TE Lvwg Erkenntnis 2020/7/21 LVwG-2020/13/1357-2

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Veröffentlicht am 21.07.2020
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Entscheidungsdatum

21.07.2020

Index

90/01 Straßenverkehrsrecht
90/02 Führerscheingesetz

Norm

StVO 1960 §99 Abs1a
StVO 1960 §5 Abs1
FSG 1997 §26 Abs2 Z4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Dr.in Strele über die Beschwerde des AA, vertreten durch BB Rechtsanwalts GmbH in Z, Adresse 1, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol vom 08.06.2020, Geschäftszahl ***, betreffend eine Entziehung der Lenkberechtigung nach dem Führerscheingesetz,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die festgesetzte Entzugsdauer von 7 Monaten auf 5 Monate herabgesetzt wird.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Angefochtener Entzugsbescheid, Beschwerdevorbringen und Beweisaufnahme:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Mandatsbescheid vom 11.03.2020, Geschäftszahl ***, geändert und dem Beschwerdeführer seine Verkehrszuverlässigkeit auf die Dauer von 7 Monaten aberkannt sowie die Lenkberechtigung der Klassen AM/B gerechnet vom 28.02.2020 bis inklusive 28.09.2020 entzogen. Schließlich wurde dem Beschwerdeführer das Recht aberkannt von einer allfällig im Ausland erworbenen Lenkberechtigung für die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit in Österreich Gebrauch zu machen. Einer allfällig dagegen eingebrachten Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Schließlich wurde dem Beschwerdeführer mit diesem Bescheid angeordnet ergänzend zur Entziehung der Lenkberechtigung die Absolvierung einer Nachschulung gemäß § 2 FSG-NV für alkoholauffällige Fahrzeuglenker bis zum Ablauf der Entzugsdauer zu absolvieren.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht nachfolgende Beschwerde ein und brachte vor wie folgt:

„In umseits bezeichneter Rechtssache zeigt der Beschwerdeführer zunächst an, dass er mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung die BB Rechtsanwalts GmbH, vertreten durch ihren alleinigen Gesellschaftergeschäftsführer CC, Rechtsanwalt, Adresse 1, Z, beauftragt und bevollmächtigt hat. Die ausgewiesene rechtsfreundliche Vertreterin des Beschwerdeführers verweist gemäß § 8 RAO auf die erteilte Bevollmächtigung.

Mit Bescheid der LPD Tirol vom 8.6.2020 zu *** wurde der Mandatsbescheid vom 11.3.2020 insofern abgeändert, als die Dauer des Führerscheinentzugs von 4 Monaten auf 7 Monate erhöht wurde. Gegen diesen Bescheid wird binnen offener Frist das Rechtsmittel der

Beschwerde

an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und dieses begründet wie folgt:

1.

Anfechtungsumfang:

Zunächst wird mitgeteilt, dass der gegenständliche Bescheid nur (mehr) hinsichtlich der verhängten Dauer angefochten wird. In concreto hätte dem Beschwerdeführer die Verkehrszuverlässigkeit nur auf die Dauer von 4 Monaten, und nicht auf die Dauer von 7 Monaten aberkannt werden dürfen.

Es wird dezidiert mitgeteilt, dass der Bescheid iSd Führerscheinentzuges dem Grunde nach nicht mehr bekämpft wird, zumal die 4-monatige Entzugsdauer einerseits ohnedies am 28.6.2020 abgelaufen ist und bis dahin mit keiner Entscheidung zu rechnen war. Davon abgesehen ist der belangten Behörde in rechtlicher Hinsicht insofern zuzustimmen, als der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt nach Eintreffen der Polizisten das KFZ nochmals startete und versuchte, wieder auf die Straße zu lenken, sodass der vom Beschwerdeführer getätigte Nachtrunk im Ergebnis keine Auswirkung haben dürfte.

2.

Gemäß § 26 Abs 2 FSG ist bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1a StVO – wie hier gegenständlich - eine Mindestentzugsdauer von 4 Monaten zu verhängen.

Obgleich der Beschwerdeführer am 28.4.2020 um 10:36 Uhr in Z das KFZ *** lenkte, obwohl seine Lenkberechtigung aufgrund des gegenständlichen Mandatsbescheides vom 11.3.2020 zu diesem Zeitpunkt als entzogen galt, und er daher zum Lenken nicht berechtigt war, hätte die belangte Behörde dennoch mit der Mindestentzugsdauer von 4 Monaten das Auslangen finden müssen.

In diesem Zusammenhang ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer Besitzer des Gasthauses DD in Y, X, ist und in seinen Teichen über 70.000 Fische leben. Nach einigen Wochen ging das Futter zu Ende und versuchte der Beschwerdeführer verzweifelt, eine Möglichkeit der Lieferung zu finden. Aufgrund der Covid-19-Pandemie und des damit verbundenen Lockdowns konnte weder das EE noch sonst dritte Personen den Beschwerdeführer beliefern. Dies insbesondere auch deswegen, da zu diesem Zeitpunkt das Übertreten von Gemeindegrenzen aufgrund der einschlägigen Verordnungen in Tirol verboten war. Nach mehreren Tagen des Überlegens und der großen Sorge des Beschwerdeführers, dass insgesamt 70.000 Tiere in seinen Teichen verenden würden, entschloss sich der Beschwerdeführer zum Schutz seiner Tiere dazu, den kürzesten Weg Richtung EE in Z zu nehmen, um knapp 1 Tonne Futter für seine Fische zu kaufen.

Zum Beweis dieses Vorbringens und der besonderen Ausnahmesituation, in welcher sich der Beschwerdeführer befand, wird die Ladung und Einvernahme des Beschwerdeführers zur anzuberaumenden Verhandlung ausdrücklich

beantragt.

3.

Nachdem der Beschwerdeführer (gesetzlich zwingend) aufgrund des angefochtenen Bescheides ohnedies auch bei einer Mindestentzugsdauer von 4 Monaten eine Nachschulung zu absolvieren hat, der Beschwerdeführer seit Jahrzehnten über eine 3 gültige Lenkberechtigung verfügte und in diesen Jahrzehnten nie wegen Verkehrsunzuverlässigkeit in Erscheinung trat, wird angesichts der bestehenden Unbescholtenheit und der besonderen Ausnahmesituation bei richtiger rechtlicher Beurteilung davon auszugehen sein, dass trotz der am 28.4.2020 ohne Lenkberechtigung erfolgten Fahrt des Beschwerdeführers die Mindestentzugsdauer von 4 Monaten bei Beachtung der vorliegenden Milderungsgründe ausreichend ist. Nachdem die Entzugsdauer im angefochtenen Bescheid mit 7 Monaten ausgesprochen wurde, ist der bekämpfte Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet.

Es wird daher

beantragt,

das Landesverwaltungsgericht wolle

1.   der Beschwerde Folge geben und den angefochtenen Bescheid dergestalt abändern, als dem Beschwerdeführer die Verkehrszuverlässigkeit auf die Dauer von 4 Monaten aberkannt wird, sodass der Beschwerdeführer seinen Führerschein beginnend mit 28.6.2020 wiederum bei der Behörde abholen kann, sowie

2.   aufgrund der laufenden Frist im Zusammenhang mit der Entzugsdauer ehestmöglich eine Verhandlung anberaumen, zu der auch der Beschwerdeführer geladen werden wolle.“

Aufgrund dieser Beschwerde wurde der behördliche Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsakt sowie in den entsprechenden Akt des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, insbesondere in das vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers übermittelte E-Mail samt Anlage vom 20.07.2020.

II.      Nachfolgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:

Der Beschwerdeführer AA hat am 28.02.2020 um 04.30 Uhr in der Gemeinde W, Adresse 2, den PKW mit dem Kennzeichen *** in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu lenken versucht. Der Test am geeichten Alkomaten ergab einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,62 mg/l (1,24 ‰).

Dadurch hat der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs 1a iVm § 5 Abs 1 StVO begangen und wurde über ihn mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 08.06.2020, Geschäftszahl VStV/920300487037/2020, gemäß § 99 Abs 1a StVO eine Geldstrafe in Höhe von Euro 1.200,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt.

Dieses Straferkenntnis ist bereits in Rechtskraft erwachsen, es wurde kein Rechtsmittel dagegen eingebracht.

III.     Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich widerspruchsfrei aus dem behördlichen Verwaltungsakt, insbesondere aus dem darin befindlichen Straferkenntnis. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers führt überdies in seinem E-Mail Schreiben vom 20.07.2020 an das Landesverwaltungsgericht Tirol aus, dass der Beschwerdeführer die Geldstrafe auch bereits überwiesen habe.

IV.      Rechtliche Beurteilung:

Der Beschwerdeführer AA wurde – wie festgestellt wurde – am 08.06.2020 von der Landespolizeidirektion Tirol wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs 1a iVm § 5 Abs 1 StVO (Lenken eines Kraftfahrzeugs in einem alkoholisierten Zustand von 1,24 ‰) rechtskräftig bestraft.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 11.04.2020, Zl 99/11/0289) hat die Entziehungsbehörde, wenn eine rechtskräftige Bestrafung vorliegt, aufgrund ihrer Bindung an rechtskräftige Bestrafungen bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit des Betreffenden vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache dann auszugehen, wenn sich der Verwaltungsstraftatbestand mit dem Tatbestandsvoraussetzungen der bestimmten Tatsache des § 7 Abs 3 deckt, wie dies bei einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs 1 StVO (Lenken einer Kraftfahrzeuges im alkoholisierten Zustand) der Fall ist. Bindungswirkung ist somit eingetreten.

Gemäß § 24 Abs 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen oder die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

Gemäß § 7 Abs 1 FSG gilt eine Person als verkehrsunzuverlässig, wenn wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Gemäß § 7 Abs 3 Z 1 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist.

Gemäß § 7 Abs 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

Gemäß § 24 Abs 3 FSG kann bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

1.   wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,

2.   wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder

3.   wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960.

Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 jedoch eine Nachschulung anzuordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Wurde die Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) gemäß § 4c Abs. 2 nicht befolgt oder wurde dabei die Mitarbeit unterlassen, so ist die Lenkberechtigung jener Klasse, für die die angeordnete(n) Stufe(n) nicht absolviert wurde(n), bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Eine diesbezügliche Entziehung der Klasse B zieht jedenfalls eine Entziehung der Klassen C(C1), CE(C1E), D(D1) und DE(D1E) nach sich. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen. Die Behörde hat eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer das Verkehrscoaching zu absolvieren ist. Wird das Verkehrscoaching nicht innerhalb dieser Frist absolviert, hat die Behörde die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

Gemäß § 25 Abs 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

Gemäß § 26 Abs 2 Z 4 FSG ist, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen wird, die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens vier Monate zu entziehen, wenn beim Lenken oder in Betrieb nehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs 1a StVO 1960 begangen wird.

Nach § 30 Abs 1 FSG ist dem Besitzer einer ausländischen EWR- oder Nicht-EWR-Lenkberechtigung, der keinen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) in Österreich hat, das Recht, von seiner Lenkberechtigung Gebrauch zu machen, abzuerkennen, wenn Gründe für die Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, von der Lenkberechtigung Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot unter Anwendung der §§ 24 Abs. 1, 25, 26 und 29 auszusprechen. Für die Aberkennung ist die Behörde zuständig, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Führerscheinbesitzer seinen Aufenthalt hat; sie hat den Führerschein abzunehmen und bis zum Ablauf der festgesetzten Frist oder bis zur Ausreise des Besitzers zurückzubehalten. Sofern dies möglich ist, hat die Behörde der Ausstellungsbehörde des Führerscheines die Tatsache der Aberkennung des genannten Rechtes mitzuteilen.

Ausgehend davon, dass mit einer rechtskräftigen Bestrafung des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren, LPD Tirol, Zl ***, für das Landesverwaltungsgericht Tirol Bindungswirkung eingetreten ist, ist unter Hinweis auf die zuvor zitierten Rechtsnormen des Führerscheingesetzes festzuhalten, dass die belangte Behörde die Entzugszeit bei einer erstmaligen Begehung eines Deliktes – wie dem gegenständlichen - mit mindestens 4 Monaten festzusetzen hat. Demgemäß hat die belangte Behörde im Mandatsbescheid vom 11.03.2020 betreffend den Beschwerdeführer die Mindestentzugsdauer von 4 Monaten ausgesprochen.

Zwischenzeitlich langte jedoch durch die Landesverkehrsabteilung Tirol eine weitere Anzeige unter der Geschäftszahl *** ein, laut welcher der Beschwerdeführer am 28.04.2020 um 10.36 Uhr in Z, Adresse 3, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen *** gelenkt hat, obwohl seine Lenkberechtigung aufgrund des gegenständlichen Mandatsbescheids vom 11.03.2020 zu diesem Zeitpunkt als entzogen galt und er daher zum Lenken gar nicht berechtigt war.

Diese Handlung gilt unter Hinweis auf die zuvor zitierten Rechtsnormen des Führerscheingesetzes sowie unter Bedachtnahme der Wertungen im Sinne des § 7 Abs 4 FSG als äußert verwerflich und war somit jedenfalls erschwerend zu werten. Die belangte Behörde setzte daher die Entzugsdauer im Gegenstandsfall mit 7 Monaten fest.

Beim gegenständlichen Entzug des Beschwerdeführers handelt es sich um seinen Ersten.

In seiner Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus, dass er Besitzer des Gasthauses DD in Y, X, ist und in seinen Teichen über 70.000 Fische leben würden. Nach einigen Wochen sei das Futter zu Ende gegangen und habe verzweifelt versucht eine Möglichkeit der Lieferung zu finden. Aufgrund der COVID-19-Pandemie und des damit verbundenen Lockdowns habe ihn weder das EE noch dritte Personen beliefern können. Dies insbesondere auch deswegen, da zu diesem Zeitpunkt das Übertreten von Gemeindegrenzen aufgrund der einschlägigen Verordnungen in Tirol verboten war. Nach mehreren Tagen des Überlegens und seiner großen Sorge, dass insgesamt 70.000 Tiere in seinen Teichen verenden würden, habe er sich zum Schutz seiner Tiere dazu entschlossen, den kürzesten Weg in Richtung EE in Z zu nehmen, um knapp eine Tonne Futter für seine Fische zu kaufen.

Gemäß § 26 Abs 1 FSG ist, wenn beim Lenken oder in Betrieb nehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1b StVO 1960 begangen wird und es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C und D handelt und zuvor keine andere der in § 7 Abs 3 Z 1 und 2 genannten Übertretungen begangen wurde, die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen.

Bei den dem Beschwerdeführer zur Anzeige gebrachten Delikt der Landesverkehrsabteilung Tirol (Lenken eines Kraftfahrzeuges trotz entzogener Lenkberechtigung am 28.04.2020) handelt es sich um eine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs 3 Z 6 lit a FSG 1997, mithin nicht um einen Sachverhalt, der nach § 26 FSG 1997 zwingend eine Entziehung der Lenkberechtigung für einen fixen Zeitraum oder einen Mindestzeitraum nach sich zu ziehen hat, ohne dass es einer Wertung bedürfte. Die Entziehung hat vielmehr nach der Grundregel des § 25 FSG 1997 zu erfolgen (vgl VwGH 16.10.2012, GZ 2012/11/0160).

Vor dem Hintergrund dieser und der folgenden Ausführungen konnte die Entziehungsdauer betreffend den Beschwerdeführer von 7 auf 5 Monate herabgesetzt werden.

Der am xx.xx.xxxx geborene Beschwerdeführer ist bis dato nie wegen Verkehrsunverlässigkeit in Erscheinung getreten und ist unbescholten.

Laut rechtskräftigen Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 08.06.2020, Geschäftszahl ***, wies der Beschwerdeführer beim Lenken seines Kraftfahrzeuges am 28.02.2020 einen Alkoholisierungsgrad von 1,24 ‰ auf, was gemäß § 26 Abs 2 Z 4 FSG eine Mindestentzugsdauer von 4 Monaten zur Folge hat. Eine Entzugsdauer von mindestens 1 Monat ist zu verhängen, wenn beim Lenken oder in Betrieb nehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1b StVO begangen wird (Alkoholisierungsgrad von 0,8 bis 1,2 ‰) und es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt und zuvor keine andere der in § 7 Abs 3 Z 1 und 2 genannten Übertretungen begangen wurde.

Das Lenken seines Kraftfahrzeuges am 28.04.2020, obwohl ihm die Lenkberechtigung aufgrund des Mandatsbescheides vom 11.03.2020 entzogen worden war, stellt trotz seines Vorbringens, dass er aufgrund der COVID-19-Pandemie dringend Futter für seine in seinem Teich lebenden 70.000 Fische besorgen habe müssen, eine Handlung dar, die verwerflich und jedenfalls als erschwerend zu beurteilen war.

Das Lenken von Kraftfahrzeugen unter der beeinträchtigenden Wirkung von Alkohol stellt eines der schwersten Übertretungen der Straßenverkehrsordnung dar und birgt enorme Gefahren für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer und sich selbst. Studien belegen, dass mit steigendem Alkoholisierungsgrad die Unfallwahrscheinlichkeit erheblich zunimmt. Die Verarbeitung von Reizen geschieht verzögert. Aufmerksamtschwankungen treten auf, die Konzentrationsleistung nimmt ab. Verminderung der Reaktionsgenauigkeit sowie auch in der Reaktion der Schnelligkeit treten auf.

Nach Ablauf der nunmehr ausgemessenen Entzugsdauer von 5 Monaten mit den daneben verbundenen Auflagen kann mit der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers gerechnet werden.

Die Entziehung der Lenkberechtigung stellt ebenso wie die Aberkennung des Rechts, während der Entzugszeit von einer allfälligen ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, eine vorbeugende Maßnahme zum Schutze der Verkehrssicherheit dar, die unaufschiebbar ist. Auf persönliche, wirtschaftliche oder berufliche Interessen kann dabei keine Rücksicht genommen werden.

Die angeordnete Absolvierung der Nachschulung vor Ablauf der Entzugszeit ergibt sich zwingend aus der Bestimmung des § 24 Abs 3 FSG.

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Dr.in Strele

(Richterin)

Schlagworte

Herabsetzung der Entzugsdauer von 7 Monate auf 5 Monate;
Lenken in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.13.1357.2

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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