TE Bvwg Beschluss 2020/7/9 I421 1431803-2

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Veröffentlicht am 09.07.2020
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Entscheidungsdatum

09.07.2020

Norm

AsylG 2005 §24 Abs1 Z2
AsylG 2005 §24 Abs2 Satz1
AsylG 2005 §25 Abs1
AsylG 2005 §57
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I421 1431803-2/21E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin Steinlechner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch: Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien vom 21.12.2017, Zl 821805402/1594936 beschlossen:

A)

Das Verfahren wird gemäß § 24 Abs 1 Z 2 und 2 Asylgesetz 2005 eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.       Mit Bescheid vom 14.12.2012, Zl 12 18.054 - BAT entschied das Bundesasylamt (nunmehr Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, im Folgenden: BFA oder belangte Behörde), über den am 10.12.2012 eingebrachten Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: BF) auf internationalen Schutz und wies diesen sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) ab, der BF wurde aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Die dagegen am 18.12.2012 erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.08.2016, GZ W184 1431803-1/11E betreffend die Spruchpunkte I. und II. als unbegründet abgewiesen und betreffend Spruchpunkt III. gemäß § 75 Abs 20 AsylG 2015 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das BFA zurückverwiesen.

2.       Mit Schreiben der belangten Behörde vom 07.11.2017 wurde dem BF mit einer „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z1 FPG in Verbindung mit einem Einreiseverbot gemäß § 53 Abs 3 Z 6 FPG zu erlassen. Unter Setzung einer vierzehntägigen Frist zur Stellungnahme trug die belangte Behörde ihm überdies die Beantwortung einer Reihe von Fragen zu seiner persönlichen Situation auf und wies darauf hin, das Verfahren werde ohne nochmalige Anhörung aufgrund der Aktenlage fortgeführt, falls er die Möglichkeit zur Stellungnahme nicht wahrnehme. Der BF erstattete keine Stellungnahme.

3.       Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21.12.2017, Zl 821805402/1594936 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) und festgestellt, dass gemäß § 52 Abs 9 FPG die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde dem BF gemäß § 55 Abs 4 FPG nicht gewährt (Spruchpunkt IV.), einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gegen den BF gemäß § 53 Abs 2 Z 6 FPG ein vierjähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

4.       Dieser Bescheid wurde samt den Verfahrensanordnungen vom 21.12.2017, wonach dem BF die ARGE Rechtsberatung-Diakonie und Volkshilfe in 1170 Wien, Wattgasse 48/3.Stock, amtswegig als Rechtsberaterin zur Verfügung gestellt wurde, nach einem erfolglosen Zustellversuch am 27.12.2017 am 28.12.2017 mittels Hinterlegung bei der Zustellbasis der Wohnsitzadresse, PLZ XXXX, zugestellt.

5.       Am 17.04.2018 wurde der angefochtene Bescheid dem BF durch die belangte Behörde ausgefolgt.

6.       Mit Schreiben vom 15.05.2018 brachte der BF durch die ARGE Rechtsberatung gegen den angefochtenen Bescheid vollumfänglich Beschwerde wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtswidrigkeit ein.

7.       Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.06.2018 wurde dem BF mit einem Verspätungsvorhalt mitgeteilt, dass nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde verspätet bei der belangten Behörde eingebracht worden sei. Der BF wurde aufgefordert, binnen einwöchiger Frist zum übermittelten Parteiengehör eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

8.       Mit Stellungnahme vom 12.06.2018 brachte der BF unter Verweis auf sein Beschwerdevorbringen vor, die Zustellung durch Hinterlegung am 28.12.2017 sei mangels Vorliegen einer Abgabestelle unwirksam gewesen, die Zustellung daher erst mit persönlicher Ausfolgung am 17.04.2018 bewirkt worden.

9.       Mit 18.06.2018 erging ein Zurückweisungsbeschluss des Bundesverwaltungsgerichtes wegen Verspätung gemäß § 16 Abs 1 BFA-VG.

10.      Gegen diesen Beschluss erhob der BF am 27.07.2018 durch RA Mag. Frühwirth außerordentliche Revision hinsichtlich dem Abweichen des Bundesverwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs in Zusammenhang mit der Zulässigkeit einer Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 17 Abs 1 ZustG und der Prüfung des Vorliegens einer Abgabestelle iSd § 2 Z 4 ZustG, welche dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wurde und bei diesem am 02.08.2018 einlangte.

11.      Mit Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, GZ Ra 2018/21/0137-7 vom 13. November 2018, hob dieser das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

12.      Mit Schreiben vom 20.05.2019 legte der BF durch die ARGE Rechtsberatung eine in der Slowakei ausgestellte Geburtsurkunde vor, in welcher der BF als Vater eines Kindes mit XXXX als Kindesmutter aufscheint.

13.      Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 19.05.2020 wurde die Rechtsache der Gerichtsabteilung I406 des Bundesverwaltungsgerichtes, Außenstelle Innsbruck, abgenommen und der Gerichtsabteilung I421 neu zugewiesen.

14.     Eine am 06.07.2020 vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführte Abfrage des Zentralen Melderegisters ergab, dass der BF das Bundesgebiet seit 20.04.2018 (bzw. unter seinem Aliasnamen seit 01.09.2016) verlassen hat. Am 07.07.2020 wurde vom Bundesverwaltungsgericht bei der ARGE Rechtsberatung hinsichtlich dem aktuellen Wohnsitz des BF schriftlich angefragt, welchen diese entsprechend der Rückmeldung vom 08.07.2020 jedoch auch nicht anhand der Datenbank eruieren konnten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Seit 15.05.2018 ist eine Beschwerde des BF in einem Verfahren über die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung sowie ein für die Dauer von vier Jahren ausgesprochenes Einreiseverbot anhängig.

Trotz Anfrage an die ARGE Rechtsberatung hinsichtlich Wohnsitz des BF konnte dessen Aufenthaltsort nicht in Erfahrung gebracht werden, der BF hat keine aufrechte Meldeadresse in Österreich und hat das Bundesgebiet spätestens am 20.04.2018 verlassen.

2.       Beweiswürdigung:

Beweise wurden aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, Einholung einer Auskunft aus dem Zentralen Melderegister und schriftliche Anfrage bei der ARGE Rechtsberatung am 07.07.2020.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 24 Abs 1 Z 2 AsylG entzieht sich ein Asylwerber dem Asylverfahren, wenn er das Bundesgebiet freiwillig verlässt- und das Verfahren nicht als gegenstandslos abzulegen ist (§ 25 Abs 1).

Gemäß § 24 Abs 2 AsylG sind Asylverfahren einzustellen, wenn sich der Asylwerber dem Verfahren entzogen hat (Abs 1) und eine Entscheidung ohne eine allenfalls weitere Einvernahme oder Verhandlung nicht erfolgen kann. Ein eingestelltes Verfahren ist von Amts wegen fortzusetzen, sobald die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes möglich ist. Mit Fortsetzung des Verfahrens beginnt die Entscheidungsfrist nach § 73 Abs 1 AVG zu laufen. Nach Ablauf von zwei Jahren nach Einstellung des Verfahrens ist eine Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig. Ist das Verfahren vor dem Bundesamt einzustellen, ist nach § 34 Abs 4 BFA-VG vorzugehen.

Im vorliegenden Fall steht der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht fest. Vielmehr ist eine Ergänzung des Beweisverfahrens unter Durchführung einer Verhandlung unabdingbar. Eine Entscheidung in der gegenständlichen Beschwerdesache kann ohne persönliche Mitwirkung des BF im Rahmen einer mündlichen Verhandlung nicht getroffen werden. Da diese Mitwirkung nicht möglich ist, weil der BF das Bundesgebiet freiwillig verlassen hat und nunmehr unbekannten Aufenthalts ist, womit er sich dem Verfahren im Sinne des § 24 Abs 1 Z 2 AsylG entzogen hat, war das anhängige Verfahren einzustellen, zumal ein Fall einer Gegenstandslosigkeit gemäß § 25 Abs 1 AsylG hier nicht vorliegt.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird. Selbst dann liegt aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die gesetzliche Rechtslage eindeutig ist (vgl VwGH 03.07.2015, Ra 2015/03/0041). Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art 133 Abs 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art 133 Abs 9 B-VG).

Da die gesetzliche Rechtslage eindeutig ist bzw. durch die zitierte Rechtsprechung des VwGH geklärt ist, liegt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Schlagworte

Asylverfahren Einstellung Einstellung des (Beschwerde) Verfahrens Entziehung freiwillige Ausreise Meldepflicht Mitwirkungspflicht Verfahrenseinstellung Verfahrensentziehung verfahrensleitender Beschluss

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I421.1431803.2.00

Im RIS seit

20.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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