TE Vfgh Erkenntnis 1995/12/13 B2710/95, G1336/95, V155/95

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Veröffentlicht am 13.12.1995
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
RAO §5a

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Rechtsanwalt; Zurückweisung von Individualanträgen auf Aufhebung von Bestimmungen der RAO, des DSt 1990, der RL-BA 1977 und der Satzung einer Versorgungseinrichtung einer Rechtsanwaltskammer

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

II. Die Anträge auf Aufhebung

1. der §§5a, 23, 46 Abs1 und 2, 50 Abs2 Z1 und 2a RAO,

2. der §§16 Abs1 Z4, 19 Abs3, 64 Abs5, 69, 72 und 79 DSt,

3. des §9a der Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes, für die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltes und für die Ausbildung der Rechtsanwaltsanwärter, kundgemacht im Amtsblatt zur Wiener Zeitung am 24.10.1993, sowie

4. der §§5 Abs2 und 5, 13 Abs2, 3b, 6 und 7 sowie 17 Abs3 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich, AnwBl 1995, 322,

werden zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt in Baden. Mit Erkenntnis des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 13. Juni 1994 wurde er der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes für schuldig erkannt und hiefür zur Disziplinarstrafe der Streichung von der Rechtsanwaltsliste sowie zur Tragung der Kosten des Disziplinarverfahrens verurteilt. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer Berufung an die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im folgenden: OBDK) erhoben.

1.2. Mit Erkenntnis der OBDK vom 15. Mai 1995 wurde der Berufung nicht Folge gegeben. Die OBDK begründete ihre Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

"Nach den wesentlichen erstinstanzlichen Feststellungen teilte der Disziplinarbeschuldigte der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich mit Schreiben vom 19. Mai 1992 seinen sofortigen Austritt aus der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich, mit Ausnahme des Teilbereiches Disziplinarverwaltung, mit. Er führte hiezu aus, daß das Kassieren von Schweigegeldprämien und das Verschenken von Verfahrenshilfekostenforderungen sowie das Verweigern einer Zberprüfung der Geldgebarung durch den Rechnungshof einen wichtigen Austritts- und Kündigungsgrund betreffend Teilbereiche der Kammerverwaltung darstellen würden.

Dem Disziplinarbeschuldigten wurde hierauf am 11. Juni 1992 eröffnet, daß sein Schreiben vom 19. Mai 1992 nach Ansicht des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich als Verzicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft zu verstehen sei und dies zwingend die Streichung von der Liste der Rechtsanwälte nach sich ziehen würde. Er wurde daher zur Bekanntgabe aufgefordert, ob er seine Eingabe aufrechterhalte oder als gegenstandslos zurückziehe. Der Disziplinarbeschuldigte hat hierauf mit Schreiben vom 24. Juni 1992 seinen (bisherigen) Standpunkt vom 19. Mai 1992 aufrechterhalten und erklärt, weder auf sein Recht auf Berufsausübung als Rechtsanwalt und Verteidiger noch auf Ansprüche aus bisher geleisteten Beiträgen in der Höhe von rund 3,500.000 S verzichten zu wollen. In einem weiteren an die Rechtsanwaltskammer Niederösterreich gerichteten Schreiben vom 20. Juli 1992 erhob der Disziplinarbeschuldigte noch den Vorwurf, die Rechtsanwaltskammer verschenke Honorare (aus der Verfahrenshilfe) an die Republik Österreich und verpflichte Rechtsanwälte zu Provisionszahlungen, damit von anderen Rechtsanwälten geschädigte Klienten darüber schweigen, daß deren Klientengeld von Anwälten veruntreut oder unterschlagen worden seien. Auch in diesem Schreiben vertrat der Disziplinarbeschuldigte den Standpunkt, daß einzige Voraussetzung für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes die Unterwerfung unter eine Disziplinarverwaltung sei und daß wichtige Gründe vorlägen, ihn von sämtlichen Zahlungsverpflichtungen im Zusammenhang mit seiner Eintragung als Rechtsanwalt zu entbinden. Schließlich wies der Disziplinarbeschuldigte in einem weiteren Schreiben vom 19. Oktober 1992 an die Rechtsanwaltskammer Niederösterreich darauf hin, daß er seit 20. Mai 1992 nicht mehr deren Mitglied sei.

Nach dem amtlichen Ausweis über rückständige Beiträge vom 5. Mai 1992 schuldete der Disziplinarbeschuldigte der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich den Betrag von 41.552,06 S. Erst nach hierauf erfolgter Einleitung eines Exekutionsverfahrens bezahlte der Beschuldigte am 18. September 1992 den Betrag von 43.000 S, wobei er den Zahlschein mit dem Vermerk 'letzte Zahlung' versah. Laut amtlichem Ausweis über rückständige Beiträge vom 22. Oktober 1992 schuldet der Disziplinarbeschuldigte inklusive einer Disziplinarstrafe den Betrag von S 49.752,08. Hinsichtlich dieser Forderung wurde beim Bezirksgericht Baden abermals die Einleitung eines Exekutionsverfahrens gegen den Beschuldigten beantragt.

Mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. August 1992, Zl. VH 92/01/0126, wurde dem A D zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. Juli 1992, Zl. 4.297.827/2-III/13/91, die Verfahrenshilfe bewilligt. Mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 14. September 1992 wurde der Disziplinarbeschuldigte zum Verfahrenshelfer bestellt. Gegen diesen Bescheid erhob er beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde, in welcher er zum Ausdruck brachte, er betrachte den angefochtenen Bescheid als rechtswidrig, weil er am 19. Mai 1992 'rechtswirksam seinen begründeten Austritt aus der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich erklärt habe und durch den Bestellungsbescheid zur unentgeltlichen Dienstleistung gezwungen werde'. Mit Beschluß vom 4. November 1992 wurde diese Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen und zum Ausdruck gebracht, daß gegen den Bescheid nach §26 Abs5 RAO binnen 14 Tagen nach Zustellung des Beschlusses Vorstellung erhoben werden könne, über welche der Ausschuß zu entscheiden habe. Mit Schreiben vom 28. Jänner 1993 hat die Rechtsanwaltskammer Niederösterreich beim Disziplinarbeschuldigten angefragt, welche Tätigkeit von ihm insoweit durchgeführt worden sei. In seinem in der Folge vom Ausschuß der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich abgelehnten Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Erhebung der Vorstellung führte der Disziplinarbeschuldigte aus, daß er seit 19. Mai 1992 nicht mehr Mitglied der Rechtsanwaltskammer sei und zu einer zwangsweisen unentgeltlichen Tätigkeit für eine von ihm 'nicht mehr vertretene Partei' nicht verpflichtet werden könne, sodaß triftige Gründe für seinen berechtigten Austritt aus der Kammer vorlägen.

Gegen dieses Erkenntnis hat der Disziplinarbeschuldigte Berufung erhoben, in welcher er inhaltliche Rechtswidrigkeit und schwere Verfahrensmängel geltend macht und ins Treffen führt, daß der Disziplinarrat auf Grund unterlassener Verfahrenstatbestände und unterlassener Erledigung von Anträgen verschiedene Feststellungen unterlassen habe. Insbesondere vermeint der Berufungswerber, daß sich bei Eingehen auf seine Anträge ergeben hätte, daß er auf Grund der Vorfälle in der Vollversammlung 1992 die Austrittserklärung abgegeben habe und für ihn festgestanden sei, daß er auf Grund dieser Vorfälle die Kammerleistungen nur mehr durch Strafanzeige und Nichtbezahlung von Geld- und Dienstleistungen (Verfahrenshilfeaufträgen) auf seine Rechtmäßigkeit überprüfen lassen könne. Unter abermaliger Kritik an der Gebarung der Rechtsanwaltskammer und der Ausübung der Tätigkeit des Ausschusses wiederholte er seinen Standpunkt, daß er nicht bereit sei, sich insbesondere hinsichtlich der Altersversorgung und Durchführung der Verfahrenshilfe den gesetzlichen Bestimmungen der Rechtsanwaltskammer zu unterwerfen.

Der Kammeranwalt hat sich hiezu geäußert und beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Der Berufungswerber konnte weder in der Berufungsschrift noch in seinen mündlichen Ausführungen in der Berufungsverhandlung Gründe gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen ins Treffen führen. Sein Vorbringen erschöpft sich in einer Kritik an der Kammerführung, die immer wieder in der Sentenz gipfelt, daß die gesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Kammergebarung abzuwickeln sei, für ihn ebensowenig zu gelten habe wie die Bestimmungen über die Verwaltung der Kammer. Er hat solcherart wiederholt - zuletzt in der mündlichen Berufungsverhandlung - zum Ausdruck gebracht, daß er - nach wie vor - nicht bereit ist, sich der gesetzlich geregelten Organisation der autonomen Standesvertretung der Rechtsanwälte zu unterwerfen und diese gesetzlichen Bestimmungen bei der Ausübung seines Berufes als Rechtsanwalt zu beachten.

Gemäß §23 der Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes hat der Rechtsanwalt die ihm von der Rechtsanwaltskammer erteilten Aufträge zu befolgen und seine ihr gegenüber bestehenden Pflichten zu erfüllen. Gemäß §56 der Richtlinien hat der Rechtsanwalt als bestellter Vertreter einer Partei in der Verfahrenshilfe die gleiche Sorgfalt anzuwenden wie in der Vertretung anderer Parteien und hat diese ordnungsgemäß zu vertreten. Eine Austrittserklärung wie sie der Disziplinarbeschuldigte immer wieder zu erklären versucht, ist nur in Verbindung mit dem Verzicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft rechtlich wirksam. Einen solchen Verzicht hat der Disziplinarbeschuldigte nicht abgegeben. Das gesamte Verhalten des Disziplinarbeschuldigten seit dieser Austrittserklärung läßt jedoch keinen Zweifel daran, daß er sich über elementare Verpflichtungen, welche die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes mit sich bringen, absichtlich hinwegsetzt. Dieses Verhalten stellt eine Berufspflichtenverletzung und Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes dar. Letzteres nicht zuletzt auch deshalb, weil sein hier interessierendes Verhalten bereits mehreren (befaßten) Behörden und demzufolge weiten Kreisen der Bevölkerung bekanntgeworden ist. Das Verhalten des Beschuldigten seit seiner Austrittserklärung vom 19. Mai 1992, an welcher er nach wie vor beharrlich festhält, zeigt seinen hartnäckigen Widerstand gegen eine geordnete Mitgliedschaft zu einer Rechtsanwaltskammer. Eine Änderung dieses Verhaltens ist - wie die Ausführungen des Beschuldigten zuletzt in der mündlichen Berufungsverhandlung deutlich zeigten - nicht zu erwarten.

Der Berufung des Disziplinarbeschuldigten wegen Nichtigkeit und Schuld mußte sonach ein Erfolg versagt bleiben.

Sämtlichen vom Berufungswerber gestellten Beweisanträgen - zuletzt beantragte er in der Berufungsverhandlung die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Nachweis dafür, daß er ungeachtet einer ihm unterstellten Realitätsferne sehr wohl imstande sei, den Beruf eines Rechtsanwaltes auszuüben, und zwar auch wenn er keine Beiträge bezahle -, die insgesamt ausschließlich darauf abzielen, die Richtigkeit und Wichtigkeit seiner Austrittserklärung und seines Verhaltens seit 19. Mai 1992 zu erklären, kommt schon angesichts der eigenen Verantwortung des Beschuldigten, der übrigens selbst nicht in Abrede stellt, daß sein Standpunkt der bestehenden Rechtslage widerspricht, keine Relevanz zu.

Aber auch die Strafberufung ist nicht berechtigt.

Der Disziplinarbeschuldigte hat im gesamten Verfahren wiederholt und nachhaltig zum Ausdruck gebracht, daß er sein bisheriges Verhalten, nämlich die Nichterfüllung gesetzlicher Verpflichtungen als Rechtsanwalt im Rahmen der Kammerzugehörigkeit, fortsetzen werde. Allein schon daraus ergibt sich, daß eine andere Sanktion als die Streichung von der Liste nach Lage des Falles - wie der Beschuldigte in der Berufungsverhandlung übrigens letztlich selbst zum Ausdruck brachte - jeden Sinn verfehlen würde. Auch die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission erachtet daher die vom Disziplinarrat geschöpfte Unrechtsfolge für tatschuldadäquat und damit einer Abänderung nicht zugänglich."

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Erwerbs- und Dienstleistungsfreiheit geltend gemacht und die Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird. Der Beschwerdeführer bringt hiezu im wesentlichen folgendes vor:

"Als Sachverhalt, aus dem ich meinen Antrag ableite, lege ich dar:

a) Die Entscheidung steht mit den Bestimmungen der Menschenrechtskonvention nicht im Einklang. Ich bin von der Liste gestrichen, das heißt, ich darf den erlernten Beruf nicht ausüben, weil ich, beginnend ab 19.5.1992, wiederholt dem Ausschuß erklärt habe, daß ich (ab 3. Quartal 1992) der Kammer keine Sachleistungen und Barzahlungen leisten wolle und auch nicht leiste. Die OBDK hat es zwar nicht ermittelt, aber es sind jährlich S 200.000,--, die ich der Kammer leisten muß, um den Beruf ausüben zu dürfen. Aufgrund der Satzung der Versorungseinrichtung habe ich bloß einen bedingten Anspruch auf Altersversorgung ab dem fünfundsechzigsten Lebensjahr, die Bedingung ist regelmäßige Zahlung, kein Berufswechsel und Wohlverhalten. Meine Zahlungen an die Kammer schaffen keine Krankenvorsorge. Wegen der zwar nicht normierten Weisungsfreiheit der Kammerorgane und der Autonomie der Kammer habe ich trotz Aufsichtsrecht des Justizministers keine Möglichkeit, die auferlegten Zahlungspflichten auf Angemessenheit im Verhältnis zu versprochenen Rechten zu begrenzen. Ich habe auch keine Möglichkeit, rechtswidrige Entscheidungen von Vertreterversammlung, Vollversammlung oder Ausschuß außerhalb des autonomen Bereichs überprüfen zu lassen. Beispielsweise die Befreiung schwangerer oder alleinerziehender Rechtsanwältinnen von der Verfahrenshilfe, Spendenzahlungen des Rechtsanwaltskammertags an 'den Nachbarn in Not' aus Kammerbeiträgen ohne vorher die Mitglieder zu fragen, sogenannte Vertrauensschadensversicherungsprämien, die Klienten vor veruntreuenden Anwälten schützen sollen, dann beispielsweise die Reklamekosten, zum Nachweis, daß Rechtsanwälte genauso vertrauenswürdig wie Notare sind.

b) Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz ist verletzt. Die OBDK wendet Richtlinien, Disziplinarstatut, Rechtsanwaltsordnung, Ausschußbeschlüsse und gefestigte Standesauffassung denkunmöglich und unvertretbar an und unterstellt den angewendeten Rechtsvorschriften gleichheitswidrigen Inhalt. So steht auf Seite 7, es sei sinnlos, mich den erlernten Anwaltsberuf weiter ausüben zu lassen, weil ich gesetzliche Verpflichtungen als Rechtsanwalt im Rahmen der Kammerzugehörigkeit nicht erfüllte und erfüllen werde, (nämlich nicht mehr zahle die jährlich von der Kammer geforderten S 200.000,-- Umlagen und Beiträge), die aber Ausländer wegen der seit Jänner 1995 bestehenden Dienstleistungsfreiheit nicht zahlen müssen.

Gemäß Seite 6 des Erkenntnisses sei diese Zahlungspflicht elementare Verpflichtung, welche die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs mit sich bringt. Eine Berufspflicht sei verletzt und auch Ehre und Ansehen des Standes, wenn ich nicht bar und in Form von Verfahrenshilfe-Dienstleistungen zahle.

c) Die OBDK übt bei Erlassung des Erkenntnisses Willkür, sie verletzt das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf

Freiheit der Erwerbsbetätigung: sie stützt sich bei der Entscheidung auf die verfassungs- und gesetzwidrige gefestigte

Standesauffassung: wer als Rechtsanwalt nicht Umlagen und Beiträge an die Rechtsanwaltskammer zahlt, verletzt elementare Berufspflichten, beeinträchtigt Ehre und Ansehen des Anwaltsstandes. Die Behörde ist wegen gefestigter Standesauffassung befangen, hat trotz diesem Einwand unter Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter entschieden, dabei aber jegliche Ermittlungstätigkeit im entscheidenden Punkt des Grundes der Zahlungsverweigerung unterlassen. Sie hat überhaupt wegen Nichtbeachtung des Parteienvorbringens und Beweisanbots in diesem Punkt ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren unterlassen. Die Auffassung der OBDK, eine andere Sanktion als Streichung von der Liste würde in Anbetracht der Zahlungsverweigerung jeden Sinn verfehlen, ist nicht vertretbar.

d) Elementare Voraussetzung, in der Folge auch Verpflichtung für die Berufsausübung ist es, den Beruf (oder das Handwerk) zu können. Wegen der Autonomie der NÖ Rechtsanwaltskammer, die auf Pflichtmitgliedschaft gegründet ist, sind die Zahlungspflichten des Mitglieds ausgeufert, und stehen Wert der Zahlung der Mitglieder (in Form von Umlagen, Beiträgen, Sterbegelder, Verfahrenshilfe-Dienstleistungen) in starkem Mißverhältnis zum Wert der Gegenleistung durch die Kammer. Beim Aushandeln der Pauschalvergütung, das ist das Honorar für die Verfahrenshilfeleistungen, darf nur der Ausschuß dabeisein, der gewährt der Republik dabei einen 'Sozialrabatt', das bedeutet teilweise Pflicht zu unentgeltlicher Tätigkeit ohne zeitliche Begrenzung der Verfahrenshilfepflicht, sodaß wegen fehlender Regelung die Bestimmungen des Dienstrechts anzuwenden sind, die aber verletzt werden. Auch die Gebarung des Unterstützungsfonds für die Altersversorgung ist nicht geregelt, Gesellschaftsrecht ist daher die Grundlage. Egal wieviel man zahlen muß oder wie wenig man erhält, auch wenn man gar nichts für die Altersversorgung erhält, weil man sich nicht wohlverhalten hat oder den Beruf wechselt, man muß, zusammengeschlossen aufgrund der Rechtsanwaltsordnung zahlen und ist eine Abschichtung nicht möglich. Der Rechtsanwaltskammertag hat autonome Geschäftsgebarung, ist daher ohne zu fragen mit S 300.000,-- beim Nachbarn in Not spendabel obwohl der Altersversorgungsfonds vermutlich wegen der Schaffung zweier neuer Kammern mittellos ist und die Pensionen nicht zahlen kann, ich habe deshalb seit 1989 entsprechende Anträge zu den Vollversammlungen gestellt, sie wurden abgewiesen oder nicht behandelt. Ich mußte zur Kenntnis nehmen, was eine Vertrauensschadensversicherung ist, für die ich auch zahlen muß und habe dann erklärt bei der Vollversammlung in Klosterneuburg, daß ich mich schäme, bei einer Vereinigung dabei sein zu müssen, die dafür zahlen muß, damit sich die geschädigten Klienten nicht in der Öffentlichkeit über die Kammermitglieder beschweren. Als Mitglied habe ich auch für eine sogenannte Exzendentenversicherung zu bezahlen, die von mir sogenannten Pensionsbeiträge an die Kammer sind dreimal so teuer wie Anbote privater Versicherer. Aufgrund der von den Organen der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich, Rechtsanwaltskammertag, der Präsidentenkonferenz und des Ausschusses praktizierten Selbstverwaltung und der Pflichtmitgliedschaft, alles im Zusammenhang mit Rechtsanwaltsordnung und gefestigter Standesauffassung der Disziplinarorgane ist mir die Berufsausübung nur gestattet, wenn ich die oben angeführten unverhältnismäßigen Zahlungen an die Kammer leiste. Als ich Überprüfung der autonomen Gebarung in einer Vollversammlung beantragte und zwar durch den Rechnungshof, wurde ich als realitätsfremd ausgelacht und wurde ich wegen meiner Austrittserklärungen vom Referenten der OBDK am 15.5.1995 als realitätsfern bezeichnet. Ich als Betroffener bin nicht in der Lage, das Vorliegen eines solchen Umstandes zu beurteilen, aber ich glaube, daß das hier bekämpfte Erkenntnis der OBDK die Tatsache bestätigt, daß nur der den Beruf ausüben darf, der das zahlt, was ihm die Kammer, deren Pflichtmitglied er ist, zu zahlen vorschreibt. Der Verfassungsgerichtshof möge die Beschwerde zum Anlaß nehmen, noch einmal zu überprüfen, ob sich seit seinem letzten Erkenntnis Umstände, aber auch Vorfälle bei der Kammer ergeben haben, wodurch deren Selbstverwaltung und die Pflichtmitgliedschaft zur Kammer den Rechtsanwalt und Verteidiger in Strafsachen in der Ausübung seines Berufs unfrei und abhängig machen. Ich verweise darauf, daß bereits Rechtsanwaltsvereine in Niederösterreich eine funktionierende Interessenvertretung darstellen. Dem Ausüber eines freien Berufes ist die Befähigung zur Eigenversorgung für das Alter zuzubilligen, sodaß die Altersvorsorge im Wege eines Unterstützungsfonds der Kammer als Argument für eine Pflichtmitgliedschaft entfällt.

Die Rechtsanwaltskammer Niederösterreich ist eine Vereinigung im Sinne des Artikel 11 MRK, die freien Berufe sind nicht Sozialpartner.

Mir fehlt die historische Information, in einer Abhandlung Stillfried ist aber nachzulesen, daß ein Präsident Dr. E H am 13.7.1945 erklärte, daß die Advokatur wieder frei und unabhängig nach demokratischen Grundsätzen ausgeübt werden kann. Rechtsanwaltsordnung und Disziplinarstatut wurden am 31.7.1945 in der Fassung vom 13. März 1938 wieder in Kraft gesetzt! Dieses Datum läßt historisches Unheil erahnen, und mir ist wegen meiner mangelhaften historischen Kenntnis nicht bekannt, ob zwischen 13.3.1938 bis 31.7.1945 Rechtsanwälte und Verteidiger in Strafsachen ihren Beruf ausüben durften. Auch in der Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird, es handelt sich um Stellungnahmen der Rechtsanwaltskammern Kärnten, Niederösterreich und Steiermark, steht, daß die geplante Kompetenzerweiterung des Rechnungshofs einen Eingriff in die Unabhängigkeit unseres Berufsstandes sei. Die Stellungnahme hebt hervor, daß die Unabhängigkeit der Advokatur eine Säule der Rechtsstaatlichkeit und damit der Demokratie ist. Ich hatte seinerzeit nur eine Überprüfung durch den Rechnungshof im Einzelfall verlangt und wurde deshalb ausgelacht in der Vollversammlung. Ich erlaube mir, möglicherweise wirklich realitätsfern, die Richter des Verfassungsgerichtshofs darauf hinzuweisen, daß die maßgeblichen Funktionäre im Zusammenhang mit Pflichtmitgliedschaft und Selbstverwaltung immer von Advokatur, Berufsstand sprechen und schreiben, aber dabei nicht den Advokaten und den Beruf meinen. Nach derzeitiger Organisationsstruktur und Verwaltungs- und Entscheidungsstruktur der Kammern ist Anlaß gegeben zu überprüfen, ob der Advokat nur dann unabhängig bei seiner Berufsausübung ist, wenn er nicht Pflichtmitglied ist. Ich weiß nicht, ob zwischen 13. März 1938 und 31.7.1945 österreichische Rechtsanwälte in Österreich ihren erlernten Beruf ausüben durften, kein Zeichen von Unabhängigkeit des Rechtsanwaltes ist es, wenn er den Beruf nicht ausüben darf, wenn er nicht pünktlich Umlagen, Beiträge und Sterbegelder sowie Verfahrenshilfeleistungen (zum Teil unentgeltlich) an die Kammer bezahlt. Ich konnte mich gegen vermeintliche Mißstände bei der Kammer nur durch Nichtzahlung wehren, ich habe mich allerdings bis jetzt beim nicht zuständigen Gericht gewehrt, und habe in meiner Not mehrmals den Austritt erklärt mit der Bitte, nicht mehr bei mir zu kassieren, wobei ich auf sämtliche Anwartschaftsrechte aufgrund bereits bisher geleisteter Zahlungen (rund S 4 Millionen) verzichte, nicht aber auf das Recht der Berufsausübung. Das Aufsichtsrecht des Justizministers ist für eine geordnete Berufsausübung nach abgeschlossener Ausbildung ausreichend, und Interessentenvertretungen gibt es schon seit einiger Zeit in den Rechtsanwaltsvereinen.

... Zum Thema Befangenheit beantrage ich die Beischaffung der VfGH-Akten B2633/94 = G58/95 = V56/95.

Zum Thema, daß mir die Kammer auch den Buschenschank untersagt, weil ich gegen Bürgermeisterbescheide angeblich aussichtlos berufe, Akt B1564/92.

Zur Bescheinigung, daß mich der Disziplinarrat seit 29.6.1994 mit der Drohung der vorläufigen Untersagung der Berufsausübung hingehalten hat und ich somit ein Jahr lang nicht wußte, ob ich noch neue Fälle annehmen soll,: Brief des Disziplinarrats vom 29.6.1994 D 23/92 (D 6/93).

Zur Bescheinigung, daß ich die Rückstandsausweise der Kammer bis jetzt erfolglos bekämpft habe, Akte VwGH 94/19/0423, AW 94/19/0199, 94/19/0164, 93/01/0891, 93/01/0580, 92/01/1042.

Pflichtgemäß werde ich den nächsten Rückstandsausweis und die betreffenden Rechtsmittelentscheidungen beim Verfassungsgerichtshof anfechten, dann werde ich noch mit Verfahrenshilfe vermutlich ebenfalls beim Verfassungsgerichtshof die Zahlungen einklagen, die ich der Kammer 20 Jahre lang für meine Altersvorsorge geleistet habe, dann gebe ich Ruhe, vermutlich als Sozialfall.

Zur Bescheinigung, daß ich mir zur Eigenpensionsvorsorge Grundstücke angeschafft habe, auf denen aber die Kammer Zwangspfandrechte erwirkt, aufgrund von Rückstandsausweisen wegen nicht bezahlter Umlagen für Altersvorsorge, Sterbegelder und Kammerbeiträgen, Akte 4 E6112/94s BG Baden und 4 E1027/94x BG Baden.

Die Rechtslage ist also so: zahle ich nicht an die Kammer sondern mache Eigenvorsorge, nimmt mir die Kammer die für die Eigenvorsorge von mir angeschafften Grundstücke durch Zwangspfandrechte und Verwertung. Die Bestimmungen der Satzung der Versorgungseinrichtung der Kammer sind aber so, daß mir die Kammer wegen der Rückstände und der Streichung aus der Liste nichts zur Altersversorgung zahlen muß. Ich bin also eine Geldquelle für die Kammer, solange sie bei mir Liegenschaften findet und sie Rückstandsausweise erlassen kann. Gegen solche Einseitigkeiten habe ich mich bereits seit 1988 in Vollversammlungen durch Anträge zur Wehr gesetzt, die Reaktion der übrigen Anwesenden habe ich bereits beschrieben. Nur einer,

Dr. B hieß er, sagte mir: 'Eigentlich, ist ja wahr, was ist, wenns micht nicht mehr freut, und aufhöre, dann habe ich umsonst für die Altersvorsorge bezahlt.'"

2. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

2.1. Der Beschwerdeführer bringt gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften keine Bedenken ob ihrer Verfassungsmäßigkeit vor. Auch beim Verfassungsgerichtshof sind solche aus der Sicht dieses Beschwerdefalles nicht entstanden.

Der Beschwerdeführer wurde deshalb nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.

2.2. Zu den behaupteten Vollzugsfehlern:

2.2.1. Der Beschwerdeführer erachtet sich in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie auf Erwerbsbetätigungs- und Dienstleistungsfreiheit verletzt.

Zur behaupteten Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Freiheit der Erwerbsbetätigung wird vorgebracht, die belangte Behörde habe im entscheidenden Punkt des Grundes der Zahlungsverweigerung jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen. Sie habe wegen Nichtbeachtung des Parteienvorbringens und Beweisanbots zu diesem Punkt ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren unterlassen.

2.2.2.1. Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10337/1985, 11436/1987).

2.2.2.2. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung wird mit Rücksicht auf den in Art6 StGG enthaltenen Gesetzesvorbehalt nur verletzt, wenn einem Staatsbürger durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde der Antritt oder die Ausübung einer bestimmten Erwerbsbetätigung untersagt wird, ohne daß ein Gesetz die Behörde zu einem solchen die Erwerbstätigkeit einschränkenden Bescheid ermächtigt, oder wenn die Rechtsvorschrift, auf die sich der Bescheid stützt, verfassungwidrig oder gesetzwidrig ist, oder wenn die Behörde bei der Erlassung des Bescheides ein verfassungsmäßiges Gesetz oder eine gesetzmäßige Verordnung in denkunmöglicher Weise angewendet hat (zB VfSlg. 10413/1985).

2.2.3. All dies liegt hier nicht vor. Im angefochtenen Bescheid folgert die belangte Behörde ausgehend von der im wesentlichen unbestrittenen Sach- und Rechtslage, daß der Beschwerdeführer durch sein Verhalten keinen Zweifel daran lasse, daß er sich über elementare Verpflichtungen, welche die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes mit sich bringen, absichtlich hinwegsetze und dadurch seine Berufspflichten verletze sowie Ehre und Ansehen des Standes beeinträchtige. Ebenso ist es - selbst nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers - keineswegs willkürlich, wenn die belangte Behörde ihm anlastet, er zeige einen hartnäckigen Widerstand gegen eine geordnete Mitgliedschaft zu einer Rechtsanwaltskammer. Damit kann aber der belangten Behörde auch nicht angelastet werden, daß sie denkunmöglich vorgegangen sei, weil sie annimmt: "Allein schon daraus ergibt sich, daß eine andere Sanktion als die Streichung von der Liste nach der Lage des Falles ... jeden Sinn verfehlen würde."

Der Beschwerdevorwurf, der angefochtene Bescheid verletze den Beschwerdeführer im Recht auf Gleichheit und auf Freiheit der Erwerbsbetätigung ist somit nicht begründet.

2.2.4. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, er sei durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden, trifft ebenfalls nicht zu:

Nähere Gründe, auf die der Beschwerdeführer sich mit diesem Vorwurf stützen könnte, bringt er selbst nicht vor. Sollte er mit dem Beschwerdevorwurf auf seinen Ablehnungsantrag gegen den Präsidenten und die Mitglieder der OBDK abzielen, ist er darauf zu verweisen, daß dieser Antrag, soweit er gegen den Präsidenten der OBDK gerichtet war, mit Beschluß des Vizepräsidenten der OBDK vom 3. November 1994 und soweit er gegen die übrigen Mitglieder der OBDK gerichtet war, mit Beschluß des Präsidenten der OBDK vom 14. November 1994 abgewiesen wurde, und daß seine Beschwerde gemäß Art144 B-VG gegen den letztgenannten Beschluß - nur gegen diesen wurde Verfassungsgerichtshofbeschwerde erhoben - mit Beschluß vom 11. Dezember 1995, B2633/94, abgelehnt und an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten wurde. Sollte der Beschwerdeführer die behauptete Grundrechtsverletzung aber auf die Befangenheitsbehauptung stützen wollen, die bereits Gegenstand des eben zitierten Verfahrens B2633/94 war, wäre dies somit schon vom Ansatz her verfehlt (vgl. auch VfGH 12.3.1994 B413/93).

Daß der nun angefochtene Bescheid unter dem Aspekt des gesetzlichen Richters verfassungswidrig wäre, ist dem Verfassungsgerichtshof auch sonst nicht erkennbar, wobei es offenkundig ist, daß die OBDK zur Erlassung des angefochtenen Bescheides zuständig war (vgl. VfGH 12.3.1994 B1203/93).

2.2.5. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

2.2.6. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.

2.3. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

2.4. Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war ebenfalls abzuweisen, da es sich bei der OBDK um eine Behörde handelt, deren Bescheide gemäß Art133 Z4 B-VG vor dem Verwaltungsgerichtshof nur dann bekämpft werden können, wenn eine gesetzliche Regelung dies ausdrücklich zuläßt. Dies ist jedoch nicht der Fall.

3. Der Beschwerdeführer begehrt weiters in seinen unter einem mit der Beschwerde eingebrachten, der Sache nach auf Art139 und 140 B-VG gestützten Individualanträgen die Aufhebung der §§5a, 23, 46 Abs1 und 2, 50 Abs2 Z1 und 2a RAO, der §§16 Abs1 Z4, 19 Abs3, 64 Abs5, 69, 72 und 79 DSt sowie des §9a der Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes, für die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltes und für die Ausbildung der Rechtsanwaltsanwärter (im folgenden: RL-BA 1977) und der §§5 Abs2 und 5, 13 Abs2, 3b, 6 und 7 sowie 17 Abs3 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich.

3.1. Die Anträge sind insgesamt unzulässig.

3.2. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 11726/1988, VfGH 14.6.1994 V84/93).

3.3. Aus diesen Ausführungen folgt, daß der Antrag auf Aufhebung des §5a RAO schon deshalb zurückzuweisen ist, weil diese Gesetzesstelle in Abs1 die Möglichkeit einer Berufung an die OBDK für den Fall vorsieht, daß der zuständige Ausschuß der Rechtsanwaltskammer die Eintragung in die Rechtsanwaltsliste verweigert, und Abs2 Vorschriften für das Verfahren nach Abs1 enthält. Da der Beschwerdeführer bereits in die Rechtsanwaltsliste eingetragen ist, ist es denkunmöglich, daß diese Regelungen in seine Rechtssphäre eingreifen.

3.4. Soweit sich der Antrag auf die §§16 Abs1 Z4, 19 Abs3, 64 Abs5, 69, 72, 79 DSt und die §§23, 46 Abs1 und 2 sowie 50 Abs2 Z1 und 2a RAO bezieht, ist er schon mangels Darlegung der Bedenken im einzelnen zurückzuweisen (vgl. zB VfSlg. 11722/1988, 11888/1988, 12223/1989 und 13274/1992).

3.5. Ebenso unzulässig ist der Antrag auf Aufhebung des §9a RL-BA 1977 sowie der §§5 Abs2 und 5 Abs5, 13 Abs2, 3b, 6 und 7 sowie 17 Abs3 der Satzung der Versorgungseinrichtung, da auch er an dem Prozeßhindernis der mangelnden Darlegung von gegen die genannten Verordnungsstellen gerichteten Bedenken leidet.

4. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz bzw. §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Rechtsanwälte, Disziplinarrecht Rechtsanwälte, VfGH / Individualantrag, Berufsrecht Rechtsanwälte, VfGH / Bedenken

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:B2710.1995

Dokumentnummer

JFT_10048787_95B02710_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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