TE Bvwg Beschluss 2020/6/30 W194 2232222-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.06.2020
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Entscheidungsdatum

30.06.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
B-VG Art133 Abs9
TKG 2003 §121
TKG 2003 §15
TKG 2003 §5
VwGG §30 Abs2
VwGVG §13 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W194 2232222-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Daniela Sabetzer als Vorsitzende sowie die Richter Dr. Christian Eisner und Mag. Eduard Hartwig Paulus als Beisitzer über den Antrag des XXXX , vertreten durch Ing. Mag. Dr. Felix Jurax, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt am Wörthersee, der gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 30.03.2020, D 20/19-15, betreffend Einräumung eines Leitungsrechtes (weitere Verfahrenspartei: XXXX ) erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

A)

Dem Antrag wird gemäß § 121a Abs. 1 TKG 2003 nicht stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.       Mit dem angefochtenen Bescheid räumte die Telekom-Control-Kommission (belangte Behörde) der XXXX (weitere Verfahrenspartei) ein Leitungsrecht an Grundstücken des XXXX (Beschwerdeführer) ein und ordnete im Einzelnen Folgendes an:

„Anordnung über ein Leitungsrecht

1 Gegenstand

Gegenstand dieser Anordnung ist die Einräumung eines Leitungsrechtes gemäß §§ 5 ff TKG 2003 für die XXXX (in der Folge: Antragstellerin) gegenüber XXXX (in der Folge: Antragsgegner) an dessen XXXX .

Das Leitungsrecht umfasst das Recht zur Errichtung, zur Erhaltung, zum Betrieb, zur Erweiterung und zur Erneuerung einer Kommunikationslinie aus Rohren und Kabeln in bis zu 50 cm Künettenbreite mit dem in der nachfolgenden Darstellung rot markierten Verlauf: [...]

Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner nach Errichtung der Kommunikationslinie einen detaillierten Plan der Kommunikationslinie zu übergeben, in dem der Verlauf, die Länge (Laufmeter) und die Verlegetiefe ersichtlich sind.

Die Antragstellerin nutzt die anordnungsgegenständliche Infrastruktur im Rahmen ihrer Allgemeingenehmigung gemäß § 15 TKG 2003 zur Erbringung öffentlicher Kommunikationsdienste.

2 Ausübung / Haftung

Die Antragstellerin hat bei der Ausübung des Leitungsrechts sämtliche einschlägigen Normen und Vorschriften einzuhalten und mit tunlichster Schonung des benützten Grundstücks sowie in möglichst wenig belästigender Weise vorzugehen.

3 Sonstige Bewilligungen

Die Antragstellerin hat die für den laufenden Betrieb der anordnungsgegenständlichen Infrastruktur allenfalls zusätzlich erforderlichen Zustimmungen Dritter oder behördlichen Bewilligungen einzuholen. Der Antragsgegner ist nicht verpflichtet, die Zustimmungen Dritter oder behördlichen Bewilligungen zu überprüfen oder einzufordern.

4 Erhaltung / Wartung

Den mit der Errichtung, Erhaltung, dem Betrieb und der allfälligen Erweiterung und Erneuerung der anordnungsgegenständlichen Infrastruktur Beauftragten der Antragstellerin ist das Betreten der Grundstücke dem Antragsgegner im notwendigen Ausmaß nach vorheriger Information des Antragsgegners gestattet. Die Antragstellerin hat bei allfälligen Wartungsarbeiten auf ihre Kosten für die tunlichste Aufrechterhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs des benützten Grundstücks zu sorgen.

5 Entgelt

Für das anordnungsgegenständliche Leitungsrecht hat die Antragstellerin binnen 14 Tagen nach Fertigstellung der Kommunikationslinie an den Antragsgegner eine einmalige Abgeltung in Höhe von 0,61 € pro Laufmeter Kommunikationslinie zu bezahlen. Die Höhe der Abgeltung wird nach Fertigstellung der Kommunikationslinie nach tatsächlicher Länge ermittelt. Sofern sich aus den anwendbaren Rechtsnormen eine Umsatzsteuerpflicht in Österreich ergibt, wird die Umsatzsteuer zusätzlich bezahlt.

6 Schad- und Klagloshaltung

Die Antragstellerin wird den Antragsgegner für sämtliche Nachteile, die aus der Verletzung der Verpflichtungen dieser Anordnung oder aus mit dem Leitungsrecht zusammenhängenden Ansprüchen Dritter resultieren sollten, schad- und klaglos halten.

7 Anordnungsdauer

Diese Anordnung tritt mit Zustellung an die Parteien in Kraft und gilt solange, wie die Antragstellerin die anordnungsgegenständliche Infrastruktur betreibt.

8 Schlussbestimmungen

Sollten einzelne Bestimmungen dieser Anordnung unwirksam oder undurchführbar werden, berührt dies nicht die Wirksamkeit oder Durchführbarkeit der restlichen Bestimmungen dieser Anordnung. Die unwirksame oder undurchführbare Bestimmung wird einvernehmlich durch eine wirksame oder durchführbare Bestimmung ersetzt, die in ihrem technischen und wirtschaftlichen Gehalt der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung möglichst nahe kommt. Änderungen und/oder Ergänzungen dieser Anordnung bedürfen der Schriftform. Dies gilt auch für eine gänzliche oder teilweise Abänderung oder Aufhebung dieses Schriftformerfordernisses.

Eine allfällige Vergebührung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen erfolgt durch die Antragstellerin auf ihre Kosten.“

2.       Diesen Bescheid bekämpft der Beschwerdeführer und beantragt gleichzeitig, der Beschwerde gemäß „§ 30 Abs. 2 VwGG“ aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Diesen Antrag begründet er wie folgt (vgl. die Seiten 15f der Beschwerde):

„j)

Auch der Einwand der Schikane wurde vom Beschwerdeführer zu Recht erhoben. Dies zeigt sich insbesondere in der Begründung des gegenständlichen Bescheides. Der Beschwerdeführer hat ausreichend Gründe dargelegt, warum offensichtlich das Schlichtungsverfahren ohne die Beteiligung des Beschwerdeführers abgehalten wurde. Tatsächlich ist es also zu einem solchen Schlichtungsverfahren gar nicht gekommen, da es zu einer Ladung des damals schon längst ausgewiesenen Rechtsvertreters des Beschwerdeführers nie kam. Auch dem Antrag auf Anberaumung einer Schlichtungsverhandlung wurde nicht entsprochen. Genauso wenig, wie einen beantragten Ortsaugenschein.

Es liegen daher die Voraussetzungen zur gegenständlichen Bescheiderlassung überhaupt nicht vor.

Der Beschwerdeführer wurde in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzt.

Zusätzlich hat die belangte Behörde den festgestellten Sachverhalt rechtlich unrichtig, ohne Rücksichtnahme auf die Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen, nachhaltigen und umweltverträglichen Land- und Forstwirtschaft, beurteilt. Der Beschwerdeführer wurde daher unter anderem auch in seinen Parteienrechten verletzt.

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer der Schlichtungsverhandlung nicht beigezogen wurde, da sein bereits zum damaligen Zeitpunkt ausgewiesener Vertreter zu dieser Verhandlung gar nicht geladen wurde. Dadurch wurde der Beschwerdeführer in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt und liegen die Voraussetzungen der belangten Behörde auf Bescheiderlassung gar nicht vor.

Deshalb sieht der Beschwerdeführer auch seinen Antrag der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, als gerechtfertigt und ausreichend begründet an.“

3.       Mit hg. am 23.06.2020 eingelangtem Schreiben übermittelte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht den Bescheid sowie die Beschwerde samt Beilagen. Die belangte Behörde wies darauf hin, dass die Beschwerde einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung enthalte. Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG behielt sich die belangte Behörde ausdrücklich vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 30.03.2020, D 20 19-15, ordnet zugunsten der weiteren Verfahrenspartei im Rahmen der Allgemeingenehmigung gemäß § 15 TKG 2003 zur Erbringung öffentlicher Kommunikationsdienste die Einräumung eines Leitungsrechtes gemäß der §§ 5 ff TKG 2003 zu Lasten des Beschwerdeführers auf dessen im angefochtenen Bescheid näher genannten Grundstücken an. Das Leitungsrecht umfasst das Recht zur Errichtung, zur Erhaltung, zum Betrieb, zur Erweiterung und zur Erneuerung einer Kommunikationslinie aus Rohren und Kabeln in bis zu 50 cm Künettenbreite.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 27.05.2020, mit welcher zugleich ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt wird.

In Bezug auf diesen Antrag hat der Beschwerdeführer nicht dargetan, dass mit der im angefochtenen Bescheid angeordneten Einräumung des Leitungsrechtes zugunsten der weiteren Verfahrenspartei für ihn ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden verbunden wäre. Der Beschwerdeführer hat es unterlassen, konkrete Angaben zu Art, Umfang und Folgen eines durch den Vollzug des angefochtenen Bescheides einzutretenden Schadens unter Bezugnahme auf seine gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse zu machen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zur nicht erfolgten Geltendmachung eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens durch den Beschwerdeführer gründet sich auf die Ausführungen in der Beschwerde vom 27.05.2020, in welcher der Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrags auf aufschiebende Wirkung ausschließlich auf fehlende Voraussetzungen zur Erlassung des angefochtenen Bescheides verweist und geltend macht, in seinem Recht auf ein faires Verfahren sowie in seinen Parteienrechten verletzt zu sein (vgl. I.2.). Konkrete Angaben zu einem möglichen Schaden, welcher mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides verbunden wäre, sind den Ausführungen in der Beschwerde vom 27.05.2020 nicht zu entnehmen. Insoweit konnten zu den konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Beschwerdeführer sowie zu einem konkreten möglichen Schaden durch den Vollzug des angefochtenen Bescheides keine Feststellungen getroffen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1.    Zu den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen:

§ 28 Abs. 1 VwGVG („Erkenntnisse“), BGBl. I Nr. 33/2013, lautet wie folgt:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]“

§ 31 Abs. 1 VwGVG („Beschlüsse“) ordnet Folgendes an:

„§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

[…]“

§ 13 Abs. 1 VwGVG („Aufschiebende Wirkung“) normiert Folgendes:

„Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.“

§ 121a Abs. 1 TKG 2003 („Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht“), BGBl. I Nr. 70/2003, lautet:

„Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörden haben abweichend von § 13 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, keine aufschiebende Wirkung. Das Bundesverwaltungsgericht (Art. 131 Abs. 1 B-VG) kann die aufschiebende Wirkung im betreffenden Verfahren auf Antrag zuerkennen, wenn nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides oder mit der Ausübung der mit dem Bescheid eingeräumten Berechtigung für den Berufungswerber ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden verbunden wäre.“

Die Gesetzesmaterialien zu § 121a Abs. 1 TKG 2003 (RV 2194 BlgNR. 24. GP) führen aus:

„Die Notwendigkeit einer Abweichung vom Grundsatz der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde ergibt sich unmittelbar aus den unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 4 der Richtlinie 2002/21/EG idF der Richtlinie 2009/140/EG (‚Rahmenrichtlinie‘).“

Erwägungsgrund 14 der Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 zur Änderung (ua.) der Richtlinie 2002/21/EG hält fest:

„Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit für Marktakteure sollten die Beschwerdestellen ihre Aufgaben wirksam wahrnehmen; insbesondere sollten die Beschwerdeverfahren nicht ungebührlich lange dauern. Einstweilige Maßnahmen zur Aussetzung der Wirkung eines Beschlusses einer nationalen Regulierungsbehörde sollten nur in dringenden Fällen erlassen werden, um schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden von der die Maßnahmen beantragenden Partei abzuwenden, und wenn dies zum Ausgleich der Interessen erforderlich ist.“

3.2.    Zur Senatszuständigkeit:

Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Über Beschwerden gegen Bescheide der Telekom-Control-Kommission entscheidet gemäß § 121a Abs. 2 TKG 2003 das Bundesverwaltungsgericht durch Senat.

Gemäß § 9 Abs. 1 BVwGG leitet der Vorsitzende die Geschäfte des Senates und führt das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses. Nach den Materialen zu dieser Bestimmung (BlgNR 2008 24. GP, S. 3f) sind davon unter anderem auch Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung umfasst.

In einem Erkenntnis vom 05.09.2018, Ra 2018/03/0056, führte der Verwaltungsgerichtshof zu der mit § 121a Abs. 2 TKG 2003 vergleichbaren Regelung des § 44a Abs. 2 PMG Folgendes aus:

„37 Auf dem Boden des Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich durch den Einzelrichter. Diese Verfassungsbestimmung wird einfachgesetzlich in § 6 BVwGG nachvollzogen.

38 Nach dem zweiten Satz des Art. 135 Abs. 1 B-VG kann allerdings u.a. in Bundesgesetzen vorgesehen werden, dass die Verwaltungsgerichte durch Senate entscheiden. Eine derartige Regelung enthält § 44a Abs. 2 PMG. Diese Bestimmung erfasst typisierend alle jene Fälle, in denen die PCK - wie im vorliegenden Fall - die vor dem VwG belangte Behörde, somit jene Behörde darstellt, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat (vgl. § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG; der Verweis auf ‚§ 6 Abs. 2 VwGVG‘ in § 44a Abs. 2 PMG beinhaltet offensichtlich ein Fehlzitat). Nach den in der Entscheidung des VwG angesprochenen Gesetzesmaterialien soll damit dem bewährten Gedanken Rechnung getragen werden, dass schon bislang ein kollegiales Entscheidungsgremium zur Kontrolle der ebenfalls verfassungsrechtlich unabhängig gestellten Telekom-Control-Kommission berufen gewesen sei (vgl. EBRV 2194 BlgNR XXIV. GP, S. 11).

39 Im vorliegenden Fall wurde vor dem VwG der eingangs genannte Bescheid der PCK in Beschwerde gezogen. Auf dem Boden des § 44a Abs. 2 PMG fungiert in der Folge die PCK auch betreffend die Entscheidung des VwG über den einstweiligen Rechtsschutz dazu als vor dem VwG belangte Behörde.

40 E.c. Eine Bestimmung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes für die Dauer eines Rechtsmittelverfahrens ist ein die Funktionsfähigkeit des Rechtsschutzsystems stützendes Element und damit als ein der Entscheidung in der Sache dienender akzessorischer Akt anzusehen, weil damit eine Sicherung des mit der Endentscheidung angestrebten Zweckes bewirkt wird, um zu vermeiden, dass einem Rechtsmittel der mögliche Erfolg und dem Rechtsschutzsystem die Effizienz genommen wird (vgl. dazu etwa VwGH (verstärkter Senat) 25.2.1981, 2680/80, VwSlg. 10.381 A; VfGH 15.6.1990, G 87/89, VfSlg. 12.381; Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes 17.5.1991, C-313/90 R, CIRFS u.a./Kommission, Rz 24; Beschluss des Präsidenten des Gerichts 1.9.2015, T 235/15 R, Pari Pharma GmbH, Rz 106; vgl. idZ auch Alber in Stern/Sachs (Hrsg), Europäische Grundrechte-Charta, 2016, Art. 47 GRC, Rz 82). Derart muss nach der relevanten unionsrechtlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Richters des vorläufigen Rechtsschutzes vorläufiger Natur sein und darf die Entscheidung zur Hauptsache weder vorweg nehmen noch ihr die praktische Wirksamkeit nehmen und sie dadurch sinnlos machen. Die Entscheidung betreffend den vorläufigen Rechtsschutz begleitet die Entscheidung in der Hauptsache und soll diese sichern, sie ist nur für die Dauer des Verfahrens wirksam (vgl. VfSlg. 12.381/1990). Von daher stellt eine Entscheidung über die Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes eine eigene Entscheidung dar, die zwar in einem akzessorischen Zusammenhang mit der zu treffenden Hauptentscheidung und dem diesbezüglichen Verfahren steht (vgl. dazu VwGH 20.4.2017, Ra 2017/19/0113), aber von der Entscheidung in der Hauptsache und dem zu ihrer Vorbereitung geführten Verfahren zu unterscheiden ist (VfSlg. 12.381/1990).

41 E.d. Ausgehend davon wäre auf dem Boden des § 44a Abs. 2 PMG auch über den in Rede stehenden Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der revisionswerbenden Partei nicht durch den Vorsitzenden des Senates iSd § 9 Abs. 1 BVwGG, sondern vom VwG in der Form des Senates zu entscheiden gewesen.“

Diese Überlegungen des Verwaltungsgerichtshofes sind sinngemäß auf die gegenständliche Konstellation zu übertragen, sodass im gegenständlichen Fall Senatszuständigkeit vorliegt.

3.3.    Zu den Voraussetzungen zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

3.3.1.  Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen einen Bescheid der belangten Behörde stellt vor dem Hintergrund des zuvor zitierten Erwägungsgrundes 14 der Richtlinie 2009/140/EG den Normalfall und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Ausnahme dar. Die aufschiebende Wirkung ist gemäß § 121a Abs. 1 TKG 2003 daher nur zuzuerkennen, wenn nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides oder mit der Ausübung der mit dem Bescheid eingeräumten Berechtigung für den Beschwerdeführer ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden verbunden wäre.

3.3.2.  Mangels Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Voraussetzungen des § 121a Abs. 1 TKG 2003 wird von einer Orientierung an der zu § 30 Abs. 2 VwGG ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auszugehen sein, wobei hinsichtlich § 121a Abs. 1 TKG 2003 das Vorliegen noch strengerer Voraussetzungen anzunehmen ist, da § 121a Abs. 1 TKG 2003 von einem „schwere[n] und nicht wiedergutzumachende[n] Schaden“, § 30 Abs. 2 VwGG hingegen von einem „unverhältnismäßigen Nachteil“ spricht (vgl. Müller, in Riesz/Schilchegger [Hrsg], TKG [2016] § 121a Anm 3).

3.3.3.  Der Verwaltungsgerichtshof sprach in Bezug auf § 30 Abs. 2 VwGG ua. Folgendes aus (vgl. VwGH 01.09.2015, Ra 2015/02/0164):

„Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl u.a. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Zl. 2680/80, VwSlg 10381 A/1981) erforderlich, dass der Revisionswerber schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen. Im Sinne der Grundsätze dieses Beschlusses erfordert die Dartuung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der behaupteten Einbußen auf dem Boden der gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der revisionswerbenden Partei. Erst die ausreichende Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung (vgl den Beschluss vom 28. März 2006, AW 2006/03/0021).“

Folglich hat ein Beschwerdeführer (siehe auch VwGH 02.07.2012, AW 2012/03/0011; 11.01.2012, AW 2011/07/0062) – unabhängig von der Frage, ob einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen – im Aufschiebungsantrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil (im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG) gelegen wäre. In diesem Sinne erfordert die Dartuung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der behaupteten Einbußen auf dem Boden der gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers. Erst die ausreichende Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung (vgl. ua. VwGH 28.05.2015, Ra 2015/13/0019).

Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung ist aber nicht jeder mögliche, irreversible Nachteil geeignet, zugunsten eines Beschwerdeführers auszuschlagen. Vielmehr muss der Beschwerdeführer in nachvollziehbarer Weise einen – für die Dauer des Beschwerdeverfahrens – drohenden Nachteil durch entsprechende Bescheinigungsmittel darlegen (vgl. VwGH 09.04.2008, AW 2008/05/0006, 18.11.1999; AW 99/03/0074), um dem Bundesverwaltungsgericht eine Beurteilung im Sinne des § 121a Abs. 1 zweiter Satz TKG 2003 zu ermöglichen.

3.3.4.  Umgelegt auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Beschwerdeführer insbesondere hinreichend konkret darzulegen hat, worin für ihn ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden im Sinne des § 121a Abs. 1 TKG 2003 gelegen wäre, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen. Erst dadurch kann eine Abwägung aller berührten Interessen vorgenommen und festgestellt werden, ob mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides oder mit der Ausübung der mit dem Bescheid eingeräumten Berechtigung für den Beschwerdeführer tatsächlich ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden verbunden wäre.

3.4.    Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

In der vorliegenden Beschwerde vom 27.05.2020 verweist der Beschwerdeführer bezüglich der Begründung seines Antrags auf aufschiebende Wirkung im Wesentlichen auf die Nicht-Beiziehung seines Vertreters zur Schlichtungsverhandlung. Er macht weiters geltend, in seinem Recht auf ein faires Verfahren sowie in seinen Parteienrechten verletzt zu sein und wendet sich gegen die rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde. Der Beschwerdeführer sieht die Voraussetzungen auf Bescheiderlassung gegenständlich nicht gegeben und schließt daraus: „Deshalb sieht der Beschwerdeführer auch seinen Antrag der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, als gerechtfertigt und ausreichend begründet an.“ Weiteres Vorbringen enthält der zugleich mit der Beschwerde gestellte Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht (siehe I.2.).

3.5.    Zur Nicht-Stattgabe des vorliegenden Antrags:

3.5.1.  Mit dem angefochtenen Bescheid räumte die belangte Behörde der weiteren Verfahrenspartei ein im angefochtenen Bescheid näher bestimmtes Leitungsrecht an näher genannten Liegenschaften des Beschwerdeführers ein (vgl. I.1.).

3.5.2.  Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung nicht geeignet, seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zum Erfolg zu verhelfen:

Zunächst ist festzuhalten, dass es der Beschwerdeführer unterließ, bezüglich des im angefochtenen Bescheid der belangten Behörde zugunsten der weiteren Verfahrenspartei eingeräumten Leitungsrechtes anzugeben, welcher konkrete Nachteil bzw. Schaden ihm durch diese Einräumung drohen könnte. Diesbezüglich fehlen dem Antrag jegliche konkrete Angaben betreffend Art, Umfang und Folgen eines durch den Vollzug des angefochtenen Bescheides eintretenden Schadens; eine zahlenmäßige Konkretisierung des durch den Vollzug des angefochtenen Bescheides möglicherweise hervorgerufenen schweren bzw. nicht wieder gutzumachenden Schadens wurde von Seiten des Beschwerdeführers überhaupt unterlassen. Auch mangelt es dem gegenständlichen Antrag an einer nachvollziehbaren Darlegung der konkreten gesamten wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers.

Ein mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides verbundener schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden für den Beschwerdeführer lässt sich für das Bundesverwaltungsgericht auch nicht ohne weiteres aus der „Lage des Falls“ erkennen.

Mit seiner Begründung des Antrags auf aufschiebende Wirkung ist es dem Beschwerdeführer damit weder gelungen, das Entstehen eines schweren bzw. nicht wieder gutzumachenden Schadens, der mit der im angefochtenen Bescheid angeordneten Einräumung eines Leitungsrechtes verbunden wäre, geltend zu machen, noch der zahlenmäßigen Konkretisierung seiner gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse nachzukommen.

Nur ergänzend ist Folgendes festzuhalten: Soweit in der Beschwerde darauf verwiesen wird, dass die Reduzierung des Wertes des Waldgrundstückes mit XXXX Euro anzusetzen sei, der Sachverständige zu dem gutachterlichen Schluss komme, dass es zu einer Boden- und Bestandswertminderung in der Höhe von XXXX Euro komme, und deshalb von einem Ausgleich durch eine Entschädigung gemäß § 5 TKG 2003 auszugehen sei, ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennbar, dass der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen einen durch den Vollzug des angefochtenen Bescheides hervorgerufenen schweren bzw. nicht wieder gutzumachenden Schadens im Sinne des § 121a Abs. 1 TKG 2003 geltend macht. Abgesehen davon lässt dieses Vorbringen auch jede nähere Konkretisierung vermissen, zumal Angaben zur gesamten wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers fehlen, auf deren Boden ein konkret geltend gemachter möglicher Schaden zu beurteilen wäre.

3.5.3.  Da der Beschwerdeführer jegliche Ausführungen dahingehend unterließ, ob mit der im angefochtenen Bescheid angeordneten Einräumung eines Leitungsrechtes zugunsten der weiteren Verfahrenspartei überhaupt ein schwerer bzw. nicht wieder gutzumachender Schaden in Bezug auf seine (ebenfalls nicht konkret dargetanen) gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse verbunden wäre, wird das Vorbringen des Beschwerdeführers den dargelegten Anforderungen an eine ausreichende Konkretisierung und im Einzelnen nachvollziehbare Geltendmachung eines durch den Vollzug des angefochtenen Bescheides drohenden schweren bzw. nicht wieder gutzumachenden Schadens im Sinne des § 121a Abs. 1 TKG 2003 nicht gerecht.

3.5.4.  Aus alledem ist dem vorliegenden Antrag nicht stattzugeben.

3.6.    Bei diesem Ergebnis konnte eine entsprechende Interessenabwägung unterbleiben (vgl. ua VwGH 04.07.2014, Ra 2014/02/0052).

3.7.    Festgehalten wird, dass die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht zu prüfen ist (vgl. zB VwGH 11.01.2012, AW 2011/07/0062).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn dieser von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. VwGH 28.02.2018, Ro 2017/04/0120).

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch ist die Rechtslage eindeutig und es sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung aufschiebende Wirkung - Entfall Bescheinigungsmittel Interessenabwägung konkrete Darlegung Konkretisierung Leitungsrecht schwerer Schaden unverhältnismäßiger Nachteil

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W194.2232222.1.00

Im RIS seit

13.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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