TE Bvwg Beschluss 2020/1/14 L512 1436931-4

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Veröffentlicht am 14.01.2020
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Entscheidungsdatum

14.01.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L512 1436931-4/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. der Volksrepublik Bangladesch, beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG nicht rechtmäßig. Der zitierte Bescheid wird daher aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesch, (in weiterer Folge "Bangladesch" genannt), reiste am 26.02.2012 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte noch am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch abgewiesen. Gemäß § 10 Abs 1 AsylG wurde der BF nach Bangladesch ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am XXXX , XXXX , als unbegründet abgewiesen und gemäß § 75 Abs. 20 AsylG das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das BFA zurückverwiesen. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG für nicht zulässig erklärt. Das Erkenntnis erwuchs am 11.09.2017 in Rechtskraft.

Im fortgesetzten Verfahren wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge "BFA") vom XXXX , Zl. XXXX , gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig sei. Weiters wurde in Spruchpunkt III. ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtshofes vom XXXX , GZ: XXXX , wurde die Beschwerde gemäß §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9, 46, 55 Abs 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen. Zudem wurde festgestellt, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Das Erkenntnis erwuchs am 08.02.2018 in Rechtskraft.

I.2. Der BF kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und stellte am 22.05.2018 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK "Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens".

I.3. Mit Bescheid des BFA vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom XXXX gemäß § 58 Abs 10 AsylG zurückgewiesen.

I.4. Gegen den Bescheid des BFA vom XXXX , Zl. XXXX , erhob der BF durch seine Vertretung fristgerecht wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit Beschwerde.

I.5. Am 17.12.2019 stellte der BF seinen zweiten, gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF am 18.12.2019 zusammengefasst an, er habe einen neuen Asylantrag gestellt, da er Mitglied der politischen Partei BNP sei. Die andere Partei namens Awami League hätte einige neue Anzeigen gegen den BF erstattet. Die Polizei würde deshalb den BF suchen. Mitglieder der Awami League hätten die Familie des BF bedroht, dass sie den BF umbringen werden, wenn der BF nach Bangladesch zurückgehe. Sie hätten vor ca. 1 Monate Türen, Fenster und den Fernseher beim BF zu Hause zerstört. Wenn er Zeit bekommen, dann könne er alle Dokumente nach Österreich bringen, um zu beweisen, dass es die Anzeigen der Partei geben würde.

Im Falle einer Rückkehr in seine Heimat befürchte der BF, dass Mitglieder der Partei Awami League den BF umbringen werden. Die Partei bedrohe auch andere Mitglieder anderer Parteien. Viele andere Mitglieder der BNP seien geflüchtet.

Als der Bruder des BF vor 2 Monaten den BF angerufen habe, habe er dem BF mitgeteilt, dass die Partei den BF wieder suchen würde. Vor 2-3 Tagen habe der BF nochmals mit seinem Bruder telefoniert. Dieser habe zum BF gesagt, dass die Mitglieder der Partei jetzt auch schon eine Anzeige gegen den BF erstattet hätten. Das genaue Datum der Anzeige wisse der BF nicht.

Dem BF wurde am 23.12.2019 eine Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs 3 und § 15a AsylG ausgefolgt.

Vor einem Organwalter der belangten Behörde gab der BF am XXXX ergänzend an, dass die Eltern des BF zu einem Anwalt gegangen wären. Dieser habe bei der Polizei erfahren, dass Mitglieder der Awami League gegen den BF eine Anzeige erstattet hätten. Der BF wisse über den Inhalt der Anzeige nicht Bescheid.

Im Rahmen der am XXXX durchgeführten Einvernahme wurde mit mündlich verkündeten Bescheid der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 Absatz AsylG, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF gemäß § 12a Absatz 2 AsylG aufgehoben.

Im Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der bisherige Verfahrensgang in Bezug auf den ersten und den zweiten Antrag auf internationalen Schutz des BF dargelegt. Es wurden Feststellungen zur Person des BF, seinen Angaben im Rahmen der Asylverfahren, zur Gefährdungssituation bei einer Abschiebung, zu seinem Privat- und Familienleben sowie zur Lage in Bangladesch getätigt. Ausführungen wurden ebenso getroffen, warum die belangte Behörde davon ausgehe, dass der nunmehrige Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein werde.

Am 10.01.2020 langte eine Stellungnahme der Vertretung samt Vorlage von Beweismittel ein.

I.6. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II. 1. Feststellungen (Sachverhalt)

Der Beschwerdeführer ist ein männlicher, bengalischer Staatsbürger, welcher die Sprache Bengali spricht und sich seit 2012 im österreichischen Bundesgebiet befindet.

Der BF stellte am 26.02.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch abgewiesen. Gemäß § 10 Abs 1 AsylG wurde der BF nach Bangladesch ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am XXXX , XXXX , als unbegründet abgewiesen und gemäß § 75 Abs. 20 AsylG das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das BFA zurückverwiesen. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG für nicht zulässig erklärt. Das Erkenntnis erwuchs am 11.09.2017 in Rechtskraft.

Im fortgesetzten Verfahren wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge "BFA") vom XXXX , Zl. XXXX , gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig sei. Weiters wurde in Spruchpunkt III. ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtshofes vom XXXX , GZ: XXXX , wurde die Beschwerde gemäß §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9, 46, 55 Abs 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen. Zudem wurde festgestellt, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Das Erkenntnis erwuchs am 08.02.2018 in Rechtskraft.

Die Rückkehrentscheidung vom 08.02.2018 ist noch immer aufrecht.

Der BF kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und stellte am 22.05.2018 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK "Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens". Mit Bescheid des BFA vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom XXXX gemäß § 58 Abs 10 AsylG zurückgewiesen. Gegen den Bescheid des BFA vom XXXX , Zl. XXXX , erhob der BF durch seine Vertretung fristgerecht wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit Beschwerde.

Am 18.12.2019 stellte der BF seinen zweiten, gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Identität des BF steht nicht fest.

Der BF ist ein arbeitsfähiger Mann mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage. Der BF gehört der Volksgruppe der Bengalen an und ist Sunnit. Der BF verfügt über eine mehrjährige Berufsausbildung. Die Eltern, eine Schwester und ein Bruder des BF des BF leben in Bangladesch.

Der BF ist gesund.

Der BF möchte offensichtlich sein künftiges Leben in Österreich gestalten und hält sich seit seiner Antragstellung am 26.06.2012 im Bundesgebiet auf. Er reiste rechtswidrig in das Bundesgebiet ein. Der BF hat in Österreich keine Verwandten und lebt auch sonst mit keiner nahestehenden Person zusammen. Der BF lebt mit mehreren bengalischen Personen in einer Mietwohnung. Der BF befindet sich in Grundversorgung. Der BF hat mehrere Deutschkurse absolviert und verfügt über Deutschkenntnisse auf B1 Niveau. Der BF besuchte einen B2 Kurs. Der BF hat Freunde/Bekannte in Österreich. Der BF ist Mitglied bei verschiedenen Vereinen. In der Freizeit spielt der BF Fußball und Cricket. Der BF hat einen Erste-Hilfe Kurs absolviert, der BF hat das XXXX im Jahr 2015 und 2016 finanziell unterstützt bzw. für 1, 2 Stunden ehrenamtlich dort gearbeitet. Der BF ist strafrechtlich unbescholten. Der BF ist im Besitz einer Arbeitszusage.

II. 2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem hg Verfahrensakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

Die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt der bezughabenden Verwaltungsakten und der hg Verfahrensakten (inklusive jener des Vorverfahrens).

Die Identität des BF konnte aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels nicht festgestellt werden.

Die näheren Feststellungen zur persönlichen Situation des BF sowie seiner Integration in Österreich ergeben sich aus seinen Angaben und vorgelegten Beweismittel.

Der BF hat am XXXX neue Beweismittel vorgelegt.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A)

II.3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A)

II.3.2. Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

II.3.2.1. § 12a AsylG 2005, idgF lautet auszugsweise:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

...

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, Ausweisungen gemäß § 66 FPG und Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt wurden."

II.3.2.2. § 22 Abs. 10 AsylG lautet:

"(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

II.3.2.3. § 22 BFA-Verfahrensgesetz lautet auszugsweise:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

II.3.2.4. Zum Beschwerdeverfahren:

Da nach dem festgestellten Sachverhalt der Beschwerdeführer nach seiner 2012 erfolgten Einreise in Österreich das Bundesgebiet nicht verlassen hat, ist die zuletzt mit Rechtskraft vom Bundesverwaltungsgericht erlassene Rückkehrentscheidung nach wie vor aufrecht.

§ 12a Abs. 2 Z 2 AsylG verlangt eine Prognoseentscheidung über eine vorausssichtliche Antragszurückweisung; die Sachentscheidung über den Folgeantrag selbst ist nicht Gegenstand des Verfahrens (vgl. die in Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, S 284, angeführten Gesetzesmaterialien zu § 22BFA-VG).

Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 ("wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist") führen die Gesetzesmaterialien (RV 220 BlgNR 24. GP 13) aus, dass "eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags" zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für "klar missbräuchliche Anträge" beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern (vgl. erneut VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451, 0452).

Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet - unter Bedachtnahme auf Art. 41 Abs. 1 lit. b der Verfahrensrichtlinie - auch eine mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigenden Sachverhaltselemente zugrunde liegen. Möglich sind aber auch andere Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine (bevorstehende) Abschiebung verhindern oder verzögern möchte (vgl. abermals VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451, 0452).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:

Da die belangte Behörde die vom BF am XXXX vorgelegten Beweismittel im Zuge ihrer Einvernahme am XXXX und der an diesem Tag getroffenen Entscheidung in Bezug auf die Behebung des faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 Absatz AsylG, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF gemäß § 12a Absatz 2 AsylG nicht berücksichtigt hat, hat der BF dargelegt, dass weitere Erhebungen seitens der belangten Behörde zur Beurteilung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes in Bezug auf die vorgelegten Beweismittel noch durchzuführen gewesen wären.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II.3.2.5. Gemäß § 22 Abs 1 zweiter Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung Beweiswürdigung Ermittlungspflicht faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung nicht rechtmäßig Folgeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L512.1436931.4.00

Im RIS seit

25.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

25.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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