TE Bvwg Beschluss 2020/7/9 W209 2228218-1

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Veröffentlicht am 09.07.2020
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Entscheidungsdatum

09.07.2020

Norm

ASVG §18b
AVG §8
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W209 2228218-1/3E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter in Erledigung der Beschwerde des XXXX , XXXX , XXXX , gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Hauptstelle Wien, vom 10.10.2019, betreffend Ablehnung des Antrages der XXXX , VSNR XXXX , vom 04.10.2019 auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege naher Angehöriger gemäß § 18b Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die in XXXX , XXXX , wohnhafte XXXX (im Folgenden: Antragstellerin) stellte am 04.10.2019 bei der Pensionsversicherungsanstalt einen Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18b ASVG für Zeiten der Pflege eines nahen Angehörigen. Laut Antrag pflege sie an der Adresse XXXX in XXXX ihren Lebensgefährten XXXX , welcher seit 01.05.2013 Pflegegeld der Stufe 3 beziehe. Sie gehe einer unselbstständigen Beschäftigung im Ausmaß von 40 Wochenstunden nach. Ein gemeinsamer Haushalt mit der zu pflegenden Person liege nicht vor.

2. Mit angefochtenem Bescheid vom 10.10.2019 wies die belangte Behörde (im Folgenden: PVA) den Antrag mit der Begründung ab, dass die Antragstellerin mit der zu pflegenden Person nicht im gemeinsamen Haushalt lebe.

3. Am 22.10.2019 langte bei der PVA ein als Beschwerde zu qualifizierender „Einspruch“ des XXXX gegen den Bescheid vom 10.10.2019 ein. Dieser wurde damit begründet, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer inkompletten Querschnittslähmung Pflegegeld der Stufe 3 beziehe und von der Antragstellerin gepflegt werde. Die Begründung des Bescheids, wonach ein gemeinsamer Haushalt mit dem zu Pflegenden bestehen müsse, entspreche nicht den gesetzlichen Voraussetzungen des § 18b ASVG, welcher lediglich einen Wohnsitz in Österreich vorsehe. Seine Lebensgefährtin habe einen erheblichen Aufwand bei seiner Pflege, weil er dauerhaft auf einen Rollstuhl angewiesen sei.

4. Am 31.01.2020 einlangend legte die PVA die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. In einer beigefügten Stellungnahme wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zwar „Gepflegter“ im Sinne des § 18b ASVG sei, ihm im gegenständlichen Verfahren aber keine Parteistellung zukomme. Eine Beschwerde hätte demnach nur von der Antragstellerin eingebracht werden können. Nach Ansicht der PVA habe der Beschwerdeführer daher keine Beschwerdelegitimation, weshalb die Zurückweisung der Beschwerde beantragt werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem unter Punkt I. dargestellten Verfahrensgang und steht aufgrund der Aktenlage als unstrittig fest.

2. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. In Ermangelung einer entsprechenden Anordnung der Senatszuständigkeit in Angelegenheiten der Selbstversicherung in der Pensionsversicherung liegt im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebende Bestimmung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. 189/1955, lautet:

§ 18b ASVG idF BGBl. I Nr. 138/2013:

"Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege naher Angehöriger

§ 18b. (1) Personen, die einen nahen Angehörigen oder eine nahe Angehörige mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze unter erheblicher Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, können sich, solange sie während des Zeitraumes dieser Pflegetätigkeit ihren Wohnsitz im Inland haben, in der Pensionsversicherung selbstversichern. Je Pflegefall kann nur eine Person selbstversichert sein. Die Pflege in häuslicher Umgebung wird durch einen zeitweiligen stationären Pflegeaufenthalt der pflegebedürftigen Person nicht unterbrochen.

(1a) Die Selbstversicherung ist für die Zeit einer Pflichtversicherung nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. j auf Grund des Bezuges eines aliquoten Pflegekarenzgeldes ausgeschlossen.

(2) Die Selbstversicherung beginnt mit dem Zeitpunkt, den die pflegende Person wählt, frühestens mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Pflege aufgenommen wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der dem Tag der Antragstellung folgt.

(3) Die Selbstversicherung endet mit dem Ende des Kalendermonats,

1. in dem die Pflegetätigkeit oder eine sonstige Voraussetzung nach Abs. 1 weggefallen ist oder

2. in dem die pflegende Person den Austritt aus dieser Versicherung erklärt hat.

(4) Der Versicherungsträger hat ab dem dem Beginn der Selbstversicherung folgenden Kalenderjahr regelmäßig festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Selbstversicherung noch gegeben sind. Die selbstversicherte Person ist verpflichtet, das Ende der Pflegetätigkeit innerhalb von zwei Wochen dem Versicherungsträger zu melden.

(5) Das Ende der Selbstversicherung steht hinsichtlich der Berechtigung zur Weiterversicherung in der Pensionsversicherung dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 lit. a gleich.

(6) Die selbstversicherte Person ist dem Zweig der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz zugehörig, in dem sie zuletzt Versicherungszeiten erworben hat. Liegen keine Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz vor, so ist die selbstversicherte Person der Pensionsversicherung der Angestellten zugehörig.“

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Soweit die Verwaltungsvorschriften nicht ausdrücklich die Rechtsvorschriften nennen, aus denen sich subjektive Rechte ergeben, oder gar ausdrücklich regeln, wem in einem bestimmten Verfahren kraft subjektiven Rechts Parteistellung zukommt, ist im Wege der Auslegung zu prüfen, ob durch die maßgeblichen Rechtsvorschriften ein subjektives Recht einer bestimmten Person begründet wird (vgl. VwGH 25.10.2000, Zl. 2000/06/0109; 26.02.2003, Zl. 2000/03/0328; 27.11.2012, Zl. 2011/03/0226).

§ 18b ASVG räumt Personen, die einen nahen Angehörigen oder eine nahe Angehörige mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 des Bundespflegegeldgesetzes unter erheblicher Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, unter bestimmten Umständen einen Rechtsanspruch auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung ein. Damit wird ein subjektives Recht der den nahen Angehörigen pflegenden Person auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung begründet. Für die oder den zu pflegenden nahen Angehörigen ergeben sich daraus keine subjektiven Rechte. Ein bloß faktisches Interesse, etwa von einer bestimmten Person gepflegt zu werden, begründet keine Parteistellung gemäß § 8 AVG (vgl. VwGH 02.08.2019, Ra 2017/11/0021).

Mangels Parteistellung war der Beschwerdeführer daher auch nicht zur Erhebung der verfahrensgegenständlichen Beschwerde legitimiert.

Da aufgrund des objektiven Erklärungswertes der Beschwerde keine Zweifel bestanden, dass diese dem Beschwerdeführer zuzurechnen war, zumal sie von ihm im eigenen Namen erhoben wurde, war die Beschwerde ohne weitere Ermittlungen im Sinne des § 37 AVG oder ein Verbesserungsverfahren nach § 13 Abs. 3 AVG sofort als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VwGH 28.07.2010, Zl. 2010/02/0112).

B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Beschwerdelegimitation Parteistellung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W209.2228218.1.01

Im RIS seit

01.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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