TE Lvwg Erkenntnis 2020/9/24 LVwG-AV-754/001-2020

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Veröffentlicht am 24.09.2020
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Entscheidungsdatum

24.09.2020

Norm

FSG 1997 §7
FSG 1997 §24
FSG 1997 §26
StVO 1960 §99 Abs1a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin

HR Mag. Parich-Gabler über die Beschwerde des A, vertreten durch

B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 13.05.2020, Zl. ***, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Anordnung begleitender Maßnahmen nach dem Führerscheingesetz (FSG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

2.   Die Revision gemäß § 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 29.06.2020, Zl. ***, wurde der nunmehrige Beschwerdeführer als Lenker des PKW mit dem behördlichen Kennzeichen *** am 06.05.2020, 18:45 Uhr, im Gemeindegebiet ***, ***, Kreuzung mit der Bundesstraße ***, der Übertretung des 1. § 5 Abs 1, § 99 Abs 1a StVO 1960, 2. § 31 Abs 1, § 99 Abs 2 lit.e StVO 1960 für schuldig erkannt und über ihn zu Spruchpunkt 1 gemäß § 99 Abs 1a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 1.200,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 240 Stunden) und zu Spruchpunkt 2 gemäß § 99 Abs 2 lit.e StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 190,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 94 Stunden) verhängt.

Es wurde dem Beschwerdeführer unter Spruchpunkt 1 zur Last gelegt, er habe das angeführte Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

gelenkt. Der Test am geeichten Alkomaten habe einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,76 mg/l ergeben.

Unter Spruchpunkt 2 wurde dem Beschwerdeführer angelastet, er habe Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs bei einem Verkehrsunfall beschädigt und in ihrer Lage verändert und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle oder den Straßenerhalter unter Bekanntgabe seiner Identität verständigt. Beschädigt sei das Verkehrszeichen „Halt" mit der Zusatztafel 70 km/h in beide Fahrtrichtungen, das Verkehrszeichen sei zur Gänze aus der Verankerung gerissen worden.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 13.05.2020, Zl. ***, entzog die Bezirkshauptmannschaft Baden den Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klassen AM, A, B, BE und F bis einschließlich 06.05.2021 sowie für Kraftfahrzeuge der Klassen C1, C, C1E und CE bis einschließlich 14.08.2020 (Fristablauf) und ordnete an, dass ihm bis einschließlich 06.05.2021 keine neue Lenkberechtigung für diese Klassen erteilt werden dürfe. Des Weiteren wurde die Anordnung einer Nachschulung ausgesprochen.

Mit Bescheid vom 25.06.2020, Zl. ***, wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers vom 26.05.2020 ab, schloss die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid aus.


Die belangte Behörde führte begründend aus, dass der Beschwerdeführer verkehrsunzuverlässig sei, zumal er am 06.05.2020, um 18:45 Uhr, ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, bei dieser Fahrt einen Verkehrsunfall verursacht und Fahrerflucht begangen habe. Er habe einen Atemluftalkoholgehalt von 0,76mg/l aufgewiesen. Bereits mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 11.10.2016, Zl. ***, sei ihm die Lenkberechtigung auf die Dauer von neun Monaten entzogen worden, da er mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz, Zl. ***, vom 17.01.2017 wegen § 5 Abs 2 StVO 1960 rechtskräftig bestraft worden sei.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Beschwerde, in welcher er nicht in Abrede stellt, das spruchgenannte Verkehrszeichen im Zuge eines von ihm verursachten Verkehrsunfalles beschädigt zu haben. Er habe jedoch nach dem Unfall den PKW seitlich abgestellt, sei ausgestiegen, um die Schäden genauer betrachten zu können. Dabei habe er Schnaps aus einer Flasche getrunken, welche zufällig im Auto gewesen sei. Dies habe er auch sofort dem einschreitenden Beamten mitgeteilt und habe diesem auch die Flasche im Fahrzeug gezeigt. Er sei also allen seinen Verpflichtungen bezüglich Nachtrunk gesetzeskonform nachgekommen, dass der Beamte dies nicht aufgenommen habe bzw. er dazu nicht gefragt worden sei, könne nicht zu seinen Lasten gehen. Was die Fahrerflucht anbelange, so habe er die Schäden betrachtet und versucht sich ein Bild von der Lage zu machen, auch, ob sein Fahrzeug noch fahrtüchtig sei, um sich danach zur nächsten Polizeidienststelle begeben zu können. Er sei noch vor Ort gestanden und sei gerade dabei gewesen, die Schäden aufzunehmen, als die Polizei gekommen sei. Es sei ihm daher rein zeitlich bzw. technisch gar nicht möglich gewesen, eine Polizeidienststelle aufzusuchen, sodass ihm der Punkt 2 weder subjektiv noch objektiv zum Vorwurf gemacht werden könne. Selbst wenn ihm weiterhin unterstellt werden solle, dass seine Angaben zum Nachtrunk eine Schutzbehauptung seien, sei trotzdem die Entzugsdauer deutlich zu lange. Es werde beantragt, das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn einzustellen.

3.   Zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte eine in den Verfahren

LVwG-S-1372/001-2020 (Verwaltungsstrafverfahren) und LVwG-AV-754/001-2020 (Verfahren betreffend Entziehung der Lenkberechtigung) eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher Beweis erhoben wurde durch Einvernahme des Beschwerdeführers sowie des Zeugen C. Seitens der belangten Behörde nahm kein Vertreter an der Verhandlung teil. In der Verhandlung wurden auch der Verwaltungsstrafakt und der Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Baden, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung des Beschwerdeführers verlesen.

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens legt das erkennende Gericht nachstehenden Sachverhalt seiner Entscheidung als erwiesen zu Grunde:

4.   Feststellungen:

Der Beschwerdeführer lenkte den PKW mit dem behördlichen Kennzeichen *** am 06.05.2020 um 18:45 Uhr, bog von der *** in die *** ein, geriet dabei auf die Gegenfahrbahn und stieß gegen das in der *** auf Höhe an der Kreuzung *** mit der ***, in der *** aufgestellte Verkehrszeichen „Halt“ mit der Zusatztafel 70 km/h, wodurch dieses aus der Verankerung gerissen wurde und umstürzte. Der Anstoß wurde von den in unmittelbarer Nähe des Unfallortes wohnenden Anrainern D und E und von der in unmittelbarer Nähe bei der dortigen Fußgängerampel stehenden F wahrgenommen, die sofort Nachschau hielten und sahen, dass der Beschwerdeführer aus dem Auto ausstieg, das Verkehrszeichen und sein Auto begutachtete, wieder in das Fahrzeug einstieg und in Richtung *** weiterfuhr. Die Zeugen notierten sich das Kennzeichen und verständigten die Polizeiinspektion *** von dem Vorfall, die wiederum die nahegelegene Polizeiinspektion *** alarmierte. C fuhr unmittelbar nach Verständigung der Polizeiinspektion *** um 18:50 Uhr zu dem nahegelegenen Unfallort, stellte dort fest, dass sich der Unfallverursacher mit seinem PKW nicht mehr an der Unfallörtlichkeit befand, die Zeugen hielten sich noch dort auf und teilten ihm mit, dass der Unfallverursacher Richtung *** weitergefahren sei. Der Zeuge C fuhr sogleich in die ***, konnte dort das abgestellte Fahrzeug des Beschwerdeführers wahrnehmen und wahrnehmen, dass dieser gerade aus dem Fahrzeug ausstieg. Der Beschwerdeführer gab dem Zeugen gegenüber zu, dass er das Verkehrszeichen beschädigt habe und teilte ihm mit, dass er gleich die Polizei anrufen habe wollen. Zumal C bei dem Beschwerdeführer Alkoholisierungssymptome wahrnahm, forderte er diesen zu einem Alkovortest auf. Der Beschwerdeführer machte den Alkovortest um 19:04 Uhr, ergab dieser einen Atemluftalkoholgehalt von 0,72 mg/l, weswegen der Zeugen den Beschwerdeführer zur Durchführung eines Alkomattests an Ort und Stelle aufforderte. Der Alkomattest am 06.05.2020, 19:19 Uhr, ergab einen Messwert von 0,79 mg/l und um 19:20 Uhr einen Messwert von 0,76 mg/l. Der Beschwerdeführer gab dem Polizisten gegenüber an, dass er vor Antritt der Fahrt nichts getrunken habe, sondern erst nach dem Einparken des Fahrzeuges in der *** einen Schluck Schnaps getrunken habe. Er zeigte dem Polizisten eine Schnapsflasche. Der Unfallort war vom Abstellort des Autos ca. 200 m entfernt, hätte die Möglichkeit bestanden, auch in der Brennereigasse am Unfallort das Auto anzuhalten, da es sich bei dieser Gasse um eine Wohnstraße handelt und dort auch Parkplätze vorhanden waren.

Die von dem Beschwerdeführer gegen dieses Straferkenntnis erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 23.09.2020, LVwG-S-1372/001-2020, abgewiesen.

Aufgrund der Bindungswirkung (siehe dazu unten) der oben zitierten rechtskräftigen Entscheidung zur GZ. LVwG-S-1372/001-2020 im Verwaltungsstrafverfahren steht bindend fest, dass der Beschwerdeführer am 06.05.2020 ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand lenkte, dabei einen Verkehrsunfall verursachte und Fahrerflucht beging.

5.   Erwägungen:

Eine selbstständige Beurteilung der Vorfrage, ob der Beschwerdeführer die Übertretung des § 5 Abs 1, § 99 Abs 1a StVO 1960 sowie § 31 Abs 1,

§ 99 Abs 2 lit.e StVO begangen hat, ist dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich im gegenständlichen Administrativverfahren verwehrt (vgl. VwGH 20.07.2018, Ra 2018/11/0089), sodass auf die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen nicht mehr eingegangen werden konnte.

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

§ 99 Abs 1a StVO:

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1200 Euro bis 4400 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als

1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

Die anzuwendenden Bestimmungen des Führerscheingesetzes (FSG) in der geltenden Fassung lauten wie folgt:

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

      (....)

2.verkehrszuverlässig sind (§ 7),

(....)

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird. ...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1.   ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, …
(4) Für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, (…)

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z. 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit ... die Lenkberechtigung zu entziehen.

(...)

(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung … wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960 erfolgt. (…) Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

(2) Bei einer Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ist die Dauer der Entziehung auf Grund des gemäß § 24 Abs. 4 eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen.

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. Sind für die Person, der die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit zu entziehen ist, zum Zeitpunkt der Entziehung im Vormerksystem (§ 30a) Delikte vorgemerkt, so ist für jede dieser im Zeitpunkt der Entziehung bereits eingetragenen Vormerkungen die Entziehungsdauer um zwei Wochen zu verlängern; davon ausgenommen sind Entziehungen auf Grund des § 7 Abs. 3 Z 14 und 15.

§ 26. (1) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen, so ist, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt und zuvor keine andere der in § 7 Abs. 3 Z 1 und 2 genannten Übertretungen begangen wurde, die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen. Wenn jedoch

1. auch eine der in § 7 Abs. 3 Z 4 bis 6 genannten Übertretungen vorliegt, oder

2. der Lenker bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet hat,

so hat die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen.

(2) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges

1.  erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen,

2.  ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, ist die Lenkberechtigung auf mindestens zwölf Monate zu entziehen,

3.  ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a oder 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, ist die Lenkberechtigung auf mindestens acht Monate zu entziehen,

4.  erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen,

5.  ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, ist die Lenkberechtigung auf mindestens zehn Monate zu entziehen,

6.  ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, ist die Lenkberechtigung auf mindestens acht Monate zu entziehen,

7.  ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, ist die Lenkberechtigung auf mindestens sechs Monate zu entziehen. § 25 Abs. 3 zweiter Satz ist sinngemäß anzuwenden.

Auf Grund der Bindungswirkung (vgl. dazu z.B. VwGH 4.2.2019, Ra 2019/11/0006) des rechtskräftigen Straferkenntnisses vom 29.06.2020 steht fest, dass der Beschwerdeführer, indem er am 06.05.2020 eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs 1a StVO 1960 begangen hat, eine „bestimmte Tatsache“ im Sinne des § 7 Abs 3 Z 1 FSG verwirklicht hat, was seine Verkehrsunzuverlässigkeit nach sich zieht.

Bei Vorliegen der in § 26 Abs 1 bis 3 FSG umschriebenen Voraussetzungen ist daher jedenfalls eine Entziehung der Lenkberechtigung für den jeweils vorgesehenen fixen Zeitraum bzw. Mindestzeitraum auszusprechen (vgl. zu alldem VwGH 27.5.2014, 2013/11/0112).

In den Fällen, für die bereits im Gesetz eine fixe bzw. eine Mindestentziehungsdauer normiert ist, hat schon die Verwirklichung einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 FSG zur Entziehung der Lenkberechtigung für die im Gesetz bestimmte (Mindest-)Dauer zu führen.

Was die gemäß § 7 Abs. 4 FSG vorzunehmende Wertung dieser „bestimmten Tatsache“ betrifft, lag der Vorfall im Zeitpunkt der Erlassung des Mandatsbescheides erst rund eine Woche zurück. Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zählen Alkoholdelikte zu den schwerstwiegenden Verfehlungen im Straßenverkehr, bei deren Beurteilung ein strenger Maßstab anzulegen ist. Das Lenken eines KFZ im alkoholbeeinträchtigten Zustand und auch eine Verweigerung des Alkotestes stellt einen hohen Grad an Verantwortungslosigkeit und ein großes Gefahrenpotenzial für alle Verkehrsteilnehmer dar.

Der Verwaltungsgerichthof weist aber auch in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 19.8.2014, 2013/11/0038 mwN) darauf hin, dass der Gesetzgeber für die erstmalige Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. a StVO in § 26 Abs. 2 Z. 1 FSG eine Mindestentziehungszeit von sechs Monaten festgelegt hat und dass diese Mindestentziehungsdauer von sechs Monaten nur dann überschritten werden darf, wenn Umstände vorliegen, die auf Grund der Verwerflichkeit oder Gefährlichkeit der strafbaren Handlung (§ 7 Abs. 4 FSG) die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen über die Mindestentziehungszeit hinausreichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen. In seinem Erkenntnis vom 19.10.2010, 2010/11/0101, hat das Höchstgericht ausgesprochen, dass der Gesetzgeber auf die hohe Verwerflichkeit von Alkoholdelikten im Straßenverkehr insoweit Bedacht genommen hat, als er dafür in § 26 FSG eine Mindestentziehungsdauer oder eine fixe Entziehungsdauer festgelegt hat, die von der Behörde nicht unterschritten werden dürfen, und dass, wenn keine Feststellungen zu einem allfälligen sonstigen Fehlverhalten getroffen werden, keine längere Entziehungsdauer als die in § 26 Abs. 2 Z. 1 vorgesehene Mindestentziehungsdauer erforderlich ist.

Wenn der Beschwerdeführer zusätzlich auch einen Verkehrsunfall verschuldet hat, kann dies aber bei der Verkehrsunzuverlässigkeitsprognose zu seinen Lasten berücksichtigt werden und das Überschreiten der Mindestentziehungsdauer rechtfertigen (vgl. VwGH 24.2.2005, 2003/11/0170; 24.4.2007, 2004/11/0001). Welche Bedeutung der Gesetzgeber der Verschuldung eines Verkehrsunfalles beimisst, zeigt sich in § 26 Abs. 1 Z. 2 FSG, wo bei einem Blutalkoholgehalt von 0,8 bis 1,2 ‰ die dort normierte Mindestentziehungsdauer um zwei Monate erhöht wird, wenn der Lenker bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet. Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es nicht darauf an, ob (nur) ein Sachschaden oder (aber) ein Personenschaden verschuldet wurde, und der Gesetzgeber hat die (zusätzliche) Entziehungsdauer bei Verschuldung eines Verkehrsunfalles fix mit zwei Monaten normiert und nicht ins Ermessen der Führerscheinbehörde – je nach Ausmaß des Verschuldens oder der Unfallfolgen – gestellt (siehe dazu auch wiederum § 7 Abs. 4 FSG, wonach es bei der Wertung der „bestimmten Tatsache“ zwar auf deren Verwerflichkeit, nicht aber auf deren Folgen ankommt). Daher betont der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass die Unfallfolgen bei der Wertung der bestimmten Tatsache nach § 7 Abs. 4 FSG außer Betracht zu bleiben haben bzw. dass es für die Festsetzung der Entziehungszeit auf das konkrete Ausmaß der Unfallfolgen nicht ankommt, ist doch der entscheidende Gesichtspunkt die Gefährlichkeit des in alkoholisiertem Zustand gesetzten Verhaltens (vgl. VwGH 23.4.1996, 95/11/0408) und vermögen die Unfallfolgen den durch dieses Verhalten bestimmten Grad der Verwerflichkeit nicht noch zusätzlich zu erhöhen. Auch ein Mitverschulden – gleichgültig in welchem Ausmaß – ist als ausreichend im Sinn des § 26 Abs. 1 Z. 2 FSG zu werten (vgl. VwGH 28.6.2001, 99/11/0265).

Gegenständlich wurde dem Beschwerdeführer bereits mit Bescheid vom 11.10.2016 die Lenkberechtigung auf Dauer von neun Monaten nach Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs 2 iVm § 99 Abs 1 lit.b StVO entzogen.

Vorliegendenfalls hat der Beschwerdeführer innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs 1 StVO 1960 ein Delikt gemäß

§ 99 Abs 1a StVO begangen. Es ist ihm daher die Lenkberechtigung auf mindestens acht Monate zu entziehen. Der Beschwerdeführer hat im alkoholbeeinträchtigten Zustand zudem auch einen Verkehrsunfall verschuldet und Fahrerflucht begangen. Es ist sohin die Überschreitung der Mindestentziehungsdauer von acht Monaten um die von der Bezirkshauptmannschaft Baden festgesetzten zwei Monate zulässig und auch angebracht.

Das erkennende Gericht gelangt aus all diesen Gründen zu der Ansicht, dass die Prognose der Verwaltungsbehörde, dass der Beschwerdeführer seine Verkehrszuverlässigkeit – unbeschadet der Absolvierung der begleitenden Maßnahmen – nach einer Entziehungsdauer von zwölf Monaten wiedererlangen können wird, zu Recht erfolgte. Der Anordnung der begleitenden Maßnahmen ergeben sich zwingend aus dem Gesetz.

6.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die Revision ist unzulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, und die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Zudem stellen die – hier im Einzelfall beurteilten – Fragen keine „Rechtsfragen von grundsätzlicher, über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung“ (vgl. VwGH 23.9.2014, Ro 2014/01/0033) dar.

Schlagworte

Verkehrsrecht; Kraftfahrrecht; Lenkberechtigung; Entziehung; Verkehrszuverlässigkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.754.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.03.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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