TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/3 W185 2220112-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.08.2020
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Entscheidungsdatum

03.08.2020

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch

W185 2220114-1/10E

W185 2220113-1/6E

W185 2220112-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX und 3) XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , sämtliche StA. Iran, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.05.2019, Zlen. 1.) 1224104708/190314236, 2.) 1222084203/190296092 und 3.) 1224104806/190314333, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Gattin des Zweitbeschwerdeführers und leibliche Mutter und gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Drittbeschwerdeführers. Die Erstbeschwerdeführerin stellte für sich und den mj Drittbeschwerdeführer am 26.03.2019 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Der Zweitbeschwerdeführer, der Vater des mj Drittbeschwerdeführers suchte bereits am 22.03.2019 in Österreich um Asyl an.

Hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin liegt eine Eurodac-Treffermeldung der Kategorie „1“ zu Slowenien vor (21.03.2019); die Abfrage hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers erbrachte keinen Treffer.

Im Zuge der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 22.03.2019 gab der Zweitbeschwerdeführer zusammengefasst an, verheiratet und konvertierter Christ zu sein. Er sei mit seiner Frau und seinem mj Sohn gereist. In Slowenien sei er von den Schleppern von seiner Frau und seinem Sohn getrennt worden. Die Gattin und der Sohn seien dann dort von der Polizei angehalten worden; was danach mit seinen Familienangehörigen passiert sei, wisse der Zweitbeschwerdeführer nicht. Ein Cousin des Zweitbeschwerdeführers seit vor etwa 3 bis 4 Monaten als Asylwerber nach Österreich gekommen; dieser rufe den Zweitbeschwerdeführer manchmal an. Wo sich der genannte Cousin in Österreich aufhalte, wisse der Zweitbeschwerdeführer aber nicht. Der Zweitbeschwerdeführer gab an, gesund zu sein und keine Medikamente einnehmen zu müssen. Sein Zielland sei Österreich gewesen; dies wegen seines Schwagers hier. Zum Reiseweg befragt gab der Zweitbeschwerdeführer an, über die Türkei, Griechenland und Slowenien gereist zu sein. Die Beschwerdeführer hätten in keinem dieser Länder Behördenkontakt oder eine ED-Behandlung gehabt. Zur Route könne er nichts Genaueres sagen, da die Beschwerdeführer nur nachts gereist seien; tagsüber hätten sie sich in Wohnungen oder im Wald versteckt. Außer in Österreich habe der Zweitbeschwerdeführer nirgends um Asyl angesucht. Aus einem Hinweis im Protokoll ergibt sich, dass der Zweitbeschwerdeführer am 11.03.2019 an der Grenze kontrolliert und idF nach Slowenien zurückgeschoben wurde; am 21.03.2019 sei dem Genannten dann aber die illegale Einreise in das Bundesgebiet gelungen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 27.03.2019 hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers ein Aufnahmeersuchen gemäß Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: „Dublin III-VO“) an Slowenien. Dies unter Hinweis auf den Aufenthalt seiner Gattin und seines mj Sohnes in Slowenien nach dort erfolgter Trennung.

Im Zuge der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 27.03.2019 gab die Erstbeschwerdeführerin zusammengefasst an, Kurdin und Christin zu sein. In Österreich würden sich ihr Ehemann, der Zweitbeschwerdeführer, sowie ihr Bruder, welcher vor ca 5 bis 6 Monaten nach Österreich gekommen sei, als Asylwerber aufhalten. Das Sorgerecht für den mj Drittbeschwerdeführer, welcher mit ihr in Österreich eingereist sei, stehe ihr zu. Die Erstbeschwerdeführerin gab weiters an, der Einvernahme ohne gesundheitliche Probleme folgen zu können; sie sei nicht schwanger und nehme auch keine Medikamente ein. Vor ca eineinhalb Monaten hätten sie und ihr Gatte den Entschluss gefasst, die Heimat zu verlassen. Das Zielland sei Österreich gewesen. Die Beschwerdeführer seien über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Bosnien an die österreichische Grenze gelangt, wo sie zwangsweise nach Slowenien zurückgeschickt worden seien. Außer in Mazedonien hätten die Beschwerdeführer nirgendwo Behördenkontakt gehabt. (Nur) in Österreich seien die Beschwerdeführer (zwangsweise) erkennungsdienstlich behandelt worden. Über Slowenien und Griechenland könne die Erstbeschwerdeführerin keine Angaben machen, zumal sie durch diese Länder nur durchgereist seien. In Slowenien sei die Erstbeschwerdeführerin gezwungen worden, um Asyl anzusuchen, andernfalls sie in den Iran zurückkehren hätte müssen. Die Erstbeschwerdeführerin habe in Slowenien „eine Karte“ erhalten; der Stand der dortigen Verfahren sei ihr nicht bekannt. Die Erstbeschwerdeführerin habe unbedingt nach Österreich gelangen wollen, da der Zweitbeschwerdeführer bereits hier gewesen sei und der mj Drittbeschwerdeführer zu seinem Vater gewollt hätte. In Slowenien hätten sich die Erstbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer etwa eine Woche aufgehalten. Über Slowenien könne sie nichts sagen; sie seien gleich mittels eines PKW nach Österreich weitergereist. Nach Slowenien zurückehren wolle die Erstbeschwerdeführerin keinesfalls. Sie hätte nie dort bleiben wollen; sie sei jedoch von der Polizei aufgegriffen zur Asylantragstellung gezwungen worden. Der mj Drittbeschwerdeführer, für welchen sie auch um Asyl ansuche, sei seit seiner Geburt bei der Erstbeschwerdeführerin gewesen; der Genannte habe keine eigenen Fluchtgründe.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 28.03.2019 hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin und des mj Drittbeschwerdeführers Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b der Dublin III-VO an Slowenien. Dies unter Hinweis auf die Asylantragstellung des Zweitbeschwerdeführers in Österreich und des Aufnahmeersuchens nach Art 13 Abs 1 Dublin III-VO vom 27.03.2019.

Mit Schreiben vom 08.04.2019 stimmte Slowenien sowohl der Aufnahme des Zweitbeschwerdeführers nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO als auch der Wiederaufnahme der Erstbeschwerdeführerin des mj Drittbeschwerdeführers nach Art 18 Abs 1 lit b Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Aus einer im Akt der Erstbeschwerdeführerin einliegenden Überweisung eines Arztes für Allgemeinmedizin an eine Kinderambulanz vom 17.04.2019 ergibt sich, dass der Genannte nach einem Trauma durch mehrfaches Beobachten von Gewalt an Menschen an Nägelbeissen, Einnässen und an Durchschlafstörungen leide. Außerdem wäre er vor 3 Wochen auf den Kopf gefallen; dzt sei er aber neurologisch unauffällig.

Im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt am 23.04.2019 gab der Zweitbeschwerdeführer, in Anwesenheit einer Rechtsberaterin und nach durchgeführter Rechtsberatung, verfahrenswesentlich an, sich physisch und psychisch in der Lage zu fühlen, Angaben zu seinem Asylverfahren zu erstatten. Er sei weder in ärztlicher Behandlung noch nehme er Medikamente ein. Er habe bisher im Verfahren immer wahre Angaben erstattet. Seine Gattin und sein mj Sohn würden sich mit dem Zweitbeschwerdeführer hier im Lager aufhalten. In Österreich befinde sich ein Schwager des Zweitbeschwerdeführers; eine genaue Adresse des Genannten habe er aber nicht. Man würde sich unregelmäßig via skype kontaktieren. Wechselseitige Besuche hätten noch nicht stattgefunden; es gebe „keine Unterstützung oder Verbindung“. Die Beschwerdeführer seien auch nicht wegen seines Schwagers nach Österreich gekommen; dessen Verfahrensstand sei ihm nicht bekannt. Der Schwager hätte nichts von der Flucht der Beschwerdeführer nach Österreich gewusst. Außer dem angeführten Schwager hätten die Beschwerdeführer in Österreich keine Angehörigen oder Verwandte. Zum Reiseweg der Beschwerdeführer befragt gab der Zweitbeschwerdeführer an, durch Slowenien durchgereist zu sein; an der Grenze seien sie entdeckt und von der Polizei angehalten worden. Er habe flüchten können, seine Frau und sein Sohn seien hingegen festgenommen worden. Der Zweitbeschwerdeführer habe in Slowenien nicht seine Fingerabdrücke abgegeben; er habe dort auch nicht um Asyl angesucht. Über Vorhalt der Zustimmung Sloweniens zur Übernahme des Zweitbeschwerdeführers und der beabsichtigten Zurückweisung dessen Antrages und Ausweisung nach Slowenien, erklärte dieser, dass es unbestritten sei, dass seine Frau in Slowenien gewesen sei. Wo er selbst gewesen sei, könne er aufgrund mangelnder Ortskenntnisse nicht sagen. Gegen eine Rückkehr nach Slowenien spreche, dass der mj Drittbeschwerdeführer krank sei und in ärztlicher Behandlung stehe. Der Genannte leide unter Albträumen; er sei auch Bettnässer und könne nur bei Licht schlafen. Am kommenden Mittwoch habe man einen Termin in der Arztstation. Die Rechtsberaterin stellte keine Fragen und keine Anträge.

Der Zweitbeschwerdeführer wurde zur Überprüfung nach einer Hämohorridenoperation an ein Ambulatorium zugewiesen.

Im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt am 23.04.2019 gab die Erstbeschwerdeführerin, in Anwesenheit einer Rechtsberaterin und nach durchgeführter Rechtsberatung, verfahrenswesentlich an, sich physisch und psychisch in der Lage zu fühlen, die Befragung zu absolvieren. Sie selbst sei derzeit nicht in medizinischer Behandlung, jedoch ihr Sohn. Dieser habe Albträume, nässe ein, sei streitwillig geworden und spiele nicht mit anderen Kindern. Er habe aufgrund der negativen Erfahrungen in Slowenien Angst vor uniformierten Polizisten. Sie seien mit ihm bereits in der Arztstation gewesen; der mj Drittbeschwerdeführer müsse aber noch weiter untersucht werden. Zu ihrem in Österreich aufhältigen Bruder würden keine Abhängigkeiten bestehen. Aus Slowenien habe die Erstbeschwerdeführerin den angesprochenen Bruder in Österreich einmal angerufen. Vor nunmehr 2 Wochen habe sie erneut mit ihm telefoniert. Dies sei der ganze Kontakt zu ihrem Bruder gewesen. Zu einem Besuch sei es in Österreich nicht gekommen. Nach dem Stand seines Asylverfahrens habe sie ihren Bruder nicht gefragt. Dessen Adresse sei ihr ebenfalls nicht bekannt. Sonstige Verwandte habe die Erstbeschwerdeführerin in Österreich nicht. In Slowenien habe sie sich vielleicht 1 bis 2 Wochen aufgehalten. Ihr seien dort die Fingerabdrücke abgenommen worden. Nach der Asylantragstellung seien sie dort auch untergebracht und versorgt worden. Über Vorhalt der Zustimmung Sloweniens zur Übernahme der Erstbeschwerdeführerin und des mj Drittbeschwerdeführers und der beabsichtigten Zurückweisung der Anträge und Ausweisung nach Slowenien, erklärte die Erstbeschwerdeführerin, dass der mj Drittbeschwerdeführer dort krank gewesen sei, jedoch – im Gegensatz zu Österreich – keine medizinische Hilfe erhalten hätte. Er sei während des Spielens „umgefallen“. Sie wären in einem geschlossenen Lager untergebracht gewesen; ihr Sohne sage immer, dass er nicht nach Slowenien wolle. Nach einer Rückkehr würden die Beschwerdeführer sicher wieder „eingesperrt“ werden. Sie wolle, dass ihr Sohn die Vorkommnisse in Slowenien „aus dem Kopf bekomme“. Die Polizisten dort würden Flüchtlinge sehr schlecht behandeln. Sie hätten alle angeschrien. Ihr Sohn habe einen Schock, sobald er Uniformierte sehe. Die Beschwerdeführer seien in Österreich sehr zufrieden, zumal sie hier versorgt würden.

Aus einem Ambulanzbefund einer Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde eines Landesklinikums vom 23.05.2019 ergibt sich als Diagnose des Drittbeschwerdeführers: V.a Posttraumatische Belastungssituation; Bettnässen. Es wurde eine Vorstellung an der urologischen Ambulanz in der Kinderabteilung am 04.06.2019 vereinbart. Eine medikamentöse Therapie wurde nicht empfohlen.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Slowenien für die Prüfung der Anträge gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Slowenien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Slowenien wurden in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert und gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht; Stand 18.01.2018):

1.       Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (MoI o.D; vgl. EDAL 29.1.2016 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen). Nach Gesetzesänderungen Anfang 2017 ist es der slowenischen Polizei unter bestimmten Bedingungen möglich, Asylwerber an der Grenze zum Nicht-Schengen-Land Kroatien umgehend zurückschicken. Die Verschärfung wurde präventiv für den Fall eines möglichen Wiederanstiegs der Flüchtlingszahl auf der Balkan-Route beschlossen - falls dadurch die „öffentliche Ordnung und die innere Sicherheit bedroht“ sind. In einem solchen Krisenfall muss die Regierung das Parlament ersuchen, die Regelung in Kraft zu setzen und die Grenze so für mindestens ein halbes Jahr zu schließen (ORF 27.1.2017).

Die wichtigsten Änderungen (Fremdengesetz §10a und b) besagen folgendes:

?        Vorgesehen ist eine Einschätzung des slowenischen Innenministeriums (unter Berücksichtigung aller Fakten und Erstellung einer Übersicht, wie Unterbringungsmöglichkeiten, Zahl der Asylwerber, etc.), ob eine Lage entstehen könnte oder bereits besteht, wo die öffentliche Ordnung und innere Sicherheit der Republik Slowenien ernsthaft gefährdet sein könnte.

?        Vorschlag des Innenministeriums an die Regierung zur Vorlage an das Parlament über „Sondermaßnahmen“.

?        Das Parlament muss mit einfacher Mehrheit (als Kompromiss zum ersten Entwurf, wo eine 2/3 Mehrheit vorgesehen war), diese Maßnahmen beschließen.

?        Zeitliche Begrenzung dieser Maßnahmen auf sechs Monate.

?        Verlängerung dieser Maßnahmen um jeweils weitere sechs Monate durch Vorlage der Regierung an das Parlament möglich.

?        Aufhebung der Maßnahmen bei Wegfall der Gründe und des Bedarfs möglich entweder auf Vorschlag des Innenministeriums an die Regierung zur Vorlage an das Parlament (einfache Mehrheit) oder aufgrund eines Vorschlags, durch 10 Abgeordnete eingebracht.

?        Informationspflichten der Regierung an verschiedene Institutionen (UNHCR, EU, etc) sind ebenso vorgesehen.

§ 10b erläutert die vorgesehenen Maßnahmen:

?        Verweigerung der illegalen Einreise von Fremden.

?        Rückführung von illegal eingereisten Fremden auch aus dem Landesinneren; auch, wenn die Absicht geäußert wird, einen Asylantrag stellen zu wollen (Ausnahmen bestehen bei Unbegleiteten Minderjährigen; wenn im Staat, in welchen rückgeführt werden soll, eine Gefährdung vorliegt; und wenn medizinische Gründe dagegen sprechen).

(VB 27.1.2017)

Negative Äußerungen kamen von Europarat, UNHCR, und anderen Organisationen. Positiv äußerte sich ein slowenischer Verfassungsrichter, der die Änderungen als verfassungs- und völkerrechtskonform sieht (VB 27.1.2017; vgl. CoE 11.1.2017, CoE 12.1.2017).

Mit Stand 20. Dezember gab es in Slowenien 2017 insgesamt 1.320 Asylanträge. Etwa 80% der Antragsteller entziehen sich dem Verfahren vor dessen Abschluss (VB 20.12.2017).

Quellen:

-        EDAL – European Database of Asylum Law (29.1.2016): Slovenia: new International Protection Act, http://www.asylumlawdatabase.eu/en/content/slovenia-new-international-protection-act, Zugriff 5.1.2018

-        MoI – Republic of Slovenia – Ministry of the Interior (o.D.): International Protection, http://www.mnz.gov.si/en/services/slovenia_your_new_country/international_protection/, Zugriff 22.12.2017

-        CoE – Europarat (11.1.2017): Brief des Generalsekretärs, https://files.dnevnik.si/2017/O%202017-18%20SG%20Letter%20to%20CERAR%20PM%20Slovenia_11.01.2017.pdf, Zugriff 5.1.2018

-        CoE – Europarat (12.1.2017): Brief des Menschenrechtskommissars, https://wcd.coe.int/com.instranet.InstraServlet?command=com.instranet.CmdBlobGet&InstranetImage=2958913&SecMode=1&DocId=2395536&Usage=2, Zugriff 5.1.2018

-        ORF – Österreichischer Rundfunk (27.1.2017): Slowenien verschärft Asylrecht deutlich, http://www.orf.at//stories/2376942/, Zugriff 5.1.2018

-        VB des BM.I für Slowenien (27.1.2017): Bericht des VB, per E-Mail

-        VB des BM.I für Slowenien (20.12.2017): Bericht des VB, per E-Mail

2.       Dublin-Rückkehrer

Der legale Status eines Rückkehrers hängt vom Stand seines Asylverfahrens in Slowenien ab:

?        Wenn für den Rückkehrer bei Rücküberstellung bereits eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt, wird er zunächst im Zentrum für Fremde untergebracht und hat das Recht die Eröffnung eines erneuten Verfahrens zu beantragen. Wird dem stattgegeben, kann der Rückkehrer einen neuen Asylantrag stellen und in ein offenes Zentrum verlegt werden.

?        Wenn das Verfahren des Rückkehrers in Slowenien noch läuft, wird dieses fortgesetzt.

?        Hat der Rückkehrer in Slowenien noch keinen Asylantrag gestellt, steht es ihm frei, dies nach Rückkehr zu tun.

?        Dublin-Rückkehrer haben in Übereinstimmung mit der Dublin-III-VO Zugang zu materieller Versorgung wie Unterkunft, Verpflegung, medizinischer Versorgung, Kleidung etc. (MNZ 17.1.2018).

Quellen:

-        MNZ – Bundesministerium für Inneres – Amt für Migration und Einbürgerung (17.1.2018): Auskunft, per E-Mail

3.       Non-Refoulement

Die im Jänner 2017 geschaffene gesetzliche Möglichkeit, in besonderen Migrationslagen und zeitlich begrenzt einen „Notstand“ auszurufen, während dem es erlaubt wäre Migranten an der Grenze zum Nicht-Schengen-Land Kroatien umgehend wieder zurückschicken (siehe dazu Kap. 2., Anm.), wird mitunter wegen der Gefahr des (Ketten-)Refoulements kritisiert (CoE 20.9.2017a; vgl. CoE 11.7.2017a).

Quellen:

-        CoE - Council of Europe (20.9.2017a): European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT): Report to the Slovenian Government on the visit to Slovenia carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 28 March to 4 April 2017, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1506415683_168074adf9.pdf, Zugriff 22.12.2017

-        CoE - Council of Europe (11.7.2017a): Report by Nils Muižnieks, Commissioner for Human Rights of the Council of Europe, following his visit to Slovenia from 20 to 23 March 2017, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1499847460_commdh-2017-21-reportslovenia-en-docx.pdf, Zugriff 22.12.2017

4.       Versorgung

Asylwerber haben ab Antragstellung das Recht auf Unterbringung in einem Zentrum für Asylwerber, wo Verpflegung, Kleidung und Toilettenartikel bereitgestellt werden. Asylwerber, die privat untergebracht sind, haben Anspruch auf eine finanzielle Unterstützung. Asylwerber haben außerdem das Recht auf notwendige medizinische Versorgung, Bildung, usw. (MoI o.D.). Asylwerber haben Zugang zu Sprachkursen, die täglich stattfinden. 2017 haben bis Juli 293 Asylwerber an solchen Kursen teilgenommen (CoE 11.7.2017b).

Slowenien verfügt über zwei Asylzentren in Laibach (im Vorort Vi?) und in Logatec. Das Asylsystem in Slowenien funktioniert gut und es gibt ausreichend Plätze um die Asylwerber zu versorgen (VB 20.12.2017; vgl. CoE 11.7.2017a). In einem Zentrum untergebrachte Asylwerber erhalten ein Handgeld von 18 Euro im Monat (CoE 11.7.2017a; vgl. CoE 11.7.2017b).

Außerdem gibt es noch ein geschlossenes Zentrum für Fremde (Schubhaftzentrum) in Postojna mit 240 Plätzen und getrennten Unterbringungsmöglichkeiten für verschiedene soziale Gruppen. Es ist in gutem Zustand, der Zugang zu medizinischer und psychologischer Versorgung ist sehr gut (CoE 20.9.2017a).

Die Transitzentren in Dobova, Vrhnika, Lendava und Sentilj sind derzeit deaktiviert, können bei Bedarf aber innerhalb kurzer Zeit wieder aktiviert werden (VB 20.12.2017).

Asylwerber haben nach 9 Monaten ab Antragstellung Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn ihr Verfahren zu diesem Zeitpunkt ohne eigenes Verschulden noch nicht entschieden ist (VB 20.12.2017; vgl. CoE 11.7.2017b).

In Slowenien haben erwachsene Asylwerber ein Recht auf notwendige medizinische Versorgung, während Minderjährige denselben Zugang zu medizinischer Versorgung haben, wie slowenische Bürger. Vulnerable Antragsteller haben das Recht auf zusätzliche Behandlung. Die medizinische Versorgung von Asylwerbern in Slowenien funktioniert offenbar gut und ist hochgradig individualisiert (HHC 5.2017).

Mit Stand 29.12.2017 waren in Slowenien 228 Asylwerber untergebracht (VB 11.1.2018).

Quellen:

-        CoE - Council of Europe (20.9.2017a): European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT): Report to the Slovenian Government on the visit to Slovenia carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 28 March to 4 April 2017, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1506415683_168074adf9.pdf, Zugriff 22.12.2017

-        CoE - Council of Europe (11.7.2017a): Report by Nils Muižnieks, Commissioner for Human Rights of the Council of Europe, following his visit to Slovenia from 20 to 23 March 2017, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1499847460_commdh-2017-21-reportslovenia-en-docx.pdf, Zugriff 22.12.2017

-        CoE - Council of Europe (11.7.2017b): Comments of the Republic of Slovenia on the Report by Nils Muižnieks, the Commissioner for Human Rights of the Council of Europe, following his visit to Slovenia from 20 to 23 March, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1499847840_commdh-govrep-2017-12-reply-of-the-slovenian-authorities-en-pdf.pdf, Zugriff 5.1.2018

-        MoI – Republic of Slovenia – Ministry of the Interior (o.D.): International Protection, http://www.mnz.gov.si/en/services/slovenia_your_new_country/international_protection/, Zugriff 22.12.2017

-        VB des BM.I für Slowenien (20.12.2017): Bericht des VB, per E-Mail

-        VB des BM.I für Slowenien (11.1.2018): Bericht des VB, per E-Mail

5.       Schutzberechtigte

Schutzberechtigte haben dieselben Rechte wie slowenische Bürger, darunter das Recht auf medizinische Versorgung, Sozialhilfe, Bildung und Arbeit, sowie Integrationshilfe. Aufgrund der geringen Zahl an Flüchtlingen in Slowenien gibt es personalisierte Integrationspläne inklusive follow-up für drei Jahre. Die Integration von Flüchtlingskindern funktioniert ziemlich reibungslos. Im März 2017 wurde ein Office for Migrant Care and Integration geschaffen, das die Integration Schutzberechtigter in die slowenische Gesellschaft steuern soll. Bis zur Auszahlung der ersten Sozialhilfeleistungen kann es zu einer Verzögerung von zwei bis drei Monaten kommen (CoE 11.7.2017a).

Asylberechtigte erhalten einen offiziellen Betreuer (Personalstand: 50 Betreuer), welcher auch NGOs in die Integrationsmaßnahmen einbindet und koordiniert. Schutzberechtigte haben mit Statuszuerkennung sofort Zugang zum Arbeitsmarkt und sie erhalten Sprachkurse im Ausmaß von 300 Stunden (in begründeten Fällen 100 Stunden mehr). Es gibt Integrationszentren in Marburg (Kapazität: 30 Plätze) und Laibach (Kapazität: 15 Plätze), in denen ein Aufenthalt bis max. 18 Monate möglich ist. Es gibt Integrationswohnungen, u.a. in Koper (40 Plätze) und Velenje (30 Plätze) (VB 20.12.2017).

Schutzberechtigte haben Anspruch auf Unterbringung in einem der beiden Integrationshäuser in Marburg oder Laibach, für bis zu einem Jahr. Wenn spezielle Gründe vorliegen (etwa medizinische) kann der Aufenthalt um sechs Monate verlängert werden. Viele Vermieter haben Vorurteile gegen Flüchtlinge, was in der Vergangenheit das Finden einer Unterkunft erschwerte. Die Betroffenen mussten oft länger in staatlichen Unterbringungseinrichtungen bleiben. Aber NGOs halfen bei der Suche nach einer Unterkunft. Unbegleitete Minderjährige mit Schutztitel werden in den Internaten in Nova Gorica und Postojna umfassend weiter betreut. Privat untergebrachte Schutzberechtigte ohne ausreichende Mittel, haben das Recht auf eine finanzielle Unterstützung für 18 Monate ab Statuszuerkennung. Wenn sie bestimmte Integrationsleistungen erbringen, kann dieser Zeitraum um weitere 18 Monate verlängert werden. In Bezug auf Bildung (Vorschule, Schule, Universität) haben Schutzberechtigte dieselben Rechte wie slowenische Bürger. Sie werden beim Einstig in das slowenische Bildungssystem entsprechend beraten (MoI 4.2017).

Mit Stand 29.12.2017 waren in Slowenien 540 Schutzberechtigte untergebracht, 494 davon in privater Unterbringung (VB 11.1.2018).

Quellen:

-        CoE - Council of Europe (11.7.2017a): Report by Nils Muižnieks, Commissioner for Human Rights of the Council of Europe, following his visit to Slovenia from 20 to 23 March 2017, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1499847460_commdh-2017-21-reportslovenia-en-docx.pdf, Zugriff 22.12.2017

-        MoI – Republic of Slovenia – Ministry of the Interior (4.2017): REPORT ON THE WORKING FIELD OF MIGRATION, INTERNATIONAL PROTECTION AND INTEGRATION FOR 2016, http://www.mnz.gov.si/fileadmin/mnz.gov.si/pageuploads/DUNZMN_2013/DUNZMN_2014/DUNZMN_2015/DUNZMN_2016/DUNZMN_2017/Statisticno_porocilo_-_ANGLESKO_2016.pdf, Zugriff 3.1.2018

-        VB des BM.I für Slowenien (20.12.2017): Bericht des VB, per E-Mail

-        VB des BM.I für Slowenien (11.1.2018)

Die Identität der Beschwerdeführer stehe nicht fest. Die Erstbeschwerdeführerin sei gesund. Der Zweitbeschwerdeführer sei gesund, leide derzeit aber an einem Zustand nach einer Hämohorridenoperation. Der mj Drittbeschwerdeführer leide an Albträumen und nässe in der Nacht ein. Aus einem Krankenhausbefund vom 23.05.2019 ergebe sich der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungssituation; dies könne jedoch nicht ursächlich im Zusammenhang mit dem kurzen Aufenthalt in Slowenien stehen, sondern scheine aufgrund der Flucht aus der Heimat hervorgerufen worden zu sein. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer an (sonstigen) schweren psychischen Störungen oder schweren Krankheiten leiden würden. Im Falle einer Überstellung nach Slowenien würden die dortigen Behörden im Vorfeld darüber informiert werden, dass besondere medizinische Betreuung und Versorgung erforderlich sei, womit gewährleistet sei, dass die notwendige einzelfallbezogene medizinische Unterstützung zur Verfügung stünde. Die Beschwerdeführer seien über Slowenien illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten eingereist und hätten dieses seither auch nicht wieder verlassen. Die Erstbeschwerdeführerin und der mj Drittbeschwerdeführer hätten in Slowenien um Asyl angesucht. Slowenien habe der Aufnahme der Genannten nach Art 18 Abs 1 lit b Dublin III-VO ausdrücklich zugestimmt. Der Zweitbeschwerdeführer sei ebenfalls illegal über Slowenien nach Österreich eingereist. Es liege zwar keine Eurodac-Treffermeldung zu seiner Person vor, jedoch sei bei ihm eine Rechnung aus Slowenien gefunden worden und habe der Genannte einen Aufenthalt in Slowenien auch nicht abgestritten. Slowenien habe der Aufnahme des Zweitbeschwerdeführers nach Art 18 Abs 1 lit b Dublin III-VO (Anm: richtig Art 13 Abs 1 Dublin III-VO) auch ausdrücklich zugestimmt. Es liege gegenständlich ein Familienverfahren vor. In Österreich befinde sich seit etwa 6 Monaten der Bruder der Erstbeschwerdeführerin. Mit diesem bestehe kein gemeinsamer Haushalt. Es würde auch weder ein finanzielles noch ein sonstiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Genannten bestehen. Den Beschwerdeführern sei weder dessen Adresse in Österreich, noch der Stand seines Asylverfahrens bekannt. Besuche hätten in Österreich bisher nicht stattgefunden. Außer dem angeführten Familienangehörigen befänden sich keine weiteren Verwandten in Österreich. Eine besondere Integrationsverfestigung der Beschwerdeführer sei nicht zu erkennen. Aus den Angaben der Beschwerdeführer seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden seien, dass diese tatsächlich konkret Gefahr liefen, in Slowenien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihnen eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Entgegen der geäußerten Befürchtung einer rechtswidrigen Abschiebung in den Herkunftsstaat sei festzuhalten, dass eine Rückverbringung in die Heimat nur nach einer ausführlichen Refoulementprüfung erfolgen könne. Weder aus den Angaben der Beschwerdeführer noch aus den vorliegenden Berichten sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer nach einer Rückkehr rechtswidriger Weise in Schubhaft oder sonst in Haft genommen werden würden. Jedenfalls stünde im gegenteiligen Fall der Rechtsweg offen, zumal es sich bei Slowenien um einen Rechtsstaat und ein Mitglied der EU handle. Es lägen auch keine Hinweise auf eine allgemein menschenrechtswidrige Behandlung von Asylwerbern in Slowenien vor. Aus den Feststellungen zu Slowenien ergebe sich eine unbedenkliche – auch medizinische - Versorgungslage für Asylwerber. Bei Bedarf bestehe ausreichende medizinische Versorgung für Asylwerber in Slowenien. Es könne nicht erkannt werden, dass den Beschwerdeführern in Slowenien der Zugang zum Asylverfahren verweigert werden würde. Eine Schutzverweigerung Sloweniens sei nicht zu erwarten, zumal sich Slowenien ausdrücklich bereits erklärt habe, die Beschwerdeführer zu übernehmen. Es habe sich für sämtliche Familienangehörigen dieselbe aufenthaltsbeendende Maßnahme ergeben; durch die Außerlandesbringung der gesamten Familie bleibe die Einheit der Familie gewahrt und würden die getroffenen Entscheidungen somit keinen Eingriff in das durch Art 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Familienlebens darstellen. Die Beziehung zum erwachsenen Bruder der Erstbeschwerdeführerin stelle kein schützenswertes Familienleben iSd Art 8 EMRK dar; es bestünden weder ein gemeinsamer Haushalt noch wechselseitige Abhängigkeiten oder liege eine besondere Beziehungsintensität vor. Es könne nicht festgestellt werden, dass eine Überstellung nach Slowenien eine Verletzung des durch Art 8 EMRK geschützten Familienlebens der Beschwerdeführer bedeuten würde. Ein Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführer liege hingegen vor; ein unzulässiger Eingriff sei jedoch in diesem Zusammenhang nicht zu erkennen. Die Beschwerdeführer würden sich erst wenige Monate in Österreich aufhalten. Eine Interessensabwägung ergebe klar, dass dem Interesse der Beschwerdeführer an einem weiteren Aufenthalt in Österreich ein wesentlich geringerer Stellenwert zukomme, als dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einer Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet. Bei Bedarf seien für die Beschwerdeführer in Slowenien medizinische Behandlungsmöglichkeiten gegeben; die unerlässliche medizinische Versorgung sei dort gewährleistet. Auch der Zugang hiezu sei in der Praxis gegeben. Bei den Beschwerdeführern hätten sich auch keine schwerwiegenden, einem Transport nach Slowenien entgegenstehenden Beeinträchtigungen ergeben. Die Genannten seien zweifellos nicht lebensbedrohlich erkrankt. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG habe nicht erschüttert werden können; ein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 der Dublin III-VO habe sich nicht ergeben.

Gegen die Bescheide richten sich die fristgerecht eingebrachten, für sämtliche Beschwerdeführer gleichlautenden Beschwerden. Die Beschwerdeführer hätten bereits alle Gründe, die gegen eine Rückkehr nach Slowenien sprechen würden, dargelegt und würden diese auch aufrechterhalten. Der mj Drittbeschwerdeführer befinde sich in einem schlechten psychischen Zustand. Die Diagnosen vom 23.05.2019 bzw vom 04.06.2019 würden Depressionen, Panikattacken und eine traumatische Belastungsstörung umfassen. Eine Überstellungsfähigkeit sei nicht gegeben. Es werde ersucht, vom Selbsteintrittsrecht Gebrach zu machen. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung werde beantragt.

Aus dem mit der Beschwerde vorgelegten Ambulanzbericht vom 04.06.2019 den Drittbeschwerdeführer betreffend ergibt sich als Diagnose: Bettnässen; Posttraumatische Belastungsstörung. Derzeit keine Indikation für eine Therapie mit Minirin melt; dringend angeraten werde jedoch eine Psychotherapie.

Mit Schriftsatz vom 18.06.2019 wurden folgende medizinische Unterlagen die Erstbeschwerdeführerin in Vorlage gebracht:

-        Ärztlicher Entlassungsbrief eines Klinikums vom 15.06.2019, Abteilung für Innere Medizin. Aufnahme am 14.06.2019 aufgrund Einnahme von Medikamenten in suizidaler Absicht; Diagnose bei Entlassung: Medikamentenintoxikation im Rahmen einer Anpassungsstörung; empfohlene Medikation: Pantoloc für 1 Woche; 1 Mal abends Seroquel 50 mg und bei Bedarf. Regelmäßige Kontrollen beim Hausarzt bzw Internisten; weiterführende Abklärung bei FA für Psychiatrie. Psychotherapie empfohlen. Die Entlassung der Erstbeschwerdeführerin sei klinisch stabil erfolgt.

-        Laborbefund; EKG

-        Ambulanzbefund eines Landesklinikums, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, vom 14.06.2019: Medikamentenintoxikation im Rahmen einer Anpassungsstörung; derzeit keine psychiatrische Medikation empfohlen.

-        Ambulanzbefund eines Landesklinikums, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, vom 15.06.2019: Beschwerdeführerin berichtete über einen Suizidversuch im Iran; sie habe sich hier aber von Selbstmordgedanken distanziert. Keine stationäre Aufnahme erforderlich, da keine akute Selbst- oder Fremdgefährdung vorliege. Fragliche psychotische Erlebnisverarbeitung; empfohlene Medikation: Pantoloc für 1 Woche; 1 Mal abends Seroquel 50 mg und bei Bedarf. Regelmäßige Kontrollen beim Hausarzt bzw Internisten; weiterführende Abklärung bei FA für Psychiatrie. Psychotherapie empfohlen.

Mit Schreiben vom 03.07.2019 wurde die slowenische Dublin-Behörde vom Untertauchen der Beschwerdeführer und der sich daraus ergebenden Verlängerung der Entscheidungsfrist auf 18 Monate in Kenntnis gesetzt.

Am 20.07.2020 wurden seitens des Bundesverwaltungsgerichts die aktuellen Länderfeststellungen zu Slowenien (Stand 26.11.2019) ins Parteiengehör geschickt.

Mit Schreiben vom 29.07.2020 teilte die bevollmächtigte Vertretung, der Verein Menschenrechte Österreich (VMÖ) mit, dass man versucht habe, die Beschwerdeführer zu kontaktieren; dies jedoch erfolglos. Die Beschwerdeführer seien im Bundesgebiet nicht mehr gemeldet. Die Vertretungsvollmacht werde daher seitens des VMÖ hiermit aufgekündigt.

1.       Feststellungen:

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Gattin des Zweitbeschwerdeführers und Mutter und gesetzliche Vertreterin des mj Drittbeschwerdeführers. Es liegt ein Familienverfahren vor. Die Genannten sind Staatsangehörige des Iran.

Die Erstbeschwerdeführerin stellte nach illegaler Einreise für sich und den mj Drittbeschwerdeführer am 26.03.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Der Zweitbeschwerdeführer suchte bereits am 22.03.2019 in Österreich um Asyl an.

Hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin liegt eine Eurodac-Treffermeldung der Kategorie „1“ zu Slowenien vor (21.03.2019); die Abfrage hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers erbrachte keinen Treffer.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 27.03.2019 hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers ein Aufnahmeersuchen gemäß Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: „Dublin III-VO“) an Slowenien. Dies unter Hinweis auf den Aufenthalt seiner Gattin und seines mj Sohnes in Slowenien nach dortiger Trennung.

Am 28.03.2019 richtete das Bundesamt hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin und des mj Drittbeschwerdeführers Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b der Dublin III-VO an Slowenien. Dies unter Hinweis auf die Asylantragstellung des Zweitbeschwerdeführers in Österreich und des Aufnahmeersuchens nach Art 13 Abs 1 Dublin III-VO vom 27.03.2019.

Mit Schreiben vom 08.04.2019 stimmte Slowenien sowohl der Aufnahme des Zweitbeschwerdeführers nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO, als auch der Wiederaufnahme der Erstbeschwerdeführerin des mj Drittbeschwerdeführers nach Art 18 Abs 1 lit b Dublin III-VO, ausdrücklich zu.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Slowenien an.

Konkrete, in den Personen der Beschwerdeführer gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Slowenien Gefahr liefen, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Die Beschwerdeführer leiden an keinen lebensbedrohenden Krankheiten. Die Erstbeschwerdeführerin leidet (Anm: seit Kenntnis des negativen Bescheids des Bundesamtes) an einer Anpassungsstörung; am 14.06.2019 nahm diese in suizidaler Absicht eine Überdosis eines Schmerzmittels ein. Sie wurde für 1 Nacht stationär in einem Klinikum aufgenommen. Empfohlene Medikation: Pantoloc für 1 Woche; 1 Mal abends Seroquel 50 mg und bei Bedarf Seroqual 25mg. Regelmäßige Kontrollen beim Hausarzt bzw Internisten; weiterführende Abklärung bei FA für Psychiatrie. Psychotherapie empfohlen.

Der Zweitbeschwerdeführer befindet sich im Zustand nach einer Hämohorridenoperation.

Der mj Drittbeschwerdeführer leidet seit kurzer Zeit an einer Posttraumatische Belastungsstörung sowie an Bettnässen. Derzeit keine Indikation für eine Therapie mit Minirin melt. Dringend angeraten wurde eine Psychotherapie.

In Slowenien sind alle Krankheiten behandelbar und alle gängigen Medikamente erhältlich. Es besteht ausreichende medizinische Versorgung für Asylwerber, welche auch in der Praxis zugänglich ist (siehe Länderfeststellungen zu Slowenien).

In Österreich befindet sich seit etwa einem Jahr ein Bruder der Erstbeschwerdeführerin als Asylwerber. Mit diesem besteht in Österreich weder ein gemeinsamer Haushalt, noch liegen finanzielle oder sonstige (wechselseitige) Abhängigkeiten vor; ein allfälliger Pflegebedarf wurde nicht einmal behauptet. In Österreich fanden noch keine wechselseitigen Besuche statt, der Kontakt beschränkt sich auf gelegentliche Telefonate. Eine besondere Beziehungsintensität zu dem genannten Angehörigen ist nicht zu erkennen. Besondere private, familiäre oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführer im Bundesgebiet waren somit nicht festzustellen.

Seit Anfang Juli 2019 sind die Beschwerdeführer unbekannten Aufenthalts, worüber die slowenischen Behörden auch informiert wurden.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der irregulären Einreise der Beschwerdeführer in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über Slowenien ergeben sich aus den eigenen glaubhaften und übereinstimmenden Angaben der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers in Zusammenschau mit dem Eurodac-Treffer der Kategorie „1“ hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin. Der Zweitbeschwerdeführer, für welchen keine Treffermeldung vorliegt, bestritt den Aufenthalt in Slowenien letztlich auch nicht.

Die Feststellungen hinsichtlich der ausdrücklichen Zustimmung Sloweniens zur Übernahme der Beschwerdeführer (nach Art 18 Abs 1 lit b Dublin III-VO bzw Art 13 Abs 1 Dublin III-VO) ergeben sich aus den durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der slowenischen Dublin-Behörde, welche auch im Akt dokumentiert sind.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch (damals) hinreichend aktuellen Quellen belegten Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Slowenien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtschutz im Rechtsmittelweg getroffen. Zwischenzeitig erfolgte seitens der Staatendokumentation eine Gesamtaktualisierung der Länderfeststellungen zu Slowenien; diese aktualisierte Version des LIB mit Stand 26.11.2019 wurde vom Bundesverwaltungsgericht am 20.07.2020 ins Parteiengehör geschickt.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen sowie aus der Gesamtaktualisierung des LIB (Stand 26.11.2019) ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das slowenische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Slowenien im Ergebnis den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, haben die Beschwerdeführer nicht dargetan. Eine die Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Slowenien wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht (siehe auch unten).

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer ergeben sich aus dem diesbezüglichen glaubhaften Angaben der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers. Insbesondere beruhen die Feststellungen auf den vorgelegten Artschreiben/Ambulanzbefunden vom 23.05.2019, 04.06.2019 sowie 15.06.2019. Es wurde diesbezüglich kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die festgestellten familiären und persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer ergeben sich aus der Aktenlage und aus deren eigenen Angaben.

Das Untertauchen der Beschwerdeführer im Juli 2019 ergibt sich aus entsprechenden ZMR-Abfragen bzw den vom Bundesamt übermittelten Informationen der slowenischen Behörden darüber vom 03.07.2019, welche sich im Akt befinden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 2018/57, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl. § 75 Abs. 18 AsylG 2005 idF BGBl I 144/2013).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3.       …

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1.       dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2.       …

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-Verordnung) lauten:

"Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehör

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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