TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/30 L501 2004752-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.06.2020
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Entscheidungsdatum

30.06.2020

Norm

ASVG §4
ASVG §410
ASVG §44
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L501 2004752-1/42E

im namen der republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene Altendorfer als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Auer und Vöcklatal-SteuerberatungsGmbH, gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse (nunmehr Österreichische Gesundheitskasse – ÖGK) vom 30.07.2013, GZ. 046- XXXX /UK. 44/13, wegen Beitragsnachverrechnung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge auf EUR 44.763,28 und die Zinsen auf EUR 19.260,91 verringert werden. Die der beschwerdeführenden Partei in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2020 ausgehändigte Neuberechnung der Österreichischen Gesundheitskasse vom 23.04.2020 wird samt der Beilagen 1 (NS-Schlussbesprechung) und 2 (Feststellungsübersicht) zum integrierten Bestandteil dieses Erkenntnisses erklärt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom 30.07.2013 schrieb die belangte Behörde der nunmehr beschwerdeführenden Partei (in der Folge „bP“) Sozialversicherungsbeiträge nach dem ASVG in der Höhe von EUR 64.212,38 sowie Verzugszinsen in der Höhe von EUR 25.409,15 vor. Vorangegangen war eine Prüfung (GPLA) gemäß § 41a ASVG für die Jahre 2006 bis 2010, bei der Beitragsdifferenzen in Bezug auf das Beschäftigungsverhältnis des zu 25% beteiligten Geschäftsführers XXXX (in der Folge „MB“) hervorgekommen waren. Die belangte Behörde stellte dazu fest, dass der Geschäftsführerbezug laut Vertrag vom 24.08.2006 monatlich EUR 900,-- betrage und vierzehnmal im Jahr ausbezahlt werde. In den Zeiträumen 2006 bis 2009 seien von MB und der zu 75% beteiligten Mitgesellschafterin (in der Folge „Ehegattin von MB“) Rechnungen für Leistungen an die bP gestellt und bei der bP als Aufwand eingebucht worden; die verzeichneten Leistungen seien tatsächlich erbracht worden. Die - von der GmbH allerdings nicht beglichenen - Rechnungen seien, soweit sie von MB stammten, als Teil seines Geschäftsführergehalts anzusehen und dementsprechend als Beitragsgrundlagen heranzuziehen.

In ihrer fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte die bP im Wesentlichen vor, dass MB seit dem 21.02.2006 einen Gewerbeschein für EDV-Dienstleistungen besitze; die in den - nur für Förderstellen gelegten - „Pro-Forma-Rechnungen“ verzeichneten Leistungen seien Ausfluss der selbständigen gewerblichen Tätigkeit des MB und nicht seiner Geschäftsführertätigkeit. In einer als „subsidiär“ bezeichneten weiteren Begründung wandte sich die bP außerdem gegen den steuerrechtlich unterstellten fiktiven Zufluss der Entgelte.

In der gegen das abweisende Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.01.2019, L510 2004752-1/12E, erhobenen Revision brachte die bP unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG insbesondere vor, dass das Bundesverwaltungsgericht die in Rechnung gestellten Leistungen des MB in Höhe von EUR 240.774,29 zu Unrecht als Gehalt für seine Geschäftsführertätigkeit statt - wie mittlerweile das zuständige Finanzamt - als verdeckte Gewinnausschüttung aus dem Gesellschaftsverhältnis gewertet habe. Das Bundesverwaltungsgericht habe - auch vor dem Hintergrund, dass die Entgelte für die verrechneten Leistungen zu einem unangemessen hohen Geschäftsführergehalt geführt hätten - nicht festgestellt, zu welchen Leistungen MB im Rahmen seines Dienstverhältnisses als Geschäftsführer verpflichtet gewesen sei; dies wäre aber von zentraler Bedeutung dafür gewesen, ob die via Pro-forma-Rechnungen fakturierten Leistungen dazu zählten oder nicht.

Mit Erkenntnis vom 18.12.2019, Ra 2019/08/0049, hob der Verwaltungsgerichtshof das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf und stellte im Wesentlichen wie folgt fest:

„Im vorliegenden Fall war daher zu klären, wie hoch der Gehaltsanspruch des MB auf Grund seiner - unstrittig der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterliegenden - Geschäftsführertätigkeit war. Auf tatsächliche Zahlungen oder auch die Annahme einer steuerrechtlichen Zuflussfiktion kam es für diese sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nicht an; allerdings war die Abgrenzung vorzunehmen, inwieweit die Entgeltansprüche ihren Rechtsgrund in der Beschäftigung und nicht etwa in der Kapitalbeteiligung als Gesellschafter oder aber in mit der Gesellschaft abgeschlossenen Werkverträgen hatten (vgl. dazu auch Müller in SV-Komm § 49 ASVG Rz 75). In diesem Sinn hatte die revisionswerbende Partei schon in ihrem Rechtsmittel gegen den Bescheid der GKK bestritten, dass die in den Rechnungen verzeichneten Leistungen Ausfluss der Geschäftsführertätigkeit des MB waren; vielmehr habe es sich um eine für die revisionswerbende Partei unabhängig davon erbrachte selbständige Tätigkeit gehandelt.“

Mit 10.01.2020 wurde das Verfahren der Gerichtsabteilung L 501 des Bundesverwaltungsgerichts neu zugewiesen. Am 03.03.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher MB einvernommen wurde.

Mit Schreiben vom 25.03.2020 verzichtete die rechtsfreundlich vertretene bP auf die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung, verwies auf die uneingeschränkte Glaubwürdigkeit der Angaben des MB und betonte, die bP habe nach ihrer Gründung der Einzelfirma MB den Auftrag zur weiteren Erstellung der Referenzmuster erteilt. Die Einzelfirma MB verfüge über einen diesbezüglichen Gewerbeschein, auf den verfahrensgegenständlichen Rechnungen scheine sowohl die Kontonummer als auch die ATU Nummer der Einzelfirma auf, entsprechende Jahresabschlüsse für den Zeitraum 2007 – 2009 seien erstellt worden und habe bei MB zudem eine Versicherungspflicht nach dem GSVG bestanden. Eine Umgehung der Pflichtversicherung im Wege des § 539a ASVG liege nicht vor, da auch mit anderen Firmen und Institutionen Werkverträge iZm der Erstellung der Archivsoftware abgeschlossen worden seien. Es könne nicht ernsthaft die Ansicht vertreten werden, dass es Aufgabe eines Geschäftsführers sei, Referenzmuster für eine Software zu erstellen. Selbst wenn man, wie das BFG, von einer verdeckten Ausschüttung ausgehe, so ergebe sich daraus keine Versicherungspflicht nach dem ASVG, zumal im ASVG keine Hinzurechnung von Gewinnausschüttungen zum Geschäftsführerbezug aus der GmbH vorgesehen sei.

Mit Schreiben vom 01.04.2020 und 06.04.2020 wurde die belangte Behörde im Hinblick auf den Zeitpunkt der Bestellung des MB zum GF der bP sowie der in der Ergebnisübersicht GPLA nur bis zum 30.04.2009 gelisteten Nachforderungen bzw. der nur bis 30.04.2009 vorhandenen Stundenaufzeichnungen des MB aufgefordert, den von ihr angenommenen längeren Nachverrechnungszeitraum zu begründen und eine Neuberechnung durchzuführen.

In der am 11.05.2020 fortgesetzten mündlichen Verhandlung wurde MB einvernommen, die als Mehrheitsgesellschafterin erneut geladene Ehegattin von MB blieb der Verhandlung abermals fern. Die Neuberechnung der Österreichischen Gesundheitskasse vom 23.04.2020 wurde samt der Beilagen 1 (NS-Schlussbesprechung) und 2 (Feststellungsübersicht) der bP ausgehändigt und ihr gemäß § 45 Abs. 3 AVG die Möglichkeit eingeräumt, sich hierzu bis zum 25.05.2020 zu äußern. Eine Stellungnahme langte nicht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Die bP wurde einer Prüfung (GPLA) gemäß § 41a ASVG für die Jahre 2006- 2010 unterzogen, bei welcher Beitragsdifferenzen in Bezug auf das Beschäftigungsverhältnis des Geschäftsführers MB hervorgekommen sind.

Die bP mit Geschäftssitz in XXXX , wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 24.08.2006 gegründet und ist im Firmenbuch des Landesgerichts Salzburg zu FN XXXX eingetragen. Gesellschafter der bP sind Herr XXXX (in der Folge MB), geboren am 02.09.1966, mit einem Anteil von 25 %, sowie Frau XXXX (in der Folge Ehegattin des MB), geboren am XXXX , mit einem Anteil von 75 %.

Folgender Geschäftszweig scheint im Firmenbuch auf: Beratung von elektronischen Medien betreffend Programmplanung und Konzeption für Hörfunk und Fernsehen, Handel mit Waren aller Art, Werbeagentur, Filmproduktion

MB wurde zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer der bP bestellt. Der Angestelltengeschäftsführervertrag vom 24.08.2006 stellt die rechtliche Grundlage für die Tätigkeit des MB als Geschäftsführer dar und sieht als Bezug einen Betrag von Euro 900,00 brutto im Monat vor, dies 14 Mal im Jahr. Im Vertrag wird von durchschnittlich fünf Überstunden pro Monat ausgegangen.

MB schrieb am 31.10.2007 eine an die bP adressierte Rechnung über erbrachte Dienstleistungen mit der Bezeichnung ‚Entwicklung XXXX ‘ in Höhe von EUR 142.882,00 (Verrechnungseinheit 1 Stunde) und am 15.04.2009 eine an die bP adressierte Rechnung für Dienstleistungen der gleichen Art in Höhe von EUR 97.892,29, (Verrechnungseinheit 1 Tag) sohin gesamt über EUR 240.774,29. Die Rechnungen enthalten jeweils den Zusatz: „Zahlungsbedingungen: prompt nach Erhalt der Rechnung“ (vgl. Beilage ./C). Die Rechnungen wurden aufwandswirksam (Kto 5800 = Fremdleistungen) in die Bilanzen der bP eingebucht. Die bP beglich diese Verbindlichkeiten nicht, weshalb sie zum Prüfungsbeginn der gegenständlichen GPLA unberichtigt aushafteten (vgl. GPLA Unterlagen).

MB zeichnete bis 30.04.2009 die für die bP erbrachten und Großteils in die gegenständlichen Rechnungen Eingang gefundenen Dienstleistungen auf (Stundenaufzeichnungen, vgl. OZ 27), wie XXXX Marktforschung, Pflichtenheft XXXX , XXXX Prototyp, XXXX Noise CDs, XXXX Meeting Vorbereitung, Fehlersamples, Umbau Bandmaschine, XXXX Strategiemeeting, XXXX Telefonkonferenz, XXXX Mails, XXXX Akquise, Firmenschild, Dienstreise München DigiSite, Zug-Tickets besorgen, Drucker besorgen, XXXX License Reporting, XXXX Konkurrenzanalyse, XXXX Dreizackadapter, Admin, Bänder kaufen, XXXX Webpage, XXXX Prototypentests, Steuerberater, Paris Reiseumbuchung, XXXX Verkauf, XXXX & Fiat/IFTA (Versammlung von Archivaren). Diese Stundenaufzeichnungen wurde der Förderstelle seitens der bP als Nachweis vorgelegt und gab es diesbezüglich kaum Beanstandungen (vgl. VH-NS 03.03.2020, Seite 21, 4. Absatz; Seite 22, 2. Absatz; Beilage ./G). Die wöchentliche Arbeitszeit von MB belief sich auf ca. 70 bis 80 Stunden in der Woche (vgl. VH-NS 03.03.2020, Seite 23, erster Absatz).

Die Mehrheitsgesellschafterin stellte gleichfalls am 31.10.2007 eine Rechnung in Höhe von EUR 42.502,78 für 752 Stunden und am 15.04.2009 in Höhe von EUR 126.208,39 für 2233 Stunden. Es erfolgte ebenso eine Einbuchung als Aufwand in das Rechenwerk. Die Verbindlichkeiten hafteten zum Prüfungsbeginn der gegenständlichen GPLA unberichtigt aus (vgl. OZ 27).

Mit Schreiben vom 27.06.2006 war aufgrund eines Förderansuchens seitens der XXXX ein Förderangebot im Rahmen des Investitionsprogramms „Impulsprogramm Kreativwirtschaft“ erstellt worden. Lt. Anbot dient die Förderung der Finanzierung des Projekts „ XXXX “. Lt. Anbot werden für förderbare Investitionen in Höhe von EUR 252.000,00 eine Prämie in Höhe von EUR 37.800,-- und für förderbare Projektkosten in Höhe von EUR 200.000,-eine Prämie in Höhe von EUR 100.000,-- geleistet, sohin gesamt EUR 137.000,--. Die erste Tranche der Förderung in Höhe von Euro 41.340,-- wurde im August 2006 ausbezahlt, die zweite Tranche in Höhe von Euro 55.120,-- im November 2007 und der Rest in Höhe von 41.340,-- Euro im Juni 2009. Vor Auszahlung der Tranchen mussten der Förderstelle Zwischenberichte vorgelegt werden; der Zeitpunkt der Berichtslegung bedingte unmittelbar den Zeitpunkt der Rechnungslegung (vgl. VH-NS 03.03.2020, Seite 13 vorletzter Absatz, Seite 15 ersten beiden Absätze, Beilage ./H).

Laut den Förderbedingungen musste in die bP mindestens so viel eingebracht werden wie die gewährte Förderhöhe, dies als Arbeitsleistung oder als Geld; anrechenbar war aber etwa nur Arbeitsleistung im Hinblick auf Entwicklung, nicht aber beispielsweise jene im Hinblick auf den Kernbereich eines „Geschäftsführers“. Die Kosten für diese eingebrachte Arbeitsleistung musste laut Vorgabe der Förderstelle im Rechenwerk der bP aufscheinen (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 14, 5. Absatz und Seite15, 3.Absatz). Marketing- und Vertriebsangelegenheiten waren nicht förderbar (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 23, 4. Absatz).

MB erbrachte ab dem Zeitpunkt seiner Bestellung zum Geschäftsführer der bP bis zum 30.04.2009 u.a. auch die in den Stundenaufzeichnungen enthaltenen Tätigkeiten, wobei hiervon 95 bis 99 Prozent nicht durch das von dem im Geschäftsführervertrag vereinbarten Gehalt von EUR 900,00 abgegolten wurde, sondern bestand hierfür ein darüber hinausgehender Gehaltsanspruch. MB verrechnete der bP für diese Arbeit EUR 240.774,29 (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 21, 4. Absatz: MB bejahte die Frage, ob die Liste so zu verstehen sei, dass sie Tätigkeiten von ihm als „Einzelunternehmer“ und solche als GF auflistet, wobei er die Anteile dahingehend konkretisierte, dass er das Gro der in der Stundenliste verzeichneten Tätigkeiten, nämlich 95 – 99 % seiner Tätigkeit als „Einzelunternehmer“ zurechnete; Beilage ./C).

Im Hinblick auf die von MB der bP in Rechnung gestellten Beträge für die von ihm erbrachten und Großteils in den Stundenlisten aufscheinenden Arbeitsleistungen kommt für die Zeit 09/2006 bis 04/2009 die Höchstbeitragsgrundlage zur Anwendung.

II.1.2. Nach Absolvierung der HTL für Elektrotechnik arbeitete bzw. leitete MB Tonstudios für diverse Unternehmen; er war u.a. mit der Qualitätskontrolle eingehender Ton- und Videobänder befasst. 2006 entschloss sich MB mit der Idee, eine Software zu entwickeln, die die bislang manuell durchgeführte Überprüfung historischer Tonträger bei der Digitalisierung automatisiert handhabt, selbständig zu machen. Diese ‚Archivsoftware‘ sollte der automatisierten Digitalisierung analoger Dateien unter Erfassung und Markierung von Störungen (z.B. Störgeräusche verschiedenster Arten, Aussetzer, usw.) dienen. Die nach der Digitalisierung noch vorhandenen Störungen könnten dann mit einer anderen – nicht vom MB stammenden - Software korrigiert und beseitigt werden

Auf der Suche nach einer Finanzierungsmöglichkeit wurde ein Förderantrag beim XXXX gestellt. Im Hinblick auf die zu erwartende Dauer der Förderungsbearbeitung gründete MB – um arbeitsfähig zu sein – Anfang 2006 das Einzelunternehmen MB, welches als Etablissementbezeichnung seinen Namen und als Zusatz den Namen der später gegründeten bP ohne den Anhang ‚GmbH‘ trägt (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 5, 6, 18).

Als Einzelunternehmer verfügt MB über folgende Gewerbeberechtigung: Beratung von elektronischen Medien betreffend Programmplanung und –konzeption für Hörfunk und Fernsehen, einschließlich der journalistischen Positionierung (Beilage ./D).

Schon als Einzelunternehmer begann MB Referenzmuster für die von ihm zu entwickeln beabsichtigte Archivsoftware zu erstellen, und zwar bereits zu einem Zeitpunkt, zu dem noch nicht klar war, ob es die bP überhaupt geben wird, zumal es noch an einer Förderzusage mangelte (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 6, 2. Absatz).

Unabdingbar für die Entwicklung der ‚Archivsoftware‘ war nämlich die Erstellung von Ausgangsmaterial, von sog. Referenzmustern. MB recherchierte und beschaffte sich zu diesem Zweck in Internet analoge Dateien samt den hierfür erforderlichen Abspielgeräten (Schallplattenspieler, Schellack-Spieler, etc.), zumal diese mitunter am normalen Markt nicht mehr erhältlich waren. Er digitalisierte manuell hunderte bis tausende Stunden von analogen Dateien und beurteilte anschließend die Qualität des digitalisierten Materials. Die auf Festplatten bzw. CDs gespeicherten Referenzmuster waren im Zusammenhalt mit dem jeweiligen schriftlichen Prüfbericht für die Fehlersuche wichtig, da die Fehler (Störungen) dort beispielhaft enthalten waren (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 6, 2. Absatz).

Zum Zeitpunkt der Gründung der bP, deren Zweck die Entwicklung und Vermarktung der Archivsoftware zur automatisierten Digitalisierung analoger Dateien sein sollte (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 6, erster Absatz und Seite 11, 5. Absatz), war die Software noch nicht fertig. MB erstellte sohin auch nach dem Start der GmbH weiterhin Referenzmuster.

Die Archivsoftware entwickelte sich aus diesen Referenzmustern und dem Know-how des MB. Das geistige Eigentum an der Archivsoftware steht der GmbH zu. Auf der Internetseite, über die die Archivsoftware vertrieben wird, steht im Impressum die bP (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 19, 6. und 7. Absatz letzter Absatz).

Die (technische) Softwareentwicklung an sich, heißt u.a. mit welchen Algorithmen etwas umgesetzt wird, war die Aufgabe der sog. Dienstleister, wie beispielsweise dem XXXX . Beauftragt wurden die Dienstleister von der bP. MB leitete das Projekt, hielt Projektbesprechungen ab und gab in Koordinationsmeetings begleitende Informationen und Hinweise, wie man im Rahmen der ‚technischen‘ Softwareentwicklung bei der Detektion der Fehler vorgehen könnte. Er gab sohin die Softwarearchitektur vor, das heißt, den groben Aufbau, die Funktionen und die Auswertung (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 6, 2. Absatz; Seite 19, 4.Absatz; Seite 11, 5. Absatz).

Aufgrund von Verzögerungen im Bereich der technischen Softwareentwicklung konnte der Markteinführungstermin Frühling 2007 nicht eingehalten werden. Die ca. im Sommer 2007 erschienene Erstversion wies noch nicht sämtliche vereinbarte Funktionen auf. Sie war aufgrund von ‚Bugs‘ nicht verkaufsfähig, so stürzte die Software beispielsweise nach ein paar Minuten ab. Es handelte sich hierbei vielmehr nur um eine ‚Präsentationssoftware‘, das heißt, die Software war soweit fertig, dass sie von MB präsentiert werden konnte, da er genau wusste, was zu tun war um ohne Softwareabsturz durch die Präsentation zu führen. MB führte im Namen der bP ab Sommer 2007 die Software einigen wenigen Firmen vor (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 7, Absatz 2 und 3), der Vertrieb startete sohin ‚schleifend‘.

Als die Software der bP auf den Markt kam, hatte die Konkurrenz jedoch bereits vier Wochen zuvor veröffentlicht und waren die Hälfte ihrer Alleinstellungsmerkmale bereits am Markt vorhanden. Ein Alleinstellungsmerkmal wäre die Durchführung der Digitalisierung mit doppelter bis vierfacher Geschwindigkeit gewesen, ein anderes der Verkauf über das Internet, d.h. kein Verkauf der gesamten Software, sondern nur ein Honorar für die Dauer der Benützung der Digitalisierungs-Software (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 8, 4. Absatz; Seite 12, 1.Absatz)

Die Archivsoftware wurde durch die im Herbst/Winter 2007 erfolgte Beauftragung neuer Dienstleister fertiggestellt, wobei sich nicht mehr exakt feststellen lässt, zu welchem Zeitpunkt das ursprünglich Geplante fertiggestellt war; dies aufgrund von Marktanforderungen, die nicht direkt etwas mit den Kernfunktionen der Software, der ursprünglichen Fehlersampler-Erstellung zu tun hatten, sondern wollte der Kunde beispielsweise irgendwelche Workflow-Änderungen, d.h. heißt Änderungen in den Bedienungsmöglichkeiten. Neben der oben angeführten, anlaufenden Vertriebstätigkeit erstellte MB weiterhin Referenzmuster, wenn auch diese Tätigkeit in dem Ausmaß abnahm in dem die Vermarktung bzw. der Vertrieb zunahm; so erstellte MB etwa am 27.04.2009 11 Stunden HST-Fehlersamples (=Referenzmuster).

MB versuchte u.a. durch den Besuch von zweimal im Jahr stattfindenden internationalen Archivkongressen die Software zu verkaufen. Es gibt ca. 300 Millionen Stunden analoge Dateien, die aufgrund des Alters verfallen und sind Archive – wie beispielsweise das norwegische oder österreichische Nationalarchiv - bestrebt, dieses Material zu digitalisieren. Die Aufgabe von MB ist die Software zu demonstrieren, die Präsentation dauert jeweils ca. eine halbe Stunde. Es gibt keine gravierenden Vertrags- bzw. Preisverhandlungen, da die Preise ohnedies im Internet veröffentlicht waren. Es werden Kaufverträge zwischen der bP und den Archiven abgeschlossen, es gibt aber auch bloße Anbots-Annahmen (VH-NS 03.03.2020, Seite 8). Die erste Archivsoftware wurde von der bP vor 2010 verkauft; bis 2020 hatte sie für dieses Produkt insgesamt 10 Kunden (vgl. VH-NS 03.03.2020, Seite 8, 4. Und 7. Absatz). Die Vermarktung der Archivsoftware erfolgt bis heute, der Markt ist allerdings nicht sehr lebendig, es handelt es sich um einen Nischenmarkt. (vgl. VH-NS 03.03.2020, Seite 8, 3. Absatz). Der Vertrieb durch MB erfolgte „als bP“. (vgl. VH-NS 03.03.2020, Seite 8, 2. Absatz).

Die bP entwickelte in der Folge für das XXXX einen neuen Industrie-Leitsektor im Bereich XXXX ; d.h. Computer sind so in die Gegend integriert, dass man sie nicht mehr bewusst ein- und ausschaltet, sondern der Computer bzw. die Umgebung Informationen von sich aus liefert; z.B. Blick in die Motorhaube - das entsprechende Werkzeug wird dann bildlich angezeigt; Blick aus dem Auto - die Umfahrung wird angezeigt; Sturz in der Wohnung - automatische Alarmierung der Rettung. Es hätte ein Büro im Bereich XXXX gegeben, das mit der Industrie zusammen Projekte geschaffen hätte. Es war bereits alles beschlossen, es hätte 2009 starten sollen, dann kam aber die Wirtschaftskrise. Im Dezember 2008 wurde es storniert. (vgl. VH-NS 03.03.2020, Seite 9, erster Absatz).

Die bP hatte in der Folge die Projektleitung bei XXXX , diese bauen auf dem XXXX XXXX und liefern die Pflegeleistungen, sie sind seit 2012 in Betrieb. XXXX hat Anfang 2010 begonnen. (vgl. VH-NS 03.03.2020, Seite 9, 2. Absatz)

Nach dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum war MB für die bP für das XXXX tätig, es ging um die Digitalisierung von Bildmaterial (vgl. VH-NS 03.03.2020, Seite 8, 2. Absatz).

II.1.3. MB ist Eigentümer eines Hauses in XXXX . Einen Raum im Keller dieses Hauses vermietet er der bP und hat diese dort ihr Büro. Für die Räumlichkeiten im Keller gibt es eine eigene Klingel und eigenes Namensschild, der Keller kann über eine Stiege von außen betreten werden. Die bP hat folgende Betriebsmittel: ‚normale‘ PCs mit Audio-Interfaces (Audioschnittstellen), Lautsprecher, Verstärker, Speichermedien, Tonbandgeräte, Abspielgeräte (z.B. Plattenspieler, mit dem man auch Schellack abspielen kann), Büroeinrichtung (vgl. VH-NS 03.03.2020, Seite 9 und Seite 16, vorletzter erster Absatz: „RI: Auch die für die Qualitätskontrolle erforderlichen Tonträger? GF: Die Spezialgeräte waren auf der bP.“).

Die bP hatte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nur einen Dienstnehmer, und zwar MB als Geschäftsführer. MB erfüllte für die bP als unselbständig Beschäftigter u.a. – neben den bereits oben angeführten - folgende Aufgaben: gesamte Administration, wie Korrespondenz, Belegsammlung, Vorbereitung der Steuerunterlagen oder Buchung und Abrechnung von Geschäftsreisen, Erstellung der Software-Architektur samt Projektleitung, der Prüfmuster, Qualitätskontrolle, Vorbereitung der Präsentationen, Erstellung und Berechnung der Angebote, Verkauf, und usw. Die Ehegattin von MB brachte – neben den in den Stundenlisten aufgeführten Tätigkeiten - die Prüfberichte von MB in Form und verschriftlichte sie, d.h. stellte die Unterlagen für die Dienstleister ‚Software-Entwickler‘ fertig. MB erfüllte seine Aufgaben stets persönlich. Seitens der bP wurden mit Ausnahme der Aufträge an die Dienstleister ‚Software-Entwickler‘ keine Aufträge vergeben. (vgl. VH-NS 03.03.2020, Seite 10).

Der neben dem Büro liegende Raum ist dem Einzelunternehmer MB zuzurechnen, es handelt sich hierbei um ein Studio; in diesem Studio befinden sich die für die Erstellung der Referenzmuster erforderlichen Instrumente; die ‚Tonbandmaschinen‘ in diesem Raum gehören jedoch der bP. Lt. Anlagenverzeichnis verfügte der Einzelunternehmer MB im verfahrensgegenständlichen Zeitraum über Büroeinrichtung, PC Monitor, EDV Software und Analoger Digital Konverter (gebraucht). In den Steuererklärungen des Einzelunternehmers MB betreffend den verfahrensgegenständlichen Zeitraum scheinen keine ‚Honorare‘ auf, die aus einer Beauftragung durch die bP resultieren. (vgl. VH-NS 03.03.2020, Seite 12 letzter Absatz, Seite 13 erster Absatz „Die Betriebsmittel im Studio haben teilweise der GmbH gehört.“; OZ 33 und34; Seite 16, 4. Absatz: MB auf die Frage, ob in den Steuererklärungen als Einzelunternehmer, die in der Rechnung vom 31.10.2007 und vom 15.04.2009 aufscheinenden Beträge angeführt worden seien: „Ich gehe davon aus, dass diese nicht aufscheinen, weil diese für mich pro forma-Rechnungen darstellten.“).

Im Keller gibt es einen Festnetzanschluss, dieser lautet auf die bP. Das Festnetz wird weitergeleitet auf das Mobiltelefon von MB. Dieses Mobiltelefon wurde von MB zunächst als Einzelunternehmer verwendet und später auf die bP umgemeldet. MB verfügte immer nur über ein Mobiltelefon mit einer Telefonnummer und hat er dieses sowohl in seiner Funktion als Einzelunternehmer als auch als Geschäftsführer der bP verwendet. Die bP und die MB als Einzelunternehmer habe keine getrennten E-Mailadressen, sondern verwenden sie dieselbe Adresse, und zwar XXXX . (vgl. VH-NS 03.03.2020, Seite 10; Seite 13, 3. Absatz).

Zwischen der bP und MB als Einzelunternehmer kam es zu keiner schriftlichen Auftragserteilung bzw. keiner schriftlichen Auftragsannahme. Zwischen der bP und MB existiert keine „Honorarvereinbarung“. (vgl. VH-NS 03.03.2020, Seite 13, 3. Absatz). Die in den streitgegenständlichen Rechnungen enthaltenen Beträge wurden nicht in die Steuererklärungen des Einzelunternehmers MB aufgenommen; eine diesbezügliche GSVG Pflichtversicherung bestand in den relevanten Jahren nicht.

Die in den gegenständlichen Rechnungen des MB aufscheinenden Beträge haben ihren Rechtsgrund nicht in der Kapitalbeteiligung als Gesellschafter.

II.2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Abführung einer mündlichen Verhandlung am 03.03.2020 und am 11.05.2020 unter Einschluss und Zugrundelegung des hg. Aktes sowie des vorgelegten Verfahrensaktes der belangten Behörde. Die getroffenen Feststellungen gründen sich u.a. auf den in Klammer angeführten, in diesem Zusammenhang unbedenklichen und nachvollziehbaren Beweismitteln. Darüber hinaus wurden sämtliche aufgenommenen Beweise – auch soweit sie nicht ausdrücklich angeführt sind – im Einzelnen betrachtet und gegeneinander abgewogen.

Die Ausführungen zur Ausgestaltung der Leistungen des MB für die bP sowie seines diesbezüglichen Vergütungsanspruches fußen insbesondere auf den im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht getätigten Aussagen des MB sowie der vorgelegten und im Akt einliegenden Unterlagen.

Unstrittig ist, dass MB ab dem Zeitpunkt seiner Bestellung zum Geschäftsführer der bP bis zum 30.04.2009 u.a. auch die in den Stundenaufzeichnungen enthaltenen Tätigkeiten erbrachte. Laut seiner eigenen Aussage erbrachte er das Gro der in dieser Stundenliste verzeichneten Tätigkeiten, nämlich 95 – 99 %, als „Einzelunternehmer“, weshalb die Tätigkeit in diesen Umfang keinesfalls von dem im Geschäftsführervertrag vereinbarten Gehalt von EUR 900,00 als vergütet angesehen werden kann. Es handelte sich hierbei vielmehr um jene Leistungen, für die MB der bP die gegenständlichen Rechnungen stellte, zumal die Kosten für eingebrachte Arbeitsleistungen laut Vorgabe der Förderstelle im Rechenwerk der bP einzupflegen waren; und zwar unabhängig davon, dass nie geplant gewesen war, dem MB die einzubringende Arbeitsleistung tatsächlich auszuzahlen. (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 14, 5. Absatz, Seite15, 3.Absatz und Seite 13, 3. Absatz). In diesem Sinne führte auch der Steuerberater aus, dass die „Pro-Forma-Rechnungen“ praktisch wie Leistungsverzeichnisse zu sehen seien, mit denen man die erbrachten Leistungen für die Förderstelle dokumentieren wollte und: „Man hätte dann bei einem Verkauf ordentliche Rechnungen stellen müssen, dies aber alles rein hypothetisch“. (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 14, 6. Absatz)

Wenn nun der MB in der Verhandlung am 11.05.2020 behauptet, er könne es nicht mehr sagen, ob in den Arbeitszeitaufzeichnungen die Tätigkeiten des GF inkludiert waren, gehe aber davon aus, so ist auf seine diesbezügliche, spontan und unbefangen erstattete Aussage vom 03.03.2020 zu verweisen, wonach das Gro dem „Einzelunternehmer“ MB zuzurechnen sei (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 21, 6. Absatz).

Die zeitliche Begrenzung der Durchführung der streitgegenständlichen Tätigkeiten mit 30.04.2009 ergibt sich aus den Stundenaufzeichnungen. Die in der Stellungnahme der belangten Behörde vom 15.04.2020 geäußerte Vermutung, dass im Jahr 2010 die nächste Rechnung gestellt worden sei, lässt sich durch keine Unterlagen belegen. MB konnte in der mündlichen Verhandlung – wahrscheinlich aufgrund des seither verstrichenen Zeitraumes - den Zeitpunkt der Produktfertigstellung nicht mehr wirklich datieren bzw. bestand – zeitlich gesehen – eine große Unsicherheit, sodass den vorliegenden Stundennachweisen zu folgen war. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Erstellung der Fehlersamples in dem Grad abnahm, in dem der Vertrieb zunahm bzw. MB auch nicht mehr festlegen konnte, wann das ursprünglich geplante Produkt fertig war und wann Zusatzfunktionen hinzukamen.

Dass sich die für die Erstellung der Referenzmuster erforderlichen Tonbandmaschinen zwar im Raum des Einzelunternehmers MB befinden, aber im Eigentum der bP stehen, ergibt sich aus der Aussage des MB (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 13, 1. Absatz: „Ein Raum läuft auf die GmbH, der andere ist ein Studio, welches dem Einzelunternehmen zuzurechnen ist. Bis auf ein paar Tonbandmaschinen, die der GmbH gehören.“) Dass nicht alle für die Erstellung der Referenzmuster benötigten Maschinen als Betriebsmittel in die Steuererklärung des MB als Einzelunternehmer aufgenommen wurden, ergibt sich insbesondere auch aus folgender Aussage des MB: „Die Tonbandmaschinen gehören der GmbH. Die Räume liegen nebeneinander. Ich könnte die Kabel in den anderen Raum bringen.“ (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 13, 2. Absatz).

Die Höhe des korrigierten Nachverrechnungsbetrages ist unstrittig. Es wurde im Rahmen des seitens des Bundesverwaltungsgerichts gewährten Parteiengehörs nicht die Gelegenheit wahrgenommen, zu der über Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts durchgeführten Korrekturberechnung der belangten Behörde Stellung zu nehmen.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Verfahrensrecht:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

II.3.2. Auszug aus den relevanten Rechtsvorschriften

Nach § 4 Abs. 1 ASVG sind (unter anderem) die bei einem Dienstgeber beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert. Gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch (mit hier nicht zur Anwendung gelangenden Ausnahmen), wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist.

Gemäß § 4 Abs. 4 ASVG stehen den Dienstnehmern Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen.

Gemäß § 1 Abs. 1 lit. a Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) sind Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgeber(n) beschäftigt sind, für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert.

Ein Dienstverhältnis liegt gemäß §47 Abs.2 EstG vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Dienstverhältnis ist weiters dann anzunehmen, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt ist, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b vorliegen.

Gemäß § 44 Abs. 1 Z 1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende, auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt bei den pflichtversicherten Dienstnehmern das Entgelt iSd § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6 ASVG. Unter Entgelt sind gemäß § 49 Abs. 1 ASVG die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Für die Bemessung der Beiträge ist nicht lediglich das tatsächlich bezahlte Entgelt (Geld- und Sachbezüge) maßgebend, sondern, wenn es das tatsächlich bezahlte Entgelt übersteigt, jenes Entgelt, auf dessen Bezahlung bei Fälligkeit des Beitrags ein Rechtsanspruch bestand. Ob ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen (vgl. etwa VwGH 27.11.2014, 2013/08/0291, mwN)

II.3.3.  Vorliegend ist gemäß Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.12.2019 die Frage zu klären, wie hoch der Gehaltsanspruch des MB auf Grund seiner - unstrittig der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterliegenden - Geschäftsführertätigkeit war. Zu prüfen ist daher, ob die den gegenständlichen Rechnungen zu Grunde liegenden Leistungen Ausfluss der Geschäftsführertätigkeit des MB waren oder ob es sich um eine davon unabhängig erbrachte selbständige Tätigkeit gehandelt hat.

II.3.3.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Nebeneinanderbestehen eines abhängigen Arbeitsverhältnisses und eines Werkvertragsverhältnisses - vor dem Hintergrund der rechtlichen Zulässigkeit und der Voraussetzungen einer Vertragsverbindung - zu einem Dienstgeber nicht ausgeschlossen; für die Bejahung einer rechtswirksamen Trennung solcher Rechtsverhältnisse kommt es entscheidend auf den Parteiwillen, die objektive Trennbarkeit und auf Überlegungen unter dem Gesichtspunkt arbeitsrechtlicher Schutzprinzipien, aber auch sozialversicherungsrechtlicher Grundsätze an. Für eine objektive Trennbarkeit ist nicht nur von Bedeutung, ob eine Verschränkung in zeitlicher Hinsicht ausgeschlossen ist. Wesentlich ist im gegebenen Zusammenhang vielmehr, ob sich die im Rahmen des „Dienstverhältnisses“ erbrachten Arbeitsleistungen des MB von seinen in den Stundenlisten angeführten Tätigkeiten inhaltlich und in ihrem Ursprung völlig trennen lassen; das – beispielsweise - Erstellen der Referenzmuster darf demnach mit der Arbeitspflicht im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses als Geschäftsführer in keinen inhaltlichen und ursächlichen Zusammenhang zu bringen sein (vgl. VwGH vom 03.07.2002, 99/08/0125).

Das Erfordernis einer "zeitlichen oder inhaltlichen Verschränkung" wird u.a. im angeführten im Erkenntnis präzisiert. Demnach wird die Berücksichtigung der Aspekte der "inhaltlichen und/oder zeitlichen" Verschränkung grundsätzlich dazu führen, dass ein entsprechend starker inhaltlicher Zusammenhang der Tätigkeiten einen zeitlichen Zusammenhang entbehrlich macht. Erforderlich ist jedenfalls eine Gesamtbetrachtung.

Der Geschäftszweck der bP war unstrittig die Entwicklung und Vermarktung von Archivsoftware zur automatisierten Digitalisierung analoger Dateien (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 6, erster Absatz und Seite 11, 5. Absatz), wobei sich der Aufgabenbereich der bP in der Anfangszeit beinahe ausschließlich auf diesen Aspekt beschränkte. MB erstellte lt. eigener Aussage als „Einzelunternehmer“ die Referenzmuster anhand derer die von der bP beauftragten Dienstleister die Archivsoftware technisch entwickelten, er leitete als „Einzelunternehmer“ das gesamte Projekt und hielt mit den Dienstleistern Projektbesprechungen ab. Den Vertrieb startete MB aber als Geschäftsführer der bP, indem er „ XXXX GmbH“ (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 7, Absatz 2 und 3) ausgesuchten Firmen die „Bugs“ enthaltene, allererste Version der Software im Sommer 2007 präsentierte; präsentieren konnte er sie aber nur, weil er genau wusste, was zu tun war, um ohne Softwareabsturz durch die Präsentation zu führen (vgl. VH-NS vom 03.03.2020, Seite 7, Absatz 2). Gerade in dieser Aussage zeigt sich anschaulich die unauflösbare Verschränkung, das Ineinandergreifen der Tätigkeiten des MB bzw. die ursächliche Verbindung der Tätigkeit des Referenzmuster erstellenden, die Projektleitung innehabenden „Einzelunternehmers“ MB mit jener des der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterliegenden Geschäftsführers MB (vgl. VwGH vom 19.02.2014, 2013/08/0160, und den dortigen Hinweis auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 11.05.1988, 9 ObA 48/88, zur Maßgeblichkeit des Umstands, dass die eine Tätigkeit nicht ohne die im Rahmen der anderen Tätigkeit gewonnenen Erfahrungen ausgeübt werden kann).

Hinzutritt, dass sich in den Stundenlisten nicht nur Tätigkeiten, wie die Erstellung von Referenzmuster, XXXX Testbänder, Fehlersamples, Auswertung, Pflichtenheft usw. finden, sondern sehr wohl auch Steuerberater, Strategiemeeting, Förderstellen-Zwischenbericht, XXXX Marktforschung, XXXX Akquisition, XXXX -Sales, XXXX Conference British Library, Bank bezgl. Finanzierung, Messenachbearbeitung, usw. Selbst wenn man nun berücksichtigt, dass einige in der Liste aufscheinenden Positionen keinen Eingang in die gegenständlichen Rechnungen gefunden haben, so zeigt sich doch auch hier sehr deutlich das Ineinandergreifen der Tätigkeitsbereiche des MB, die er in der mündlichen Verhandlung teils selber kaum abzugrenzen vermochte.

Zu der zweifelsohne bestehenden inhaltlichen Verschränkung gesellt sich eine organisatorische Verknüpfung. Die bP und der Einzelunternehmer MB haben eine gemeinsame E-Mailadresse sowie ein Mobiltelefon mit einer Telefonnummer. Der von MB an die bP vermietete Büroraum der bP liegt unmittelbar neben dem Büroraum (Studio) des Einzelunternehmers MB und befinden sich u.a. die im Eigentum der bP stehenden, für die Erstellung der Referenzmuster benötigten analogen Abspielgeräte im Studio des Einzelunternehmers MB (vgl. „MB: Die Tonbandmaschinen gehören der GmbH. Die Räume liegen nebeneinander. Ich könnte die Kabel in den anderen Raum bringen.“, VH-NS vom 03.03.2020, Seite 13, 2. Absatz). Die zeitliche Verschränkung der Tätigkeiten zeigt sich gut bei den in den Stundenaufzeichnungen gelisteten Reisen; so gab MB in der Verhandlung beispielsweise an, dass es sich bei XXXX Meeting um eine Versammlung von Archivaren handle, bei denen es um Produktspezifikationen gehe; bei den Archivaren handelt es sich aber auch um die Zielgruppe der Archivsoftware, sodass entsprechende Kontaktanbahnungen zwecks Verkauf als gesichert vorauszusetzen sind

Vor diesem Hintergrund kommt dem Vorbringen, sowohl der Wille der bP als auch jener von MB als Einzelunternehmer sei auf Trennung der beiden Vertragsverhältnisse gerichtet gewesen, keine entscheidende Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 07.08.2002, 99/08/0140).

II.3.3.2. Das Vorliegen eines einheitlichen Vertragsverhältnisses ist aber auch unter dem Gesichtspunkt der Beurteilung von Sachverhalten in wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 539a ASVG) gegeben. So gab es zwischen der bP und dem Einzelunternehmer MB keinen schriftlichen Auftrag und keine schriftliche Auftragsannahme, der Stundensatz wurde nicht im Vorhinein vereinbart, sondern ergab sich erst im Nachhinein aus der von der Förderstelle zugestandenen Höhe (vgl. VH-NS 03.03.2020, Seite 13 bzw. 15, 3. bzw. 6. Absatz) bzw. ist ein solcher den Rechnungen in Wahrheit nicht zu entnehmen (vgl. die auf den Rechnungen aufscheinenden Verrechnungseinheiten 1 Stunde bzw. 1 Tag) und war auch zu keinem Zeitpunkt daran gedacht, der in der Rechnung enthaltenen Aufforderung „Zahlungsbedingungen: prompt nach Erhalt der Rechnung“ nachzukommen (arg. „Proforma-Rechnungen“); den Ausführungen des MB im Rahmen der mündlichen Verhandlung ist zu entnehmen, dass nach der gelebten Praxis und dem dahinter stehenden wahren wirtschaftlichen Gehalt eine Trennung der Aufgabenbereiche ursprünglich weder gewünscht noch gewollt, sondern vielmehr nur den Förderbedingungen geschuldet war.

In diesem Sinne kann auch dem Vorbringen, die bP habe mit MB einen Werkvertrag abgeschlossen, nicht gefolgt werden. Die in den Stundenlisten aufgezeichneten, zum größten Teil in die gegenständlichen Rechnungen eingeflossenen Tätigkeiten (vgl. Pkt. II.2., 3. Absatz: „Laut seiner eigenen Aussage erbrachte er das Gro der in dieser Stundenliste verzeichneten Tätigkeiten, nämlich 95 – 99 %, als „Einzelunternehmer“, weshalb die Tätigkeit in diesen Umfang keinesfalls von dem im Geschäftsführervertrag vereinbarten Gehalt von EUR 900,00 als vergütet angesehen werden kann.“), umfassen eine Vielzahl verschiedener Leistungen, die keinem im Vorhinein konkretisierten und individualisierten Werk im Sinne einer in sich geschlossenen Einheit zuzuordnen sind; von MB wurden vielmehr fortlaufend verschiedene Tätigkeiten (Arbeiten, Tun, Wirken) erbracht, darunter eben auch die Erstellung von Referenzmuster für die Programmierung samt der diesbezüglichen Koordinierung mit den Dienstleistern. Auch gelang es MB in der mündlichen Verhandlung nicht, eine Auftragsvereinbarung vor einem Tätigwerden seinerseits überhaupt glaubhaft darzulegen. Die behauptete Vorgehensweise ist vielmehr - wie bereits im vorstehenden Absatz beschrieben – der gewünschten Lukrierung der Fördergelder geschuldet.

II.3.3.3. Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG und damit für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ist stets die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis schon deshalb nicht vor (vgl. unter vielen VwGH vom 25.06.2013, 2013/08/0093, und vom 15.07.2013, 2013/08/0124). Persönliche Arbeitspflicht ist (unter anderem) dann nicht gegeben, wenn demjenigen, dessen Leistungserbringung zu beurteilen ist, eine generelle Vertretungsbefugnis bei Erbringung dieser Leistung eingeräumt ist oder wenn ein Beschäftigter die Leistung bereits übernommener Dienste jederzeit nach Gutdünken ganz oder teilweise sanktionslos ablehnen kann (vgl. VwGH vom 31.07.2014, 2013/08/0247, mwN).

MB hat – seiner Aussage nach - nicht nach der Art eines selbständigen Unternehmers agiert und übernommene Aufgaben nach Gutdünken an Dritte delegiert oder sich durch Dritte vertreten lassen. MB begründete dies mit „Das war mein Knowhow, das hätte keine andere Firma liefern können.“ (vgl. VH-NS 03.03.2020, Seite 12, 6. und 7. Absatz). Zudem gebietet das von der bP verfolgte Ziel, als erste die Archivsoftware auf den Markt zu bringen, die Verpflichtung zur Geheimhaltung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, sodass die Annahme eines generellen Vertretungsrechts jedenfalls ausgeschlossen ist. Die Ablehnung bereits übernommener Dienste wurde weder behauptet noch wäre eine solche bei der gegebenen Sachlage nachvollziehbar.

Nach Bejahung der persönlichen Arbeitspflicht des MB ist zu klären, ob die Merkmale persönlicher Abhängigkeit vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist.

Bei der Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und einem freien Dienstvertrag ist gemäß Judikatur grundsätzlich von der vertraglichen Vereinbarung auszugehen, weil diese die rechtlichen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar macht und daher als Deutungsschema für die tatsächlichen Verhältnisse dient. Der Vertrag hat die Vermutung der Richtigkeit für sich.

Ein freier Dienstvertrag, dem die genannte Richtigkeitsvermutung zukommen könnte, wurde nicht abgeschlossen.

Somit hat vorliegend gemäß Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die genannte Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und einem freien Dienstvertrag nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung und nach der Methode des beweglichen Systems zu erfolgen. Von besonderer Aussagekraft ist in diesem Zusammenhang, ob der Beschäftigte in einer Weise in die betriebliche Organisation des Beschäftigers eingebunden ist, dass ausdrückliche persönliche Weisungen und Kontrollen durch "stille Autorität" substituiert werden. Weiters spielt die Qualifikation des Dienstnehmers bzw. die von ihm ausgeübte Tätigkeit eine Rolle, weil sich - unabhängig vom Vorliegen konkreter sachlicher Weisungen (die in der Realität des Arbeitsverhältnisses nicht immer erwartet werden können) - mit steigender Qualifikation in der Regel auch die fachliche bzw. sachliche Entscheidungsbefugnis ständig erweitert.

MB hat die Erstellung von Referenzmuster in dem seiner Rolle als Einzelunternehmer zuzurechnenden Raum durchgeführt, wobei aber hierfür erforderliche, essentielle Betriebsmittel, wie z.B. die analogen Abspielgeräte, im Eigentum der, im benachbarten Raum untergebrachten, bP standen; auch die Infrastruktur der bP musste für die entscheidungsrelevanten Tätigkeiten genutzt werden. MB hatte zudem eine – seinen eigenen Angaben nach – durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 70 - 80 Stunden, wobei er den zeitlichen Aufwand für die ihm aufgrund des abgeschlossenen Geschäftsführervertrages obliegenden Arbeiten als verschwindend gering bezeichnete. Daraus folgt, dass seine Arbeitszeit durch die streitgegenständlichen Tätigkeiten derart in Anspruch genommen wurde, dass er über sie auf längere Zeit nicht frei verfügen konnte. Gemäß Judikatur genügt es für die Bejahung einer persönlichen Abhängigkeit, wenn die übernommene Verpflichtung zu einer ihrer Art nach bestimmten Arbeitsleistung den Arbeitenden während dieser Zeit so in Anspruch nimmt, dass er über diese Zeit auf längere Zeit nicht frei verfügen kann und ihre Nichteinhaltung daher einen Vertragsbruch mit entsprechenden rechtlichen Konsequenzen (disziplinäre Verantwortlichkeit) darstellt (vgl. das VwGH vom 27.11.1990, 89/08/0178).

Auch wenn nun MB des Weiteren zwar Beginn und Dauer der täglichen Arbeitszeit selbst bestimmen konnte (vgl. VH-NS 10.05.2020, Seite 4, 3. Absatz), die Arbeitserbringung orientierte sich aber letztlich doch im Kern an den betrieblichen Erfordernissen und Bedürfnissen der bP, so insbesondere im Hinblick auf die Koordinierung mit deren Dienstleistern, Arbeiten wegen erforderlicher Produktspezialitäten, Abgabetermine im Hinblick auf Präsentationen für potentielle Abnehmer, Reisetätigkeit, etc., was ein Verhältnis persönlicher Abhängigkeit indiziert.

Das Nichthervorkommen von Weisungen im Verfahren bzw. die Behauptung des Nichtvorliegens eines Weisungsrechts in örtlicher Hinsicht (vgl. VH-NS 11.05.2020, Seite 4, 4. Absatz) schadet nicht; es ist vielmehr davon auszugehen, dass MB vor dem Hintergrund seiner fachlichen Qualifikation von sich aus wusste, wie er sich zu bewegen und zu verhalten hatte, sodass die Erteilung von Weisungen durch die "stille Autorität" des Dienstgebers bP ersetzt werden konnte. Im Ergebnis kann daher das Überwiegen der Merkmale persönlicher Abhängigkeit bei den hier streitgegenständlichen Tätigkeiten bejaht werden.

II.3.3.4. Gegenständlich darf aber auch die besondere Konstellation nicht außer Acht gelassen werden, die sich aufgrund der Funktion des MB als Dienstnehmer im Hinblick auf die streitgegenständlichen Tätigkeiten und als Geschäftsführer, sohin als Vertreter der bP, ergab. In seiner Tätigkeit als Geschäftsführer unterlag MB – von keiner Partei bestritten - der Pflichtversicherung nach dem ASVG und bejahte er in diesem Sinne auch die Weisungsbefugnis der bP hinsichtlich Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenen Verhalten (vgl. VH-NS 11.05.2020, Seite 3, 1. und 2. Absatz). Das Nichthervortreten von Weisungen im Verfahren (vgl. VH-NS 11.05.2020, Seite 3, 3. Absatz) schadet auch diesfalls nicht, ist doch vielmehr davon auszugehen, dass MB vor dem Hintergrund des der Beziehung zu Grunde liegenden Vertrauensverhältnisses (Ehegattin) und seiner fachlichen Qualifikation von sich aus wusste, wie er sich zu bewegen und zu verhalten hatte, sodass die Erteilung von Weisungen gleichfalls durch die "stille Autorität" des Dienstgebers bP ersetzt werden konnte. Dies ist vor dem Hintergrund der Eingliederung des Gesellschafters MB in den Organismus des Betriebes der bP zu sehen, ist doch gemäß Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, 2004/13/0021, die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers gegeben, wenn jemand auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausübt (funktionales Verständnis des Begriffes der Eingliederung). Durch die von MB kontinuierlich ausgeübte, auf Dauer angelegte und mehrere Jahre andauernde Erfu?llung der Aufgaben der Gescha?ftsfu?hrung ist dessen Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Gesellschaft somit jedenfalls gegeben und liegt, gesamt gesehen, ein Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs. 2 ASVG mit Durchgriff auf MB als DN mit den streitgegenständlichen Aufgaben vor.

II.3.3.5. Zwischen den beiden Tätigkeitsbereichen des MB besteht – wie bereits oben festgestellt - eine solche inhaltliche und organisatorische Verschränkung, die es ausschließt, zwei jeweils zeitgleich bestehende, jedoch getrennte Beschäftigungsverhältnisse zum selben Dienstgeber nebeneinander anzunehmen. Es kommt sohin gemäß Judikatur bei der Beurteilung der Ausübung dieser beiden Tätigkeiten durch denselben Dienstnehmer darauf an, ob in seinem rechtlichen Verhältnis zum Dienstgeber insgesamt die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG überwiegen (vgl. VwGH vom 17.11.2004, 2002/08/0283). Dies ist im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen jedenfalls zu bejahen und sohin ein Gehaltsanspruch über den im Geschäftsführervertrag vorgesehenen Betrag von EUR 900,00 hinaus festzustellen. Die in den streitgegenständlichen Rechnungen aufscheinenden Beträge sind daher zur Bildung der Beitragsgrundlage i.S. des § 44 ASVG heranzuziehen.

II.3.4. In der einen integrierten Bestandteil darstellenden Beitragskorrektur samt Beilagen wurde die Nachverrechnung im Einzelnen nachvollziehbar dargelegt. Da gegen die (rechnerische) Richtigkeit der daraus resultierenden Nachverrechnungsbeträgen keine Einwände vorgebracht wurden und sich aus dem Akt auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Beiträge nicht korrekt berechnet wurden, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Beitragsgrundlagen Beitragsnachverrechnung Dienstvertrag Geschäftsführer GPLA persönliche Abhängigkeit wahrer wirtschaftlicher Gehalt wirtschaftliche Abhängigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L501.2004752.1.00

Im RIS seit

08.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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