TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/7 90/18/0079

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Veröffentlicht am 07.09.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §46;
StVO 1960 §44 Abs1;
StVO 1960 §44;
StVO 1960 §55 Abs9;
StVO 1960 §9 Abs1;
VwRallg;

Betreff

N gegen Wiener Landesregierung vom 13. Februar 1990, Zl. MA 10/703/89/Str, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 13. Februar 1990 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, am 7. September 1988, um 7.57 Uhr in Wien 13, Hietzinger Hauptstraße 13, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges 1. eine deutlich sichtbar angebrachte Sperrlinie überfahren und 2. auf einer Vorrangstraße im Ortsgebiet umgekehrt zu haben. Über den Beschwerdeführer wurden daher wegen Verwaltungsübertretungen zu

1. nach § 9 Abs. 1 StVO 1960 und zu 2. nach § 14 Abs. 2 lit. d leg. cit. Geld- und Ersatzarreststrafen verhängt.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 StVO 1960 dürfen Sperrlinien (§ 55 Abs. 2) nicht überfahren werden. Aus § 55 Abs. 2 leg. cit. ergibt sich, daß Längs- oder Quermarkierungen, die ein Verbot oder Gebot bedeuten, wie Sperrlinien (§ 9 Abs. 1) als nicht unterbrochene Linien auszuführen sind. § 55 Abs. 8 leg. cit. sieht vor, daß Bodenmarkierungen als straßenbauliche Einrichtungen gelten und gemäß § 98 Abs. 3 anzubringen bzw. zu entfernen sind. Zufolge dieser letztgenannten Bestimmung darf der Straßenerhalter auch ohne behördlichen Auftrag Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs (§ 31 Abs. 1) anbringen; dies gilt unbeschadet der Bestimmungen über unaufschiebbare Verkehrsbeschränkungen (§ 44b), jedoch nicht für die in § 44 Abs. 1 genannten Straßenverkehrszeichen.

Da Sperrlinien nicht zu den in § 44 Abs. 1 leg. cit. genannten Straßenverkehrszeichen gehören, folgt daraus, daß sie keiner Verordnung bedürfen, weshalb auch die Bestimmungen des § 44 leg. cit. über die Kundmachung von Verordnungen nicht gelten, sodaß Sperrlinien mit deren Anbringung durch den Straßenerhalter rechtswirksam werden und ihre Nichtbeachtung - ungeachtet der allfälligen Unterlassung des in § 55 Abs. 9 leg. cit. vorgesehenen Anhörungsverfahrens - als Übertretung des § 9 Abs. 1 leg cit. zu qualifizieren ist.

An diesem Beurteilungsergebnis kann auch der Umstand nichts ändern, daß der Verfassungsgerichtshof die Regelung des § 55 Abs. 8 StVO 1960 mit Erkenntnis vom 28. September 1989, Zlen. G 52/89 u.a., aufgehoben hat, wobei die Aufhebung mit Ablauf des 30. September 1990 in Wirksamkeit tritt, weil es sich im Beschwerdefall um keinen Anlaßfall handelt, sodaß die aufgehobene Bestimmung zufolge Art. 140 Abs. 7 B-VG im vorliegenden Fall anzuwenden ist. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der am Tatort angebrachten Sperrlinie eine Verordnung zu Grunde gelegen war, weshalb der Beschwerdeführer mit dem dieser Frage gewidmeten Beschwerdevorbringen für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen vermag.

Im übrigen geht aus dem Akt des Magistrates der Stadt Wien, MA 46-V13-192/66, hervor, daß der Aufstellung der für den Tatort maßgebenden Verkehrszeichen gemäß § 52 lit. c Z. 25a StVO 1960 ("Vorrangstraße") eine Verordnung zu Grunde gelegen war.

In Erwiderung auf die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers ist zu bemerken, daß der Meldungsleger anläßlich seiner Einvernahme als Zeuge zwar erklärt hat, sich an "ggst. Anzeige nicht mehr erinnern" zu können, gleichzeitig aber ausdrücklich erwähnt hat, "daß die Anzeige am Tag der Übertretung von mir gelegt wurde u. ich damals meine Wahrnehmungen noch in sehr guter Erinnerung hatte u. ich mit Sicherheit keine Anzeige gelegt hätte, wenn ich der Richtigkeit meiner Wahrnehmungen nicht sicher gewesen wäre". Angesichts des Umstandes, daß auch die Anzeige als taugliches Beweismittel anzusehen ist (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1988, Zl. 87/18/0116) und sich der Beschwerdeführer während des Verwaltungsstrafverfahrens auf das bloße Bestreiten der ihm angelasteten Übertretungen beschränkt hat, ohne eine schlüssige Gegendarstellung zu geben, kann der belangten Behörde keine im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wesentliche, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeworfen werden, wenn sie unter den gegebenen Umständen als erwiesen angenommen hat, daß der Beschwerdeführer die erwähnten Übertretungen begangen hat.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Beweismittel Amtspersonen Meldungsleger Anzeigen Berichte Zeugenaussagen Beweismittel Urkunden Beweiswürdigung Wertung der Beweismittel Grundsatz der Unbeschränktheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990180079.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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