TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/30 W186 2169701-1

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Veröffentlicht am 30.04.2020
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Entscheidungsdatum

30.04.2020

Norm

BFA-VG §22a
BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs3
VwGVG §35

Spruch

W186 2169701-1/17E

I. SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 11.09.2017 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Algerien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.08.2017, Zl. 480256001, und die Anhaltung in Schubhaft ab 28.08.2017, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.09.2017, zu Recht erkannt:

A)

I. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG idgF iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 FPG idgF wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a BFA-VG idgF iVm § 76 FPG idgF wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin vorliegen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II. Schriftliches Erkenntnis

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Algerien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.08.2017, Zl. 480256001, und die Anhaltung in Schubhaft ab 28.08.2017, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.09.2017, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

II. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung hat der Beschwerdeführer dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von ? 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Aus den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten ergibt sich folgender Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer wurde am 16.02.2009 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Rahmen einer fremdenpolizeilichen Kontrolle im Bundesgebiet aufgegriffen und festgenommen. Er stellte in einem Polizeianhaltezentrum am 17.02.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 17.02.2009 brachte er im Beisein eines Dolmetschers der arabischen Sprache zur Begründung seines Antrages im Wesentlichen vor, dass er aus armen Verhältnissen komme und zu Hause keine Arbeit habe. Deswegen habe er sich entschlossen nach Österreich zu flüchten.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10.09.2012 wegen § 27 Abs. 1 Z 1 SMG und § 27 Abs. 3 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

1.2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.03.2010 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und ihm der Status des Asylberechtigten sowie gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien nicht zuerkannt, wobei gleichzeitig gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet nach Algerien ausgesprochen wurde.

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer, der zu diesem Zeitpunkt in Österreich nur über eine Meldung als Obdachloser nach § 19a MeldeG verfügt, am 25.03.2010 durch öffentliche Bekanntmachung nach § 25 ZustellG zugestellt.

1.3. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 30.03.2010, wurde gegen den Beschwerdeführer ein Rückkehrverbot gemäß § 62 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 erlassen. Das Rückkehrverbot galt nach der durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung ab 24.03.2010 als Aufenthaltsverbot, welches nach jetzt geltender Rechtslage als Einreiseverbot gilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10.09.2012 wurde der Beschwerdeführer wegen § 224a StGB, §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 4 StGB, § 105 Abs. 1 StGB, §§ 127, 130 1. Fall StGB und § 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt, wobei 9 Monate davon unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurden.

Der Beschwerdeführer stellte aus dem Stande der Untersuchungshaft am 18.04.2013 seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

In seiner Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 18.04.2013 begründete der Beschwerdeführer seine neuerliche Antragsstellung im Beisein eines Dolmetschers der arabischen Sprache damit, dass er nicht nach Algerien zurück wolle und dort keine Kontakte und Ansprechpartner mehr habe. Seine Eltern würden getrennt voneinander leben und er habe keine Zukunftsaussichten mehr. Außerdem würde er eine Drogentherapie machen wollen und ohne Asylkarte könne er keine Therapie machen. Sonst habe er keine anderen Gründe.

1.4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.04.2013 wurde der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Algerien ausgewiesen.

Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 15.05.2013 gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29.05.2013 wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. Fall, 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall, 27 Abs. 2 SMG und § 28a Abs. 1 5. Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 17 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer stellte am 24.11.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz in Deutschland, weshalb Deutschland ein Rückübernahmeersuchen an Österreich stellte. Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge von Österreich rückübernommen.

Am 16.08.2015 wurde der Beschwerdeführer in Deutschland einer Personenkontrolle unterzogen. Er war im Besitz von seinem Originalreisepass, ausgestellt auf XXXX , geb. XXXX .

Der Beschwerdeführer heiratete am 27.02.2016 eine österreichische Staatsangehörige und bekam am 10.06.2016 eine gemeinsame Tochter mit dieser.

1.5. Der Beschwerdeführer stellte am 29.04.2016 einen Antrag auf Aufhebung des Einreiseverbotes.

Der Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 17.02.2017 gemäß § 60 Abs. 1 FPG zurückgewiesen, zumal keine Aufhebung des Rückkehr- bzw. Einreiseverbotes nach der Gesetzeslage möglich sei. Eine Verkürzung des Einreiseverbotes komme mangels Verlassen des Gebietes der Mitgliedstaaten für den Beschwerdeführer nicht in Betracht.

1.6. Am 28.08.2017 wurde der Beschwerdeführer bei seinem Versuch, am Flughafen Wien Schwechat mittels gefälschtem italienischen Reisepass nach Alicante zu fliegen, polizeilich angehalten und einer Identitätsfeststellung unterzogen.

Gegen den Beschwerdeführer wurde am 28.08.2017 seitens des Bundesamtes ein Festnahmeauftrag erlassen, wonach der Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 2 Z 2 BFA-VG aufgrund der geplanten Abschiebung festzunehmen ist.

Der Beschwerdeführer wurde im Anschluss an seine Festnahme vor dem Bundesamt unter Beiziehung eines Dolmetschers der arabischen Sprache niederschriftlich einvernommen.

Die Einvernahme gestaltete sich wie folgt:

"V: Ihnen wird zur Kenntnis gebracht, dass Sie abgeschoben werden sollen.

LA: Es ist daher zur Sicherung dieser Maßnahmen eventuell beabsichtigt, gegen Sie die Schubhaft zu verhängen. Wollen Sie hierzu Stellung nehmen?

A: Ich will aber nicht gehen. Ich lebe schon lange hier, meine Tochter lebt hier.

V: Sie erhalten im Anschluss einen dahingehenden Bescheid.

F: Nehmen Sie dazu Stellung?

A: Nein.

Zum illegalen Aufenthalt:

F: Werden Sie in gegenständlichem Verfahren rechtlich vertreten?

A: Nein.

F: Hatten Sie je einen Aufenthaltstitel oder ein Visum für Österreich oder die EU?

A: Nein.

F: Seit wann befinden sie sich in Österreich?

A: Seit 2015 befinde ich mich in Österreich. Nachgefragt gebe ich an, zu wissen dass ich ein zehnjähriges Verbot welches bis 2020 gilt besitze.

F: Wie sind sie nach Österreich eingereist - beschreiben sie ihre Reiseroute vom Beginn der Ausreise aus ihrem Heimatland

A: Mit dem Zug über Italien.

F: Warum kommen Sie nach Österreich?

A: Ich war zufällig hier, ich hatte Probleme in Algerien, ich bin von Italien nach Österreich.

F: In welchen Ländern der EU waren Sie, außer in Österreich?

A: Italien, Deutschland.

F: Wann haben Sie das erste Mal Algerien verlassen?

A: 2009.

F: Haben sie vor Österreich in einen anderen Staat zu verlassen oder war ihr Ziel Österreich?

A: Ich habe eine Tochter und meine Frau lebt hier.

F: Haben sie in Österreich einen Wohnsitz und einen Meldezettel?

A: Ja, dieser lautet auf einen anderen Namen: XXXX , geb. XXXX .

F: Warum sind Sie unter XXXX gemeldet und nicht unter Ihrem richtigen Namen?

A: Aus Angst, dass man mich nicht nach Algerien abschiebt.

F: Sie wollten also die Behörde bewusst täuschen?

A: Ja, aber aus Angst.

F: Haben sie eine Bargeld, eine Kreditkarte, eine Bankomatkarte oder sonst eine Möglichkeit in Österreich auf legale Art und Weise an Geld zu kommen?

A: Nein, ich habe kein Geld bei mir.

F: Haben sie in Österreich oder der EU Familienangehörige?

A: Meine Frau XXXX und ihre Tochter XXXX .

F: Haben sie in ihrem Heimatland Familienangehörige und wenn ja welche?

A: Nur meine Eltern und meine Schwester.

F: Sie wissen, dass Sie sich zurzeit illegal in Österreich aufhalten, weshalb reisen Sie nicht aus?

A: Meine Frau und meine Tochter leben hier.

F: Wieso reisten Sie trotz Rückkehrverbot dennoch ein?

A: Was soll ich machen, meine Frau und meine Tochter leben hier.

F: Wohin wollten Sie mit Ihrem gefälschten italienischen Personalausweis?

A: Meine Frau wollte auf Urlaub nach Spanien fahren. Sie war noch nie auf Urlaub. Ich habe für den Ausweis 100 Euro gezahlt.

F: Weshalb haben Sie keinen Reisepass oder ein anderes Identitätsdokument nicht mit sich?

A: Ich habe keinen. Nachgefragt gebe ich an, dass er kaputt gegangen ist.

F: Wie bezahlen Sie Ihren Aufenthalt in Österreich?

A: Meine Frau ist Krankenschwester und unterstützt mich.

F. Hatten sie in anderen Staaten bereits Kontakt zur Polizei oder waren sie in Haft und wenn ja warum?

A: Nein.

F: Haben Sie eine Ausbildung oder eine Schulausbildung abgeschlossen?

A: Ich war in der Grundschule und ansonsten habe ich nichts gemacht.

F: Wie haben Sie sich Ihren Lebensunterhalt in Algerien finanziert?

A: Ich hatte Gelegenheitsjobs.

F: Sind sie gesund, oder benötigen sie Medikamente bzw. einen Arzt?

A: Ich bin gesund.

Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach. Sie haben keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich. Sie sind in keinster Weise integriert, da sie sich erst seit kurzer Zeit in Österreich aufhalten. Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.

Sie haben nach eigenen Angaben keine Familienangehörigen. Weder sprechen Sie Deutsch, noch gehen Sie einer Beschäftigung nach, noch absolvieren Sie eine Ausbildung. Sie haben keinen Wohnsitz in Österreich.

Es konnte nicht erkannt werden, dass besondere Umstände in der Schubhaft entgegenstehen. Sie sind nicht mit der erforderlichen vorauszusetzenden Sicherheit greifbar.

Es ist auch kein Grund zur Annahme gegeben, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann.

LA: Wollen Sie hierzu Stellung nehmen?

A: Nein.

La: Haben Sie vor sich Ihrer Abschiebung zu widersetzen?

A: Ja. Ich möchte nicht abgeschoben werden.

LA: Der Schubbescheid wird Ihnen persönlich im Anschluss an diese Niederschrift zugestellt. Sie finden darin auch den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung in Ihrer Sprache. Haben Sie noch Fragen?

A: Aber ich möchte nicht in Schubhaft.

LA: Die Einvernahme wird nun beendet. Möchten Sie noch etwas beifügen was Ihnen wichtig erscheint?

A: Wieso bin ich in Schubhaft.

LA: Es wird Ihnen mitgeteilt, dass Sie bis zur Realisierung der Abschiebung ins PAZ überstellt werden.

LA: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?

AW: Lassen Sie mich bitte frei.

LA: Es wird Ihnen nunmehr die Niederschrift vorgelegt und Sie haben danach die Möglichkeit noch etwas richtig zu stellen oder hinzuzufügen."

Der Beschwerdeführer verweigerte im Anschluss an die Einvernahme die Unterschrift des Einvernahmeprotokolls.

2. Mit verfahrensgegenständlichen Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 28.08.2017, dem Beschwerdeführer zugestellt am selben Tag um 14:18 Uhr durch persönliche Übernahme, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Zum Verfahrensgang führte die belangte Behörde aus:

" Am 30.3.2010 wurde gegen Sie ein Rückkehrverbot gem. § § 62 abs. 1.zi.1 FPG 2005 erlassen. Ihr Rückkehrverbot galt nach der durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung ab 24.3.2010 als Aufenthaltsverbot, welches nach der jetzt geltenden Rechtslage als Einreiseverbot gilt.

- Am 29.4.2016 stellten Sie gegenständlichen Antrag auf Aufhebung Ihres Einreiseverbotes.

- Im Strafregister der Republik Österreich - geführt von der

- Landespolizeidirektion Wien - scheinen folgende Verurteilungen auf:

01) LG F.STRAFS.WIEN 142 HV 164/2009T vom 15.01.2010 RK 19.01.2010

PAR 27 ABS 1/1 27/3 SMG, Freiheitsstrafe 4 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Junge(r) Erwachsene(r)

02) LG F.STRAFS.WIEN 163 HV 12/2012y vom 10.09.2012 RK 10.09.2012

§ 224a StGB, §§ 83 (1), 84 (2) Z 4 StGB, § 105 (1) StGB, §§ 127, 130 1. Fall StGB, § 107 (1) StGB, Freiheitsstrafe 12 Monate, davon 9 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

03) LG F.STRAFS.WIEN 162 HV 71/2013v vom 29.05.2013 RK 29.05.2013

§§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG, § 28a (1) 5. Fall SMG

Datum der (letzten) Tat 19.03.2013, Freiheitsstrafe 17 Monate

- Sie wurden als Asylwerber aufgrund verschiedener Eigentums-, Gewalts- und Suchtgiftdelikten verurteilt und stellten somit eine massive Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar, weshalb oben angeführtes Rückkehrverbot erlassen wurde.

- Selbst ein verspürtes Haftübel konnte Sie nicht von der weiteren Begehung gerichtlich strafbarer Handlungen abhalten, sondern wurden Sie noch zweimal rechtskräftig verurteilt. Ihre Straftaten wurden noch nicht aus dem Strafregister getilgt und scheinen nach wie vor auf.

- § 60 FPG sieht im Falle Ihrer Verurteilungen keine Aufhebung, sondern unter bestimmten Voraussetzungen lediglich eine Verkürzung vor, sodaß Ihr Antrag zurückzuweisen war. Gegen die Zurückweisung legten Sie Beschwerde ein.

- Am 28.08.2017 wollten Sie mit einem gefälschten italienischen Personalausweis ausreisen.

- Am 28.08.2017 wurde gegen Sie ein Festnahmeauftrag erlassen.

- Sie wurden am 28.08.2017 festgenommen.

- Sie wurden am 28.08.2017 der Regionaldirektion Niederösterreich vorgeführt und zur möglichen Schubhaftverhängung einvernommen.

(...)."

Das Bundesamt gründete den Bescheid auf folgende Feststellungen:

" Zu Ihrer Person:

Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger.

Sie haben einen Antrag auf Aufhebung des Einreiseverbots gestellt. Dieser wurde abgelehnt. Daraufhin legten Sie Beschwerde ein.

Sie wurden am XXXX geboren.

Sie geben an das Sie gesund sind.

Sie sind in Österreich nicht aufrecht gemeldet.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Ein Einreiseverbot gegen Ihre Person ist rechtskräftig.

Sie besitzen weder ein Visum noch ein Aufenthaltsrecht für Österreich.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

- Sie sind nach Österreich illegal eingereist. Sie besitzen kein Visum und keine Aufenthaltsberechtigung aus Österreich noch aus einem anderen Land der Europäischen Union.

- Sie sind in Österreich noch nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen. Es besteht keine begründete Aussicht, dass Sie eine Arbeitsstelle finden zumal Sie auch keine Arbeitserlaubnis besitzen.

- Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach.

- Sie sind aufrecht gemeldet, jedoch unter einem anderen Namen lautend: XXXX .

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Fest steht, dass in Österreich Ihre Frau und Ihr Kind leben.

In Algerien leben Ihre Eltern und Ihre Schwester".

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt des BFA Aktes sowie aus seiner Einvernahme am 28.08.2017.

Rechtlich führte das Bundesamt folgendes aus:

"Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:

? Ziffer 1,3 und 9 ist in Ihrem Fall erfüllt.

Zu Ziffer 9)

Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert. Ihre Kernfamilie lebt in Algerien. In Österreich leben Ihre Frau und Ihre Tochter. Sie sind in Österreich noch nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen noch besitzen Sie eine Berechtigung dafür. Auch steht fest, dass Sie in Österreich weder integriert noch über soziale Anknüpfungspunkt verfügen. Weiters steht fest, dass Sie mittellos sind, keine Bankomat- oder Kreditkarte besitzen und über kein Erspartes verfügen.

Sie haben mehrmals eine negative Entscheidung bezüglich Ihres Antrages auf internationalen Schutz erhalten. Sie sind mehrmals verurteilt worden und reisten trotz Rückkehrverbot in der Dauer von 10 Jahren nach Österreich ein und lebten unter einer Aliasidentität. Sie gaben während der Einvernahme mehrmals an, sich schon seit Jahren illegal in Europa aufzuhalten.

Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig.

Die Sicherung des Verfahrens ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Sie gaben an, die Behörde bewusst getäuscht haben zu wollen, indem Sie sich mit einem anderen Namen meldeamtlich erfassen ließen. Obwohl Sie sich bewusst waren, dass Ihr Einreiseverbot noch gültig ist, hielt es sie davon nicht ab, in Europa zu bleiben. Auch sind Sie hochgradig kriminell, da Sie bereits für einen Urlaub in Spanien bereit waren einen Tatbestand des StGB zu erfüllen. Da sich seit mehr als zehn Jahren bereits illegal in Europa aufhalten, weist Ihre hochgradige Mobilität auf. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Sie sind in Österreich wie bereits oben ausführlich beschrieben in keinster Weise sozial integriert. Sie besitzen keinen Wohnsitz.

Bei der Prüfung der Fluchtgefahr ist auch ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden in Bezug auf Gewalt- und Vermögensdelikte in Verbindung mit der wegen seiner Mittellosigkeit naheliegenden Wiederholungsgefahr einzubeziehen (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Der VwGH hat auch ausgesprochen, dass eine erhebliche Deliquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276).

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Die Botschaft der Republik Algerien hat jüngst in zahlreichen Gesprächen mit dem Bundesministerium für Inneres zugesichert zur Rückübernahme algerischer Staatsbürger bereit zu sein und Heimreisezertifikate auszustellen. Zusätzlich hat auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in den letzten Wochen und Monaten zahlreiche Schritte bei der Zusammenarbeit mit der Botschaft der Republik Algerien im Bereich der Dokumentenbeschaffung gesetzt und laufend Gespräche geführt, sodass nunmehr eine kontinuierliche Zusammenarbeit gegeben ist und bereits einige positive Identifizierungen durch die algerische Botschaft erfolgt sind.

Zur Anwendung eines gelinderen Mittels führt der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 02.08.2013 (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008) aus: "Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22. Mai 2007, Z. 2006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29. April 2008, Zl. 2008/21/0085, siehe auch die Erkenntnisse vom 28. Februar 2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein." Im vorliegenden Fall ergeben sich aus dem Sachverhalt keinerlei Umstände, die eine Anordnung gelinderer Mittel nahelegen, da alle oben genannten Ansatzpunkte im konkreten Falle nicht gegeben sind und nicht behauptet wurden.

Aufgrund des aufgezeigten Sachverhalts, insbesondere des illegalen Aufenthaltes, nicht vorhandener finanzieller Mittel, der fehlenden Möglichkeit einer legalen Erwerbsausübung, die nicht vorhandene Möglichkeit der sozialen und wirtschaftlichen Integration, der fehlenden gesicherten Unterkunft und aufgrund des bisher gezeigten Verhaltes kam die Anwendung von gelinderen Mitteln im gegenständlichen Fall nicht in Betracht.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.

Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."

Unter einem wurde dem Beschwerdeführer die Verfahrensanordnung vom selben Tag, mit dem ihm die ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater beigegeben wurde, sowie die Verfahrensanordnung zur Inanspruchnahme eines verpflichtenden Rückkehrberatungsgesprächs, zugestellt.

3. Mit Schriftsatz vom 04.09.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht am selben Tag, erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsberatung, der er am 30.08.2017 Vollmacht erteilt hatte, fristgerecht Beschwerde gemäß § 22a BFA-VG gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 28.08.2017 sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 28.08.2017.

Darin wurde zusammengefasst vorgebracht, dass es richtig sei, dass gegen den Beschwerdeführer sein Einreiseverbot bestehe, dessen Aufhebung er beantragt habe. Auch sei korrekt, dass der Beschwerdeführer aufgrund verschiedener Delikte verurteilt worden sei. Allerdings habe er im März 2013 beschlossen, künftig nicht mehr kriminell zu werden und sei seither, bis zu seiner Festnahme, auch nie wieder kriminell auffällig gewesen. Seit März 2013 führe der Beschwerdeführer einen ordentlichen Lebenswandel und stelle keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar.

Das Bundesamt habe im angefochtenen Bescheid mangelhafte Ermittlung und dementsprechend unrichtige Feststellungen in Bezug auf die Familiensituation des Beschwerdeführers und in Bezug auf das Vorhandensein einer Unterkunft getätigt. Die Behörde hätte bei entsprechenden Ermittlungen feststellen können, dass der Beschwerdeführer ein aufrechtes Familienleben in Österreich führe und mit seiner Ehefrau und seiner Tochter in der ehelichen Wohnung in Graz lebe. Der Beschwerdeführer sei in den vergangenen Jahren in Österreich stets aufrecht gemeldet gewesen und würde insbesondere seit dem 01.08.2016 in der ehelichen Wohnung in der Ulmengasse in Graz leben. Der Beschwerdeführer sei somit bis zum Tag der Anordnung und Verhängung der Schubhaft und somit bis zu seiner Festnahme aufrecht gemeldet gewesen. Der Beschwerdeführer könne auch bis zu seiner geplanten Abschiebung nach Algerien in der gemeinsamen Ehewohnung in Graz wohnhaft bleiben. Die Ehefrau des Beschwerdeführers sei berufstätig und verdiene genug Geld, um das Leben des Beschwerdeführers bis zu seiner Ausreise zu finanzieren. Ebenso seien die Feststellungen des Bescheides falsch, wonach der Beschwerdeführer keiner Beschäftigung nachgehen würde. Entsprechend der zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Frau vereinbarten Rollenteilung kümmere sich der Beschwerdeführer um seine Tochter, sowie um die Tochter seiner Ehefrau aus einer früheren Beziehung, während seine Ehefrau arbeite. Der Beschwerdeführer sei somit in den vergangenen Jahren bis zu seiner Festnahme als Hausmann tätig gewesen. Diese Tätigkeit habe er legal ausgeführt.

Ebenso habe es die belangte Behörde unterlassen, Ermittlungen betreffend der Sprachkenntnisse des Beschwerdeführers zu tätigen. Wohl aus diesem Grund treffe diese die unrichtige Feststellung, wonach der Beschwerdeführer nicht Deutsch spreche. Dies sei unrichtig, zumal der Beschwerdeführer fließend Deutsch spreche. Auch habe die belangte Behörde unrichtige Feststellungen bezüglich der Barmittel des Beschwerdeführers getroffen. Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer über keine Barmittel verfüge, um seinen Unterhalt zu finanzieren sei unrichtig, zumal die Ehefrau des Beschwerdeführers bereit sei, den Beschwerdeführer finanziell auch bei der Erlangung einer finanziellen Sicherheit, zu unterstützen. Der Beschwerdeführer habe somit die finanziellen Ressourcen, sich bis zu einem festgesetzten Abschiebetermin zu finanzieren. Zudem habe die belangte Behörde mangelhafte Ermittlungen in Bezug auf das Angebot des Beschwerdeführers, freiwillig auszureisen, getroffen. Der Beschwerdeführer stelle klar, dass er bereit sei, an einem zukünftigen Abschiebetermin nach Algerien auszureisen und sich der Abschiebung nicht zu entziehen.

Im gegenständlichen Fall liege weder Fluchtgefahr noch Verhältnismäßigkeit vor. Der Beschwerdeführer erfülle lediglich das Kriterium des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG, wobei er bereits einen Antrag auf Aufhebung der gegen ihn bestehenden aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt habe. Da der Beschwerdeführer bereit sei, mit den Behörden zu kooperieren und an einem von der Behörde angesetzten Abschiebungstermin nach Algerien auszureisen, sei das Kriterium des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG nicht erfüllt. Der Beschwerdeführer habe ein soziales Netz und familiäre Beziehungen in Östereich. Er verfüge aufgrund der ihm von seiner Ehefrau zugesagten Unterstützung jedenfalls über ausreichend Existenzmittel und sei im Bundesgebiet aufrecht gemeldet. Das Kriterium des § 76 Abs. 3 Z 9 sei sohin nicht erfüllt.

Im Falle des Beschwerdeführers komme jedenfalls das gelindere Mittel der periodischen Meldeverpflichtung in Betracht. Zudem habe der Beschwerdeführer die Möglichkeit in der ehelichen Wohnung Unterkunft zu nehmen. Der Beschwerdeführer sei bereit mit den Behörden zu kooperieren und würde insbesondere einer periodischen Meldeverpflichtung Folge leisten. Durch die mangelnde Prüfung der gelinderen Mittel erweise sich die Schubhaft als unverhältnismäßig und der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.

Neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt, das BVwG möge den angefochtenen Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgten; im Rahmen einer "Habeas Corpus Prüfung" aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers nicht vorliegen und der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des Beschwerdeführer gemäß VwG - Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen habe, auferlegen.

7. Am 05.09.2017 legte das Bundesamt die Akten vor und erstattete nachstehende Stellungnahme:

" Zum Zeithorizont der Schubhaft:

Die Ausstellung eines HRZ wurde bei der algerischen Botschaft wurde beantragt.

Aufgrund des Umstandes, dass die Reisepassnummer des Originalpasses bekannt ist, ist mit einer ehestbaldigen Ausstellung eines Ersatzdokuments zu rechnen.

Zum Verfahrensgang:

Zum Aufenthalt der bP ist festzustellen, dass dieser zu einem der Behörde unbekannten Zeitpunkt illegal in das Bundesgebiet eingereist ist.

Am 17.02.2009 stellte die bP mit falschem Namen und falschem Geburtsdatum als unbegleiteter Minderjähriger einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher am 23.04.2010 in erster Instanz rechtskräftig wurde.

Am 24.02.2009 wurde die bP aus der GVS wegen unbekannten Aufenthalts abgemeldet.

Am 30.3.2010 wurde gegen die bP ein Rückkehrverbot gem. § § 62 abs. 1.zi.1 FPG 2005 erlassen. Das Rückkehrverbot galt nach der durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung ab 24.3.2010 als Aufenthaltsverbot, welches nach der jetzt geltenden Rechtslage als Einreiseverbot gilt.

Zwischenzeitig wurde die bP wie folgt verurteilt:

01) LG F.STRAFS.WIEN 142 HV 164/2009T vom 15.01.2010 RK 19.01.2010

PAR 27 ABS 1/1 27/3 SMG, Freiheitsstrafe 4 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Junge(r) Erwachsene(r)

02) LG F.STRAFS.WIEN 163 HV 12/2012y vom 10.09.2012 RK 10.09.2012

§ 224a StGB, §§ 83 (1), 84 (2) Z 4 StGB, § 105 (1) StGB, §§ 127, 130 1. Fall StGB, § 107 (1) StGB, Freiheitsstrafe 12 Monate, davon 9 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

03) LG F.STRAFS.WIEN 162 HV 71/2013v vom 29.05.2013 RK 29.05.2013

§§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG, § 28a (1) 5. Fall SMG

Datum der (letzten) Tat 19.03.2013, Freiheitsstrafe 17 Monate

Am 10.12.2014 wurde seitens Deutschlands ein Rückübernahmeersuchen gestellt, nachdem die bP in Deutschland am 24.11.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

Die bP wurde von Österreich rückübernommen.

Am 27.02.2016 heiratete die bP.

Am 04.05.2016 stellte die bP einen AntraG AUF Abänderung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Dieser Antrag wurde am 17.02.2017 durch die RD Wien negativ entschieden.

Fristgerecht wurde gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt, welche aktuell noch nicht entschieden ist.

Zur Beschwerde:

Die "Fluchtgefahr" ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert. Der Beschwerdeführer hat sich in Österreich dem Verfahren zum internationalen Schutz (im Stande des laufenden Verfahrens, Stellung Asylantrag 17.02.2009, untergetaucht 24.02.2009) entzogen und tauchte unmittelbar nach der Stellung des Asylantrags unter. Damit hat er behördliche Kontaktaufnahmen bewusst verunmöglicht.

Abgesehen davon hat sich die bP bewusst unter Verwendung einer falschen Identität und vor allem eines falschen Geburtsdatums Leistungen als unbegleiteter Minderjähriger erschlichen, nachdem die bP auf Basis der heutigen Erkenntnisse zum Datum der Asylantragsstellung ein Alter von über 23 Jahren hatte.

Resultierend auf diesen falschen Angaben wurde die bP bei der ersten Verurteilung vom LG Wien als "Junger Erwachsener" geführt, was de jure gem. JGG aufgrund des überschrittenen 21. Lebensjahrs nicht möglich gewesen wäre. Der bP wäre es jederzeit möglich gewesen, seine Identität richtig zu stellen, was jedoch - bis zur Eheschliessung - nicht erfolgte. Bereits hier sollte erkennbar sein, dass die bP gewillt ist, jegliche Behörde bzw. Gerichte bewusst zu täuschen, um seinen weiteren, illegalen Verbleib im Bundesgebiet sichern zu können.

Sofern auf S2 der Beschwerde angeführt wird, die bP " warin den vergangenen Jahren stets aufrecht gemeldet", entspricht dies einer falschen Feststellung.

Aufgrund der Verschleierung der Identität muss festgestellt werden, dass die Person " XXXX " erstmalig am 23.11.2015 im ZMR in Erscheinung trat. Hier ist seit diesem

Zeitpunkt eine durchgehende Meldeadresse korrekt.

Unter der dem BFA und den jeweiligen Gerichten bekannten Identität " XXXX ", unter welcher die bP auch zur Aufenthaltsermittlung durch das LG Wien unter der Justizzahl 35_ ST_404/14f seit 16.01.2015 ausgeschrieben ist, muss zu den Meldungen folgendes festgestellt werden:

Es bestanden folgende Meldungen:

2009: 23.02. - 09.08. (obdachlos, Ute Bock)

Rest 2009, 2010, 2011 ohne Meldung

2012: 10.01. - 28.01. PAZ Rossauer Lände

2012: 12.08. - 08.10. JA Josefstadt

2012: 08.10. - 09.11. JA SIMMERING

2013: 20.03. - 02.07. JA Josefstadt

2013: 09.07. - 14.01.2014 Nebenwohnsitz

Sofern die Vertreterin der Diakonie feststellt, dass die bP durchgehend in den letzten Jahren gemeldet war, beziehen sich diese Meldungen beinahe ausschliesslich auf Aufenthalte in Justizanstalten und Polizeianhaltezentren. Abgesehen von diesen Meldungen, für welche nicht die bP verantwortlich ist, existiert lediglich die Meldung ivom 09.07.2013 bis 14.01.2014. Ansonsten weißt die bP keine weiteren Meldungen auf.

Fakt ist, dass die bP seit 2009 lediglich 11 Monate von sich aus gemeldet war. Bei einem Aufenthaltszeitraum von ca. 102 Monaten im Bundesgebiet war die bP von sich aus lediglich 11 Monate gemeldet. Die restlichen Meldezeiträume sind Haftzeiten. Hier von durchgehenden Meldungen zu sprechen, ist nicht nur verfehlt, sondern in keinster Weise nachvollziehbar.

Wenn seitens der Diakonie vorgebracht wurde, dass sich die bP seit 2013 wohlverhalten würde, ist dem entgegenzustellen, dass die bP von der StA Wien unter der o.a. GZ zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben ist. Aufgrund der fehlenden Bekanntgabe einer Meldeadresse unter der den österreichischen Behörden und Gerichten bekannten - falschen - Identität konnte diese Aufenthaltsermittlung bisher nicht abgeschlossen werden. Die StA Wien wurde jedoch durch das BFA in Kenntnis gesetzt.

Weiters wird auf die illegale Ausreise in einen Mitgliedsstaat verwiesen. Auch, wenn man mit dem Art. 2 Abs. 2 4. ZPEMRK argumentieren würde, steht dieser jedoch unter materiellem Gesetzesvorbehalt, und für den legalen Grenzübertritt im Schengenraum ist das Mitführen eines Personalausweises Voraussetzung. Hinzukommt, dass die bP im Zeitpunkt der Weiterreise infolge der durchsetzbaren Rückkehrentscheidung nach Algerien zur Ausreise nach Algerien verpflichtet gewesen war und seine Weiterreise nach Deutschland sohin auch der Dublin III-VO widersprach.

Am 16.08.2015 sollte die bP in Leipzig einer Personenkontrolle unterzogen werden, wobei die bP durch Flucht versuchte, sich dieser zu entziehen. Im Zuge dieser Flucht warf die bP seinen algerischen Reisepass unter ein parkendes Fahrzeug.

Abschliessend ist festzustellen, dass die bP geständig war, eine ge- bzw. verfälschte Urkunde käuflich erworben hat und sich gegenüber den Organen der öffentlichen Sicherheit mit dieser ausgewiesen hat, um abermals illegal in einen weiteren Mitgliedsstaat auszureisen. Hier sei auf §223 StGB verwiesen.

Wie hier nunmehr die Vertreterin der Diakonie festzustellen vermag, dass jemand, der im Zuge einer versuchten Ausreise mit einem gefälschten Ausweis sich zu legitimieren versucht hat, einen ordentlichen Lebenswandel führe, ist der Behörde in keiner Weise nachvollziehbar, vor allem, nachdem im folgenden Absatz der Beschwerde eingeräumt wurde, dass die bP in vollem Bewusstsein über den Unrechtscharakter seines Verhaltens trotzdem versucht hat, die Exekutive über seine Identität zu täuschen.

Sofern in der Beschwerde angeführt wird, dass die bP bereit wäre, mit den Behörden zu kooperieren, ist hier festzustellen, dass dies in keiner Weise glaubhaft oder nachvollziehbar ist. Wie zuvor festgestellt, hält sich die bP den Großteil seines illegalen Aufenthalts im Bundesgebiet nicht gemeldet auf, um sich so dem Zugriff der Behörden zu entziehen. Die meisten Meldezeiten sind durch Inhaftierungen in diversen Justizanstalten gegeben.

Sofern mit der sozialen Verankerung argumentiert wird, ist dem entgegenzuhalten, dass die bP sich seit ca. 2009 illegal im Bundesgebiet befindet. Seit ca. 1,5 Jahren ist die bP mit der österreichischne Staatsbürgerin XXXX verheiratet und führt mit dieser - sofern die Angaben des BF überhaupt der Wahrheit entsprechen - in der Wohnung der XXXX ein Familienleben iSd Art. 8 Abs. 1 EMRK. Dieses Familienleben existiert, wenn überhaupt, erst seit 1,5 Jahren.

Diesfalls müssten außergewöhnliche Umstände einer Abschiebung entgegenstehen, um eine Verletzung von Art. 8 EMRK nach sich zu ziehen.

Bei volljährigen Personen, auch Geschwistern, (EGMR 14.03.1980, B8986/80, EuGRZ1982,311) liegt nur dann ein (besonders schützenswertes) Familienleben vor, wenn eine hinreichend stark ausgeprägte Nahebeziehung vorliegt, wofür nach Ansicht der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes die Intensität und Dauer von Bedeutung sind (VfSlg 17.340/2004; VwGH v. 26.01.2006, 2002/20/0423); eine solche wird vor allem dann anzunehmen sein, wenn spezifische Abhängigkeitsverhältnisse (finanzieller Natur oder Pflegebedürftigkeit) vorliegen (EGMR v. 13.06.1979, Marckx gg. Belgien).

Eine Interessensabwägung zwischen dem privaten Interesse am weiteren Verbleib im Bundesgebiet und den öffentlichen Interessen ergibt jedoch, dass ein Eingriff in sein Recht auf Familienleben - gleiches gilt für sein Recht auf Privatleben - gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK zulässig ist.

Zur Verdeutlichung wird darauf hingewiesen, dass nach der Judikatur des EGMR bei der Interessensabwägung gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ein maßgeblicher Aspekt ist, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und nicht mit der Fortsetzung ihres Familienlebens im Gastland rechnen durften. Hierzu wird angeführt, dass die Einstellung des Asylverfahrens bereits im Jahr 2013 erfolgt ist, nachdem der BF nicht mehr am Verfahren mitgewirkt und auch seine Meldeverpflichtung ignoriert hat.

Demgemäß wiegt zu Ungunsten des BF, dass sein - angebliches - Familienleben mit seiner nunmehrigen Lebensgefährtin zu einem Zeitpunkt entstanden ist, zu dem sich beide Partner jedenfalls des unsicheren Aufenthaltsstatus des BF bewusst sein mussten. Im konkreten Fall sind weiters keine "außergewöhnlichen Umstände", die einer Abschiebung entgegenstehen könnten, ersichtlich. Es bleibt festzuhalten, dass sich für den erkennenden Organwalter keine Hinweise auf unüberwindbare Hindernisse ergeben, aus denen ein (allfällig bestehendes) Familienleben nach einer Rückkehrentscheidung des BF mit seiner Lebensgefährtin in Algerien nicht fortgesetzt werden könnte (vgl. dazu EGMR 31.7.2008, Darren OMOREGIE and others v Norwegen, Rs 265/07, wonach die Ausweisung des Antragstellers, der während seines unsicheren Aufenthaltes in Norwegen als Asylwerber eine norwegische Staatsangehörige geheiratet und mit dieser ein Kind gezeugt hat, nicht gegen Art. 8 EMRK verstößt, wobei aus Sicht des EGMR keine unüberwindbaren Hindernisse für eine Fortsetzung des Familienlebens in Nigeria, dem Herkunftsstaat des Antragstellers, vorliegen). So ist im Verfahren hervorgekommen, dass sich der BF mit seiner angeblichen Lebensgefährtin angeblich in Deutsch unterhält, sodass es zumutbar erscheint, den familiären Kontakt durch regelmäßige Besuche seiner Lebensgefährtin im Heimatstaat des BF aufrechtzuerhalten, was ebenfalls für die Verhältnismäßigkeit der Rückkehrentscheidung spricht, da der BF vice versa die in Algerien verwendete Amtssprache aufgrund seiner dortigen Sozialisierung beherrscht und bei etwaigen Besuchen seiner Lebensgefährtin für diese übersetzen könnte.

An dieser Stelle muss auch erwähnt werden, dass Algerien mittlerweile als sicherer Drittstaat gilt.

Abgesehen davon hat der BF jedenfalls die Möglichkeit, nach seiner Rückkehr nach Algerien eine Familienzusammenführung nach den allgemeinen niederlassungsrechtlichen Vorschriften zu bewirken.

Hinsichtlich der Intensität des Familienlebens ist noch auszuführen, dass aus der angeblichen Lebensgemeinschaft keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen sind, sodass die Intensität des Familienlebens in casu nur durch die etwa 1,5-jährige Dauer beschrieben werden kann (der BF gab an, seine jetzige Ehefrau vor ca. 1,5 Jahren kennengelernt zu haben). Die Dauer des angeblichen Familienlebens geht zwar über einen bloß kurzen Zeitraum hinaus, vermag aber die dargestellten, zu Ungunsten des BF lastenden Aspekte, nicht aufzuwiegen.

Im Hinblick auf das Privatleben des BF fallen die vorgebrachten integrativen Merkmale - die sich im Kern auf lediglich geringe Kenntnisse der deutschen Sprache und das Vorhandensein eines angeblichen Bekannten- und Freundeskreises beschränken - insbesondere angesichts der noch kurzen Aufenthaltsdauer, nicht so stark ins Gewicht. Es ist davon auszugehen, dass im Falle des BF ein nur geringer Grad an Integration erreicht worden ist.

Wenngleich der BF seine Berechtigung auf Bezug der Grundversorgung nicht in Anspruch nimmt und vermeint, den Lebensunterhalt durch die Einkünfte seiner Lebensgefährtin bestreiten zu können, so lässt sich daraus eine grundsätzliche Selbsterhaltungsfähigkeit seiner Person im Österreich nicht ableiten. Der BF selbst geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach; er ist von seiner Lebensgefährtin finanziell abhängig.

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist erkennbar, dass etwa ab einem 10-jährigen Aufenthalt im Bundesgebiet im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen überwiegen (VwGH vom 9.5.2003, Zl. 2002/18/0293). Gleiches gilt etwa für einen 7-jährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (VwGH vom 5.7.2005, Zl. 2004/21/0124), andererseits erwies sich in einem Fall eine Ausweisung nach 8-jährigem Aufenthalt (4 Jahre als Asylwerber und 4 weitere Jahre illegaler Aufenthalt) samt langjähriger legaler Beschäftigung angesichts des Fehlens kernfamiliärer Bindungen in Österreich als zulässig (VwGH vom 8.11.2006, Zl. 2006/18/0316).

Im Übrigen steht einem ca. vierjährigen Aufenthalt in Österreich ein etwa 28-jähriger Aufenthalt des BF in Algerien gegenüber. Die Dauer des Aufenthalts des BF im Bundesgebiet seit seiner Einreise ist als kurz anzusehen und wird weiter dadurch relativiert, dass die Einreise illegal erfolgte und der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war. Dies musste dem BF bewusst gewesen sein. Im Hinblick auf den Umstand, dass der BF den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht hat, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen.

In diesem Zusammenhang ist auf die Entscheidung des EGMR "Nnyanzi gegen United Kingdom" vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) hinzuweisen. Darin kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesses eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt, gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt und auch sozial integriert ist, und selbst dann, wenn er schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.

Soweit der BF über private Bindungen in Österreich verfügen mag, ist darauf hinzuweisen, dass diese zwar durch eine Rückkehr nach Algerien gelockert werden, es deutet jedoch nichts darauf hin, dass der BF hierdurch gezwungen wird, den Kontakt zu jenen Personen, die ihm in Österreich nahe stehen, gänzlich abzubrechen. Auch hier steht es ihm frei, die Kontakte anderweitig (telefonisch, elektronisch, brieflich, durch kurzfristige Urlaubsaufenthalte) aufrecht zu erhalten.

Der Umstand, dass der BF in Österreich auch straffällig geworden ist, vermag sicherlich keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit vom persönlichen Interesse an einem Aufenthalt in Österreich zu bewirken, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

Wie zuvor gezeigt war der BF nur aufgrund der letztlich ungerechtfertigten, weil vom BF auch nicht mehr weiter betriebenen Asylantragsstellung lediglich zum vorläufigen Aufenthalt in Österreich berechtigt, sodass in einer abschließenden Gesamtbetrachtung - unter Berücksichtigung der angeführten Judikatur - das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens im Vergleich zum privaten Interesse an seinem Verbleib im Bundesgebiet überwiegt. Somit ist nach eingehender Prüfung in casu der Eingriff in sein Familien- und Privatleben im gegenständlichen Fall als gerechtfertigt anzusehen, womit keine Verletzung des Art. 8 EMRK zum Entscheidungszeitpunkt vorgelegen hat.

Sofern seitens der Diakonie bemängelt wurde, weshalb von der Anwendung des Gelinderen Mittels kein Gebrauch gemacht wurde, ist festzustellen, dass aufgrund der niederschriftlichen Einvernahme und der Aktenlage nicht nur ein hoher Sicherungsbedarf, sondern auch die Verhängung der Schubhaft gerechtfertigt war. Der erkennenden Behörde ist wohl bewusst, dass die Verhängung der Schubhaft immer nur als Ultima Ratio zu sehen ist und mit dem Einschränken der persönlichen Freiheit ein massiver Einschnitt in die Rechte einer Person verbunden ist.

Allerdings ist dem gegenüber festzuhalten, dass der BF eine falsche Identität vorgebracht hat, um - wie er selbst zugab - einer Abschiebung in seinen Herkunftsstaat zu entgehen. Selbiges Verhalten zieht sich durch den gesamten Aufenthalt im Bundesgebiet, und selbst in Deutschland versuchte die bP, sich der Feststellung seiner wahren Identität durch Wegwerfen des Passes zu entziehen. Zur Anordnung der periodischen Meldeverpflichtung ist festzuhalten, dass die bP bereits im Laufe des Asylverfahrens gezeigt hat, dass die mehrmalige Belehrung über die Meldeverpflichtungen, die Mitwirkungspflicht usw. nicht geeignet war, die bP an der Ausreise zu hindern.

Weiters ist er nach wie vor nicht bereit, freiwillig nach Algerien auszureisen. Auf die Frage, ob der BF am Verfahren zur Erlangung eines HRZ mitwirken würde, verneinte er dies.

In Verbindung mit dem kriminellen Potential, welches bereits in einer Verurteilung wegen des Vergehens gegen vier Strafrechtstatbestände resultierte, der langjährigen Umgehung des Meldegesetzes und der damit einhergehenden Unerreichbarkeit für die Behörden, ist seitens der erkennenden Behörde die Schubhaft als einzig gangbares Mittel verhängt worden, um das Verfahren an sich - die Erlangung eines HRZ - sicherzustellen.

Sollte das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigen, nicht antragsgemäß zu entscheiden, wird seitens der erkennenden Behörde ersucht, eine mündliche Verhandlung zur Klärung des Sachverhalts durchzuführen.

Behördenvertreter werden bei einer etwaigen Verhandlung natürlich vor Ort sein und teilnehmen.

Seitens der Behörde wird ebenfalls der Antrag gestellt, dass die gem. §35 Abs 1, 3 und 5 VwGVG der obsiegenden Partei zustehenden Aufwendungen für den Schriftsatzaufwand, in eventu einer mündlichen Verhandlung ein Ersatz des Verhandlungsaufwands, sowie sämtlicher weiteren anfallenden Gebühren im gegenständlichen Verfahren als Ersatz der Aufwendungen geltend gemacht werden."

Die belangte Behörde beantragte angefochtenen Bescheid vollinhaltlich zubestätigen, die Beschwerde abzuweisen und die Verfahrenskosten zu ersetzen.

8. Mit Ladungen vom 08.09.2017 lud das Bundesverwaltungsgericht die Parteien zur mündlichen Verhandlung am 11.09.2017. Die Verhandlung unter Anwesenheit des Beschwerdeführers, seines Rechtsberaters und eines Dolmetschers der arabischen Sprache gestaltete sich wie folgt:

"RI: Wie heißen Sie wirklich und wann sind Sie geboren?

BF: XXXX , geboren am XXXX , in Algerien.

RI: Haben Sie irgendein Dokument, das diesen Namen trägt?

BF: Nein.

RI: Welche Schule haben Sie besucht?

BF: 7 Jahre.

RI: Wo war diese Schule?

BF: Boufarik.

RI: Unter welchen Namen sind Sie in Österreich früher eingereist?

BF: XXXX .

RI: Warum haben Sie sich entschlossen, den richtigen Namen zu führen?

BF: Ich wollte nicht abgeschoben werden, deswegen habe ich einen falschen Namen angenommen.

RI wiederholt die Frage.

BF: Ich habe geheiratet, meine Frau hat ein Kind geboren, meine Tochter, und ich wollte, dass sie den richtigen, meinen Namen führt.

RI: Was ist am 28.08.2017 passiert, warum sind Sie in Schubhaft genommen worden?

BF: Ich wollte gemeinsam mit meiner Frau und meiner Tochter nach Spanien reisen. Ich bin am Flughafen festgenommen worden.

RI: Haben Sie da ein Dokument bei sich gehabt?

BF: Ich habe einen Freund, dem ich erzählt habe, dass ich mit dem Zug über Italien, Belgien, Frankreich, Spanien fahren wollte um dort in Spanien mit meiner Familie Urlaub zu machen. Er hat gesagt, das wäre nicht gut, du kriegst von mir einen Ausweis, mit diesem kannst du direkt nach Spanien fliegen. Ich habe ihm dafür 100? gegeben.

RI: Woher kommt Ihre Frau?

BF: Sie ist Österreicherin.

RI: Wohin wollten Sie in Spanien?

BF: Alicante.

RI: Wieso?

BF: Ich habe einen Freund, der hat ein großes Haus in Alicante, er hat uns eingeladen, bei ihm den Urlaub zu verbringen. Wir wollten dort zwei Wochen bleiben.

RI: Wie heißt Ihr Freund?

BF: Er heißt XXXX mit Vornamen. Er ist Tunesier, ich weiß aber nicht, wie er mit Nachnamen heißt.

RI: Haben Sie Flugtickets gehabt und wo sind diese?

BF: Ja, sie sind bei meiner Frau.

RI: Welchen Ausweis hat Ihnen Ihr anderer Freund zur Verfügung gestellt für die Anreise?

BF: Mit diesem italienischen Ausweis ist er immer in die Diskothek gegangen und der Name auf den er gelautet hat ist Anis Amin (Anm. des D: es dürfte sich um ein permesso di soggiorno handeln).

RI: Hat Ihre Frau das gewusst, dass sie mit einem falschen Papier Flugtickets kauft?

BF: Ich wollte mit dem Zug fahren, und er hat gesagt die Bahnkarte für uns drei würde ca. 1000? ausmachen. Aber das Flugticket würde nur 300? - 400? kosten.

RI: Wo haben Sie Ihre Frau kennengelernt?

BF: Im Internet.

RI: Seit wann wohnen Sie in der XXXX ?

BF: Seit ca. einen Jahr und einen Monat. Vorher war ich ein Jahr in Graz angemeldet, in XXXX .

RI: Unter welchen Namen?

BF: Unter meinem richtigen.

RI: Ist Ihnen bewusst, dass Sie im Moment nicht in Österreich bleiben können, weil Sie kein Aufenthaltsrecht haben?

BF: Ja. Ich habe einen Rechtsanwalt beauftragt und er hat eine Beschwerde beim "großen" Gericht in Innsbruck eingebracht. Meine Frau hat dann mit dem Gericht telefoniert und sie haben gesagt, am 29.09.2017 wird die Entscheidung fallen.

RI an RV: Wissen Sie etwas davon?

RV: Wie auch bereits aus dem Akt der belangten Behörde hervor geht hat der BF einen Antrag auf Aufhebung des Einreiseverbotes gestellt. Dieser Antrag wurde zwar abgewiesen jedoch hat der BF durch seinen Rechtsvertreter Mag. REICHENVATER eine Beschwerde gegen diesen Bescheid eingebracht. Diese Beschwerde ist nach wie vor beim BVwG Innsbruck anhängig.

RI: Haben Sie Kontakt gehabt mit Vertretern des algerischen Staates in Österreich?

BF: Nein. Ich habe die Botschaft kein einziges Mal kontaktiert.

RI: Ist jemand von der Botschaft oder vom Konsulat zu Ihnen gekommen?

BF: Nein, auch nicht.

Unterbrechung der Verhandlung um 13:40-14:05 Uhr.

Während dieser Zeit wurde der Parteienvertretung die Stellungnahme der Behörde zur Kenntnisnahme vorgelegt.

RI an RV: Wollen Sie dazu Stellung nehmen?

RV: Zum Vorbringen der belangten Behörde bezüglich der Verschleierung der Identität des BF möchte ich darauf hinweisen, dass der Vertreter des BF im Verfahren bezüglich der Aufhebung des Einreiseverbotes die richtige Identität des BF sowie seine aufrechte Meldeadresse und die Daten seiner Ehefrau bekannt gegeben hat. Der belangten Behörde hätte somit spätestens mit Stellung des Antrages auf Aufhebung des Einreiseverbotes die richtige Identität und Meldeadresse, bekannt sein müssen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, dass die belangte Behörde die aufrechte Meldung des BF anzweifelt. Zum Vorbringen der belangten Behörde bezüglich eines Nicht-vorliegens außergewöhnlicher Umstände, die einer Abschiebung entgegenstehen, wird ausgeführt, dass es im gegenständlichen Fall nicht um eine allfällige Verletzung von Artikel 8 EMRK geht, sondern um das Vorliegen von Fluchtgefahr. In der Stellungnahme der belangten Behörde wird nicht ausgeführt inwiefern eine Fluchtgefahr trotz Vorliegen intensiver sozialer und familiärer Anknüpfungspunkte vorliegt. Unverständlich ist auch, weshalb die belangte Behörde ausführt auf S. 6 der Stellungnahme, dass aus der angeblichen Lebensgemeinschaft keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen sind. Auch das Vorbringen der belangten Behörde bezüglich der Selbsterhaltungsfähigkeit des BF ist insofern unerheblich, als es bei der Prüfung der Fluchtgefahr nicht um die Selbsterhaltungsfähigkeit geht, sondern um die Frage, ob der BF bis zu seiner Ausreise über genügend finanzielle Mittel verfügt. Darüber hinaus wäre dies auch im Rahmen der Prüfung eines gelinderen Mittels (Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit) notwendig gewesen. Mit keinem Wort geht die belangte Behörde auf die Tatsache ein, dass der BF sich um die gemeinsame Tochter sowie um die Tochter der Ehefrau aus einer früheren Beziehung Kümmert u

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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