TE Bvwg Beschluss 2019/9/25 L521 2216991-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.09.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

25.09.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L521 2216991-2/6E

Das Bundesverwaltungsgericht hat im amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.09.2019, Zl. 1159444405-190935516, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Türkei, durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. den

BESCHLUSS

gefasst:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte im Gefolge seiner Einreise in das Bundesgebiet am 11.07.2017 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Innsbruck seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

2. Zu seinen Ausreisegründen befragt, brachte der Beschwerdeführer bei seiner Erstbefragung vor, ihm werde in der Türkei "Propaganda gegen die türkische Regierung" und dass er ein "Bodyguard des HDP-Präsidenten" gewesen sei vorgeworfen. Er habe deshalb ein Schreiben vom Gericht erhalten und sei daraufhin am 07.07.2017 ausgereist.

3. Das Verfahren wurde in der Folge zugelassen. Am 20.11.2017 verließ der Beschwerdeführer eigenmächtig das ihm zugewiesene Grundversorgungsquartier in der Steiermark und begab sich zunächst in die Bundeshauptstadt Wien. An einem nicht feststellbaren Tag reiste er unrechtmäßig in die Slowakei, wo er am 31.08.2018 festgenommen und in der Folge gemäß der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 am 12.11.2018 nach Österreich rücküberstellt wurde.

4. Im Gefolge seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 14.02.2019 legte der Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrags auf internationalen Schutz dar, dass er Anhänger der Halklarin Demokratik Partisi (HDP) sei und er als Kurde und Alevit in der Türkei isoliert lebe und unterdrückt werde. Er habe an Demonstrationen teilgenommen und zuletzt eine Anklageschrift erhalten, worin er der Propaganda für eine terroristische Organisation beschuldigt werde.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2019, Zl. 1159444405-170811847, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 betrage die Frist für eine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

6. Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2019, Zl. 1159444405-170811847, wurde dem Beschwerdeführer im Wege der Hinterlegung am 15.03.2019 zugestellt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 14.08.2019, L504 2216991-1/5E, als unbegründet abgewiesen. Gegen diese, der seinerzeitigen rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers am 19.08.2019 zugestellte Entscheidung wurde seitens des Beschwerdeführers keine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

7. Am 04.09.2019 stellte der Beschwerdeführer vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Wien seinen zweiten und nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Er brachte dazu anlässlich seiner Erstbefragung am Tag der Antragstellung im Wesentlichen vor, er habe nach dem Erhalt "des negativen Bescheides" zunächst daran gedacht, in die Türkei zurückzukehren um sich von seiner dort lebenden Ehefrau scheiden zu lassen und dermaßen eine Eheschließung mit seiner im Bundesgebiet lebenden nunmehrigen Lebensgefährtin zu ermöglichen. Die Angehörigen seiner Ehefrau in der Türkei hätten davon erfahren, dass er sich scheiden lassen wolle und er eine Lebensgemeinschaft in Österreich eingegangen sei. Seine eigene Familie habe ihn daraufhin kontaktiert und vor einer Rückkehr gewarnt. Die Familie seiner Ehefrau gehöre einem großen kurdischen Stamm an und es wäre bereits die Schwester seiner Ehefrau einem Ehrenmord zum Opfer gefallen. Im Fall einer Rückkehr befürchte er, von den Familienangehörigen bzw. den Brüdern seiner Ehefrau getötet zu werden. Außerdem befürchte er eine unmenschliche Behandlung aufgrund seiner kurdischen Abstammung und seines alevitischen Religionsbekenntnisses und es liege "bei den Behörden ein Akt" über ihn vor.

Das Verfahren wurde in der Folge nicht zugelassen.

8. Am 13.09.2019 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Rechtsberaters und eines geeigneten Dolmetschers in türkischer Sprache niederschriftlich vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter einvernommen.

Dabei führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, in der Türkei noch immer verheiratet zu sein. Er wollte sich seit einem Jahr scheiden lassen, seine in der Türkei lebende Ehefrau habe jedoch der Scheidung zunächst nicht zugestimmt, jedoch dann vor etwa zehn Tagen sich doch dazu bereit erklärt, worauf hin sein Rechtsanwalt in der Türkei die Scheidung eingereicht habe. Die Familie seiner Ehefrau habe von seiner Beziehung bzw. der in Österreich eingegangene Lebensgemeinschaft erfahren. Er werde deshalb nunmehr - wie auch seine Familie in der Türkei - bedroht. Sein in der Slowakei lebender Bruder habe mitgeteilt, dass ihn die Familie seiner Ehefrau im Fall einer Rückkehr in die Türkei erschießen würde.

Seine in der Türkei lebende Ehefrau habe dem Beschwerdeführern auch mitgeteilt, dass sie der Scheidung zwar zustimme, jedoch in Bezug auf ihre Familie nunmehr "eine Art Blutrache" entstanden sei. Er selbst habe eigentlich nach der negativen Entscheidung in seinem ersten Asylverfahren in die Türkei zurückkehren wollen, um die Scheidung durchzuführen und seine nunmehrige Lebensgefährtin im Anschluss gleich in der Türkei heiraten zu können. Nachdem er von den Drohungen erfahren habe, habe er einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, weil er nicht in die Türkei fahren könne. Auch seine Mutter habe mitgeteilt, dass ihn die Familie seiner Ehefrau in der Türkei mit großer Wahrscheinlichkeit erschießen werde.

Auf Nachfrage gab der Beschwerdeführer an, derzeit in Österreich mit seiner Lebensgefährtin und ihren Kindern gemeinsam in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft zu leben. Die Heiratsurkunde bzw. die Scheidungspapiere im Hinblick auf seine noch in der Türkei lebende Ehefrau könne er nachreichen bzw. sich aus der Türkei schicken lassen. Den neuerlichen Asylantrag habe aufgrund der in Österreich eingegangene Lebensgemeinschaft und der nunmehrigen Verfolgung durch die Familie seiner noch in der Türkei lebenden Ehefrau sowie aufgrund des noch anhängigen Strafverfahrens in der Türkei gestellt.

Seine Lebensgemeinschaft in Österreich bestehe nunmehr seit nahezu zwei Jahren. Von der Blutrache habe er vor ungefähr drei Monaten im Wege seiner in der Türkei lebenden Mutter und seiner Ehefrau erfahren.

9. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hob mit dem im Zuge der Einvernahme am 13.09.2019 nach der Befragung des Beschwerdeführers mündlich verkündetem Bescheid gemäß § 12a Abs 2 AsylG den faktischen Abschiebeschutz auf. Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - soweit für das Beschwerdeverfahren von Relevanz - nach der Wiedergabe des Verfahrensgangs aus, die allgemeine Lage im Herkunftsstaat habe sich nicht entscheidungswesentlich geändert. Der nunmehrige Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz voraussichtlich zurückzuweisen, da der Beschwerdeführer keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe und mit seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz die neuerliche Aufrollung einer rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecke. Gegen den Beschwerdeführer liege eine aufrechte Rückkehrentscheidung vor. Eine Gefahr im Sinne des § 12a Abs. 2 Z. 3 AsylG 2005 sei nicht ersichtlich sei.

10. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl informierte das Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 16.09.2019, eingelangt am 18.09.2019, über die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im gegenständlichen Verfahren und übermittelte gleichzeitig dem Bundesverwaltungsgericht den Verwaltungsakt der Behörde. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.

11. Am 19.09.2019 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Verwaltungsakt betreffend das erste Asylverfahren des Beschwerdeführers dem Bundesverwaltungsgericht nicht vorgelegt wurde und deshalb die Beschwerdevorlage als unvollständig erachtet werde, sodass auch der in § 22 Abs. 2 BFA-VG vorgesehene Fristenlaufe nicht beginne.

12. Die Verwaltungsakten des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl langten - nach Nachreichung des Verwaltungsaktes betreffend das erste Asylverfahren des Beschwerdeführers - am 24.09.2019 vollständig bei der zuständigen Gerichtsabteilung in der Außenstelle Linz des Bundesverwaltungsgerichtes ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 53/2019 ergehen Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben.

Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

1.2. Gemäß § 22 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG idF BGBl. I Nr. 53/2019 hat das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren über die Überprüfung einer Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde, unverzüglich und ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 BFA-VG gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

2. Feststellungen:

2.1. Der Beschwerdeführer führt den im Spruch angegebenen Namen, ist Staatsangehöriger der Türkei, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe und bekennt sich zum alevitischen Glauben. Er beherrscht die Sprachen Zaza und Türkisch in Wort und Schrift.

Der Beschwerdeführer wurde am XXXX in XXXX geboren. Vor seiner Ausreise aus der Türkei war der Beschwerdeführer nach seinem Schulbesuch als Handwerker, Gärtner, im Transportwesen und als Betreiber eines Internetcafés erwerbstätig, wobei das Internetcafé weiterhin in Betrieb ist und von einem Geschäftspartner des Beschwerdeführers in betrieben wird.

In der Türkei leben seine Eltern und einer seiner zwei Brüder in XXXX , seine zwei Schwestern in Istanbul. Ein weiterer Bruder des Beschwerdeführers lebt in der Slowakei, er unterstützt den Beschwerdeführer finanzielle durch Geldsendungen und leistet ihm Beistand. Der Beschwerdeführer hat einen Sohn aus einer früheren Beziehung, dieser lebt in Izmir gemeinsam mit der Kindesmutter. Der Beschwerdeführer steht mit seinen Verwandten in Kontakt.

Der Beschwerdeführer ist eigenen Angaben zufolge verheiratet. Seine Ehefrau lebt in der Türkei in der Stadt XXXX . Der Beschwerdeführer hat sich von ihr eigenen Angaben zufolge getrennt und betreibt derzeit die Scheidung.

2.2. Im Gefolge seiner unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet stellte der Beschwerdeführer am 11.07.2017 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Der Verfahrensgang vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gestaltete sich wie unter Punkt I. dieser Erledigung dargestellt. Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 11.07.2017 wurde mit im Instanzenzug ergangenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.08.2019, L504 2216991-1/5E, abgewiesen. Seit dem 19.08.2019 besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung wider den Beschwerdeführer und wurde seine Abschiebung in den Türkei für zulässig erklärt. Dessen ungeachtet leistete der Beschwerdeführer dem Auftrag zum Verlassen des Bundesgebiets keine Folge.

2.3. Der Beschwerdeführer stellte am 04.09.2019 seinen gegenständlichen zweiten einen Antrag auf internationalen Schutz und brachte begründend vor, er habe nach Erhalt des Bescheides des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2019 kurz daran gedacht, in die Türkei zurückzukehren und sich von seiner noch dort lebenden Ehefrau scheiden zu lassen. Mit seiner Ehefrau in der Türkei sei er seinerzeit zwangsverheiratet worden. Die Familie seiner Ehefrau habe daraufhin erfahren, dass er im Bundesgebiet eine Lebensgemeinschaft mit einer anderen Frau eingegangen sei und er sich scheiden lassen wolle. Daraufhin sei er vor einer Rückkehr gewarnt worden und er befürchte nun, im Fall einer Rückkehr von Familienangehörigen bzw. den Brüdern seiner Ehegattin getötet zu werden.

Bei seiner Einvernahme vor dem belangten Bundesamt am 13.09.2019 brachte der Beschwerdeführer - soweit hier von Relevanz - ergänzend vor, die Familie seiner Ehegattin erachte sein Verhalten als Ehrverletzung und er sei im Fall einer Rückkehr der Blutrache ausgesetzt und deshalb in Lebensgefahr. Seine Lebensgemeinschaft in Österreich bestehe nunmehr seit nahezu zwei Jahren. Von der Blutrache habe er vor ungefähr drei Monaten (sohin etwa am 13.06.2019) im Wege seiner in der Türkei lebenden Mutter und seiner Ehefrau erfahren.

2.4. Eine im Kontext der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.08.2019, L504 2216991-1/5E, in Ansehung des Beschwerdeführers entscheidungswesentliche Änderung der allgemeinen Lage in der Türkei ist nicht eingetreten.

2.5. Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung.

2.6. Der Beschwerdeführer hält sich jedenfalls seit dem 11.07.2017 im Bundesgebiet auf. Er reiste rechtswidrig in Österreich ein, ist seither Asylwerber und verfügte zu keinem Zeitpunkt über einen anderen Aufenthaltstitel.

Am 20.11.2017 verließ der Beschwerdeführer eigenmächtig das ihm zugewiesene Grundversorgungsquartier in der Steiermark und begab sich zunächst in die Bundeshauptstadt Wien, wo er einen Wohnsitz im dritten Bezirks begründete. An einem nicht feststellbaren Tag reiste er unrechtmäßig in die Slowakei, wo er am 31.08.2018 festgenommen und in der Folge gemäß der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 am 12.11.2018 nach Österreich rücküberstellt wurde.

Derzeit ist der Beschwerdeführer wiederum in Wien und dort im fünften Gemeindebezirk wohnhaft. Er lebt dort im gemeinsamen Haushalt mit seiner nunmehrigen Lebensgefährtin, der österreichischen Staatsangehörigen XXXX , und deren Kindern. Die Lebensgemeinschaft besteht seit dem Januar 2018, der gemeinsame Haushalt spätestens seit dem 14.11.2018.

Der Beschwerdeführer verfügt ansonsten über keine verwandtschaftlichen Bindungen in Österreich und pflegt im Übrigen normale sozialen Kontakte. Eine Vereinsmitgliedschaft oder ein etwaiges soziales Engagement kann nicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer ist nicht legal erwerbstätig und verfügt über keinerlei Mittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes. Er bezieht keine Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und wird von seiner Lebensgefährtin, seinem in der Slowakei lebenden Bruder und seiner in der Türkei lebenden Mutter bei der Bestreitung seines Lebensunterhaltes unterstützt. Der Beschwerdeführer hat keine Erwerbstätigkeit in Aussicht und keine gemeinnützigen Tätigkeiten verrichtet, er ist aber grundsätzlich arbeitswillig.

Der Beschwerdeführer hat keine Qualifizierungsmaßnahmen zum Erwerb der deutschen Sprache besucht und keine Prüfungen über Deutschkenntnisse abgelegt. Auch sonst konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer maßgeblichen Integration des Beschwerdeführers in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer verfügt über ein türkisches Ausweisdokument (Personalausweis) im Original.

2.7. Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet war nie nach § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Abs. 1a FPG geduldet. Sein Aufenthalt ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig. Der Beschwerdeführer wurde nicht Opfer von Gewalt im Sinn der §§ 382b oder 382e EO.

2.8. Zur Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen getroffen:

Mehr als 15 Millionen türkische BürgerInnen, so wird geschätzt, haben einen kurdischen Hintergrund und sprechen einen der kurdischen Dialekte. Wenngleich es zu Diskriminierungen kommen kann, ergibt sich auf Grund der Berichtslage nicht, dass Kurden mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit in der Türkei einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wären. Die Versorgungslage ist in der Türkei grundsätzlich gesichert und ist Kurden - so wie der übrigen Bevölkerung - auch eine Teilnahme am Erwerbsleben möglich. Die Sicherheit ist für die Bevölkerung im Allgemeinen gewährleistet und die staatlichen Schutzmechanismen hinreichend funktionsfähig. Es kann nicht festgestellt werden, dass in der Türkei aktuell eine Lage herrschen würde, wonach diese für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

In der Türkei sind laut Regierungsangaben 99% der Bevölkerung muslimischen Glaubens, 77,5% davon sind schätzungsweise Sunniten der hanafitischen Rechtsschule. Es gibt einen beträchtlichen Anteil an Aleviten. Die Aleviten-Stiftung geht von 25 bis 31% der Bevölkerung aus. Die schiitische Dschafari-Gemeinde schätzt ihre Anhängerschaft auf 4% der Einwohner. Die nicht-muslimischen Gruppen konzentrieren sich überwiegend in Istanbul und anderen großen Städten sowie im Südosten des Landes.

Die Türkei hat weltweit den größten Anteil an Aleviten. Man geht von 15 bis 25 Millionen Aleviten aus. Vor allem die Provinzen Tunceli, Elazig, Bingöl, Sivas, Erzincan, Malatya, Kaysereri, Adana und Tokat sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Die alevitische Religion weist viele unterschiedliche Einflüsse aus anderen Religionen - auch aus vor-islamischer Zeit - auf. Außerdem ist das Alevitentum in seinen Vorstellungen recht heterogen. Ob Aleviten zum Islam gehören oder nicht, ist sowohl innerhalb der Aleviten als auch außerhalb der Glaubensgemeinschaft ein Streitthema (ÖIF Monographien 2013; vgl. MRG 6.2018). Politisch stehen die kurdischen Aleviten vor dem Dilemma, ob sie ihrer ethnischen oder religiösen Gemeinschaft gegenüber loyal sein sollten. Einige kümmern sich mehr um die religiöse Solidarität mit den türkischen Aleviten als um die ethnische Solidarität mit den Kurden, zumal viele sunnitische Kurden sie missbilligen. Dies könnte zu neuen ethno-religiösen Konflikten führen (MRGI 6.2018).

Die offizielle Türkei erkennt das Alevitentum als kulturelles Phänomen, nicht aber als religiöses Bekenntnis, an (ÖB 10.2017). Ein wichtiger Meilenstein für die alevitische Gemeinschaft war im Dezember 2015 die Ankündigung einer Reihe von erweiterten Rechten für Aleviten, einschließlich der rechtlichen Anerkennung von Cemevis, ihren Gotteshäusern - einem seit langem bestehenden Bereich der Diskriminierung (MRGI 6.2018).

Trotz dieser Fortschritte gibt es weiterhin Probleme. Immer wieder werden alevitische Häuser mit abfälligen oder türkisch-nationalistischen Parolen beschmiert. Im November 2017 brachten die alevitischen Gemeindeleiter ihre Besorgnis zum Ausdruck, als 13 Häuser in der östlichen Provinz Malatya mit roten Kreuzen beschmiert wurden. Und im selben Monat griff ein Mob ein Cem-Haus in Istanbul an und versuchte es in Brand zu setzen (MRGI 6.2018).

Die Aleviten bleiben im Land politisch marginalisiert, mit einer begrenzten Vertretung in offiziellen Machtpositionen. Nach dem Putschversuch im Jahr 2016 und den anschließenden Aktionen der Regierung gegen ihre vermeintlichen Gegner wurden zahlreiche Journalisten inhaftiert und die Medien geschlossen, darunter die meisten, die über die alevitische Kultur berichteten (MRGI 6.2018).

Außerdem wurden nach dem Putschversuch tausende Aleviten festgenommen oder verloren ihre Arbeit. Sie wurden von Staatspräsident Erdogan und der regierenden AK-Partei pauschal verdächtigt, mit dem Militär und mit den Putschisten sympathisiert zu haben. Die massive Verfolgung der Aleviten ist bis heute vor allem in der Provinz Dersim (türkisch: Tunceli), im alevitischen Kernland spürbar (Telepolis 10.8.2016; vgl. GI 18.1.2018). Auch alevitische Journalisten sind betroffen. TV10, der Fernsehsender "die Stimme der Aleviten", wurde im September 2016 geschlossen, angeblich wegen Bedrohung der nationalen Sicherheit und Zugehörigkeit zu einer Terrororganisation (GI 18.1.2018). Im Jänner 2018 wurden die Leiter des stillgelegten alevitischen Fernsehsenders TV10 wegen "Terrorismus" verhaftet (Ahval 19.1.2018). Ende Dezember 2016 wurde nach einer Entscheidung des türkischen Obersten Radio- und Fernsehrates (RTÜK) die Ausstrahlung des alevitischen Senders "Yol TV" wegen angeblicher Beleidigung des Präsidenten und der Huldigung terroristischer Organisationen eingestellt (TM 29.12.2016). Ende März 2018 ließen türkische Gerichte 16 Mitglieder des alevitischen "Pir Sultan Abdal" Kulturverbandes (PSAKD) verhaften. Die Mitglieder wurden beschuldigt, eine terroristische Organisation zu unterstützen (SCF 24.3.2018).

Die türkische Regierung betrachtet den Alevismus weiterhin als heterodoxe muslimische Sekte. Obwohl die alevitischen Gruppen in der Lage waren, neue Cemevis zu bauen, lehnte die Regierung weiterhin ab, ihren Bau finanziell zu unterstützen. Repräsentanten der Aleviten berichteten, dass die Zahl der 2.500 bis 3.000 Cemevis im Land nicht ausreicht, um die Nachfrage zu befriedigen Die Regierung erklärte hingegen, dass die von der Diyanet finanzierten Moscheen den Aleviten und allen Muslimen unabhängig von ihrer Religionsschule zur Verfügung stünden (USDOS 29.5.2018).

Türkische Staatsangehörige, die im Ausland in herausgehobener oder erkennbar führender Position für eine in der Türkei verbotene Organisation tätig sind und sich nach türkischen Gesetzen strafbar gemacht haben, laufen Gefahr polizeilicher oder justizieller Maßnahmen, wenn sie in die Türkei einreisen. Insbesondere Personen, die als Auslöser von als separatistisch oder terroristisch erachteten Aktivitäten und als Anstifter oder Aufwiegler angesehen werden, müssen mit strafrechtlicher Verfolgung durch den Staat rechnen (AA 3.8.2018). Personen die für die PKK oder eine Vorfeldorganisation der PKK tätig waren, müssen in der Türkei mit langen Haftstrafen rechnen. Ähnliches gilt für andere Terrororganisationen (z.B. DHKP-C, türkische Hisbollah, Al-Qaida) (ÖB 10.2017). Das türkische Außenministerium sieht auch die syrisch-kurdische PYD bzw. die YPG als von der als terroristisch eingestuften PKK geschaffene Organisationen, welche mit der PKK hinsichtlich der Führungskader, der Organisationsstrukturen sowie der Strategie und Taktik verbunden sind (MFA o.D.).

Wenn bei der Einreisekontrolle festgestellt wird, dass für die Person ein Eintrag im Fahndungsregister besteht oder ein Ermittlungsverfahren anhängig ist, wird die Person in Polizeigewahrsam genommen. Es ist in den letzten Jahren jedoch kein Fall bekannt geworden, indem ein in die Türkei zurückgekehrter Asylbewerber im Zusammenhang mit früheren Aktivitäten - dies gilt auch für exponierte Mitglieder und führende Persönlichkeiten terroristischer Organisationen - gefoltert oder misshandelt worden ist (AA 3.8.2018). Rückkehrprobleme im Falle einer Asylantragstellung im Ausland sind keine bekannt. Nach Artikel 23 der türkischen Verfassung bzw. Paragraph 3 des türkischen Passgesetzes ist die Türkei zur Rückübernahme türkischer Staatsangehöriger verpflichtet, wenn zweifelsfrei der Nachweis der türkischen Staatsangehörigkeit vorliegt (ÖB 10.2017).

Wenngleich es Mängel im Sicherheits-und Rechtschutzsystem gibt, kann nicht davon gesprochen werden, dass für die Bevölkerung generell keine wirksamen Schutzmechanismen vorhanden wären oder, dass dazu kein Zugang möglich wäre. Gerichtliche Entscheidungen können durch Rechtsmittel im Fall der Begründetheit auch wirksam bekämpft werden.

3. Beweiswürdigung:

3.1. Beweis wurde erhoben wurde durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, Einsichtnahme in die vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachten Urkunden sowie des Inhaltes seiner schriftlichen Eingaben, durch die Einholung aktueller Auszüge aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister, dem Zentralen Melderegister, dem Strafregister und dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich den Beschwerdeführer betreffend und schließlich durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesverwaltungsgerichts betreffend das Beschwerdeverfahren L504 2216991-1 und den bezughabenden Akt des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl zum ersten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz.

3.2. Der eingangs angeführte Verfahrensgang sowie die diesbezüglichen Feststellungen unter den Punkten 2.2. und 2.3. insbesondere zum Vorbringen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verfahrensakten der belangten Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes über das Beschwerdeverfahren L504 2216991-1. Von wesentlicher Bedeutung ist, dass der Beschwerdeführer im Gefolge seiner Einvernahme am 13.09.2019 explizit bekräftigte, "seit (richtig: vor) ungefähr 3 Monaten" von "der Blutrache" erfahren zu haben (AS 55 des Verwaltungsaktes). Ausgehend davon ergibt sich ca. der 13.06.2019 als Tag der Kenntniserlangung von diesem Sachverhalt. In diesem Zusammenhang ist auch beachtlich, dass der Beschwerdeführer bereits bei seiner Einvernahme zu seinem ersten Asylantrag am 14.02.2019 darlegte, dass sein Scheidungsverfahren "noch offen" sei, mithin dass er die Scheidung in der Türkei bereits betreiben würde.

3.3. Die Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers sowie dessen persönlichen und familiären Lebensumstände im Herkunftsstaat und in Österreich beruhen auf dessen im Gefolge der jeweiligen Einvernahmen getätigten Angaben, sie sind im Beschwerdeverfahren nicht strittig, weitgehend stringent und stimmen mit der Aktenlage überein. Der türkische Personalausweis des Beschwerdeführers wurde nach seinem ersten Asylantrag sichergestellt und befindet sich beim belangten Bundesamt.

3.4. Die getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den vom belangten Bundesamt in das erste Asylverfahren eingebrachten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen, die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis vom 14.08.2019, L504 2216991-1/5E, zu entsprechenden Feststellungen zusammengefasst wurde. Das belangte Bundesamt hat diese Feststellungen in den angefochtenen Bescheid übernommen. Der Beschwerdeführer hat sich dazu im gegenständlichen Rechtsmittelverfahren - obwohl ihm ein Rechtsberater zur Seite gestellt wurde und grundsätzlich die Möglichkeit der Einbringung von Schriftsätzen auch im Verfahren betreffend die Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes besteht - dazu nicht geäußert.

Die Feststellung, dass die allgemeine Situation in der Türkei - soweit sie den Beschwerdeführer betrifft - unverändert geblieben ist und sich die maßgebliche Lage in der Türkei für den Beschwerdeführer nicht geändert hat, ergibt sich schon aus der zeitlichen Nähe des gegenständlichen zweiten Asylantrages am 04.09.2019 im Verhältnis zur Zustellung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.08.2019, L504 2216991-1/5E.

Dass es zwischenzeitlich zu einer relevanten Änderung gekommen wäre, hat der Beschwerdeführer im gegenständlichen zweiten Asylerfahren zur Begründung seines Antrages auch nicht behauptet, zumal sich der Beschwerdeführer ausschließlich auf eine angeblich neu hervorgekommene Bedrohung aus dem Familienkreis seiner in der Türkei lebenden Ehegattin und eben nicht auf eine Lageänderung bezieht. Dem Beschwerdeführer ist es zusammenfassend nicht gelungen, hinreichend substantiiert darzulegen, dass es zwischenzeitlich zu einer relevanten Änderung der Lage in seinem Herkunftsstaat Türkei gekommen wäre.

Das Bundesverwaltungsgericht weist ergänzend darauf hin, dass seitens des Bundesverwaltungsgerichts zuletzt in seinem Erkenntnis vom 14.08.2019, L504 2216991-1/5E, die Folgen einer Rückkehr des Beschwerdeführers in die Türkei eingehend geprüft und die gegen die mit Bescheid des Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2019, Zl. 1159444405-170811847erlassene Rückkehrentscheidung als rechtmäßig erachtet und im Wege der Abweisung der dagegen erhobene Beschwerde bestätig wurde. Es besteht in diesem Verfahren kein Anlass, von der am 14.08.2019 getroffenen Einschätzung abzugehen, wonach es dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren und dass damit auch kein Eingriff in seine durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Reichte verbunden ist.

3.5. Soweit Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers getroffen wurde, gründen sich diese auf sein Vorbringen im Verfahren, wonach er gesund sei.

4. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

4.1. Gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 53/2019kann das Bundesamt, wenn der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt hat und liegt kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG 2005 vorliegt, den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

4.2. Gegen den Beschwerdeführer besteht eine im Instanzenzug mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.08.2019, L504 2216991-1/5E, ergangene aufrechte Rückkehrentscheidung. Die Rückkehrentscheidung erwuchs mit der Zustellung dieses Erkenntnisses am 19.08.2019 in Rechtskraft. Der Beschwerdeführer hat der Rückkehrentscheidung bislang nicht Folge geleistet, § 12a Abs. 2 Z. 1 AsylG 2005 ist demnach erfüllt.

4.3. Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes setzt gemäß § 12a Abs. 2 Z. 2 AsylG 2005 ferner voraus, dass der neuerliche Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist. Die Behörde hat demzufolge eine Prognose darüber zu treffen, ob der Antrag voraussichtlich (insbesondere wegen entschiedener Sache) zurückzuweisen sein wird.

Nach den Erläuterungen zum Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009, auf das § 12a Abs. 2 AsylG 2005 im Kern zurückgeht regelt das § 12a Abs. 2 AsylG 2005 die Vorgangsweise bei Folgeanträgen nach [...] zurück- oder abweisenden Entscheidungen [...] und bestimmt, dass der faktische Abschiebeschutz eines Fremden in diesen Fällen während des laufenden Verfahrens zur Entscheidung über den Folgeantrag unter bestimmten Voraussetzungen aufgehoben werden kann. [...] Die Änderung des Sachverhalts hat sich in zeitlicher Hinsicht auf den zum Entscheidungszeitpunkt des vorigen Verfahrens festgestellten Sachverhalt zu beziehen. Die Z 2 stellt eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags dar. [...] Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 68 Abs. 1 AVG hat es sich um eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes zu handeln, was nur dann anzunehmen sein wird, wenn sich daraus voraussichtlich eine in den Hauptinhalten anders lautende Entscheidung ergeben würde. Naturgemäß bleibt der amtswegige Ermittlungsgrundsatz (in Zusammenschau mit den Mitwirkungspflichten des Asylwerbers gemäß § 15) aufrecht. Die Behörde hat ihre Entscheidung über die Aufhebung demgemäß auf die Ergebnisse des durch den Folgeantrag ausgelösten Ermittlungsverfahrens zu gründen (RV 330 BlgNR XXIV. GP 11 ff).

Den Gesetzesmaterialien zufolge verfolgt § 12a AsylG 2005 das Ziel, unter Wahrung der notwendigen rechtsstaatlichen Garantien [...] jene Fälle, in denen ein berechtigtes Interesse an einem neuerlichen Asylverfahren besteht, möglichst früh von klar missbräuchlichen Antragstellungen zu unterscheiden und diese in weiterer Folge als Mittel zur Hintanhaltung fremdenpolizeilicher Maßnahmen unbrauchbar zu machen.

Dieses Ziel wird sowohl vom Verfassungsgerichtshof in seiner bisher zu § 12a AsylG 2005 ergangenen Rechtsprechung (vgl. etwa VfSlg. 19.215/2010, VfSlg 19.841/2014) als auch im Unionsrecht als legitim anerkannt (vgl. hiezu im Detail VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451 bis 0452).

Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch auch erkannt, dass vor dem Hintergrund des vom Gesetzgeber angestrebten Zieles, den faktischen Abschiebeschutz nur für klar missbräuchliche Anträge beseitigen zu wollen, § 12a Abs. 2 Z. 2 AsylG 2005 dermaßen auszulegen ist, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegen muss, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt folglich zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern. Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet - unter Bedachtnahme auf Art. 41 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU - etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigenden Sachverhaltselemente zugrunde liegen. Möglich sind aber auch andere Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine (bevorstehende) Abschiebung verhindern oder verzögern möchte (VwGH 12.12.2018, Ra 2018/19/0010).

4.4. Für die Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgende Erwägungen maßgeblich:

Identität der Sache im Sinn der genannten Bestimmung liegt vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/03/0050 mwN). Die Rechtskraft wird auch dann nicht durchbrochen, wenn sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid abgewiesenen Begehren nur dadurch unterscheidet, dass es in für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unwesentlichen Nebenumständen modifiziert worden ist; es kann also nur eine solche Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals maßgebenden Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. Dabei ist das Wesen der Sachverhaltsänderung nicht nach der objektiven Rechtslage, sondern nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen rechtskräftigen Entscheidung erfahren hat (VwGH 17.12.2014, Zl. 2013/10/0246). Im Übrigen ist bei der Überprüfung, ob sich der Sachverhalt maßgeblich verändert hat, vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne dass dabei dessen sachliche Richtigkeit nochmals zu ergründen wäre, weil die Rechtskraftwirkung ja gerade darin besteht, dass die von der Behörde entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (VwGH 24.06.2014, Ro 2014/05/0050).

Bei Gleichbleiben der tatsächlichen Verhältnisse und rechtlichen Grundlagen darf keine weitere Entscheidung in dieser Sache ergehen (VwGH 29.04.2015, Zl. 2012/05/0152). Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes ausgeschlossen, sondern auch dann, wenn das selbe Begehren auf Tatsachen und Beweismittel gestützt wird, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben (VwGH 30.9.1994, Zl. 94/08/0183 mwN; 24.8.2004, Zl. 2003/01/0431). Im Folgeantragsverfahren können nämlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089).

Die Behörde hat sich bereits bei der Prüfung, ob der neuerliche Asylantrag zulässig ist, mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Antragstellers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben ihre Ermittlungen, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 06.11.2009, Zl. 2008/19/0783).

Behauptete Tatsachen, die bereits zur Zeit des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die der Asylwerber jedoch nicht bereits im ersten Asylverfahren vorgebracht hat, sind von der Rechtskraft der über den Erstantrag absprechenden Entscheidung erfasst (VwGH 27.05.2019, Ra 2018/14/0292; 28.02.2019, Ra 2019/01/0008 bis 0010 mwN).

4.5. Der Beschwerdeführer brachte zur Begründung seines gegenständlichen zweiten Antrages auf internationalen Schutz - nebst weiteren, hier nicht relevanten Gründen - vor, aufgrund der von ihm im Bundesgebiet eingegangenen Lebensgemeinschaft, die nun in der Türkei bei der Familie seiner noch dort lebenden Ehefrau bekannt geworden sei, im Fall einer Rückkehr Verfolgungshandlungen von Familienangehörigen seiner Ehefrau aus dem Motiv der Verletzung der Familienehre ausgesetzt zu sein. Er habe davon vor etwa drei Monaten erfahren, seine Lebensgefährtin habe ebenfalls Drohungen erhalten und könne dazu aussagen.

Das belangte Bundesamt führt dazu im angefochtenen Bescheid aus, das Vorbringen des Beschwerdeführers stelle keinen neuen relevanten Sachverhalt dar, es stütze sich lediglich auf Behauptungen des Beschwerdeführers und sei "einer Verifizierung nicht zugänglich". Das Vorbringen werde als nicht glaubhaft angesehen und habe der Beschwerdeführer "keine Beweismittel vorgelegt", die zu einem abweichenden Verfahrensergebnis führen würden. Es liege auch eine "Steigerung des Fluchtvorbringens" vor. Im gegebenen Zusammenhand ist dazu einerseits festzuhalten, dass die Begründung des angefochtenen Bescheides mangelhaft ist, sich jedoch andererseits die Schlussfolgerung des belangten Bundesamtes - nämlich, dass der gegenständliche Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist - im Ergebnis als zutreffend erweist.

Zunächst bedarf es keiner Erörterung, dass sich der Beschwerdeführer mit seinem erneuten Vorbringen, in der Türkei aufgrund seiner kurdischen Abstammung und seines alevitischen Religionsbekenntnisses verfolgt zu sein und Schwierigkeiten mit türkischen Behörden und Gerichten aufgrund einer ihm vorgeworfenen strafbaren Handlung zu haben, auf den bereits in seinem ersten und rechtskräftig abgeschossenen Asylverfahren vorgebrachten Sachverhalt bezieht. Mit dem gegenständlichen zweiten Antrag wird daher insoweit die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache ohne nachträgliche Änderungen der Sachlage und Rechtslage bezweckt, was durch § 68 Abs. 1 AVG verhindert werden soll (vgl. VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029).

Dazu tritt, dass im Folgeantragsverfahren- bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089). Behauptete Tatsachen, die bereits zur Zeit des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die der Asylwerber jedoch nicht bereits im ersten Asylverfahren vorgebracht hat, sind von der Rechtskraft der über den Erstantrag absprechenden Entscheidung erfasst (VwGH 27.05.2019, Ra 2018/14/0292).

Dem Beschwerdeführer ist in diesem Zusammenhang anzulasten, dass er seinen eigenen Angaben zufolge von der nunmehr zur Begründung seines am 04.09.2019 gestellten zweiten Antrages auf internationalen Schutz herangezogenen angebliche Bedrohung durch die Familie seiner noch in der Türkei lebenden Ehefrau aus dem Motiv der "Blutrache" bereits drei Monate vor der Einvernahme am 13.09.2019 - mithin im Nahebereich des 13.06.2019 - erfahren haben will. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch das erste Asylverfahren des Beschwerdeführers noch gar nicht rechtskräftig erledigt, zumal die gegen den Bescheid des belangten Bundesamtes vom 11.03.2019, Zl. 1159444405-170811847, erhobene Beschwerde noch unerledigt beim Bundesverwaltungsgericht anhängig war und diese erst mit Erkenntnis vom 14.08.2019 - mithin etwa zwei Monate nach behaupteter Kenntniserlangung von der neuen Bedrohungssituation im Herkunftsstaat - erledigt wurde.

Der Beschwerdeführer wäre vor diesem Hintergrund - auch in Anbetracht der gemäß § 15 Abs. 1 AsylG 2005 bestehenden Mitwirkungspflicht - gehalten gewesen, den neu hervorgekommenen Sachverhalt im Wege einer Beschwerdeergänzung dem Bundesverwaltungsgericht mitzuteilen oder zumindest umgehend einen neuen Asylantrag zu stellen, der sodann gemäß § 17 Abs. 8 AsylG 2005 als Beschwerdeergänzung zu behandeln gewesen wäre. Der Beschwerdeführer verschwieg jedoch die ihm zur Kenntnis gelangte Bedrohung durch die Familie seiner noch in der Türkei lebenden Ehefrau aus dem Motiv der "Blutrache". Dessen ungeachtet ist diese Bedrohungssituation als Tatsache, die bereits zur Zeit des ersten Asylverfahrens bestanden hat und die aber nicht bereits im ersten Asylverfahren vorgebracht wurde, von der Rechtskraft der über den Erstantrag absprechenden Entscheidung ausweislich der vorstehenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfasst.

Wenn sich der Beschwerdeführer sohin im gegenständlichen zweiten Asylantrag auf die Bedrohung durch die Familie seiner noch in der Türkei lebenden Ehefrau aus dem Motiv der "Blutrache" bezieht, wird damit ebenfalls kein im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderter Sachverhalt vorgebracht, zumal die behauptete Bedrohung durch die Familie seiner noch in der Türkei lebenden Ehefrau aufgrund der Verschweigung im vorangehenden Verfahren dennoch (bzw. gerade deswegen) von der Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.08.2019, L504 2216991-1/5E, erfasst ist.

Dem belangten Bundesamt ist somit darin beizutreten, dass der neuerliche Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz voraussichtlich im Sinn des § 12a Abs. 2 Z. 2 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist. Dieser Verfahrensausgang zeichnet sich im Sinn der vorstehend zitierten Rechtsprechung zu dieser Bestimmung auch von vornherein deutlich ab, zumal der Beschwerdeführer selbst zugestanden hat, dass ihm der nunmehr vorgebrachte Sachverhalt bereits vor Monaten zur Kenntnis gebracht wurde. Da er diesen angeblich neu hervorgekommenen Sachverhalt im Beschwerdeverfahren betreffend seinen ersten Asylantrag verschwieg, ist auch evident, dass die gegenständliche Antragstellung der Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen dient, zumal im Fall einer tatsächlichen neu hervorgekommenen Bedrohungssituation angenommen werden darf, dass diese ehestmöglich den zuständigen Behörden kommunizierte wird und damit nicht zugewartet wird, um diese erst in einem zweiten Asylverfahren verwerten zu können.

Im Rahmen der hier anzustellenden Grobprüfung ist daher davon auszugehen, dass mit der neuerlichen Asylantragstellung kein gegenüber dem rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.08.2019, L504 2216991-1/5E, wesentlich geänderter Sachverhalt vorgebracht wurde und der Folgeantrag voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.

4.6. Bereits im Erkenntnis vom 14.08.2019, L504 2216991-1/5E, hat das Bundesverwaltungsgericht erkannt, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bestehen würde. Zudem hat das Bundesverwaltungsgericht mit näherer Begründung darauf verwiesen, dass im Verfahren keine Umstände hervorgekommen wären, welche ein Abschiebehindernis im Sinne von Art. 3 EMRK darstellen würden.

Im gegenständlichen Verfahren sind keine Anhaltspunkte für eine davon abweichende Beurteilung zu Tage getreten. Die Familie des Beschwerdeführers lebt nach wie vor in der Türkei, der Beschwerdeführer steht mit seiner Familie in Kontakt und er wird im Rückkehrfall sowohl familiären Anschluss vorfinden, als auch eine Wohnmöglichkeit. Der Beschwerdeführer ist ein junger, gesunder, arbeits- und anpassungsfähiger Mensch mit hinreichender Ausbildung in der Schule und Berufserfahrung im Herkunftsstaat als Handwerker, Gärtner und im Transportgewerbe. Es steht im auch frei, sich in seinem Internetcafé, das von einem Geschäftspartner weiterbetrieben wird, neuerlich einzubringen. Das Bundesverwaltungsgericht geht demnach davon aus, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich in der Lage sein wird, sich mit eigener Erwerbstätigkeit ein ausreichendes Einkommen zur Sicherstellung des eigenen Lebensunterhalts zu erwirtschaften.

Es kann auch nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Türkei die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. hiezu grundlegend VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), hat doch der Beschwerdeführer selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihm im Falle einer Rückführung in die Türkei jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und er in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmitteln oder einer Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Rückkehrfall als türkischen Staatsbürger der Zugang zum dortigen Sozialsystem offensteht, sodass insgesamt eine gesicherte Existenzgrundlage in der Türkei als erwiesen anzusehen ist.

Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen, zumal in der Türkei kein internationaler oder innerstaatlicher Konflikt vorherrscht und die Sicherheitslage als stabil anzusehen ist.

Dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens schließlich ebenfalls nicht festgestellt werden und wurde im Vorverfahren im Erkenntnis vom 14.08.2019, L504 2216991-1/5E, rechtskräftig verneint. Ein geänderter Sachverhalt kann auch insoweit nicht erkannt werden.

4.7. Die die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung darf schließlich gemäß § 12a Abs. 2 Z. 3 AsylG 2005 keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention bewirken.

Art. 8 EMRK lautet:

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (VfSlg. 16928/2003).

Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Europäische Menschenrechtskonvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat (vgl. EGMR U 16.6.2005, Sisojeva u.a. gegen Lettland, Nr. 60654/00). Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. EGMR U 30.11.1999, Baghli gegen Frankreich, Nr. 34374/97; VfSlg 10.737/1985; 13.660/1993).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Kriterien herausgearbeitet, die bei einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht (zur Maßgeblichkeit dieser Kriterien vgl. VfSlg. 18.223/2007).

Er hat etwa die Aufenthaltsdauer, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte keine fixen zeitlichen Vorgaben knüpft (EGMR U 31.1.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande, Nr. 50435/99; U 16.9.2004, M. C. G. gegen Deutschland, Nr. 11.103/03), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR GK 28.05.1985, Abdulaziz, Cabales und Balkandali gegen Vereinigtes Königreich, Nrn. 9214/80, 9473/81, 9474/81; U 20.6.2002, Al-Nashif gegen Bulgarien, Nr. 50.963/99) und dessen Intensität (EGMR U 02.08.2001, Boultif gegen Schweiz, Nr. 54.273/00), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR U 04.10.2001, Adam gegen Deutschland, Nr. 43.359/98; GK 09.10.2003, Slivenko gegen Lettland, Nr. 48321/99; vgl. VwGH 5.7.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124), die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (EGMR U 11.04.2006, Useinov gegen Niederlande Nr. 61292/00) für maßgeblich erachtet.

Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren - was bei einem bloß vorläufigen Aufenthaltsrecht während des Asylverfahrens jedenfalls als gegeben angenommen werden kann - ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR U 24.11.1998, Mitchell gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 40.447/98; U 05.09.2000, Solomon gegen die Niederlande, Nr. 44.328/98; 31.1.2006, U 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande, Nr. 50435/99).

Der Verfassungsgerichtshof hat sich bereits im Erkenntnis VfSlg. 19.203/2010 eingehend mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Umständen davon ausgegangen werden kann, dass das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthalts bewusst waren. Der Verfassungsgerichtshof stellt dazu fest, dass das Gewicht der Integration nicht allein deshalb als gemindert erachtet werden darf, weil ein stets unsicherer Aufenthalt des Betroffenen zugrunde liege, so dass eine Verletzung des Art. 8 EMRK durch die Ausweisung ausgeschlossen sei. Vielmehr müsse die handelnde Behörde sich dessen bewusst sein, dass es in der Verantwortung des Staates liegt, Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren effizient führen zu können und damit einhergehend prüfen, ob keine schuldhafte Verzögerungen eingetreten sind, die in der Sphäre des Betroffenen liegen (vgl. auch VfSlg. 19.357/2011).

Bei der Abwägung der Interessen ist auch zu berücksichtigen, dass es dem Beschwerdeführer bei der asylrechtlichen Ausweisung nicht verwehrt ist, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren. Es wird dadurch nur jener Zustand hergestellt, der bestünde, wenn er sich rechtmäßig (hinsichtlich der Zuwanderung) verhalten hätte und wird dadurch lediglich anderen Fremden gleichgestellt, welche ebenfalls gemäß dem Grundsatz der Auslandsantragsstellung ihren Antrag nach den fremdenpolizeilichen bzw. niederlassungsrechtlichen Bestimmungen vom Ausland aus stellen müssen und die Entscheidung der zuständigen österreichischen Behörde dort abzuwarten haben.

In Abwägung der gemäß Art. 8 EMRK maßgeblichen Umstände in Ansehung des Beschwerdeführers ergibt sich für den gegenständlichen Fall Folgendes:

Der Beschwerdeführer reiste am 11.07.2017 rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Er ist seither als Asylwerber in Österreich aufhältig. Das Gewicht des sohin rund zwei Jahre und drei Monate betragenden faktischen Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich ist noch dadurch abgeschwächt, dass der Beschwerdeführer seinen Aufenthalt durch einen unberechtigten Antrag auf internationalen Schutz zu legalisieren versuchte, er konnte alleine durch die Stellung seines Antrags jedoch nicht begründeter Weise von der zukünftigen dauerhaften Legalisierung seines Aufenthalts ausgehen. Einem inländischen Aufenthalt von weniger als fünf Jahren kommt ohne dem Dazutreten weiterer maßgeblicher Umstände nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs noch keine maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung zu (VwGH 15.03.2016, Zl. Ra 2016/19/0031 mwN). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, weil - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist. Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 24.01.2019, Ra 2018/21/0191, davon aus, dass bei einem Inlandsaufenthalt von eineinhalb Jahren von einer ins Gewicht fallenden Aufenthaltsdauer im Sinn des § 9 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG 2014 keine Rede sein kann und ein mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung verbundener Eingriff in das Privatleben nur unter außergewöhnlichen Umständen die Unzulässigkeit dieser Maßnahme bewirkt (vgl. dazu auch VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0143 bis 0147).

Im gegenständlichen Verfahren ist insgesamt keine unverhältnismäßig lange Verfahrensdauer festzustellen, die den zuständigen Behörden zur Last zu legen wäre (vgl. hiezu auch VwGH 24.05.2016, Ro 2016/01/0001).

Der Beschwerdeführer verfügt über normale soziale Kontakte und engere Bindungen zu seinem in der Slowakei lebenden Bruder. Von einer gesellschaftlichen Integration im beachtlichen Ausmaß ist demgegenüber nicht auszugehen, zumal der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren keinerlei entsprechende Unterstützungserklärungen seines Freundes- und Bekanntenkreises in Vorlage brachte.

Soweit der Beschwerdeführer über private Bindungen in Österreich verfügt, ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass diese zwar durch eine Rückkehr in die Türkei gelockert werden, es deutet jedoch nichts darauf hin, dass der Beschwerdeführer hierdurch gezwungen wäre, den Kontakt zu jenen Personen, die ihm in Österreich nahestehen, gänzlich abzubrechen. Auch hier steht es ihm frei, die Kontakte anderweitig (telefonisch, elektronisch, brieflich, durch Urlaubsaufenthalte etc.) aufrecht zu erhalten. Es steht dem Beschwerdeführer im Übrigen frei, einen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet im Wege der Beantragung eines Aufenthaltstitels und einer anschließenden rechtmäßigen Einreise herbeizuführen.

Der Beschwerdeführer hat hierorts keine belegten Anknüpfungspunkte in Form einer legalen Erwerbstätigkeit oder anderweitiger maßgeblicher wirtschaftlicher Interessen und ist zur Sicherstellung seines Auskommens auf freiwillige Leistungen Dritter angewiesen. Der Beschwerdeführer besuchte keine Deutschkurse und hat auch keine Prüfungen absolviert. Der Spracherwerb und der tatsächliche Wille, die deutsche Sprache zu erlernen, stellen zweifellos ein wesentliches Kriterium bei der Beurteilung der Integration in Österreich dar. Da der Beschwerdeführer diesbezüglich keine erkennbaren Aktivitäten entfaltet hat, sind besondere integrationsbegründende Umstände in dieser Hinsicht nicht erkennbar.

Anderweitige Integrationsschritte (wie etwa die Teilnahme an diesbezüglichen Schulungen, Wertkursen, Vereinsaktivitäten und dergleichen) hat der Beschwerdeführer ebenfalls nicht ergriffen. Er hat auch keine gemeinnützige Arbeit verrichtet.

Demgegenüber verbrachte der Beschwerdeführer den weitaus überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat, wurde dort sozialisiert und spricht die Mehrheitssprache seiner Herkunftsregion auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso war festzustellen, dass er dort über Bezugspersonen in Form von nahen Angehörigen - seinen Eltern und drei Geschwistern sowie seinen Sohn aus einer vorangehenden Beziehung - verfügt. Es deutete daher nichts darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren. Aufgrund der Präsenz von nahen Angehörigen im Herkunftsstaat ist auch gegenwärtig von starken Bindungen zu diesem auszugehen, wobei eine Existenzgrundlage des Beschwerdeführers bereits vorstehend bejaht wurde (VwGH 31.08.2017, Ra 2016/21/0296, zur Maßgeblichkeit der Bindungen zum Herkunftsstaat vgl. auch VwGH 22.02.2011, Zl. 2010/18/0323).

Die Feststellung der strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers stellt der Judikatur folgend weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten