TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/18 96/11/0298

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Veröffentlicht am 18.11.1997
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §73 Abs3;
KFG 1967 §74 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des M in N, vertreten durch Dr. Hans-Jörg Vogl, Rechtsanwalt in Feldkirch, Churerstraße 1-3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 6. September 1996, Zl. Ib-277-83/92, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom 23. April 1996, Zl. 95/11/0184, hingewiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde der im Instanzenzug ergangene Bescheid der belangten Behörde vom 5. April 1995, mit welchem dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B vorübergehend für die Dauer von drei Monaten, gerechnet ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheines am 1. August 1992, entzogen worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Der Grund für die Aufhebung lag darin, daß die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe anläßlich der am 1. August 1992 begangenen Übertretung gemäß § 5 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 - diese stand auf Grund der rechtskräftigen Bestrafung des Beschwerdeführers für die belangte Behörde bindend fest - einen Verkehrsunfall verschuldet, nicht entsprechend begründet war.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wiederholte die belangte Behörde den im Bescheid vom 5. April 1995 enthaltenen Ausspruch.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Amtssachverständige für Verkehrstechnik habe am 14. Jänner 1994 die Unfallstelle besichtigt und vermessen. Die Breite der Asphaltfahrbahn betrage 3,0 bis 3,25 m (Kurvenaufweitung). Auf Höhe der Kollisionsstelle bestünden beidseitig vorhandene Bankette von 0,6 bis 0,7 m Breite. Diese seien wegen beiseite geräumter Steine nur langsam bzw. eingeschränkt befahrbar. Die Fahrbahn steige in Fahrtrichtung des Beschwerdeführers mit einer sich von rund 6 % auf rund 4 % verkleinernden Längsneigung, gemessen in einem Bereich von ca. 20 m vor der Kollisionsstelle bis auf Höhe seiner Bremsspuren. Bei Berücksichtigung einer mittleren Bremsverzögerung von 8 m/sec. (bergauf), einer Bremsschwellzeit von 0,3 sec. und einer Reaktions- und Ansprechzeit von einer Sekunde berechne sich ein Anhalteweg für den Beschwerdeführer von rund 12 m in einer Anhaltezeit von 2,1 sec. In einer Entfernung von 6 m vor dem Beginn seiner Bremsspur habe sich für den Beschwerdeführer freie Sicht auf den anderen Unfallsbeteiligten eröffnet. Dieser habe sich nach einer ca. 45 m vor der Kollisionsstelle befindlichen Linkskurve mit erheblicher Steigung dem Unfallort genähert, wobei sich die Steigung ca. 20 m vor der Kollisionsstelle auf 0 % reduziere und in der Folge auf ca. 2 % Gefälle übergehe. Im weiteren Verlauf der Straße taleinwärts habe der andere Unfallbeteiligte aus erhöhter Position eine Strecke von 40 m gut übersehen können. Bei Berücksichtigung einer mittleren Bremsverzögerung von 7 m/sec. (bergab), einer Bremsschwellzeit von 0,3 sec. und einer Reaktions- und Ansprechzeit von einer Sekunde errechne sich für den anderen Unfallbeteiligten ein Anhalteweg von rund 14 m in einer Anhaltezeit von 2,3 sec. Für ihn habe sich in einer Entfernung von ca. 9 m vor dem Beginn seiner Bremsspuren nach einem Schotterhaufen die Sicht auf den sich nähernden Beschwerdeführer geöffnet.

In seinem ergänzenden Gutachten führe der Sachverständige aus, in seinem ursprünglichen Gutachten habe er die Ausgangsgeschwindigkeit des Beschwerdeführers mit 27 km/h angenommen. Der Beschwerdeführer hätte eine Fahrgeschwindigkeit wählen müssen, die ihm ein Anhalten auf rund 10 m (Fahren auf halbe Sicht) ermöglicht hätte. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von rund 23 km/h wäre ihm ein Anhalten auf 10 m möglich gewesen.

Der Beschwerdeführer vertrete dazu die Meinung, es sei nicht gesichert, ob beide Fahrzeuge oder nur eines im Zeitpunkt der Kollision in Bewegung gewesen seien, wie hoch die Kollisionsgeschwindigkeit gewesen sei und wo sich die Kollisionsstelle befunden habe. Dem sei zu erwidern, daß durch den Aufprall beide Fahrzeuge zum Stillstand gekommen seien. Die Länge der Bremsspuren und die Lage der Unfallstelle ergebe sich aus den Erhebungen des Gendarmeriepostens N., dem durchgeführten Ermittlungsverfahren und aus der Besichtigung der Unfallstelle durch den Amtssachverständigen. Die Ausführungen betreffend die Lage der Kollisionsstelle seien vom Beschwerdeführer nie bestritten worden. Auf Grund der Einhaltung einer geringfügig überhöhten Geschwindigkeit treffe ihn ein Mitverschulden am Zustandekommen des Unfalls.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bekämpft die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden, auf dem Sachverständigengutachten beruhenden Feststellungen über den Unfallhergang, vermag jedoch keine Unschlüssigkeit des Sachverständigengutachtens darzutun. Soweit er Feststellungen dazu vermißt, ob sein Fahrzeug im Kollisionszeitpunkt in Bewegung gewesen sei, und damit offenbar die Möglichkeit anspricht, er habe allenfalls im Kollisionszeitpunkt innerhalb der halben Sichtstrecke bereits angehalten gehabt, ist er darauf hinzuweisen, daß keiner der vernommenen Unfallbeteiligten und Tatzeugen derartiges angegeben hat. Selbst der Beschwerdeführer hat dies bei seiner Vernehmung am 2. November 1993 nicht behaupten können. Daß die dem Gutachten zugrundeliegenden "Prämissen lediglich auf Annahmen und ungefähren Schätzungen" beruhen, wie in der vorliegenden Beschwerde behauptet wird, kann im Hinblick auf die Darlegungen im Gutachten im Zusammenhalt mit der dem Gutachten angeschlossenen Situationsskizze nicht geteilt werden.

Es kann demnach nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde ein Mitverschulden des Beschwerdeführers an dem Unfall angenommen hat und zu dem Ergebnis gelangt ist, daß eine Entziehung der Lenkerberechtigung für die Dauer von nur vier Wochen gemäß § 73 Abs. 3 KFG 1967 nicht in Betracht gekommen sei.

Der Beschwerdeführer irrt im übrigen, wenn er meint, bei Wegfall des Verschuldens an dem Unfall hätte es genügt, ihm die Entziehung der Lenkerberechtigung bloß anzudrohen. In diesem Fall wäre vielmehr nach der zuletzt genannten Gesetzesstelle zwingend die vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung für die Dauer von vier Wochen auszusprechen gewesen (siehe das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1993, Zl. 93/11/0082).

Aus den dargelegten Erwägungen war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996110298.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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