016/03/0055). Bei der Entscheidung der belangten Behörde handelte es sich um einen sonstigen Bescheid, der im Privatinteresse des Beschwerdeführers liegt, weshalb gemäß § 78 AVG iVm § 1 Abs 1 iVm Tarif A Z 2 BVwAbgV die Vorschreibung einer Verwaltungsabgabe in Höhe von EUR 6,50 rechtmäßig war.

3.10. Dem Ausspruch der Zahlungsverpflichtung in Höhe von EUR 6,50 war nicht entgegenzutreten, weshalb die Beschwerde auch gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.

Entfall der mündlichen Verhandlung

3.11. Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot besonders schweres Verbrechen Gebührenfestsetzung Gefährdungsprognose Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben Verwaltungsabgabe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L510.2009242.2.00

Im RIS seit

23.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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