TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/6 W169 2233558-1

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Veröffentlicht am 06.08.2020
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Entscheidungsdatum

06.08.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §57
VwGVG §22 Abs3

Spruch

W169 2233558-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.07.2020, Zl. 608532905-190849636, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 22 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, reiste illegal und schlepperunterstützt in Österreich ein und stellte am 28.10.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005.

Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 07.11.2012, Zahl 12 15.636-BAT, sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß §§ 3 und 8 AsylG ab und wies den Beschwerdeführer gemäß § 10 AsylG nach Indien aus.

2. Am 14.03.2013 reiste der Beschwerdeführer ohne aufenthaltslegitimierende Dokumente in die Bundesrepublik Deutschland ein und wurde am 22.03.2013 gemäß dem Dubliner Übereinkommen nach Österreich rücküberstellt.

3. Aufgrund der gegen den oben genannten Bescheid erhobenen Beschwerde führte das Bundesverwaltungsgericht am 21.10.2015 eine mündliche Verhandlung durch und wies mit Erkenntnis vom 10.12.2015, Zahl W169 1430773-1/23E, die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. (Asyl und subsidiärer Schutz) gemäß §§ 3 und 8 AsylG als unbegründet ab.

Spruchpunkt III. des Bescheides (Ausweisung) wurde aufgehoben und das Verfahren gemäß der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 20 AsylG zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das nunmehr zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Begründend wurde zu den Spruchpunkten I. und II. ausgeführt, dass die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft seien und er darüber hinaus gegen die von ihm behauptete Verfolgung von privater Seite wirksamen Schutz der Behörden in Anspruch nehmen könnte. Auch bei Wahrunterstellung der behaupteten Bedrohungssituation hätte der Beschwerdeführer nicht im gesamten Staatsgebiet Verfolgung zu befürchten, zumal ihm eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung stehe. Im Fall einer Rückkehr würde er auch nicht in eine lebensbedrohliche Notlage geraten, zumal es ihm als jungem Mann zumutbar sei, sich in seiner Heimat den notwendigen Unterhalt zu sichern.

Die beim Beschwerdeführer vorliegende Gesundheitsbeeinträchtigung (chronisch entzündliche Darmerkrankung, Eisenmangelanämie, chronische Gastritis) sei nicht außerordentlich schwerwiegend oder lebensbedrohend und erreiche sohin im Hinblick auf die in Indien bestehende Gesundheitsversorgung nicht jene Schwere, die im Falle der Abschiebung eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten würde.

4. Nach Durchführung einer niederschriftlichen Einvernahme im fortgesetzten Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 01.04.2016 wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 27.09.2016 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ein schützenswertes Familien- oder Privatleben in Österreich nicht bestehe. Die neuerliche Erlassung einer Rückkehrentscheidung erfolge, weil kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers gegeben sei.

5. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und schloss eigene handschriftliche Ausführungen sowie zwei Rechnungen über Deutschkurse an.

6. Mit Straferkenntnis vom 12.03.2018 verhängte die Landespolizeidirektion Salzburg über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 1.200 Euro gemäß §§ 99 Abs. 1a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO, weil er am 11.03.2018 ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hatte.

7. Am 08.11.2018 fand erneut eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.

8. Mit Schreiben vom 22.02.2019 brachte der Beschwerdeführer nach der Verhandlung weitere Belege in Vorlage (jeweils in Kopie zwei ÖSD-Zertifikate, einen österreichischen Führerschein und eine Bankomatkarte, seine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG, einen Mietvertrag vom 30.05.2016, einen Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria, ein Schreiben der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, wonach der Nichtbetrieb des Gewerbes am 25.10.2016 angezeigt worden sei, sowie einen Mietvertrag samt Mängel- und Übergabeprotokoll über einen Fahrzeugverleih vom 01.02.2019 bis 31.01.2021).

9. Mit Erkenntnis vom 25.07.2019, W222 1430773-2/17E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.09.2016 gemäß §§ 10 und 57 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG und §§ 46, 52 und 55 FPG mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass sich die Rückkehrentscheidung auf § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 52 Abs. 2 Z 2 FPG stütze.

10. Mit ausgefülltem Formularvordruck „Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen“ ohne Datum, eingelangt beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 18.09.2019, stellte der Beschwerdeführer einen Antrag gemäß § 56 Abs. 1 AsylG.

Im Formularvordruck waren einige Angaben zu seiner Person und zu seiner angeblichen (indischen) Verlobten in Österreich, aber keine Angaben zu seinen Familienangehörigen ausgefüllt.

Beigelegt waren dem Antrag zahlreiche Belege, u.a. Deutsch-Zertifikat A2, Anmeldung Deutschkurs B1, Kopien von Mietvertrag, österreichischer Führerschein, E-Card, Rot-Kreuz-Card, Bankkarte, ÖAMTC-Clubkarte, Mietvertrag Fahrzeugverleih, Meldebestätigung, Unterstützungsschreiben mit Unterschriften, Leistungsrechnungen für Kleintransporte, ärztliche Bestätigungen, Antrag gemäß § 4 AsylG-DV auf Heilung.

11. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl forderte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25.09.2019 auf, für die Antragstellung erforderliche Urkunden gemäß § 8 AsylG-DV nachzubringen sowie konkrete Fragen zu seinen Lebensumständen in Österreich zu beantworten.

12. Mit Schreiben seines anwaltlichen Vertreters vom 08.10.2019 beantwortete der Beschwerdeführer diese Fragen teilweise und legte weitere Belege vor. Vorgebracht wurde weiters, dass sich der Beschwerdeführer seit nahezu sieben Jahren in Österreich aufhalte und hier alle seine Freunde und Bekannten lebten. Er sei – mit Ausnahme einer Verwaltungsübertretung – unbescholten und stelle keine Gefahr für die Republik Österreich dar. Aufgrund seiner sozialen, privaten und persönlichen Entwurzelung und Entfremdung zu seinem Herkunftsland wäre der Beschwerdeführer dort von existenzbedrohender Armut bedroht. Eine Aufenthaltsbeendigung stehe im gegenständlichen Fall absolut nicht im Verhältnis.

Bezüglich der erforderlichen Vorlage eines Reisedokuments brachte der Beschwerdeführer vor, dass er sich mehrfach bemüht habe, „mit der Botschaft sich in Verbindung zu setzen und sein Anliegen bezüglich des Heimreisezertifikats vorgebracht, jedoch [...] seitens der Botschaft keine Kooperation in dieser Angelegenheit erhalten“ habe.

13. Mit Bescheid vom 08.11.2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß § 56 AsylG ab und erließ gemäß § 10 Abs. 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG. Weiters wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei und die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

14. Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.02.2020, Zahl W191 1430773-3/4E, gemäß §§ 10, 56 AsylG, § 9 BFA-VG sowie §§ 46, 52 und 55 FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.

15. Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.05.2020 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen, bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft in einer namentlichen genannten Betreuungseinrichtung zu nehmen und dieser Verpflichtung binnen drei Tagen nachzukommen.

16. Gegen diesen am 30.05.2020 zugestellten Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung.

17. Daraufhin übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Vertreter des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 18.06.2020 („Parteiengehör“) den Gesetzeswortlaut des § 57 FPG und teilte ihm mit, dass die Verhängung einer Wohnsitzauflage gemäß § 57 FPG beabsichtigt sei, da gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung seit 12.02.2020 vorliege und er seiner Pflicht zur Ausreise nicht nachgekommen sei und räumte ihm die Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von 14 Tagen ein.

18. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 18.06.2020 eine Anfrage an eine Betreuungseinrichtung in 8045 Graz, ob eine medizinische Versorgung des Beschwerdeführers dort möglich sei. Dies wurde mit Mail vom selben Tag zugesagt.

19. Am 03.07.2020 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Stellungnahme des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers ein. In dieser wurde auf die Ausführungen in der Vorstellung vom 09.06.2020 verwiesen und darüber hinaus abermalig darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer seit über 7,5 Jahren seinen Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet Salzburg habe und mit seiner Verlobten seit knapp vier Jahren in Salzburg zusammen lebe. Eine Ortsanwesenheit sei somit geboten und wäre die Auferlegung gelinderer Mittel auch mit wesentlich weniger Aufwand und Kosten für die Republik Österreich verbunden.

20. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.07.2020 wurden dem Beschwerdeführer gemäß § 57 Abs. 1 FPG aufgetragen, bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft in der Betreuungseinrichtung SBS Graz-ANDRITZ RÜBE NORDBERGGASSE 8 8045 Graz, zu nehmen und dieser Verpflichtung unverzüglich nachzukommen (Spruchpunkt I.). Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt II.).

Begründet wurde die Wohnsitzauflage im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer sich – trotz rechtskräftiger Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutzes durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.12.2015 bzw. trotz Erlassung einer Rückkehrentscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht am 24.07.2019 – weigerte, der ihm auferlegten gesetzlichen Verpflichtung zur Ausreise nachzukommen, und sich seither rechtswidrig in Österreich aufhalte. Zudem bestehe gegen den Beschwerdeführer seit 12.02.2020 eine weitere rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Eine aufrechte Duldung gemäß § 46a FPG liege nicht vor. Er sei der ihm auferlegten und seit 12.02.2020 bestehenden Ausreiseverpflichtung bis dato nicht nachgekommen und habe im Rahmen des Rückkehrberatungsgesprächs am 02.12.2019 erklärt, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen. Eine Abwägung der zu berücksichtigenden Rechte auf Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auf der einen und der öffentlichen Interessen (insbesondere an einem geordneten Fremdenwesen) auf der anderen Seite wurde vorgenommen, die gesundheitliche Situation des Beschwerdeführers wurde berücksichtigt.

21. Dagegen hat der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass die Wohnsitzauflage ohne jede nähere individuelle Begründung erlassen worden sei. Das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers in Salzburg habe sich seit etwa acht Jahren intensiviert und hätte die belangte Behörde dies ohne weiters ermitteln können. Die Wohnsitzauflage würde einen massiven Eingriff in das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers darstellen, da dieser seinen Lebensmittelpunkt seit knapp acht Jahren im Bundesgebiet Salzburg habe, zumal seine Verlobte, seine Freunde und auch sein soziales Umfeld dort seien. Er arbeite seit Jahren als selbstständiger Transportunternehmer und würde er nach Erteilung eines Aufenthaltstitels auch weiterhin arbeiten und Steuern zahlen. Es sei nicht richtig, dass sich der Beschwerdeführer vehement geweigert habe, der Ausreiseverpflichtung nachzukommen, zumal er beim Heimreisezertifikatsverfahren stets mitgewirkt habe. Der Beschwerdeführer habe beim Rückkehrberatungsgespräch klar vorgebracht, dass er sich an die österreichischen Gesetze halte und sollte ein Heimreisezertifikat vorliegen, würde er auch freiwillig zurückkehren. Freilich habe er beim Rückkehrberatungsgespräch auch bekannt gegeben, dass er sich keine Rückkehr wünsche, was menschlich nachvollziehbar sei, zumal er seit acht Jahren in Österreich lebe. Da der Beschwerdeführer über kein Reisedokument verfüge, sei es ihm schlichtweg derzeit nicht möglich, seiner Verpflichtung, das Bundesgebiet zu verlassen, nachzukommen. Die Behörde habe die Rechtslage unrichtig beurteilt und diesen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Beantragt wurde unter anderem, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger aus dem Bundesstaat Haryana ist ledig und kinderlos. Seine Muttersprache ist Hindi. Er besuchte in Indien zwölf Jahre die Schule und ging danach Erwerbstätigkeiten nach. Er wohnte gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern im familieneigenen Haus in einem Dorf im Bundesstaat Haryana. Die Familie des Beschwerdeführers besitzt eine Landwirtschaft in Indien, von deren Erträgen die Familie leben konnte. Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben. Die Mutter und die Geschwister des Beschwerdeführers leben nach wie vor in Indien.

Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 28.10.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher in zweiter Instanz mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.12.2015, Zahl W169 1430773-1/23E, hinsichtlich des Status des Asylberechtigten bzw. des Status des subsidiär Schutzberechtigten als unbegründet abgewiesen wurde. Der Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides (Ausweisung) wurde aufgehoben und dass Verfahren gemäß der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 20 AsylG zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Nach Durchführung einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 27.09.2016 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Indien zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt. Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde – nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung am 08.11.2018 – mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.07.2019, W222 1430773-2/17E als unbegründet abgewiesen. Trotz der rechtskräftig negativen Rückkehrentscheidung verblieb der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet und kam seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Ausreise nicht nach.

Am 18.09.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag gemäß § 56 Abs. 1 AsylG, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.11.2019 abgewiesen wurde. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien zulässig sei. Weiters wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.02.2020 W191 1430773-3/4E, als unbegründet abgewiesen.

Im Zuge des verpflichteten Rückkehrberatungsgespräches am 02.12.2019 gab der Beschwerdeführer an, nicht rückkehrwillig zu sein. Er weigerte sich bis dato, der ihm erlegten Ausreiseverpflichtung nachzukommen.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten. Mit Straferkenntnis vom 12.03.2018 verhängte die Landespolizeidirektion Salzburg über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von 1.200,-- € gemäß § 99 Abs. 1a iVm § 5 Abs. 1 StVO, weil er am 11.03.2018 ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand gelenkt hatte.

Der Beschwerdeführer wohnt in Österreich mit einer indischen Staatsangehörigen im gemeinsamen Haushalt. Dass er eine Lebensgemeinschaft mit dieser führt bzw. mit dieser verlobt ist, kann nach dem Ergebnis des beim Bundesverwaltungsgericht geführten Verfahrens zu Zahl W222 2141341-1 (Beschwerdeverhandlung am 08.11.2018, Erkenntnis vom 25.07.2019) nicht festgestellt werden. Gegen die indische Mitbewohnerin – angebliche Lebensgefährtin des Beschwerdeführers – wurde ebenfalls eine Rückkehrentscheidung und mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.10.2019 auch eine Wohnsitzauflage – ebenfalls für die Betreuungseinrichtung SBS-Graz-Andritz, Nordberggasse 8 – erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3.2.2020, W191 2141341-2/6E, abgewiesen.

Der Beschwerdeführer bezog bis zum 15.05.2019 Leistungen im Rahmen der Grundversorgung. Am 25.10.2016 meldete er das Gewerbe „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt“ an, zeigte jedoch den Nichtbetrieb des Gewerbes ab 25.10.2016 an. Im Februar 2018 arbeitete er als Paketzusteller. Er ist nicht sozial tätig und – abgesehen von einer Mitgliedschaft beim ÖAMTC – auch nicht Mitglied in einem Verein. Sein soziales Umfeld in Österreich bezieht sich auf indische Staatsangehörige; er hat abgesehen von einem Freund, der indischer Abstammung und österreichischer Staatsangehöriger ist, keine österreichischen Freunde. Er nahm an mehreren Deutschkursen teil und bestand am 18.10.2016 eine Deutschprüfung für das Niveau A1 sowie am 05.02.2019 für das Niveau A2. Der Beschwerdeführer mietete ein KFZ der Marke Renault Master an; laut Mietvertrag wurde eine Mietdauer vom 01.02.2019 bis zum 31.01.2021 vereinbart.

Der Beschwerdeführer leidet an Colitis Ulcerosa, chronischer HP-negativer Pangastritis, Malnutriton im Rahmen der Grunderkrankung und Eisenmangelanämie. Diese Krankheiten sind in Indien behandelbar.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich, zum Ausgang seiner Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz, zu seiner Ausweisung, zum Bestehen einer Rückkehrentscheidung, zum Verbleib in Österreich trotz rechtskräftiger Ausweisungen und Rückkehrentscheidung sowie zum Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG und zu dessen Ausgang ergeben sich unstrittig aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich sowie zu seiner Integration im Bundesgebiet und zu seinem Gesundheitszustand beruhen auf seinem Vorbringen im Verfahren, auf den von ihm diesbezüglich vorgelegten Unterlagen und auf den Ergebnissen der drei Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Zur angeblichen Lebensgemeinschaft – und somit zum angeblichen aufrechten Familienleben - mit seiner Verlobten XXXX ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer in einer verbundenen mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 08.11.2018 – gemeinsam mit seiner angeblichen Verlobten – Angaben gemacht hat, die in Gegenüberstellung wiederholt unstimmig und widersprüchlich waren, sodass das Bundesverwaltungsgericht nicht von einer bestehenden Lebensgemeinschaft ausgegangen ist (siehe diesbezügliche Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.07.2019, Zlen. W222 2141341-1/12E und W222 1430773-2/17E, sowie Bundesverwaltungsgericht vom 03.02.2020, W191 1430773-3/4E. Dass gegen die angebliche Lebensgefährtin des Beschwerdeführers ebenfalls eine Rückkehrentscheidung und Wohnsitzauflage erlassen wurde, ergibt sich aus deren Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Die festgestellte Ausreiseunwilligkeit ergibt sich aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung seit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.07.2019 nicht nachgekommen ist und im Rahmen des verpflichteten Rückkehrberatungsgespräches am 02.12.2019 erklärt hat, nicht ausreisen zu wollen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Zu A) Zu Spruchpunkt I.:

§ 57 FPG lautet auszugsweise:

"Wohnsitzauflage

§ 57. (1) Einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und dessen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet (§ 46a) ist, kann aufgetragen werden, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn

1. keine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 gewährt wurde oder

2. nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.

(2) Bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen gemäß Abs. 1 Z 2 vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Drittstaatsangehörige

1. entgegen einer Anordnung des Bundesamtes oder trotz eines nachweislichen Angebotes der Rückkehrberatungsstelle ein Rückkehrberatungsgespräch (§ 52a Abs. 2 BFA-VG) nicht in Anspruch genommen hat;

2. nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise seinen Wohnsitz oder den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts gewechselt und das Bundesamt davon nicht in Kenntnis gesetzt hat;

3. an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen im Sinne der § 46 Abs. 2 und 2a nicht mitwirkt;

4. im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung oder des Rückkehrberatungsgesprächs erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen;

5. im Asylverfahren oder im Verfahren zur Erlassung der Rückkehrentscheidung über seinen Herkunftsstaat oder seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht hat.

(3) [...]

(4) Die Verpflichtungen des Drittstaatsangehörigen aufgrund einer Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ruhen, wenn und solange

1. die Rückkehrentscheidung gemäß § 59 Abs. 6 oder die Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 vorübergehend nicht durchführbar,

2. sein Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 46a geduldet oder

3. ihm die persönliche Freiheit entzogen ist.

(5) Wird eine Rückkehrentscheidung gemäß § 60 Abs. 3 gegenstandslos oder tritt eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 4 außer Kraft, tritt auch die Wohnsitzauflage außer Kraft.

(6) Die Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) anzuordnen. In diesem sind dem Drittstaatsangehörigen auch die Folgen einer allfälligen Missachtung zur Kenntnis zu bringen."

§ 46 FPG lautet auszugsweise:

"[...]

(2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

[...]"

Aus den Erläuterungen zum FRÄG 2017 betreffend § 57 FPG ergibt sich auszugsweise Folgendes:

"[...] Die Erlassung einer Wohnsitzauflage soll dabei nicht systematisch erfolgen, sondern hat jedenfalls abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls zu ergehen. Dabei sind insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie Art. 8 EMRK - insbesondere im Hinblick auf das Bestehen familiärer Strukturen, die Wahrung der Familieneinheit und die besonderen Bedürfnisse von Minderjährigen auch im Sinne der Jugendwohlfahrt - zu berücksichtigen. Die Wohnsitzauflage soll daher als ultima ratio nur dann angeordnet werden, wenn der Drittstaatsangehörige seiner Verpflichtung zur Ausreise bislang nicht nachgekommen ist und aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls anzunehmen ist, dass er auch weiterhin seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird.

[...]

Zu Abs. 1:

[...]

Die zweite Konstellation soll auch jene Fälle umfassen, in denen zwar eine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt wurde, der Drittstaatsangehörige aber nicht innerhalb der Frist ausgereist ist und anzunehmen ist, dass er seiner Ausreiseverpflichtung auch weiterhin nicht nachkommen wird.

[...]

Zu Abs. 2:

In Abs. 2 werden jene Tatsachen näher definiert und demonstrativ aufgezählt, welche im Sinne des Abs. 1 Z 2 die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.

Ein Hinweis auf die mangelnde Bereitschaft zur Ausreise ist naturgemäß dann gegeben, wenn der Drittstaatsangehörige selbst angibt, dass er nicht bereit ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Es kann des Weiteren davon ausgegangen werden, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird, wenn er ein ihm angebotenes oder angeordnetes Rückkehrberatungsgespräch zum Zweck der freiwilligen Ausreise nicht wahrnimmt. Ebenso wird davon auszugehen sein, dass der Drittstaatsangehörige nicht bereit ist auszureisen, wenn er während einer gewährten Frist zur freiwilligen Ausreise nicht ausgereist ist und anschließend seinen Wohnsitz bzw. den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts ändert, ohne das Bundesamt hiervon in Kenntnis zu setzen. Ferner kann von mangelhafter Bereitschaft zur Ausreise ausgegangen werden, wenn der betreffende Drittstaatsangehörige es unterlässt, an der Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten mitzuwirken oder ein vorhandenes Reisedokument vernichtet oder sich dessen auf sonstige Weise entledigt. Hat der Drittstaatsangehörige bereits im Verfahren über seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht und damit die Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten erschwert bzw. verhindert, wird ebenfalls von einer mangelnden Bereitschaft zur Ausreise auszugehen sein.

Da es sich bei Abs. 2 um eine demonstrative Aufzählung handelt, kommen auch weitere Umstände in Betracht, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird. Weitere denkbare Gründe in diesem Sinne sind etwa falsche oder widersprüchliche Angaben zum Vorliegen einer Voll- oder Minderjährigkeit bzw. voneinander abweichende Altersangaben in Verfahren vor verschiedenen Behörden (dazu VwGH 25.02.2015, Ra 2014/20/0045) sowie die Verschweigung von vorhandenen Identitätsdokumenten. Hievon sollen beispielsweise jene Fälle erfasst sein, in denen Drittstaatsangehörige im Verfahren vor dem Bundesamt angeben, über keine Identitätsdokumente zu verfügen, während sie im Verfahren vor anderen Behörden (bspw. dem Standesamt im Zuge einer Eheschließung) oder Gerichten solche vorlegen.

[...]

Zu Abs. 6:

Die Auferlegung der Wohnsitzauflage gemäß § 57 erfolgt mittels Mandatsbescheid gemäß §57 AVG. Ein solcher kann erlassen werden, wenn es sich um die Vorschreibung einer Geldleistung oder wegen Gefahr in Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt. Für den vorgeschlagenen § 57 ist der Tatbestand "Gefahr in Verzug" maßgeblich: In der Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 1 ist der Ausschluss einer Frist zur freiwilligen Ausreise an die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Rückkehrentscheidung (§ 18 Abs. 2 BFA-VG) geknüpft. Somit wurde bereits im Falle einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde und der Nichtgewährung einer Frist gemäß § 55 festgestellt, dass eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt. Dadurch ist die Erlassung der Wohnsitzauflage in dieser Konstellation mittels Mandatsbescheid aufgrund der bereits zuvor anlässlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung festgestellten Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zulässig. Hinsichtlich der zweiten Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 2 liegt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vor, wenn anzunehmen ist, dass der Drittstaatsangehörige weiterhin nicht ausreisen wird (zumal er dies bereits während der Frist für die freiwillige Ausreise nicht getan hat). Das bloße unrechtmäßige Verbleiben im Bundesgebiet sowie ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt, ohne dass bereits eine entsprechende Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung auferlegt oder feststellt, und unabhängig davon, ob die Einreise bereits unrechtmäßig oder rechtmäßig erfolgte, stellt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (VwGH 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042; 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042). Dies muss umso mehr gelten, wenn bereits eine im Wege eines rechtsstaatlichen Verfahrens getroffene Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung feststellt oder auferlegt, und der Drittstaatsangehörige dieser Verpflichtung auch nach Ablauf einer ihm eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachkommt bzw. die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ihr weiterhin nicht nachkommen wird. Weiters ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellt und der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt (VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Daher ist in diesen Fällen von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen, wodurch die Erlassung der Wohnsitzauflage mittels Mandatsbescheides gerechtfertigt ist."

Die Annahme, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird, stützte die belangte Behörde darauf, dass sich der Beschwerdeführer im bisherigen Verfahren unkooperativ verhalten habe, weil er der ihm auferlegten Ausreiseverpflichtung bis dato nicht nachgekommen sei. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer im Rahmen des verpflichteten Rückkehrberatungsgespräches am 02.10.2019 erklärt, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen, sodass im gegenständlichen Fall die Ziffer 4 des § 57 Abs. 2 vorliegt. Unter diesem Aspekt ist die Begründung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird, im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf Privat- und Familienleben, Wohnung und Briefverkehr nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479). Ebenso kommt Normen, die ein geordnetes Fremdenwesen betreffend Einreise und Aufenthalt von Fremden regeln, ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0192). Nichts anders kann bezüglich der Ausreise nicht aufenthaltsberechtigter Fremder gelten.

Aus den Erläuternden Bemerkungen zur Wohnsitzauflage nach § 57 FPG ergibt sich, dass hinsichtlich der zweiten Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 2 eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt, wenn anzunehmen ist, dass der Drittstaatsangehörige weiterhin nicht ausreisen wird (zumal er dies bereits während der Frist für die freiwillige Ausreise nicht getan hat).

Das bloße unrechtmäßige Verbleiben im Bundesgebiet sowie ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt, ohne dass bereits eine entsprechende Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung auferlegt oder feststellt, und unabhängig davon, ob die Einreise bereits unrechtmäßig oder rechtmäßig erfolgte, stellt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (VwGH 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042; 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042). Dies muss umso mehr gelten, wenn bereits eine im Wege eines rechtsstaatlichen Verfahrens getroffene Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung feststellt oder auferlegt, und der Drittstaatsangehörige dieser Verpflichtung auch nach Ablauf einer ihm eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachkommt bzw. die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ihr weiterhin nicht nachkommen wird. Weiters ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellt und der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt (VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Daher ist in diesen Fällen von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen, wodurch die Erlassung der Wohnsitzauflage mittels Mandatsbescheides gerechtfertigt ist.

Der Beschwerdeführer hat seinen Lebensmittelpunkt in Salzburg, sodass durch die Wohnsitzauflage (für Graz) in das (in Salzburg) bestehende Privatleben (und Wohnung) des Beschwerdeführers eingegriffen wird. Der Eingriff ist aber im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen gerechtfertigt. So ist darauf hinzuweisen, dass sich der Beschwerdeführer auch nicht auf eine mögliche berufliche Integration berufen kann, zumal ihm mangels eines Aufenthaltsrechtes im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit nicht erlaubt ist. Zudem wiegt die beharrliche Weigerung des Beschwerdeführers, der ihn treffenden Ausreiseverpflichtung auch nachzukommen, insbesondere im Lichte des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens schwer zu seinen Lasten. Zudem musste sich der Beschwerdeführer aufgrund der gegen ihn erlassenen Rückkehrentscheidungen durch das Bundesverwaltungsgericht am 25.7.2019 sowie am 3.2.2020 dessen bewusst sein, dass er seinen Lebensmittelpunkt in Salzburg nicht aufrechterhalten wird können.

Der Eingriff in das Privat- und Familienleben durch die aufgetragenen Unterkunftnahme ist nach den Angaben des Beschwerdeführers auch dadurch gegeben, dass er in Lebensgemeinschaft mit seiner angeblichen Verlobten lebe. Der Beschwerdeführer konnte das Bestehen einer tatsächlichen Lebensgemeinschaft – wie auch das Bestehen einer Verlobung – schon in der gemeinsamen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 08.11.2018 – insbesondere wegen schwerwiegender Unstimmigkeiten und Widersprüche sowohl in seinen eigenen Angaben, als auch in Gegenüberstellung zu den Angaben seiner angeblichen Verlobten, nicht glaubhaft machen. Vom Bestehen einer Lebensgemeinschaft ist daher nicht gesichert auszugehen.

Nur der Vollständigkeitshalber ist in diesem Zusammenhang nochmals anzumerken, dass auch gegen die angebliche Lebensgefährtin des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.10.2019 eine Wohnsitzauflage in SBS 8045 Graz – Andritz erlassen wurde und die dagegen eingebrachte Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.02.2020, Zahl W191 2141341-2/6E, als unbegründet abgewiesen wurde, sodass auch diese zweitinstanzlich in Rechtskraft erwuchs. Somit wurde auch der vom Beschwerdeführer behaupteten Lebensgefährtin die Unterkunftnahme in derselben Betreuungseinrichtung wie dem Beschwerdeführer aufgetragen.

In Abwägung der Bindung des Beschwerdeführers an seinen Wohnort sind in Relation zu dem dargestellten öffentlichen Interesse allfällige Unannehmlichkeiten durch die kurzfristige Aufgabe seines Wohnsitzes in Salzburg sowie bei der Anreise nach Graz, weiters seine Einschränkung seiner allfälligen sozialen Kontakte in Salzburg nicht so gewichtig, dass sie das öffentliche Interesse überwiegen würden.

Dazu kommt, dass nach dem Ermittlungsergebnis auch die ärztliche Versorgung des Beschwerdeführers in der Betreuungseinrichtung in Graz gegeben ist.

Unter diesen Gesichtspunkten und im Hinblick darauf, dass damit ein dringendes öffentliches Interesse erfüllt wird, ist der mit der Wohnsitzauflage verbundene Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verhältnismäßig und aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers während seines Aufenthaltes in Österreich auch geboten.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.

Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

§ 13 VwGVG lautet:

"§ 13

Aufschiebende Wirkung

§ 13. (1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

(3) Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG haben keine aufschiebende Wirkung. Die Behörde hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Bescheid zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit der sofortigen Verbindlichkeit der Weisung oder mit dem Andauern des Verhaltens der Behörde für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

4) Die Behörde kann Bescheide gemäß Abs. 2 und 3 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt so geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid zur Folge hätte.

(5) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 oder 3 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen."

§ 22 VwGVG lautet:

"§ 22

Aufschiebende Wirkung

§ 22. (1) Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG haben keine aufschiebende Wirkung. Das Verwaltungsgericht hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen mit dem Andauern der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

(2) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung durch Beschluss ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

(3) Das Verwaltungsgericht kann Bescheide gemäß § 13 und Beschlüsse gemäß Abs. 1 und 2 auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn es die Voraussetzungen der Zuerkennung bzw. des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss bzw. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben."

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid gem. § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen und dies mit einem überwiegenden öffentlichen Interesse am sofortigen Vollzug des Bescheides begründet. Das öffentliche Interesse sei bereits durch die Regelung der Wohnsitzauflage mittels sofort durchsetzbaren Mandatsbescheides indiziert, zudem würden diese Interessen in Hinblick auf die Ausreise in Erfüllung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme überwiegen.

Gemäß § 22 Abs. 3 1. Fall VwGVG kann das Verwaltungsgericht Bescheide gemäß § 13 VwGVG - ein solcher liegt in Hinblick auf Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides vor - auf Antrag einer Partei - ein solcher wurde in der Beschwerde gestellt - aufheben oder abändern, wenn es die Voraussetzungen der Zuerkennung bzw. des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss bzw. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben.

Letzteres ist nicht der Fall, da nicht zu erkennen ist, dass sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, entscheidungsrelevant geändert haben. Insbesondere wurde in diesem Zusammenhang kein substantiiertes Beschwerdevorbringen erstattet. Anhaltspunkte dahingehend, dass im gegenständlichen Fall konkret zu berücksichtigende private Interessen vorliegen würden, die das öffentliche Interesse an einer raschen Durchsetzung der Wohnsitzauflage allenfalls überwiegen würden, sind nicht hervorgekommen.

Das erkennende Gericht folgt aber auch der Begründung der belangten Behörde zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung. Bereits das Behördenhandeln nach § 57 FPG hat schon inhaltlich das Vorliegen einer "Gefahr in Verzug" zur Voraussetzung - beide Konstellationen, in denen es überhaupt zu einer Wohnsitzauflage kommen kann (vgl. § 57 Abs. 1 Z 1 und Z 2 FPG), begründen nach den Materialen (vgl. oben zu Abs. 6 leg.cit.) eine "Gefahr in Verzug". Damit wird auch der gesetzlich vorgesehene Erlass eines Mandatsbescheids begründet, sodass im Hinblick auf die Voraussetzungen für den Erlass eines (gefahrenpolizeilichen) Mandatsbescheids der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch im Vorstellungsbescheid nicht zu beanstanden ist. Der oben ersichtlichen Interesseabwägung folgend überwiegen zudem die öffentlichen Interessen am vorzeitigen Vollzug des angefochtenen Bescheides.

Hinzu kommt, dass sich aufgrund der unter einem ergehenden Entscheidung in der Sache selbst eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung faktisch erübrigt.

Der Antrag auf Zuerkennung der (ausgeschlossenen) aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ist daher abzuweisen.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, im gegenständlichen Fall erfüllt. Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung reicht aber bei sonstigem Vorliegen der Voraussetzung des § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht aus, um eine Verhandlungspflicht zu begründen (vgl. VwGH 22.11.2006, Zl. 2005/20/0406 und viele andere).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung Ausreiseverpflichtung Interessenabwägung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben Rückkehrentscheidung Unterkunft Wohnsitzauflage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W169.2233558.1.00

Im RIS seit

20.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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