TE Lvwg Beschluss 2020/3/11 VGW-141/002/1096/2020

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Veröffentlicht am 11.03.2020
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Entscheidungsdatum

11.03.2020

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

WMG §39
WMG §40

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Fegerl über die Beschwerde der Frau A. B. gegen die Förderzusage des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 - Sozialzentrum ..., vom 17.12.2019, Zahl MA 40 - Sozialzentrum ... - SH/..., betreffend einmalige Förderung für Energiekosten , den

BESCHLUSS

gefasst:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

1. Am 6.11.2019 stellte die Beschwerdeführerin (kurz: BF) ein Ansuchen um Förderung als Hilfe in besonderen Lebenslagen und bat um die Übernahme der Kosten für die Fernwärmeabrechnung (wegen einer Nachzahlung von € 636,11 aus der Jahresabrechnung).

Diesbezüglich richtete die belangte Behörde an die BF ein mit 17.12.2019 datiertes Schreiben folgenden Inhaltes:

„MA 40 – Sozialzentrum ... –

SH/...

FörderwerberInnen

A. B., geb. am ...1968

wohnhaft in Wien, C.-gasse

ID: ...

Hilfe in besonderen Lebenslagen, Förderzusage

Förderzusage

Sehr geehrte Förderwerberin,

sehr geehrter Förderwerber,

aus Ihren Angaben hat sich Folgendes ergeben_

Sie sind in Bezug von Wiener Mindestsicherung. Für Ihr minderjähriges Kind erhalten Sie EUR 145,00 Alimente sowie Familienbeihilfe.

Ihre laufende Miete beträgt EUR 504,68 und es besteht Anspruch auf Mietbeihilfe in Höhe von EUR 109,57 monatlich.

Von Wien Energie – Fernwärme haben Sie die Jahresabrechnung erhalten und dafür um finanzielle Unterstützung angesucht. Die offene Forderung beträgt EUR 456,11.

Aus den dargelegten Gründen erscheint es nachvollziehbar, das Sie die Jahresabrechnung nicht aus eigenen Mitteln decken konnten.

Deshalb wird Ihnen eine einmalige Unterstützung aus den Mitteln der Wiener Mindestsicherung gewährt.

Auf Grund Ihres Ansuchens vom 25.10.2019

wird Ihnen vom Land Wien als Träger von Privatrechten nach den Bestimmungen in § 39 Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG) eine Hilfe in besonderen Lebenslagen zugesagt.

Sie beträgt:

Energiekosten – Fernwärme Jahresabrechnung                            EUR € 456,11“

Dagegen richtet sich die mit Schreiben der BF vom 2.1.2020 erhobene Beschwerde, in der vorgebracht wird, die Fernwärmeabrechnung betrage € 636,11 und es seien nur € 456,11 überwiesen worden. Die Miete betrage € 522,04 und nicht € 504,68. Die offenen Kosten für die Fernwärme seien € 636,11 und € 243,00. Sie bitte um Gewährung des gesamten offenen Betrages.

2.0. Das Verwaltungsgericht hat erwogen:

2.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gegenstand eines Bescheidbeschwerdeverfahrens iSd Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG bzw. § 7 VwGVG kann nur ein Bescheid sein; bestehen Zweifel, ob es sich bei einer Erledigung um einen Bescheid handelt, ist die Bescheidqualität der Erledigung zu klären.

Bescheide nach § 56 AVG sind individuelle, hoheitliche Erledigungen der Verwaltungsbehörde, durch die in bestimmten Verwaltungssachen in einer förmlichen Weise über Rechtsverhältnisse materiellrechtlicher oder formellrechtlicher Art abgesprochen wird, sei es dass Rechtsverhältnisse festgestellt, sei es, dass sie gestaltet werden. Die näheren Vorschriften, welche Bestandteile ein Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufzuweisen hat, finden sich in §§ 58 ff AVG; darunter ist insbesondere auch das Erfordernis genannt, dass jeder Bescheid als solcher zu bezeichnen ist und eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung ist das Fehlen der Bezeichnung als Bescheid für die Qualifikation einer Erledigung als Bescheid dann unerheblich, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält.

Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat (für die Wertung als Bescheid ist ein strenger Maßstab anzulegen).

Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinn auch aus der Form der Erledigung ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, sowie Hinweise auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden.

In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung (also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung) Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist somit die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Für die Beurteilung als Bescheid sind die objektiven Merkmale eines Schriftstückes maßgebend und nicht die subjektive Absicht der Behörde, von der das Schriftstück ausgegangen ist.

Sofern es daher an der für einen Bescheid vorgeschriebenen Form mangelt, muss deutlich erkennbar sein, dass die Behörde dennoch den (objektiv erkennbaren) Willen hatte, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Erledigung einer Verwaltungsangelegenheit vorzunehmen. Ist diese deutliche Erkennbarkeit nicht gegeben, ist - wie erwähnt - die ausdrückliche Bezeichnung der Erledigung als Bescheid essentiell (vgl. VwGH 1.9.2015, Ra 2015/03/0060, und 19.12.2013, 2013/03/0145).

Vor dem dargestellten Hintergrund ist die Beurteilung, ob einer konkreten Erledigung Bescheidqualität zukommt, regelmäßig das Ergebnis einer alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Beurteilung.

2.2. Das in Rede stehende Schreiben der belangten Behörde vom 17.12.2019 ist weder ausdrücklich als Bescheid bezeichnet, noch ist es in Spruch und Begründung gegliedert. Es enthält auch keine Rechtsmittelbelehrung.

Dieses als „Förderzusage“ übertitelte Schreiben der belangten Behörde vom 17.12.2019 hat keinen normativen Inhalt (vgl. dazu die Erkenntnisse des VwGH vom 28.6.1988, Zl. 87/11/0168, vom 13.12.2001, Zl. 99/11/0269, und vom 28.5.2002, Zl. 2001/11/0397, sowie den Beschluss des VwGH vom 26.2.2002, Zlen. 2002/11/0010, 0011). Es stellt sich sprachlich vielmehr als bloße Mitteilung zu der nach den §§ 39 und 40 WMG möglichen Förderung im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung dar.

Das Land Wien gewährt gemäß § 39 Abs. 3 WMG im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung Förderungen als Hilfen in besonderen Lebenslagen. Im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung tritt die Gebietskörperschaft „Land Wien“ nicht als Trägerin ihrer hoheitlichen Befugnisse (nicht mit „imperium“) auf, sondern handelt gleich wie Rechtsunterworfene, das heißt, sie bedient sich für ihr Handeln der Mittel, die Privatpersonen zur Verfügung stehen. Die Zusage von Förderungen als Hilfe in besonderen Lebenslagen ist ein privatwirtschaftlicher Akt und kein Hoheitsakt. Aus diesem Grund sind die Kriterien für die Zusage von Hilfe in besonderen Lebenslagen im Wiener Mindestsicherungsgesetz auch nicht näher determiniert, sondern sind diese vielmehr den Förderrichtlinien zu entnehmen. Folgerichtig ist das vorliegend mit Beschwerde angefochtene Schreiben vom 17.12.2019 auch nur als „Förderzusage“ bezeichnet, womit das Fehlen seines Bescheidcharakters hervorgehoben wird.

2.3. Bei den hier von der BF begehrten Leistungen nach §§ 39 f. WMG handelt es sich also um Förderungen, die im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung erbracht werden und auf die kein Rechtsanspruch besteht. Die Förderzusage zu dem am 6.11.2019 von der BF gestellten Förderansuchen erfolgte daher zutreffend mit formlosem Schreiben vom 17.12.2019 und nicht mit Bescheid. Gegen dieses (oben zitierte) Schreiben, dem kein Bescheidcharakter zukommt, ist eine Beschwerde nicht zulässig, weshalb diese spruchgemäß zurückzuweisen war.

3. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die relevante Rechtsfrage ist klar aus dem Gesetz lösbar (vgl. Köhler, ecolex 2013, 596, mit weiteren Nachweisen). Die Sach- und Rechtslage ist eindeutig. Im Übrigen konnte sich das Verwaltungsgericht auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berufen.

Schlagworte

Förderzusage; Privatwirtschaftsverwaltung; Rechtsanspruch; Bescheidqualität

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.141.002.1096.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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