TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/29 96/09/0037

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Veröffentlicht am 29.10.1997
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
30/01 Finanzverfassung;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
B-VG Art140 Abs1;
F-VG 1948 §4;
VStG §64 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der E P in W, vertreten durch Dr. Ingrid Weisz, Rechtsanwältin in Wien I, Getreidemarkt 18, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 5. August 1994, Zl. UVS-07/31/00716/93, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Über Anzeige des Landesarbeitsamtes Wien vom 18. Mai 1992 wurde die Beschwerdeführerin mit Schreiben des Magistratischen Bezirksamtes der Stadt Wien vom 20. August 1992, ihr zugestellt am 26. August 1992, zur Rechtfertigung aufgefordert. Diese Aufforderung hat folgenden Wortlaut:

"Es wird Ihnen zur Last gelegt, daß Sie als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen berufenes Organ der EP-GesmbH in W, dafür verantwortlich sind, daß diese Gesellschaft als Arbeitgeber und Beschäftiger (Überlasser) in der Zeit von Oktober bis Dezember 1991 sowie am 2. September 1991 und 3. September 1991 die ausländischen Staatsbürger laut Beilage A und B beschäftigt bzw. überlassen hat, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung für diese Beschäftigung erteilt noch eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein für diese Beschäftigung ausgestellt wurde.

Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 i. d.g.F. und im Zusammenhalt mit §§ 3 und 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988 i.d.g.F.

Sie können sich entweder anläßlich der Einvernahme bei uns am 4. September 1992, Zeit um: 09.00 Uhr, 2. Stock, Zimmer Nr. 209

oder schriftlich bis zu diesem Zeitpunkt rechtfertigen sowie die Ihrer Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweismittel bekanntgeben.

Bitte bringen Sie dazu diese Aufforderung und folgende Unterlagen mit: Amtlichen Lichtbildausweis

Sie können selbst kommen oder einen Vertreter entsenden. Der Vertreter muß mit der Sachlage vertraut, voll handlungsfähig und bevollmächtigt sein. Auf der Vollmacht ist eine Bundesstempelmarke von 120,-- Schilling anzubringen. Von einer Vollmacht können wir allerdings absehen, wenn Sie durch Familienmitglieder (Haushaltangehörige, Angestellte oder Funktionäre von Organisationen), die uns bekannt sind, vertreten werden und kein Zweifel an deren Vertretungsbefugnis besteht. Es steht Ihnen auch frei gemeinsam mit Ihrem Vertreter zu kommen.

Rechtsgrundlage: §§ 40 und 42 des Verwaltungsstrafgesetzes Bitte beachten Sie, daß das Strafverfahren ohne Ihre

Anhörung durchgeführt wird, wenn Sie von der Möglichkeit, sich zu rechtfertigen, nicht Gebrauch machen."

Angeschlossen waren zwei als Beilage A und B bezeichnete Listen mit insgesamt 96 ausländischen Personen, die nach Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, teilweise Anschrift sowie dem Anfangszeitraum ihrer Verwendung sowie dem Ort (bzw. der Firma) ihrer Verwendung gekennzeichnet waren.

Eine Rechtfertigung der Beschwerdeführerin erfolgte weder mündlich noch schriftlich.

Mit Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den 4. und 5. Bezirk in Wien vom 28. Juni 1993 wurde die Beschwerdeführerin der Begehung von Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, sie habe es als handesrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der E.P. Gesellschaft mbH in Wien V, Anzengrubergasse 19 zu verantworten, daß diese Gesellschaft als Arbeitgeber und Beschäftiger (Überlasser) am 10. Jänner 1992, in der Zeit von Oktober bis Dezember 1991 sowie am 2. September 1991 und 3. September 1991, 96 namentlich genannte Ausländer (verschiedener Staatsangehörigkeit) beschäftigt bzw. überlassen habe, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung für diese Beschäftigung erteilt, noch eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein für diese ausgestellt worden seien. Sie habe dadurch § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG und §§ 3 und 4 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde die Beschwerdeführerin zu 96 Geldstrafen von je S 10.000,--, zusammen daher S 960.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Wochen verurteilt. Die Verfahrenskosten wurden mit S 96.000,-- (10 % der Strafe) bestimmt.

In der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung brachte die Beschwerdeführerin zunächst vor, die Firma E.P. mbH sei am 10. Jänner 1992 einer völlig überraschenden Überprüfung und Revision seitens des Landesarbeitsamtes Wien unterzogen worden, bei dieser Revision seien auch Behördenvertreter anderer Institutionen mitanwesend gewesen. Im Zuge dieser Aktion um 6.00 Uhr Früh seien alle Personen, die sich in diesem Zeitpunkt vor dem Firmenbüro in Wien V, Anzengrubergasse 19 befunden hätten, erfaßt (In- und Ausländer) und zur Identitätsnachweisung bzw. Abgabe ihrer Personalien festgehalten worden. Die Vertreter des Landesarbeitsamtes hätten ihre Amtshandlung durchgeführt ohne Kenntnisnahme von kontinuierlichen Beteuerungen der Betroffenen, vorwiegend im Straferkenntnis angeführten Ausländern, daß diese sich lediglich um eine etwaige Arbeitsmöglichkeit bei der genannten Firma hätten erkundigen bzw. nachfragen wollen. Es seien also fast sämtliche, namentlich (außer den nachstehend als korrekt erkannten und angeführten) Personen zur Festhaltung der persönlichen Daten gezwungen bzw. einer Einvernahme durch die genannten Behördenvertreter zugeführt worden. Die im Straferkenntnis unter Postzahlen 2, 3, 5, 8, 13, 18, 24, 31, 35 und 45 genannten Ausländer seien bei der Firma E.P. GesmbH kurzzeitig im Speditionswesen eingesetzt gewesen. In diesem Zusammenhang verwies die Beschwerdeführerin auch auf "den in Betrieben der zur Verfügungstellung von Arbeitskräften fast täglich vorkommenden Nachfragen um Arbeitsmöglichkeiten von In- und Ausländern". Im übrigen vertrat sie eine in einem Berufungsbescheid des Landeshauptmannes für Wien vom 29. April 1987, mit welchem eine Einstellung eines Strafverfahrens nach dem AuslBG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 450/1990 erfolgt war, ausgesprochene und auf ihren Fall ihrer Meinung nach übertragbare Rechtsmeinung. Schlußendlich gab die Beschwerdeführerin bekannt, daß die Firma E.P. GesmbH ihre Tätigkeit der "Zurverfügungstellung von Arbeitskräften" per 7.2.1992 eingestellt habe und seit diesem Zeitpunkt keine wie auch immer geartete Tätigkeit ausübe.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 5. August 1994 wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung der Beschwerdeführerin dieser teilweise Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG hinsichtlich der angelasteten unerlaubten Beschäftigung von 49 im einzelnen mit durchlaufenden Zahlen konkretisierten Ausländern - ausgehend von der Numerierung des Straferkenntnisses erster Instanz - aufgehoben und das jeweilige Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt. Im übrigen jedoch wurde der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene erstinstanzliche Straferkenntnis unter Anführung der verbleibenden 47 ausländischen Arbeitskräfte nach Namen, Geburtsdaten, Staatsangehörigkeit, Tätigkeit und Zeitraum der Beschäftigung mit der Maßgabe bestätigt, daß in den angeführten Übetretungsnormen der Satzteil "und im Zusammenhalt mit § 3 und 4 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz BGBl. Nr. 196/1988 i.d.g.F."

zu entfallen und die Strafsanktion "§ 28 Abs. 1 Z. 1 dritter Strafsatz AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 450/1990" zu lauten habe, sowie hinsichtlich der von der Erstbehörde einheitlich verhängten Ersatzfreiheitsstrafe bestimmt werde, daß pro verhängter Geldstrafe (pro Verwaltungsübertretung) für den Fall der Uneinbringlichkeit je eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10,5 Stunden verhängt werde. Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden von der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG in Höhe von 20 % der jeweils verhängten Strafe, sohin 47 x S 2.000,--, insgesamt sohin mit S 94.000,-- bestimmt.

Begründend stellte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges sowie der in der mündlichen Verhandlung erhobenen Beweise über den im Tatbild des verurteilenden Teils des Spruches umschriebenen Sachverhalt hinaus fest, die dort aufgelisteten Ausländer seien in den bezeichneten Zeiträumen in einem Beschäftigungsverhältnis zur E.P. GesmbH, deren handelsrechtliche Geschäftsführerin die Beschwerdeführerin gewesen sei, gestanden. Es sei mit jedem Ausländer vor Arbeitsaufnahme eine Vereinbarung über die Verwendung in einem Abhängigkeitsverhältnis getroffen worden, das typischerweise Inhalt eines Arbeitsvertrages bilde, nämlich über Art und Inhalt der auszuübenden Tätigkeit, Dauer und Entlohnung. Sie seien teilweise im eigenen Betrieb der Beschwerdeführerin und teilweise - in Form einer Arbeitskräfteüberlassung - in anderen inländischen Betrieben zur Arbeitsleistung herangezogen worden. Für keinen dieser Ausländer sei eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung für die festgestellten Zeiträume erteilt worden.

Die belangte Behörde folgte darin der Anzeige des Landesarbeitsamtes vom 18. Mai 1992 und stützte diese Feststellungen auch auf die Aussagen des Vertreters der Beschwerdeführerin in der Berufungsverhandlung. Dieser habe es zunächst unbestritten gelassen, daß die E.P. Gesellschaft mbH, deren handelsrechtliche Geschäftsführerin die Beschwerdeführerin im maßgeblichen Zeitraum gewesen war, unter dem Namen "Arbeitsexpreß; der Spezialist für Bereitstellung" zahlreiche in- und ausländische Arbeitskräfte beschäftigt habe, die teilweise im eigenen und teilweise in Firmen, an die die Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung überlassen worden seien, tätig gewesen seien. Es sei auch nicht in Abrede gestellt worden, daß für die dem verurteilenden Straferkenntnis zugrundeliegenden Ausländer arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen nicht erteilt worden seien. In der Verhandlung vom 29. Juli 1994 habe der Vertreter der Beschwerdeführerin ausdrücklich eingeräumt, daß alle jene Ausländer, die für den fraglichen Zeitraum im Beitragsgrundlagennachweis der Wiener Gebietskrankenkasse für 1991 aufschienen, und für die somit vom Dienstgeber eine Sozialversicherungsmeldung erstattet worden sei, auch in einem Beschäftigungsverhältnis zur Firma E.P. Gesellschaft mbH gestanden seien. Darüber hinaus seien audrücklich jene 10 namentlich in der Berufung genannten ausländischen Arbeitskräfte als solche der Fa. E.P. GesmbH anerkannt worden. Die zur Sozialversicherung angemeldeten Ausländer gingen aus dem Beitragsgrundlagennachweis für 1991 hervor. Die Feststellung von Beschäftigungsverhältnissen betreffend die aus dem Spruch ersichtlichen restlichen Ausländer gründete die belangte Behörde teilweise auf Arbeitszeitbestätigungen, teilweise auf die Angaben der ausländischen Arbeitskräfte selbst anläßlich der Kontrolle vom 10. Jänner 1992 durch das Landesarbeitsamt.

Rechtlich beurteilte die belangte Behörde den festgestellten Sachverhalt nach Darstellung der Rechtslage im wesentlichem dahingehend, im Falle der Arbeitskräfteüberlassung komme auch dem Überlasser die Arbeitgebereigenschaft nach dem AuslBG zu. Da es für die Strafbarkeit der Beschwerdeführerin als handelsrechtlicher Geschäftsführerin der betreffenden Gesellschaft nicht darauf ankomme, ob die Ausländer von dieser Gesellschaft selbst im eigenen Betrieb beschäftigt, oder ob sie die Gesellschaft anderen Firmen als Beschäftiger überlassen worden seien, habe es auch keiner näheren Prüfung bedurft, wo konkret die Arbeitnehmer im jeweils angeführten Zeitraum tatsächlich gearbeitet hätten. Insoweit in der Berufung unter Verweis auf eine Entscheidung des Landeshauptmannes von Wien die Meinung vertreten worden sei, die E.P. GesmbH sei nicht als Arbeitgeberin zu qualifizieren, sei dem entgegenzuhalten, daß diese Entscheidung zu einem Zeitpunkt ergangen sei, der vor dem Inkrafttreten des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (1988) und den entsprechenden Novellierungen im AuslBG gelegen sei. Unkenntnis der neuen Rechtslage stelle sich aber keinesfalls als unverschuldet dar, müsse sich doch der Geschäftsführer einer GesmbH über die auf dem Gebiet seines Berufes bestehenden Vorschriften (und deren Änderungen) laufend unterrichten. Im übrigen seien im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, die auf das Vorliegen mangelnden Verschuldens hätten schließen lassen.

Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß durch die angelasteten Verwaltungsübertretungen das durch die Strafdrohung als schutzwürdig erkannte Interesse an einem geordneten Zugang ausländischer Arbeitskräfte zum österreichischen Arbeitsmarkt geschädigt worden sei und trotz des Fehlens sonstiger nachteiliger Folgen der objektive Unrechtsgehalt nicht als unbedeutend angesehen habe werden können. Da die Beschwerdeführerin entgegen einer ihr obliegenden Verpflichtung es unterlassen habe, sich laufend und in ausreichender Weise mit den Bestimmungen über die Ausländerbeschäftigung vertraut zu machen und sich in der Folge den Vorschriften entsprechend zu verhalten, könne auch das Verschulden nicht als gering erachtet werden. Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhälntisse folgte die belangte Behörde den Angaben der Beschwerdeführerin. Als mildernd berücksichtigte sie die - wenn auch erst im Zuge einer Beitragsnachverrechnung - für 37 Ausländer eingezahlten Sozialversicherungsbeiträge. Als Erschwerungsgrund bewertete die belangte Behörde die Vielzahl der unerlaubt Beschäftigten. Eine außerordentliche Milderung der Strafe im Sinne des § 20 VStG sei in Ermangelung eines beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe ausgeschlossen, mangels eines bloß geringfügigen Verschuldens komme auch ein allfälliges Absehen von der Strafe im Sinne des § 21 VStG nicht in Betracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 450/1990 gilt als Beschäftigung die Verwendung a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,

c) in einem Ausbildungsverhältnis, d) nach den Bestimmungen des § 18 oder e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG) BGBl. Nr. 196/1988.

Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind nach § 2 Abs. 3 AuslBG

a) in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung einer Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist, b) in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes in dem der Ausländer beschäftigt wird, oder der Veranstalter, und c) in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes. Gemäß § 3 Abs. 3 AÜG ist Beschäftiger derjenige, der Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt.

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG 1975 idF der Novelle BGBl. Nr. 450/1990 eine Verwaltungsübertretung und ist von der Verwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, ... bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als 3 Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 10.000,-- bis zu S 120.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 20.000,-- bis zu S 240.000,--.

Als Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerdeführerin zunächst geltend, die Aufforderung zur Rechtfertigung durch das Magistratische Bezirksamt für den 4.

und 5. Wiener Gemeindebezirk vom 20. August 1992 habe entgegen

§ 41 AVG nicht den erforderlichen Inhalt, insbesondere nicht

den mutmaßlichen Tatort, eine genaue Beschreibung der Tatzeit

und zwar hinsichtlich aller einzelner ihr zur Last gelegten

Verwaltungsübertretungen und im übrigen nur ein

"unübersichtliches Sammelsurium von Daten" enthalten. Damit

läge keine die Verjährung gemäß § 32 VStG unterbrechende

Verfolgungshandlung vor, da weder aus dem Inhalt der

Aufforderung zur Rechtfertigung, noch aus den mitgeschickten

Beilagen A und B für sie ersichtlich gewesen sei, auf welchen

Zeitraum konkret sich die unberechtigte Beschäftigung konkret

welcher Arbeitnehmer bezogen habe, sowie welche

Staatsangehörigkeit diese Personen gehabt hätten. Es sei dieser

Aufforderung zur Rechtfertigung auch nicht zu entnehmen

gewesen, ob die E.P. Gesellschaft mbH. nun Arbeitgeber,

Beschäftiger oder Überlasser gewesen sein solle. Abgesehen von

der Unzulänglichkeit dieses Behördenaktes als eine die

Verjährungsfrist unterbrechende Verfolgungshandlung sei die

Aufforderung zur Rechtfertigung daher auch zur Wahrnehmung

ihrer angemessenen Verteidigungsrechte untauglich gewesen. Die

genannte Gesellschaft sei am 7. Februar 1992 aufgelöst worden,

sie selbst habe ihre Funktion als Geschäftsführerin und damit

auch den Zugang zu den Firmenunterlagen verloren. Darüber

hinaus entspreche das erstinstanzliche Straferkenntnis auch

nicht dem Inhalt der Aufforderung zur Rechtfertigung, da es in

dieser heiße, ihr werde zur Last gelegt, als handelsrechtliche

Geschäftsführerin und somit zur Vertretung nach außen berufenes

Organ ... "dafür verwantwortlich" zu sein, während ihr im

Straferkenntnis vorgeworfen werde, sie habe es als

handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als zur

Vertretung nach außen berufenes Organ "... zu

verantworten ...". Erstmals im Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses sei ihr daher eine mittelbare Verantwortung als handelsrechtlicher Geschäftsführer vorgeworfen worden. Dieses Straferkenntnis sei aber außerhalb der Verjährungsfrist erlassen worden.

Daß der erstinstanzliche Bescheid außerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist erlassen worden sei, werde daher auch unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bekämpft. Inhaltliche Rechtswidrigkeit erachtet die Beschwerdeführerin weiters darin gelegen, daß die Sanktionsnorm des § 28 Abs. 1 Z. 1 dritter Strafsatz AuslBG in einem Falle zu Unrecht herangezogen worden sei, da ihr in dem Zeitraum

2./3. September 1991 lediglich die Beschäftigung von zwei Ausländern vorgeworfen werde, daher die herangezogene Strafsanktionsnorm (Beschäftigung von mehr als drei Ausländern) gesetzwidrig gewesen sei. Im übrigen wiederholte die Beschwerdeführerin den bereits in der Berufungsverhandlung vertretenen Standpunkt, sie sei nicht als Arbeitgeber zu qualifizieren. Schlußendlich bekämpft die Beschwerdeführerin auch die Höhe des verhängten Kostenbeitrages im wesentlichen mit der Begründung, es seien ihr zwar 47 Verwaltungsübertretungen letztlich zur Last gelegt worden, der Unabhängige Verwaltungssenat habe jedoch nur ein Verfahren geführt, die Verhängung eines derart hohen Kostenbeitrages führe zu einer "Bereicherung" der den Kostenbeitrag "letztlich einkassierenden Behörde".

Diesen Ausführungen ist folgendes entgegenzuhalten:

Gemäß § 28 Abs. 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 231/1988 iVm § 31 Abs. 2 VStG beträgt die Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 1 VStG für Verwaltungsübertretungen gemäß § 28 Abs. 1 leg. cit. ein Jahr. Gemäß § 31 Abs. 2 zweiter Satz VStG ist diese Frist vom Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat. Eine den Eintritt der Verfolgungsverjährung unterbrechende (§ 31 Abs. 1 VStG) Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG stellt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter anderem das Zurkenntnisbringen einer Anzeige, in der die Tat hinsichtlich aller, der späteren Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente eindeutig beschrieben ist, mit der Aufforderung zur Rechtfertigung, dar (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. Nr. 11525/A u.a.). Jede Handlung der Behörde hat daher verjährungsunterbrechende Wirkung, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringt, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im Verwaltungsstrafgesetz vorgeschriebene Weise zu prüfen, sohin den behördlichen Verfolgungswillen in Richtung einer bestimmten strafbaren Handlung zu verwirklichen. Zur Individualisierung der zum Vorwurf gemachten Handlung ist es daher nötig, daß aus der die Verjährungsfrist unterbrechenden Verfolgungshandlung (im vorliegenden Fall der Aufforderung zur Rechtfertigung) alle sich auf die Tat beziehenden Sachverhaltselemente ersichtlich sind. Dabei genügt es, wenn aufgrund der so vorgenommenen Konkretisierung an der Identität der verfolgten Tathandlung kein Zweifel bestehen kann. Nicht erforderlich ist, daß bereits eine - zutreffende - rechtliche Beurteilung erfolgt. Daß aber im Beschwerdefall an den inkriminierten Tathandlungen auf Sachverhaltsebene im Verwaltungsverfahren keinerlei Zweifel bestanden haben, geht nicht nur aus dem Inhalt der Berufung (einschließlich der "Anerkennung" der bewilligungslosen Beschäftigung von 10 namentlich genannten Ausländern) hervor, sondern auch aus dem in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde erstatteten Parteienvorbringen. Insbesondere konnte auch kein Zweifel daran bestehen (und bestand auch nicht), daß die Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin der E.P. Gesellschaft mbH. und damit als nach außen vertretungsbefugtes Organ dieser Gesellschaft (iSd § 9 Abs. 1 VStG) zur Verantwortung gezogen wurde. Ebensowenig war es zur Konkretisierung der der Beschwerdeführerin zum Vorwurf gemachten Tathandlungen erforderlich, über die im Spruch genannten Zeiträume hinaus Tatzeiten anzuführen. Daß mit der Angabe des Firmensitzes auch der Tatort im ausreichenden Maße konkretisiert ist, entspricht ebenfalls der ständigen Judikatur (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. September 1993, Zlen. 93/09/0152, 0153, und vom 8. September 1993, Zl. 93/09/0160). Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher eine allenfalls noch im Verfahren vor der belangten Behörde weiter bestehende, durch das Berufungsverfahren nicht geheilte Einschränkung der Rechtsverteidigungsmöglichkeiten der Beschwerdeführerin nicht zu erkennen. Dazu kommt, daß es des Hinweises auf eine Arbeitskräfteüberlassung in der Tatumschreibung auch aus rechtlichen Erwägungen nicht bedurft hätte, weil die Art der Beschäftigung (im Sinne von § 2 Abs. 2 AuslBG) kein wesentliches Tatbestandselement der vorgeworfenen Übertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG darstellt und weder in die Aufforderung zur Rechtfertigung noch in den Spruch des Straferkenntnisses nach § 44a Z. 1 VStG aufgenommen werden mußte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. April 1997, Zl. 95/09/0354 und die dort wiedergegebene Judikatur).

Für die Strafe ist maßgebend, daß in dem von der Strafbehörde dem verurteilenden Erkenntnis zugrundegelegten Zeitraum mehr als drei Ausländer - wenn auch nicht gleichzeitig - unerlaubt beschäftigt worden sind. Ein gemeinsamer Tatzeitraum ist dafür - entgegen den Ausführungen in der Beschwerde - nicht erforderlich (vgl. hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zl. 93/09/0474).

Die Beschwerdeführerin erachtet im weiteren den von der belangten Behörde festgesetzten Kostenbeitrag im Sinne des § 64 Abs. 1 und 2 VStG als überproportional und rechtswidrig. In der Gegenschrift verweist die belangte Behörde darauf, daß der Verfassungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 14. Juni 1982, Slg.Nr. 9409, erkannt habe, daß § 64 Abs. 2 VStG verfassungsrechtlich unbedenklich sei. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 64 VStG (hg. Erkentnnis vom 19. Mai 1993, Zl. 92/09/0031). Sollte die Beschwerdeführerin die Bestimmung des § 65 VStG im Auge gehabt haben, ist darauf zu verweisen, daß Gegenstand des Verfahrens vor der belangten Behörde nicht ein - einzelnes - Strafverfahren gewesen ist, sondern - formal - 96, von denen 49 durch Stattgebung der Berufung der Beschwerdeführerin für diese positiv und ohne Zuerkennung eines Kostenbeitrages geendet haben, 47 hingegen mit der Abweisung ihrer Berufung sich der nunmehr von ihr bekämpfte Kostenausspruch lediglich auf diese verbleibenden - kumulierten - 47 Strafverfahren bezieht.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996090037.X00

Im RIS seit

15.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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