TE Lvwg Erkenntnis 2020/4/24 VGW-131/018/2572/2020

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Veröffentlicht am 24.04.2020
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Entscheidungsdatum

24.04.2020

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §89a Abs2
StVO 1960 §89a Abs7

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter DDr. Lacina über die Beschwerde der Frau A. B. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 7.1.2020, Zl. MA 67-..., betreffend Straßenverkehrsordnung (StVO) iVm der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend die Festsetzung der Kosten für die Entfernung und Aufbewahrung von Fahrzeugen in Bauschbeträgen,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Der Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz: Bf) wurde der folgende Bescheid, Zahl MA 67-..., mit folgendem Spruch und folgender Begründung zugestellt:

„Das auf Sie zugelassene Kraftfahrzeug MAZDA/… mit dem behördlichen W-... war in Wien, C.-gasse, verkehrsbehindernd abgestellt.

Es wurde daher am 1.10.2019 um 23:12 Uhr von der Stadt Wien - Magistratsabteilung 48 entfernt und aufbewahrt.

Gemäß § 89a Abs. 7 und 7a der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO. 1960, BGBl. Nr. 159/60. in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 1 bis 3 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend die Festsetzung der Kosten für die Entfernung und Aufbewahrung von Fahrzeugen in Bauschbeträgen, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 50/2016 wird Ihnen dafür der folgende Kostenersatz vorgeschrieben:

Gemäß Tarif I P. Nr. 3 EUR 264,00 für das Entfernen des Fahrzeuges

Gemäß Tarif ll P. Nr. 3 EUR 10,00 für jeden angefangenen Kalendertag

(nach Dauer der Fahrzeugaufbewahrung)

Das Fahrzeug wurde in der Verwahrstelle der Magistratsabteilung 48 am 1.10.2019 bis 2.10.2019 aufbewahrt.

Die Kosten betragen:

für die Entfernung                                      EUR 264,00

für die Aufbewahrung                             EUR 20,00

daher insgesamt                                      EUR 284,00

Der Betrag ist binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides an die Stadt Wien einzuzahlen.

B E G R Ü N D U N G

Wird durch einen Gegenstand auf der Straße. insbesondere durch ein stehendes Fahrzeug, mag es betriebsfähig oder nicht betriebsfähig sein, der Verkehr beeinträchtigt, so hat die Behörde gemäß 5 89 a Abs. 2 StVO 1960 die Entfernung des Gegenstandes ohne weiteres Verfahren zu veranlassen.

Die Entfernung ist ferner ohne weiteres Verfahren zu veranlassen

a) bei einem Gegenstand, bei dem zu vermuten ist. dass sich dessen der Inhaber entledigen wollte, sowie bei einem ohne Kennzeichentafeln abgestellten Kraftfahrzeug oder Anhänger und

b) bei einem Gegenstand (Fahrzeug, Container und dergleichen). der im Bereich eines Halte- und Parkverbotes abgestellt ist. das aus Gründen der Sicherheit erlassen worden und durch das Vorschriftszeichen nach 5 52 2. 13h mit einer Zusatztafel „Abschleppzone" (@ 54 Abs. 5 lit. j) kundgemacht ist.

Gemäß 5 89 a Abs. 2 a StVO 1960 ist eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des Abs. 2 insbesondere dann gegeben,

a) wenn Schienenfahrzeuge nicht unbehindert fahren können.

b) wenn der Lenker eines Omnibusses (Autobusses) des Kraftfahrlinienverkehrs am Vorbeifahren oder Wegfahren. am Zufahren zu einer Haltestelle oder zu einer Garage oder am Befahren eines Fahrstreifens für Omnibusse (Autobusse) gehindert ist,

c) wenn der Lenker eines sonstigen Fahrzeuges am Vorbeifahren oder Wegfahren oder am Zufahren zu einer Ladezone oder zu einer Garagen- oder Grundstückseinfahrt gehindert ist.

d) wenn ein Fahrzeug bei dem kein Ausweis im Sinne des 5 29b Abs. 4 angebracht ist. auf einem gemäß @ 43 Abs. 1 lit. d freigehaltenen Abstellplatz abgestellt ist oder wenn der Inhaber eines Ausweises nach 5 29b Abs. 1 oder 5 am Zufahren zu einem solchen Abstellplatz gehindert ist.

e) wenn Fußgänger. insbesondere auch Personen mit Kinderwagen oder Behinderte mit Rollstuhl. an der Benützung eines Gehsteiges. eines Gehweges oder eines Geh- und Radweges gehindert sind.

f) wenn Radfahrer an der Benützung eines Radfahrstreifens. eines Radweges oder eines Geh- und Radweges gehindert sind,

g) wenn ein Fahrzeug auf einem Schutzweg. auf einer Radfahrerüberfahrt oder entgegen den Bestimmungen des 5 24 Abs. 1 lit. i abgestellt ist oder

h) wenn ein Fahrzeug. das nicht ein Omnibus (Autobus) ist. auf einer für Omnibusse (Autobusse) vorbehaltenen Fläche (Buszone") abgestellt ist.

i) wenn der Lenker eines Taxifahrzeuges oder einer Fiakerkutsche am Zufahren zum Standplatz gehindert ist.

Weiters wird festgestellt. dass jede Ortsveränderung (auch wenn das Fahrzeug nur zur Seite gestellt wird) eine Entfernung ist (Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9.6.1970, B 288/69).

Gemäß § 89a Abs. 7 StVO 1960 erfolgt das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstandes auf Kosten desjenigen. der im Zeitpunkt des Aufstellens oder Lagerns des Gegenstandes dessen Inhaber. bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern dessen Zulassungsbesitzer war. Die Kosten sind vom Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern vom Zulassungsbesitzer oder deren Erfüllungsgehilfen (Beauftragten) bei der Übernahme des Gegenstandes zu bezahlen. Wird der Gegenstand innerhalb der gemäß 5 89 a Abs. 5 StVO 1960 festgesetzten Frist nicht übernommen oder die Bezahlung der Kosten verweigert, so sind die Kosten dem Inhaber des entfernten Gegenstandes (bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen dem Zulassungsbesitzer) mit Bescheid vorzuschreiben. Ist der Gegenstand jedoch zu einem Zeitpunkt aufgestellt oder gelagert worden, zu dem die Voraussetzungen zur Entfernung nach & 89 a Abs. 2 oder 3 StVO noch nicht vorlegen. so sind die Kosten für die Entfernung, Aufbewahrung und Übernahme des Gegenstandes und die Gefahr der Entfernung und Aufbewahrung von dem Rechtsträger zu tragen, dessen Organ die Entfernung veranlasst hat, es sei denn, dass dem lnhaber der bevorstehende Eintritt der Voraussetzung bekannt war, oder dass die Aufstellung oder Lagerung von Anbeginn gesetzwidrig war.

Sie sind unbestritten Zulassungsbesitzerin des entfernten Fahrzeuges.

In der fristgerecht eingebrachten Vorstellung gegen die Kostenvorschreibung wendeten Sie im Wesentlichen ein. dass die Abstellung des KFZ zwar eine Verwaltungsübertretung (Halte- und Parkverbot, ausgenommen Motorrad und Motorfahrrad), jedoch keinerlei Behinderung dargestellt hat. Das Parken auf in einem Halte- und Parkverbot mit dem Zusatz „ausgenommen Motorräder“ sei in der Intensität der Beeinträchtigung nicht ansatzweise mit dem Parken in einer Ladezone, auf einem Behindertenparkplatz oder auf einem Schutzweg zu vergleichen. Auch war das Halte- und Parkverbot nicht mit einer Zusatztafel „Abschleppzone“ versehen. Lenker einspuriger Fahrzeuge hätten vielmehr die Möglichkeit ihr Fahrzeug auch auf allen sonst verfügbaren Parkplätzen abzustellen. Zum Beanstandungszeitpunkt waren zahlreiche Parkplätze frei, jedoch haben sie bei der Abstellung ihres Fahrzeuges das Halte- und Parkverbot übersehen. Außerdem war zum Beanstandungszeitpunkt an der gegenständlichen Tatörtlichkeit kein einziges einspuriges Kraftfahrzeug abgestellt gewesen.

Der Anzeige des Exekutivorganes der Landespolizeidirektion Wien, welche auf Grund einer eigenen dienstlichen Wahrnehmung gelegt wurde und welche als taugliches Beweismittel anzusehen ist (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7.9.1990, Zl. 90/18/0079), ist zu entnehmen, dass das Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-... am 1.10.2019 um 19:53 Uhr in Wien, C.-gasse, im Bereich des dort kundgemachten „Halte- und Parkverbots mit dem Zusatz „ausgenommen Motorrad und Motorfahrrad“ auf eine Länge von 10 m (Pfeil), abgestellt war. Auf Grund der begründeten Besorgnis der Behinderung berechtigter Fahrzeuge, hat das Organ die Entfernung des Fahrzeuges veranlasst, welche um 23:12 Uhr durchgeführt wurde.

Gemäß § 24 Abs. 1 lit. a der Straßenverkehrsordnung 1960 ist das Halten und Parken im Bereich des Vorschriftzeichens „Halten und Parken verboten“ nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 lit. a Z. 13 b StVO verboten.

Laut Zusatztafel sind lediglich Motorräder vom gegenständlichen Halteverbot ausgenommen, weshalb die Abstellung ihres Kombinationskraftwagens eindeutig rechtswidrig war. Eine Zusatztafel „Abschleppzone“ muss daher nicht extra kundgemacht sein.

Die Behörde oder die in Betracht kommenden Organe sind nicht erst dann berechtigt. Ein Fahrzeug zu entfernen oder entfernen zu lassen. wenn der Lenker eines anderen Fahrzeuges konkret gehindert wird, sondern die Entfernung darf schon dann veranlasst werden. wenn es nach den Umständen des Einzelfalles zu besorgen ist, dass das Fahrzeug den übrigen Verkehr behindern wird. (VWGH 20.2.1986, 85/02/0223).

Auch ist das Halteverbot zur Gänze für Motorräder und Motorfahrräder freizuhalten, selbst wenn außerhalb genügend Abstellplätze wären.

Da eine die kostenp?ichtige Entfernung des Fahrzeuges rechtfertigende Verkehrsbeeinträchtigung in Form der Behinderung berechtigter Motorradlenker an der bestimmungsgemäßen Verwendung des Verbotsbereiches zu befürchten war, erfolgte die Entfernung des Fahrzeuges zu Recht und sind auch die Kosten dafür vorzuschreiben.

Im Zusammenhang mit der Entfernung von Hindernissen und den damit verbundenen Kosten gilt das Verursachungsprinzip (Hinweis E 27.6.1980, 2581/79). Auf das Verschulden kommt es nicht an (Erk. Des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.04.1998, Zl. 97/03/0059).

Die Höhe der Kosten für das Entfernen und Aufbewahren des Kraftfahrzeuges gründet sich auf die Vorschrift der Tarifordnung des Magistrates der Stadt Wien betreffend die Festsetzung der Kosten für die Entfernung und Aufbewahrung von Fahrzeugen in Bauschbeträgen, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 50/2016.

Die spruchgemäß festgesetzte Frist von zwei Wochen zur Überweisung des Kostenersatzes ist im Hinblick auf die Höhe des Geldbetrages und die Verfahrensdauer, während der Sie sich auf die Erbringung der Leistung einstellen konnten, als angemessen anzusehen.“

2. In der dagegen eingebrachten Beschwerde führte die Bf im Wesentlichen aus, sie sei durch den angefochtenen Bescheid in ihren subjektiven Rechten durch unrichtige Anwendung des § 89a StVO verletzt worden. Es liege sowohl Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften als auch inhaltliche Rechtswidrigkeit vor. Trotz rechtswidriges Abstellung ihres Kfz lagen jedoch keine Umstände vor, die eine Verkehrsbeeinträchtigung besorgen ließen. Die Rechtswidrigkeit des Abstellens im Halte- und Parkverbot allein stellt noch keine Verkehrsbehinderung iSd § 89a StVO dar. Es bedarf zusätzlich zumindest einer zu befürchtenden Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des Gesetzes.

3. Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen zur Entscheidung berufenen Richter erwogen:

Gemäß § 89a Abs. 2 StVO 1960 in der zum Abschleppzeitpunkt geltenden Fassung hat die Behörde die Entfernung eines Gegenstandes ohne weiteres Verfahren zu veranlassen, wenn durch diesen Gegenstand auf der Straße, insbesondere durch ein stehendes Fahrzeug, mag es betriebsfähig sein oder nicht, durch Schutt, Baumaterial, Hausrat und dergleichen der Verkehr beeinträchtigt wird.

Gemäß § 89a Abs. 7 StVO 1960 erfolgt das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstandes auf Kosten desjenigen, der im Zeitpunkt des Aufstellens oder Lagerns des Gegenstandes dessen Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern dessen Zulassungsbesitzer war.

Die Kosten sind vom Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern vom Zulassungsbesitzer oder deren Erfüllungsgehilfen (Beauftragten) bei der Übernahme des Gegenstandes zu bezahlen. Wird der Gegenstand innerhalb der gemäß § 89a Abs. 5 StVO festgesetzten Frist nicht übernommen oder die Bezahlung der Kosten verweigert, so sind die Kosten dem Inhaber des entfernten Gegenstandes, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen dem Zulassungsbesitzer, mit Bescheid vorzuschreiben.

Die Bf. ist unbestritten Zulassungsbesitzerin des entfernten Kfz der Marke MAZDA/… mit dem behördlichen Kennzeichen W-.... Ebenso steht außer Streit, dass dieses Kfz am 1.10.2019 um 23:12 Uhr in Wien, C.-gasse, innerhalb eines Bereiches, der durch das Vorschriftszeichen „Halten und Parken verboten“ ausgenommen Motorrad und Motorfahrrad“ (Symbole)“ und einem weiteren Zusatz „10m “ gekennzeichnet war, abgestellt war und um 23:12 Uhr von dieser Örtlichkeit durch die Magistratsabteilung 48 entfernt wurde.

Im Gegensatz zum Verwaltungsstrafverfahren, in welchem das Verschuldensprinzip gilt, kommt im Verfahren im Zusammenhang mit der Entfernung von Hindernissen und den damit verbundenen Kosten das Verursacherprinzip zum Tragen, zumal die behördlichen Veranlassungen auf Grund des § 89a Abs. 2 StVO keine Strafmaßnahmen darstellen (VwGH vom 27.06.1980, Zl. 2581/79, 22.04.1998, Zl. 97/03/0059). Die Ahndung des die Ursache der Verkehrsbeeinträchtigung bildenden Verhaltens bleibt allenfalls einem gesonderten Verwaltungsstrafverfahren vorbehalten (vgl. VwGH vom 25.11.1983, Zl. 83/02/0075).

Im gegenständlichen Fall hat das Verwaltungsgericht Wien somit lediglich zu prüfen, ob die Voraussetzungen zur Entfernung des Kfz der Bf. und die erfolgte Vorschreibung der entstandenen Kosten gegeben waren.

Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob durch das im Halte- und Parkverbot abgestellte Fahrzeug der Bf eine Verkehrsbeeinträchtigung entstanden ist oder eine Besorgnis einer Verkehrsbeeinträchtigung gegeben war, sodass das Entfernen des Fahrzeuges gerechtfertigt war.

In jenen Fällen, in denen das Gesetz als Voraussetzung für die Entfernung eines Hindernisses verlangt, dass Verkehrsteilnehmer „gehindert“ sind, ist keine konkrete Hinderung von Verkehrsteilnehmern erforderlich; es reicht vielmehr die konkrete Besorgnis einer solchen Hinderung aus (vgl. VwGH vom 18.12.1998, Zl. 97/02/0491 u.a.).

Wenn die Bf. geltend macht, dass im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalles eine Verkehrsbeeinträchtigung durch das Abstellen des gegenständlichen Fahrzeuges nicht gegeben und nahezu ausgeschlossen werden konnte, ist dazu Folgendes auszuführen:

An der gegenständlichen Örtlichkeit, Wien, C.-gasse, ist ein zeitlich unbeschränktes Halte- und Parkverbot, ausgenommen Motor- und Motorfahrräder auf einer Länge von 10 m verordnet. Dadurch wurden zweckgewidmete Abstellflächen für einspurige Kraftfahrzeuge (Motorräder- und Motorfahrräder) geschaffen. Der Verordnungsgesetzgeber sah offenbar eine „Motorradabstellzone“ aufgrund der Parkplatzproblematik im … Wiener Gemeindebezirk als erforderlich an, um den vorhandenen Parkraum optimal zu nutzen. Es sollte insbesondere vermieden werden, dass Motorräder und Motorfahrräder zwischen parkenden Autos abgestellt werden und damit die Parksituation für mehrspurige Kfz zusätzlich verschärft wird. Derartige Stellflächen für einspurige Kfz werden regelmäßig an Orten geschaffen, wo mit einem vermehrten Aufkommen von einspurigen Kfz zu rechnen ist oder ein solches Aufkommen bereits besteht.

Gemäß § 43 Abs. 1 lit. b Z 1 StVO 1960 hat die Behörde, wenn und insoweit es die Ordnung des ruhenden Verkehrs erfordert, Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote – wie zum Beispiel Halte- oder Parkverbote – zu erlassen. Solche Maßnahmen können auch zur Vermeidung und Beseitigung von Verkehrshindernissen gesetzt werden, die aufgrund des knappen Parkraums entstehen.

Nach der übereinstimmenden Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist in einem Kostenvorschreibungsverfahren als Vorfrage zu beurteilen, ob eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des § 89a Abs. 2 StVO 1960 gegeben und demnach die zwangsweise Entfernung des Fahrzeuges durch die Behörde berechtigt war und erst bei Bejahung dieser Frage zu prüfen, ob auch die Voraussetzungen vorliegen, dem Zulassungsbesitzer die Kosten dafür aufzuerlegen (VfSlg. 13533/1993, 14243/1995, VwGH 21.11.1980, Zl. 1093/80). Eine Pflicht zur Kostentragung durch die Zulassungsbesitzerin und Bf setzt voraus, dass das Kraftfahrzeug so abgestellt war, dass entweder unmittelbar oder bloß mittelbar eine Verkehrsbeeinträchtigung zumindest zu besorgen war.

§ 89a Abs. 2 StVO enthält dabei beispielhaft eine Aufzählung von Konstellationen, in denen regelmäßig von einer (intensiven) Verkehrsbeeinträchtigung auszugehen ist.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Wien ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber nur bei Störungen des Verkehrsflusses von höherem Ausmaß oder Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit von Fahrzeugdenkern und Fußgängern von der Notwendigkeit einer unmittelbaren Entfernung des Fahrzeuges auf Kosten des Zulassungsbesitzers ausging. Das Abschleppen eines Fahrzeuges soll in vielen Fällen das letzte Mittel sein, um erhebliche Verkehrsstörungen hintanzuhalten. Der bloße Verstoß gegen ein Halte- oder Parkverbot alleine rechtfertigt noch nicht das Abschleppen eines Kfz. Es bedarf damit einer zumindest zu befürchtenden Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des Gesetzes.

Von einer Verkehrsbeeinträchtigung ist regelmäßig auszugehen, wenn ein Fahrzeug verkehrsbehindernd auf der Fahrbahn, in Kreuzungsbereichen, auf Behindertenparkplätzen, auf Schutzwegen abgestellt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung zudem bereits erkannt, dass eine für eine bestimmte Verwendung gewidmete Abstellfläche, beispielsweise eine gesetzmäßig verordnete und kundgemachte „Ladezone“ zur Gänze für ihre bestimmungsgemäße Verwendung freizuhalten ist (VwGH vom 03.11. 2000, Zl. 2000/02/0201 u.a.). In jenem Fall, dass die Zufahrt zu einer Ladezone auch nur teilweise behindert wird, kann regelmäßig eine begründete Besorgnis einer Verkehrsbeeinträchtigung angenommen werden, als Ladetätigkeiten, Zulieferungen etc. in diesem Fall nur mit Verzögerung und etwa durch Parken in zweiter Spur durchgeführt werden können.

Fallbezogen vertritt das Verwaltungsgericht Wien jedoch die Auffassung, dass oben wiedergegebene Rechtsprechung nicht so zu verstehen ist, dass damit in jedem Fall das Abstellen eines Kfz in einem gewidmeten Halte- und Parkverbot gleichsam die Besorgnis einer Verkehrsbeeinträchtigung bedeutet. Dies hätte zur Folge, dass die grundsätzlich im Einzelfall gebotene Prüfung einer Verkehrsbeeinträchtigung ins Leere ginge.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Wien liegt eine in der Intensität mit einer „Ladezone“ vergleichbare Verkehrsbeeinträchtigung im gegenständlichen Fall hinsichtlich der dafür gewidmeten „Motorradabstellplätze“ nicht vor. Die Benützung der verordneten Motorradabstellplätze durch einspurige Fahrzeuge ist jedoch nicht verpflichtend und wird dadurch nicht ausgeschlossen, dass das Fahrzeug in einer sonstigen „Abstellfläche“ abgestellt wird. Ein Abstellen von einspurigen Fahrzeugen auf anderen, als den durch die Verordnung gewidmeten Stellplätzen, wäre nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben der Bf und der Aktenlage möglich gewesen.

Eine Verkehrsbeeinträchtigung wurde vom Meldungsleger im Ergebnis auch nur aufgrund der verordneten „Motorrad- bzw. Motorfahrradabstellzone“ angenommen.

Das Verwaltungsgericht Wien vertritt die Ansicht, dass im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für die Entfernung des Kfz der Bf nicht gegeben waren, weshalb die Vorschreibung der Kosten nicht zu Recht erfolgte.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG konnte die Durchführung einer Verhandlung entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.

4. Die ordentliche Revision ist zulässig, da es an einer Rechtsprechung fehlt, ob durch das Abstellen eines mehrspurigen Kfz in einer Motor- und Motorfahrräder vorbehaltenen Abstellfläche die Besorgnis einer Verkehrsbeeinträchtigung anzunehmen ist, welche die sofortige Entfernung des Kfz auf Kosten des Zulassungsbesitzers im Sinne des § 89a StVO rechtfertigt.

Schlagworte

Halte- und Parkverbot; Entfernung des Fahrzeuges; Verkehrsbeeinträchtigung; Intensität; Kostentragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.131.018.2572.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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