TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/23 97/07/0036

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Veröffentlicht am 23.10.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §7 Abs1 Z4;
MRK Art6;
StGB §34 Abs1 Z14;
VStG §19;
VStG §24;
VStG §51 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
ZustG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde des PB in W, vertreten durch Dr. MW, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 30. Dezember 1996, Zl. 1-1130-1132/95/E7, betreffend Übertretung nach dem Wasserrechtsgesetz und dem Vorarlberger Abfallgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft und Vorarlberger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.282,50 und dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 2.282,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 22. September 1995 hat die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch gegen den Beschwerdeführer ein Straferkenntnis folgenden Inhalts erlassen:

"1.

Sie haben in der Zeit vom 28.7.1992 bis zum 18.4.1995 im Bereich eines Tobels und eines in diesem Abschnitt sich befindenden Gerinnes auf Grundstücksnummern 403 und 490 Grundbuch F. (...) Bauschutt aller Art (Beton-, Waschbeton-, Plastik- und sonstige Kunststoff-, Eisen- und Aluminiumteile) abgelagert.

...

3.

Sie haben dadurch weiters Abfälle außerhalb der zur Abfuhr und Beseitigung von Abfällen vorgesehen Anlagen abgelagert.

4.

Sie haben in der Zeit zwischen dem 25.4.1993 und dem 18.4.1995 die Bescheidauflage I/1 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 22.3.1993, Zl. II-3277/92, die lautet:

"Der quer zur aufgeschütteten Böschung befindliche ca. 4,0 m breite Zufahrtsweg ist in der Form zu verschmälern, als die übersteilte Böschung talseits dieses Zufahrtsweges im Bereich des Zufahrtsweges abzuflachen und das dabei anfallende überschüssige Material als Böschungsfuß einzubauen ist. Diese Zufahrtsstraße darf nach dem Zurücknehmen der vorhandenen Böschung lediglich ca. 2,0 m betragen".

nicht erfüllt.

Dadurch übertretene Verwaltungsvorschrift, verhängte Strafe und entstandene Verfahrenskosten:

Übertretung gemäß

1.

§ 137 Abs. 2 lit. q + § 48 Abs. 1 WRG

2.

...

3.

§ 29 Abs. 1 lit. a Abfallgesetz

4.

§ 137 Abs. 2 lit. l + § 38 WRG

Geldstrafe gemäß

1.

§ 137 Abs. 2 Wasserrechtsgesetz S 3.000,--

2.

...

3.

§ 29 Abs. 1 Abfallgesetz S 1.000,--

4.

§ 137 Abs. 2 Wasserrechtsgesetz S 5.000,--

Ersatzfreiheitsstrafe:

1.

1 Tag

2.

...

3.

1 Tag

4.

2 Tage

...."

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 10. Oktober 1995 zugestellt.

Am 19. Oktober 1995 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch eine "Niederschrift: Beschuldigteneinvernahme (Tonbandaufnahme § 14 Abs. 5 AVG 1950)" folgenden Inhalts aufgenommen:

"Betrifft: P.B. - Verdacht der Übertretung nach WRG, LSchG,

AbfallG. Berufung gegen die Strafhöhen

Am 19.10.1995 erscheint Herr P.B. vor Amt und gibt folgendes zu Protokoll:

Ich habe inzwischen dafür gesorgt, daß der gesetzmäßige Zustand hergestellt wurde. Dies hat mich ATS 45.000,--

gekostet. ... Ich bin ledig und für drei Kinder sorgepflichtig.

Ich verfüge über zwei Gastbetriebe, nämlich die Pizzeria P. und das Sch. in B. Hinsichtlich des Lokals in B. besteht eine Vereinbarung mittels einer Leibrente, sodaß ich meinen Eltern, die dort wohnen, monatlich ATS 40.000,-- bezahle. Von diesem Lokal ist somit kein Gewinn zu erwarten. Das gesamte Betriebsvermögen kann ich nicht ziffernmäßig bezeichnen. Mein Einkommen ist somit unbestimmt. Ein Renault Espace ist als Firmenwagen ebenfalls vorhanden. Die Schulden betragen insgesamt ca. ATS 4 Mill. Ich beantrage somit die Strafhöhen entsprechend zu reduzieren, zumal der gesetzmäßige Zustand inzwischen hergestellt wurde."

Vor der Unterschrift des Beschwerdeführers auf dem als "Niederschrift" überschriebenen Formular ist der Vermerk angezeichnet:

"Die Aufnahme wurde nicht wiedergegeben, da auf die Wiedergabe verzichtet wurde."

Am 3. November 1995 langte bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch eine vom nunmehrigen Beschwerdeführervertreter verfaßte Stellungnahme vom 31. Oktober 1995, zur Post gegeben am 2. November 1995 ein, in welcher mit dem Hinweis auf die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung ergänzend vorgebracht wurde, daß die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen "zur Gänze bestritten" werden. Sein Rechtsvertreter habe fernmündlich um Aktenübersendung an die zuständige Behörde an seinem Kanzleisitz in Wien ersucht. Die Behörde sei diesem Ersuchen nicht nachgekommen, weshalb er zu seiner Verteidigung den wesentlichen Sachverhalt nicht habe vorbringen können.

In einer weiteren, an die belangte Behörde gerichteten Stellungnahme vom 7. Februar 1996 wurde vom Vertreter des Beschwerdeführers ausgeführt, daß vom Sachbearbeiter der Strafbehörde erster Instanz die Aktenübersendung ausdrücklich zugesagt worden sei. Dem Sachbearbeiter sei auch mitgeteilt worden, daß der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren durch den nunmehrigen Beschwerdeführervertreter rechtsfreundlich vertreten werde. Die Zustellung des Straferkenntnisses hätte daher an den Vertreter des Beschwerdeführers vorgenommen werden müssen. Der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch sei auch amtsbekannt, daß der Beschwerdeführervertreter den Beschwerdeführer ständig rechtsfreundlich vertrete.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 30. Dezember 1996 wurde die Berufung des Beschwerdeführers vom 31. Oktober 1995 als verspätet zurückgewiesen (Spruchpunkt 1) und der Berufung des Beschwerdeführers vom 22. September 1995 keine Folge gegeben, "und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Strafausmaßes bestätigt" (Spruchpunkt 2).

In der Begründung führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt 1 aus, aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung stehe folgender Sachverhalt fest:

"Im gegenständlichen Verfahren erging am 17.7.1995 eine Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter direkt an den Beschuldigten. Der Beschuldigte nahm dazu persönlich am 4.8.1995 Stellung. Im August 1995 rief Herr Dr. M.W., der nunmehrige Rechtsvertreter des Beschuldigten, den zuständigen Sachbearbeiter bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch an und ersuchte ihn, die gegenständlichen Verfahrensakten an die für den 1. Bezirk in Wien zuständige Behörde zu übersenden. Eine ausdrückliche Berufung auf eine Vollmacht oder ein Vertretungsverhältnis erfolgte nicht. Der Sachbearbeiter sagte die Übersendung der Akten zu, vergaß das erwähnte Telefongespräch in der Folge jedoch und unterließ die Aktenübermittlung."

Rechtlich folgerte die belangte Behörde daraus, das telefonische Ersuchen um Übermittlung des Verfahrensaktes an eine andere Behörde zwecks Erleichterung der Akteneinsicht könne die vom Gesetz geforderte Berufung auf eine erteilte Vollmacht im Sinne des § 10 Abs. 1 AVG nicht ersetzen. Daraus folge, daß für die Behörde kein Vollmachtsverhältnis bestanden habe und die Zustellung des Bescheides an den Beschwerdeführer persönlich rechtens gewesen sei. Die mündliche Berufung durch den Beschwerdeführer selbst vom 19. Oktober 1995, welche sich nur gegen die Höhe der Strafe gerichtet habe, sei demnach rechtzeitig gewesen, nicht jedoch die als Stellungnahme bezeichnete schriftliche Berufung vom 31. Oktober 1995, welche sich auch gegen den Schuldspruch gerichtet habe. Letztere sei somit zurückzuweisen gewesen.

Zu Spruchpunkt 2 wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, daß in der als rechtzeitig erkannten Berufung des Beschwerdeführers nur das Strafausmaß bekämpft worden sei und daher die belangte Behörde von dem in erster Instanz zur Schuldfrage festgestellten Sachverhalt auszugehen habe, weil der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen sei. Zweck des § 38 und § 48 Abs. 1 WRG sei der Schutz der Gewässer. Zweck des § 29 Abs. 1 lit. a Vorarlberger Abfallgesetz sei der Schutz der Gesundheit und des Wohlbefindens von Menschen, der Natur und des Landschafts- und Ortsbildes. Der Beschwerdeführer habe diesem Schutzzweck in nicht unerheblichem Ausmaß zuwidergehandelt. Sonstige negative Auswirkungen der Taten seien nicht hervorgekommen. Als Verschuldensform werde Fahrlässigkeit angenommen. Erschwerungs- und Milderungsgründe seien nicht hervorgekommen. Insbesondere komme dem Beschwerdeführer der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zugute. Auch die Tatsache, daß er nach dem Tatzeitraum für eine Sanierung gesorgt habe, könne nicht als strafmildernd gewertet werden, da er damit nur einer rechtlichen Verpflichtung nachgekommen sei. Unter Würdigung des festgestellten Sachverhaltes und unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers sei die von der Erstbehörde festgesetzte Strafe schuld-, tat-, vermögens- und einkommensangemessen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich seinem gesamten Vorbringen in der Beschwerde zufolge in dem Recht, nicht bestraft zu werden, verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Beschwerdeführer legt der belangten Behörde zur Last, sie habe im Berufungsverfahren nur geprüft, ob die von ihm am 19. Oktober 1995 zu Protokoll gegebene Berufung rechtzeitig gewesen sei. Völlig überraschend und unzutreffend sei jedoch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zum Ergebnis gelangt, der Beschwerdeführer hätte nur eine Strafberufung erhoben. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer jedoch volle Berufung einschließlich einer Strafberufung erhoben und mit der Stellungnahme vom 31. Oktober 1995 das Berufungsvorbringen ergänzt und zusätzlich Beweisanträge gestellt. Die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer die Versäumung der Berufungsfrist wegen der angeblich gesonderten Schuldberufung im Berufungsverfahren nicht vorgehalten. Diesbezüglich liege ein wesentlicher Verfahrensmangel vor.

Die belangte Behörde habe sich auch nicht damit auseinandergesetzt, daß die Strafbehörde erster Instanz den Beschwerdeführer anläßlich der am 19. Oktober 1995 mündlich erhobenen Berufung nicht ordnungsgemäß angeleitet habe und die Berufung auch nicht ordnungsgemäß protokolliert worden sei. Eine Erörterung der mündlichen Berufung habe nicht stattgefunden. Aus der Niederschrift vom 19. Oktober 1995 ergebe sich, daß die Strafbehörde erster Instanz dem Auftrag des Gesetzgebers bei der mündlichen Berufungserhebung insoweit nicht nachgekommen sei, weil nach den maßgeblichen Gründen für die Berufungserhebung offensichtlich nicht gefragt worden sei und etwaige diesbezügliche Angaben nicht beurkundet worden seien. Die Überschrift sei unrichtig und nicht Bestandteil der protokollierten mündlichen Berufung. Daß der Beschwerdeführer nur gegen die Strafhöhen eine Berufung erheben habe wollen, sei eine Erfindung der Erstbehörde. Die mündliche Berufung könne auch ohne begründeten Berufungsantrag erhoben werden. Aus dem protokollierten Vorbringen sei auch nicht abzuleiten, daß der Beschwerdeführer nur Strafberufung erheben habe wollen. Die aufgenommene Niederschrift sei auch deshalb unrichtig bzw. unvollständig, weil daraus nicht klar hervorgehe, gegen welchen Bescheid eine Berufung erhoben worden sei. Die Überschrift unter dem Betreff sei nachträglich hinzugefügt worden, weshalb daraus auch nicht geschlossen werden dürfe, daß sich die Berufung nur gegen die Strafhöhen richte. Das mit Schallträger aufgenommene Protokoll sei erst nachträglich in Maschinschrift übertragen und dem Beschwerdeführer nicht zugestellt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs. 1 VStG steht im Verwaltungsverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenates jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Wohnsitz hat.

Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle kann die Berufung auch mündlich eingebracht werden. Die Behörde hat die Gründe für die Berufungserhebung in der Niederschrift festzuhalten.

Gemäß § 24 VStG gilt, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren. Mangels ausdrücklicher Anführung des § 63 Abs. 3 AVG im Satz 2 dieser Gesetzesstelle gilt die letztgenannte Norm auch im Verwaltungsstrafverfahren. Demnach hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Ob eine im Sinne des § 51 Abs. 3 VStG von einer Partei mündlich erhobene Berufung keiner Begründung bedarf, wie dies in der Beschwerde ausgeführt wird, braucht im vorliegenden Beschwerdefall nicht weiter erörtert werden (vgl. hiezu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 1048 f, wiedergegebenen Lehrmeinungen), weil eine Berufung gemäß § 63 Abs. 3 AVG zumindest erkennen lassen muß, was die Partei anstrebt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1981, Slg. NF Nr. 10.343/A, u.v.a.). Dies bedeutet, daß aus der Berufungserklärung erkennbar sein muß, gegen welchen Bescheid sich die Berufung richtet und ob dieser Bescheid zur Gänze oder - soweit Trennbarkeit möglich - zum Teil angefochten wird. In ständiger Rechtsprechung ist der Verwaltungsgerichtshof von der Möglichkeit der Bekämpfung eines Straferkenntnisses nur hinsichtlich der Strafhöhe ausgegangen. Beruft also der Beschuldigte ausschließlich gegen die Strafbemessung, dann erwächst der Schuldspruch in Rechtskraft (vgl. hiezu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 1055, referierte Rechtsprechung).

Aus der im Darstellungsteil wiedergegebenen Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 19. Oktober 1995 ergibt sich zweifelsfrei, daß der Beschwerdeführer das erstinstanzliche Straferkenntnis mit seiner mündlichen Berufung nur der Strafhöhe nach bekämpft hat. Der Beschwerdeführer beantragte "die Strafhöhen entsprechend zu reduzieren". Im Betreff der Niederschrift wird angeführt, daß sich die Berufung "gegen die Strafhöhen" richtet. In dieser Niederschrift ist damit ausdrücklich dokumentiert, daß der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Berufung eine deutliche Einschränkung vorgenommen hat.

Die mündliche Berufung des Beschwerdeführers wurde von der Strafbehörde erster Instanz gemäß § 14 Abs. 1 AVG niederschriftlich festgehalten.

Gemäß § 14 Abs. 5 AVG kann sich die Behörde für die Abfassung der Niederschrift, sofern kein Einwand erhoben wird, eines Schallträgers bedienen oder die Niederschrift in Kurzschrift aufnehmen. Solche Aufnahmen und Niederschriften sind unverzüglich in Vollschrift zu übertragen und den vernommenen oder sonst beigezogenen Personen auf ihr Verlangen zuzustellen. Gegen die Übertragung der Schallträgeraufnahmen können innerhalb von zwei Wochen Einwendungen erhoben werden; die Aufnahme darf frühestens einen Monat nach Ablauf dieser Frist gelöscht werden.

Eine Niederschrift gemäß § 14 AVG ist eine öffentliche Urkunde. Soweit nicht Einwendungen erhoben wurden, liefert eine gemäß § 14 aufgenommene Niederschrift über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis. Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges bleibt aber zulässig (§ 15 AVG).

Die Niederschrift vom 19. Oktober 1995 enthält den Vermerk, daß die Aufnahme mittels Schallträger nicht wiedergegeben wurde, da auf die Wiedergabe verzichtet wurde. Im Verfahren vor der Berufungsbehörde hat der Beschwerdeführer die Unrichtigkeit des durch die Niederschrift bezeugten Vorganges weder behauptet noch konkrete Gründe zur Entkräftigung der Beweiskraft dieser Niederschrift vorgebracht (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1994, Zl. 94/11/0132). Der Verwaltungsgerichtshof hat daher im Rahmen der Prüfung des angefochtenen Bescheides (§ 41 Abs. 1 VwGG) von der Richtigkeit des in dieser Niederschrift bezeugten Vorganges und damit davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer mit seiner mündlichen Berufung vom 19. Oktober 1995 nur die Strafhöhe des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 22. September 1995 bekämpft hat. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch keinen wesentlichen Verfahrensmangel des Berufungsverfahrens deshalb zu erkennen, weil die belangte Behörde dem Beschuldigten die Versäumung der Berufungsfrist wegen der angeblich gesonderten Schuldberufung im Berufungsverfahren nicht vorgehalten hat. Der Beschwerdeführer vermag nämlich nicht aufzuzeigen, zu welch anderem Ergebnis die belangte Behörde bei Einhaltung eines solchen Vorganges kommen hätte sollen.

Hat aber der Beschwerdeführer nur eine Berufung gegen die Strafhöhe erhoben, kann der belangten Behörde keine Verletzung des Parteiengehörs deshalb zur Last gelegt werden, weil sie Beweisergebnisse, durch welche die Unschuld des Beschwerdeführers dokumentiert sein sollen, nicht berücksichtigt habe. Die belangte Behörde hatte die Rechtskraft des Schuldausspruches zu beachten. Auf die Beschwerdeausführungen, mit welchen eine unrichtige Lösung der Schuldfrage darzulegen versucht wird, kann vom Verwaltungsgerichtshof nicht eingegangen werden, da der Ausspruch über die Tat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keinen Beschwerdepunkt bilden kann, wenn im Berufungsverfahren nicht der Ausspruch über die Tat, sondern nur das Strafausmaß bekämpft wurde (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. April 1994, Zl. 94/11/0055; Hauer-Leukauf, a.a.O., S. 1055).

Die mündliche Berufungsverhandlung wurde von demjenigen Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg geleitet, welches auch den nunmehr angefochtenen Bescheid unterschrieben hat. Hiebei handelt es sich - wie dem Kopf dieses Bescheides zu entnehmen ist - offenkundig um die Unterschrift des Genehmigenden gemäß § 58 Abs. 3 in Verbindung mit § 18 Abs. 4 AVG. Mit dem Hinweis darauf, der angefochtene Bescheid sei von einer Person konzipiert worden, welcher als Sachbearbeiter im Vorstellungsverfahren an Entscheidungen den Beschwerdeführer betreffend in anderen Verwaltungsverfahren mitgewirkt habe, vermag der Beschwerdeführer - wie von ihm ausgeführt - weder einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG noch unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 EMRK eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Ohne Rechtsirrtum hat die belangte Behörde die am 3. November 1995 bei der Strafbehörde erster Instanz eingelangte Stellungnahme vom 31. Oktober 1995 als verspätet zurückgewiesen. In dieser Stellungnahme wurde nämlich nach Ablauf der im § 63 Abs. 5 AVG festgesetzten Berufungsfrist erstmals geltend gemacht, das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 22. September 1995 auch hinsichtlich der Schuldfrage zu bekämpfen. Ohne Rechtsirrtum ging hiebei die belangte Behörde auch davon aus, daß der Umstand, daß der Beschwerdevertreter einige Zeit vor Bescheiderlassung in den Verwaltungsakt des Beschwerdeführers Akteneinsicht verlangt hat, keine Berufung des einschreitenden Rechtsanwaltes auf eine ihm erteilte Vollmacht im Sinne des § 10 Abs. 1 AVG darstellt (vgl. hiezu den hg. Beschluß vom 5. April 1995, Zl. 94/01/0373).

Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde schließlich vor, die Grundsätze des § 19 VStG zwar "erkannt" zu haben, diese jedoch auf den vorliegenden Fall nicht richtig angewendet zu haben. Die belangte Behörde hätte die vom Beschwerdeführer durchgeführte Sanierung der Böschung als strafmildernd werten müssen, auch wenn damit eine Bescheidauflage erfüllt worden sei.

Auch diesbezüglich ist der belangten Behörde kein Rechtsirrtum unterlaufen. In der Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes kann allenfalls das Fehlen eines Erschwerungsgrundes, nicht aber ein mildernder Umstand erblickt werden (vgl. hiezu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 851, dargestellte hg. Rechtsprechung). Die belangte Behörde hat die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen in der gesetzmäßigen Ausmessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammengefaßt. Der Beschwerdeführer vermag mit seinen allgemein gehaltenen Ausführungen einen Verstoß gegen § 19 VStG durch die belangte Behörde nicht aufzuzeigen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit frei von Rechtsirrtum. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 26. April 1993, Slg. NF Nr. 13.823/A).

Schlagworte

Trennbarkeit gesonderter AbspruchBeschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme VerwaltungsstrafrechtRechtskraft Besondere Rechtsprobleme BerufungsverfahrenInhalt der BerufungsentscheidungBeginn Vertretungsbefugnis VollmachtserteilungBeschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH StrafverfahrenErschwerende und mildernde Umstände AllgemeinVerhältnis zu anderen Materien und Normen VwGG (siehe auch Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren)Einwendung der entschiedenen SacheRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeBesondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des BerufungsbescheidesVerhältnis zu anderen Materien und Normen Befangenheit (siehe auch Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997070036.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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