TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/8 W102 1420778-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.04.2020
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Entscheidungsdatum

08.04.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
FPG §55 Abs4
FPG §55 Abs5

Spruch

W102 1420778-3/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Werner ANDRÄ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX (alias XXXX ), StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, vom 19.10.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.03.2019 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG, § 8 Abs. 4 AsylG 2005, § 9 Abs. 4 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 57 AsylG 2005 stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.

III. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV., V. und VI. wird gemäß § 52 Abs. 5 FPG stattgegeben und diese ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 18.01.2011 stellte der Beschwerdeführer, afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, einen Antrag auf internationalen Schutz, den das Bundesasylamt mit Bescheid vom 20.07.2011 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abwies, dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannte (Spruchpunkt II.) und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 20.07.2012 erteilte. Zu Spruchpunkt II. führte die belangte Behörde begründend aus, dass keine ausreichende Lebenssicherheit bestehe. Zwar sei eine Rückkehrgefährdung aufgrund der Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz (Ghazni) nicht erkennbar, aber sei aufgrund des Alters des Beschwerdeführers im Zusammenspiel mit fehlenden familiären Anknüpfungspunkten bei einer Rückkehr nicht ausreichend gesichert, dass seine Grundbedürfnisse wie Wohnung, Nahrung etc. befriedigt würden.

Die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 19.01.2012 abgewiesen.

Auf die Anträge des Beschwerdeführers vom 26.06.2012, vom 10.07.2013, vom 07.07.2014, vom 04.07.2014 und vom 04.07.2016 wurde dem Beschwerdeführer jeweils mit Bescheid vom 20.07.2012, vom 22.07.2013, vom 19.08.2014 und vom 18.08.2016 eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG zuletzt bis zum 20.07.2018 erteilt. Begründend führte die Behörde jeweils aus, das Vorliegen der Voraussetzungen könne als glaubwürdig gewertet werden und könne, da dem Antrag vollinhaltlich stattgegeben worden wäre, eine weiter Begründung gemäß § 58 Abs. 2 AVG entfallen.

Mit Beschluss des BG Steyr wurde ein Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen §§ 12, 15, 127 StGB gemäß §§ 198, 199 StPO iVm § 203 Abs. 4 StPO nach Ablauf der Probezeit endgültig eingestellt.

Am 28.06.2018 brachte der Beschwerdeführer erneut einen "Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes gemäß § 8 Abs. 4 AsylG" ein.

Am 18.10.2018 brachte der Beschwerdeführer beim Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Daueraufenthalt - EG (int. Schutzberechtigte)" nach dem NAG ein.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19.10.2018, zugestellt am 23.10.2018, erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer - nach niederschriftlicher Einvernahme am 19.09.2018 - den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG von Amts wegen ab (Spruchpunkt I.), wies den Antrag des Beschwerdeführers vom 28.06.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 5 FPG mit 14 Tagen festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Begründend führte die belangte Behörde aus, die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten würden nicht mehr vorliegen. Der Beschwerdeführer sei mittlerweile volljährig, habe in Österreich den Hauptschulabschluss absolviert und Berufserfahrung gesammelt. Eine Rückkehr nach Ghazni sei aufgrund der dortigen volatilen Sicherheitslage nicht zumutbar, eine Rückkehr in eine vergleichsweise sichere Region in Afghanistan sei jedoch zumutbar. Der Beschwerdeführer sei als mittlerweile erwachsener, gesunder und arbeitsfähiger Mann auf die Versorgung durch die Familie oder andere soziale Anknüpfungspunkte nicht mehr angewiesen.

3. Gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.10.2018 richtet sich die am 13.11.2018 bei der belangten Behörde eingelangte vollumfängliche Beschwerde, in der ausgeführt wird, eine Aberkennung nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG sei nur aufgrund von Änderungen seit der letztmaligen Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zulässig. Der Beschwerdeführer sei bereits im Zeitpunkt der letzten Verlängerung volljährig gewesen und habe seinen Pflichtschulabschluss nachgeholt gehabt. Die Lage in Afghanistan habe sich nicht nachhaltig und wesentlich verbessert und sei der Beschwerdeführer im Iran aufgewachsen und kenne die Gegebenheiten in Afghanistan nicht. Es liege keine Änderung der Umstände vor, welche eine Aberkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer befinde sich seit 2011 in Österreich und habe sich seither integriert, habe die Sprache gelernt, den Pflichtschulabschluss nachgeholt und arbeite.

Das Bundesverwaltungsgericht führte zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes am 20.03.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, seine bevollmächtigte Rechtsvertreterin, ein Vertreter der belangten Behörde und eine Dolmetscherin für die Sprache Dari teilnahmen.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu seiner Rückkehrsituation und seinen Lebensumständen in Österreich befragt.

Am 02.04.2019 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers am Bundesverwaltungsgericht ein.

Am 21.06.2019 brachte der Beschwerdeführer seinen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" in Vorlage.

Am 04.02.2020 langte die Verständigung der Staatsanwaltschaft Wien vom 23.01.2020 über die Anklageerhebung gegen den Beschwerdeführer wegen § 146 StGB am Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Schreiben vom 27.02.2020 brachte das Bundesverwaltungsgericht aktuelle Länderberichte in das Verfahren ein und gab dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde die Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Stellungnahme des Beschwerdeführers langte am 13.03.2020 am Bundesverwaltungsgericht ein und führt im Wesentlichen aus, die Sicherheitslage sei weiterhin volatil, die Arbeitsmarktsituation und die Ernährungssituation seien angespannt. Weder die subjektiven noch die objektiven Umstände hätten sich im Fall des Beschwerdeführers geändert. Der Beschwerdeführer sei spezifisch vulnerabel

Mit E-Mail vom 09.03.2020 bestätigte das Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35 - Fachbereich Einwanderung, dass dem Beschwerdeführer der in Vorlage gebrachten Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU (int. Schutzberechtigung)" erteilt wurde.

Der Beschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:

* Nachweis eines Arbeitsverhältnisses

* Teilprüfungszeugnis für Pflichtschulabschlussprüfung

* Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU (int. Schutzberechtigung)"

* Medizinische Unterlagen

* Konvolut von Lohn/Gehaltsabrechnungen

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, wurde im Jahr XXXX in einem Dorf in Ghazni geboren und ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara. Er bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari.

Der Beschwerdeführer reiste im Alter von etwa zwei Jahren mit seiner Großmutter und seinem Onkel mütterlicherseits in den Iran aus, wo er im Haushalt des Onkels mit dessen Ehefrau, dessen drei Kindern lebte und der Großmutter lebte. Der Beschwerdeführer besuchte im Iran vier Jahre die Schule. Der Onkel arbeitete und versorgte damit auch den Beschwerdeführer.

Der Vater des Beschwerdeführers ist schon vor der Ausreise des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat verstorben. Die Mutter des Beschwerdeführers, seine drei Brüder und zwei Schwestern sind unbekannten Aufenthaltes, der Beschwerdeführer kann sich an sie nicht erinnern und kennt sie nur aus Erzählungen seiner Großmutter. Dass sie verstorben sind, ist wahrscheinlich.

Die Großmutter ist mittlerweile ebenso verstorben.

Der Beschwerdeführer ist seit seiner Ausreise im Kleinkindalter nicht mehr in den Herkunftsstaat zurückgekehrt. Er hat keine Verwandten oder Bekannten in Afghanistan.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.07.2011 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AslyG bis zum 20.07.2012 erteilt. Mit Bescheid vom 20.07.2012, vom 22.07.2013, vom 19.08.2014 und vom 18.08.2016 wurde dem Beschwerdeführer jeweils eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG zuletzt bis zum 20.07.2018 erteilt

Der Beschwerdeführer leidet, seit er den angefochtenen Bescheid erhalten hat, an einer Anpassungsstörung. An weiteren Erkrankungen leidet er nicht.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Im Bundesgebiet hat der Beschwerdeführer Deutschkurse besucht und zunächst in den Jahren 2013 und 2014 einige Monate als Küchenhilfe in einem Hotel gearbeitet. Im Jahr 2015 hat er den Pflichtschulabschluss nachgeholt. Ansonsten lebte der Beschwerdeführer von staatlichen Leistungen. Schließlich zog der Beschwerdeführer nach Wien, wo er seit Mai 2017 als Koch in der Systemgastronomie arbeitet und seinen Lebensunterhalt nunmehr aus eigenem Einkommen bestreitet.

Dem Beschwerdeführer wurde der Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU" erteilt und ein entsprechendes Dokument für den Gültigkeitszeitraum 14.05.2019 bis 14.05.2024 ausgestellt.

1.2. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat

Afghanistan ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und Aufständischen betroffen. Die Betroffenheit von Kampfhandlungen sowie deren Auswirkungen für die Zivilbevölkerung sind regional unterschiedlich.

Die Provinz Ghazni gehört zu den volatilen Provinzen Afghanistans, Talibankämpfer sind in der Provinz aktiv. Ghazni ist stark umkämpft und einer der Hauptschauplätze von Kämpfen zwischen Taliban und afghanischen Streitkräften. Auch Ghazni Stadt wurde bereits von den Taliban angegriffen und vorrübergehend teilweise eingenommen. Zwölf Distrikte stehen unter Kontrolle der Taliban, sieben Distrikte sind umkämpft. Auch Luftangriffe werden durchgeführt.

Im Fall der Rückkehr des Beschwerdeführers in die Provinz Ghazni besteht die Gefahr, dass der Beschwerdeführer im Zuge von Kampfhandlungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und Streitkräften der Regierung oder durch Übergriffe von regierungsfeindlichen Gruppierungen gegen die Zivilbevölkerung zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt wird.

Mazar-e Sharif steht unter Regierungskontrolle, Kampfhandlungen finden im Wesentlichen nicht statt. Die Stadt verfügt über einen internationalen Flughafen, über den die Stadt sicher erreicht werden kann.

Für den Fall der Niederlassung des Beschwerdeführers in Mazar-e Sharif kann nicht festgestellt werden, dass ihm die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Im Fall einer Rückführung des Beschwerdeführers nach Mazar-e Sharif ist davon auszugehen, dass er sich eine Lebensgrundlage wird aufbauen und die Grundbedürfnisse seiner menschlichen Existenz wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft wird decken können und im Fall seiner Niederlassung ein Leben ohne unbillige Härten wird führen können, so wie es auch seine Landsleute führen. Seine medizinische Versorgung ist gewährleistet.

Es gibt in Afghanistan unterschiedliche Unterstützungsprogramme für Rückkehrer von Seiten der Regierung, von NGOs und durch internationale Organisationen. IOM bietet in Afghanistan Unterstützung bei der Reintegration an.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zu Identität, Herkunftsort, Staatsangehörigkeit, Lebenswandel und Lebensverhältnissen im Herkunftsstaat, Volksgruppen- und Religionsangehörigkeit und Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers beruhen auf seinen gleichbleibenden Angaben im gesamten Verfahren, die auch die belangte Behörde ihren Entscheidungen zugrunde legte. Hinweise darauf, dass diese nicht zutreffen würden, sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen. Das Geburtsdatum des Beschwerdeführers stellte die belangte Behörde auf Grundlage des von ihr eingeholten Altersgutachtens fest, wobei der Beschwerdeführer sich nie gegen das festgestellte Geburtsdatum wandte und sein Geburtsjahr gleichbleibend mit XXXX angab.

Zur Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht mehr nach Afghanistan zurückgekehrt ist, ist auszuführen, dass sich diesbezügliche Hinweise nicht ergeben haben und auch die Behörde nicht von einer Rückkehr in den Herkunftsstaat seit der Ausreise im Alter von etwa zwei Jahren ausging. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keine Verwandten oder Bekannten in Afghanistan hat, beruht auf den vor dem Hintergrund seines Lebenswandels plausiblen Angaben des Beschwerdeführers, die auch die Behörde ihrer Entscheidung zugrunde legte.

Die Feststellung zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den Beschwerdeführer, sowie zur Zuerkennung und zur Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung beruhen auf den im Akt einliegenden diesbezüglichen Bescheiden des Bundesasylamtes sowie des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Die Feststellung zur Anpassungsstörung beruht auf den in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Vorlage gebrachten medizinische Unterlagen. Dass der Beschwerdeführer an weiteren Erkrankungen nicht leidet, ergibt sich daraus, dass ein anderslautendes Vorbringen nicht erstattet und im Lauf des Verfahrens auch keine ärztlichen Unterlagen vorgelegt wurden, die eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Beschwerdeführers nachweisen würden.

Die Feststellung zur Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Akt einliegenden aktuellen Strafregisterauszug.

Die Feststellung zur Nachholung des Pflichtschulabschlusses beruht auf dem diesbezüglich in Vorlage gebrachten Zeugnis vom 25.02.2015, zu seinem aktuellen Arbeitsverhältnis hat der Beschwerdeführer eine Bestätigung seines Dienstgebers und Gehaltsabrechnungen in Vorlage gebracht. Der berufliche Werdegang des Beschwerdeführers ergibt sich überdies aus dem im Akt einliegenden Ausdruck aus der AJ-WEB (AS 109 ff.). Seinen Umzug nach Wien hat der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angegeben, wobei aus dem im Akt einliegenden aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister hervorgeht, dass der Beschwerdeführer seinen Hauptwohnsitz weiterhin in Wien hat.

Die Feststellung zum "Daueraufenthalt - EU" beruhen auf dem vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachten entsprechenden Dokument, dessen Echtheit und Richtigkeit das Amt der Wiener Landesregierung, MA 35 - Fachbereich Einwanderung, mit E-Mail vom 09.03.2020 bestätigt hat.

2.2. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat

Die Feststellung zum innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in Afghanistan basiert auf den UNHCR-Richtlinien (siehe insbesondere Kapitel II. Überblick, Unterkapitel A. Die wichtigsten Entwicklungen in Afghanistan, S. 13 f. und Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel B. Flüchtlingsstatus nach den weitergehenden Kriterien gemäß dem UNHCR-Mandat oder nach regionalen Instrumenten und Schutz nach ergänzenden Schutzformen, Unterkapitel 2. Subsidiärer Schutz nach der Qualifikationsrichtlinie der EU [Richtlinie 2011/95/EU], S. 117 f.) und findet Bestätigung im Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage. Insbesondere die UNHCR-Richtlinien betonen die uneinheitliche Betroffenheit der unterschiedlichen Gebiete vom innerstaatlichen Konflikt. Diese lässt sich auch aus den Erläuterungen des Länderinformationsblattes zu den einzelnen Provinzen gut nachvollziehen.

Die Feststellungen zur Sicherheitslage in der Provinz Ghazni beruhen auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (in der Folge: Länderinformationsblatt), Gesamtaktualisierung am 13.11.2019, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.10. Ghazni, sowie auf der EASO Country Guidance: Afghanistan von Juni 2019 (in der Folge EASO Country Guidance), Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel III. Subsidiary protection, Unterkapitel Article 15(c) QD, Buchstabe c. Indiscriminate violence, Abschnitt Ghazni, S- 96-97, beide vom Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 27.02.2020 in das Verfahren eingebracht. Angesichts dieser Sicherheitslage und unter Berücksichtigung dessen, dass der Beschwerdeführer zwar in Ghazni geboren, aber seit dem Kleinkindalter nicht mehr dorthin zurückgekehrt ist und damit nicht über Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten in der Provinz verfügt, erscheint es sehr wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer im Zuge von Kampfhandlungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und Streitkräften der Regierung oder durch Übergriffe von regierungsfeindlichen Gruppierungen gegen die Zivilbevölkerung zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden. Eine entsprechende Feststellung wurde folglich getroffen. Dieses Ergebnis steht im Übrigen auch im Einklang mit der Einschätzung von EASO, dass hinsichtlich Ghazni von einem hohen Gewaltniveau ausgeht und aus diesem Grund individuellen Elementen bei Abwägung der Rückkehrgefährdung eine geringere Bedeutung beimisst (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel III. Subsidiary protection, Unterkapitel Article 15(c) QD, Buchstabe c. Indiscriminate violence, Abschnitt Ghazni, S. 97).

Die Feststellung, dass Mazar-e Sharif unter Regierungskontrolle steht und von Kampfhandlungen im Wesentlichen nicht betroffen ist, basiert auf dem EASO COI Report: Afghanistan. Security situation von Juni 2019 (Kapitel 2. Regional description of the security situation in Afghanistan, Unterkapitel 2.5. Balkh (S. 96 ff.). Insbesondere führt der Bericht Mazar-e Sharif als unter Regierungskontrolle stehend an und verzeichnet keine offene Präsenz der Taliban (siehe Tabelle S. 99). Auch Vertreibungen aus Mazar-e Sharif sind nicht verzeichnet (Unterkapitel 2.5.3.2. Displacement, S. 100). Das (aktuellere) Länderinformationsblatt enthält keine Hinweise darauf, dass die Sicherheitslage in Mazar-e Sharif seither schlechter geworden wäre (Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.5. Balkh).

Die Feststellung zum Flughafen basiert auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.35. Erreichbarkeit, Abschnitt Inernationaler Flughafen Mazar-e Sharif sowie auf dem EASO COI Report: Afghanistan. Key socio-economic indicators. Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City von April 2019, Kapitel 2. Internal mobility, Unterkapitel 2.1 Airports and flight connections, S. 18, insbesondere Unterkapitel 2.1.3 Mazar-e Sharif, S. 19). Die EASO Country Guidance bestätigt, dass für den Flughafen von Mazar-e Sharif 9 km von der Stadt entfernt keine Zwischenfälle bekannt sind (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection, Unterkapitel Travel and admittance, S. 130).

Aufgrund der in den oben zitierten Berichten enthaltenen Informationen zur Sicherheitslage in Mazar-e Sharif kann für den Fall der dortigen Niederlassung des Beschwerdeführers auch nicht festgestellt werden, dass ihm die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden. Auch die EASO Country Guidance geht hinsichtlich Mazar-e Sharif von einem relativ niedrigen Gewaltniveau (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection, Unterkapitel Safety, S. 128).

Die Feststellung zur möglichen Niederlassung des Beschwerdeführers in Mazar-e Sharif ergibt sich insbesondere aus einer Zusammenschau der individuellen Umstände und Merkmale, die der Beschwerdeführer in seiner Person vereint.

Maßgebliche Faktoren für die Frage, ob sich der Beschwerdeführer im Fall einer Rückführung nach Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif eine Lebensgrundlage wird aufbauen können, sind insbesondere Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten, sozialer und ökonomischer Hintergrund, Bildungshintergrund, Zugang zu einem sozialen Unterstützungsnetzwerk und Religion (EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Unterabschnitt Reasonableness to settle, S. 105). Damit übereinstimmend stellen nach den UNHCR-Richtlinien insbesondere Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, Verwandtschaftsverhältnisse sowie Bildungs- und Berufshintergrund (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe a) Die persönlichen Umstände des Antragstellers, S. 122) relevante Faktoren dar, wobei neben der Berücksichtigung dieser spezifischen persönlichen Umstände den UNHCR-Richtlinien zufolge auch darauf Bedacht zu nehmen ist, ob der Betreffende seine grundlegenden Menschenrechte wird ausüben können sowie ob er im für die Neuansiedelung in Betracht gezogenen Gebiet Möglichkeiten für ein wirtschaftliches Überleben (Zugang zu Unterkunft, Verfügbarkeit grundlegender Infrastruktur [Trinkwasser, sanitäre Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Bildung], Lebensgrundlage) unter würdigen Bedingungen vorfindet (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe c) Achtung der Menschenrechte und wirtschaftliches Überleben, S. 123 f.).

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen jungen Mann im erwerbsfähigen Alter ohne zusätzliche Verantwortung für andere Personen. Der Beschwerdeführer hat bereits im Iran vier Jahre die Schule besucht und im Bundesgebiet den Pflichtschulabschluss absolviert. Damit verfügt er über für afghanische Verhältnisse relativ gute Schulbildung. Zudem hat der Beschwerdeführer mehrjährige Berufserfahrung in der Gastronomie gesammelt. Er ist bis zu seiner Ausreise nach Europa im Iran im afghanischen Familienverband seines Onkels aufgewachsen und daher mit den afghanischen Gepflogenheiten und Traditionen vertraut. Auch spricht der Beschwerdeführer mit Dari eine der Sprachen des Herkunftsstaates.

Hinsichtlich des ethnischen und sprachlichen Hintergrundes ist der EASO Country Guidance zu entnehmen, dass Balkh eine ethnisch diverse Provinz ist und von unter anderem Hazara bewohnt wird, in der Stadt sei der sprachliche Hintergrund kein relevanter Faktor. Dies gilt im Übrigen auch für die Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers, so nennt die EASO Country Guidance beispielhaft Sikhs und Hindus als jene religiösen Minderheiten, die im Fall einer Niederlassung in Mazar-e Sharif auf Probleme stoßen könnte, nicht aber Schiiten (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Unterabschnitt Reasonableness to settle, S. 131 ff.).

Zwar verfügt der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat nicht über ein soziales Netzwerk, allerdings ist den vorliegenden Länderinformationen zu entnehmen, dass junge, alleinstehende Männer ohne spezifische Vulnerabilität - was auch auf den Beschwerdeführer zutrifft - auch ohne Unterstützungsnetzwerk ihr Auslangen finden können (EASO Country-Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Unterkapitel Reasonableness to settle, Unterkapitel Conclusions on reasonableness: particular profiles encountered in practice, S. 137). Diese Einschätzung wird auch von den UNHCR-Richtlinien bestätigt, denen zufolge alleinstehende leistungsfähige Männer im erwerbsfähigen Alter eine Ausnahme vom Erfordernis der externen Unterstützung darstellen (Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedelungs- oder Schutzalternative, Buchstabe c) Achtung der Menschenrechte und wirtschaftliches Überleben, insbesondere S. 125).

Der EASO Country Guidance ist zudem zu entnehmen, dass die Versorgung mit Lebensmitteln, Unterkünften und Trinkwasser in Mazar-e Sharif gewährleistet ist (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Unterabschnitt Reasonableness to settle, S. 131 ff.), wobei dem Länderinformationsblatt nicht zu entnehmen kein Hinweis darauf zu finden ist, dass die Versorgung Lebensmitteln, Unterkünften und Trinkwasser in Mazar-e Sharif nicht gewährleistet oder zusammengebrochen wäre (Kapitel 21. Grundversorgung, Abschnitt Mazar-e Sharif).

Zudem kann der Beschwerdeführer bei der Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen, wodurch er bei einer Rückkehr nach Afghanistan Unterstützung bei der Existenzgründung erlangen kann, wobei anzumerken ist, dass der Beschwerdeführer seine Rückkehr und Reintegration bereits vom Bundesgebiet aus organisieren kann. Die Feststellung zur Rückkehrhilfe beruht im Übrigen auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 23. Rückkehr).

Zur Gesundheitsversorgung ist auszuführen, dass dem Länderinformationsblatt zu entnehmen ist, dass die primäre Gesundheitsversorgung prinzipiell wenn auch nicht flächendeckend und von variierender Qualität kostenfrei verfügbar ist. Zudem besteht die Möglichkeit privater Behandlung. Auch von einer Verbesserung der Flächendeckung und Fortschritten der Versorgung wird berichtet und es sind auch Behandlungsangebote für psychische Erkrankungen verfügbar (Kapitel 22. Medizinische Versorgung). Dem EASO COI Report: Afghanistan. Key socio-economic indicators. Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City von April 2019 - vom Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 27.02.2020 in das Verfahren eingebracht - ist zum Zugang zu grundlegender Gesundheitsversorgung zu entnehmen, dass, dass dieser für die Mehrheit der afghanischen Bevölkerung grundsätzlich gewährleistet ist. Von problematischen Zugangsbeschränkungen wird nur für ländliche Gebiete berichtet (Kapitel 8. Health care, Unterkapitel 8.2 Access and availability, S. 45 f.). Auch das Länderinformationsblatt bestätigt, dass die medizinische Versorgung in großen Städten und auf Provinzebene sichergestellt ist (Kapitel 22. Medizinische Versorgung). Zur Anpassungsstörung des Beschwerdeführers ist auszuführen, dass das Länderinformationsblatt die Behandlung psychischer Erkrankungen zwar als nicht ausreichend bezeichnet, in Mazar-e Sharif existiert allerdings ein privates neuropsychiatrisches Krankenhaus sowie ein öffentliches Psychiatrisches Krankenhaus. Zudem bieten alle Provinzkrankenhäuser kostenfreie psychologische Beratungen an (Länderinformationsblatt, Kapitel 22. Medizinische Versorgung, Unterkapitel 22.1. Psychische Erkrankungen). Hinsichtlich Medikamenten ist dem Länderinformationsblatt zu entnehmen, dass diese auf jedem afghanischen Markt erwerbbar sind (Kapitel 22. Medizinische Versorgung). Damit ist auch die Behandlung der Anpassungsstörung des Beschwerdeführers in Mazar-e Sharif möglich. Zur notorischen COVID-19-Pandemie ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer mit Mitte 20 und ohne Vorerkrankungen nicht zur Risikogruppe gehört und folglich in seinem Fall ein schwerer Krankheitsverlauf mit Behandlungsbedarf im Krankenhaus im Fall einer Ansteckung im Herkunftsstaat nicht wahrscheinlich ist. Allfällige Pandemie-bedingten Ausgangsbeschränkungen und Einschränkungen in der Erwerbsfreiheit in Mazar-e Sharif sind dagegen lediglich vorrübergehend zu erwarten. Es ist im Übrigen anzumerken, dass es keines Ermittlungsverfahrens und keiner weiteren Feststellungen durch ein Beweisverfahren bedarf, wenn den Sachverhalt bildende Tatsachen sichtbar zutage liegen und offenkundig sind (VwGH 27.09.2013, 2015/05/0212). Dies gilt zweifellos für die aktuelle COVID-19-Pandemie.

Insgesamt gehört der Beschwerdeführer keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungssituation im Herkunftsstaat als qualifiziert schutzbedürftiger darstellt, als die übrige Bevölkerung. Folglich wurde festgestellt, dass im Fall einer Rückführung des Beschwerdeführers nach Mazar-e Sharif davon auszugehen ist, dass er sich eine Lebensgrundlage wird aufbauen und die Grundbedürfnisse seiner menschlichen Existenz wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft wird decken können und im Fall seiner Niederlassung ein Leben ohne unbillige Härten wird führen können, so wie es auch seine Landsleute führen.

Zur Plausibilität und Seriosität der herangezogenen Länderinformationen zur Lage im Herkunftsstaat ist auszuführen, dass die im Länderinformationsblatt zitierten Unterlagen von angesehen Einrichtungen stammen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 5 Abs. 2 BFA-VG verpflichtet ist, gesammelte Tatsachen nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren. Auch das European Asylum Support Office (EASO) ist nach Art. 4 lit. a Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 zur Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen bei seiner Berichterstattung über Herkunftsländer zur transparent und unparteiisch erfolgende Sammlung von relevanten, zuverlässigen, genauen und aktuellen Informationen verpflichtet. Damit durchlaufen die länderkundlichen Informationen, die diese Einrichtungen zur Verfügung stellen, einen qualitätssichernden Objektivierungsprozess für die Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat. Den UNHCR-Richtlinien ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besondere Beachtung zu schenken ("Indizwirkung"), wobei diese Verpflichtung ihr Fundament auch im einschlägigen Unionsrecht findet (Art. 10 Abs. 3 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU [Verfahrensrichtlinie] und Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2011/95/EU [Statusrichtlinie]; VwGH 07.06.2019, Ra 2019/14/0114) und der Verwaltungsgerichtshof auch hinsichtlich der Einschätzung von EASO von einer besonderen Bedeutung ausgeht und eine Auseinandersetzung mit den "EASO-Richtlinien" verlangt (VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0405). Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich daher auf die angeführten Länderberichte, wobei eine beweiswürdigende Auseinandersetzung im Detail oben erfolgt ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (§ 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG, Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten)

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amtswegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG) nicht oder nicht mehr vorliegen.

§ 9 Abs. 1 Z 1 erster Fall AsylG erfasst die Konstellation, in der der Fremde schon im Zeitpunkt der Zuerkennung die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt hat, während § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall jene Konstellationen betrifft, in denen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nachträglich weggefallen sind (VwGH 17.10.2019, Ro 2019/18/0005 m.w.N.).

Die belangte Behörde stützt sich in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides lediglich auf § 9 Abs. 1 AsylG, ohne explizit zu erkennen zu geben, auf welchen konkreten Aberkennungstatbestand sie Bezug nimmt. Aus der rechtlichen Beurteilung, wo die belangte Behörde ausführt, "dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen" (angefochtener Bescheid, S. 147, AS 261) ergibt sich jedoch klar, dass die belangte Behörde sich auf § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG stützt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass es unter Berücksichtigung der Rechtskraftwirkung von Bescheiden nicht zulässig ist, die Aberkennung nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG auszusprechen, obwohl sich der Sachverhalt seit der Zuerkennung des subsidiären Schutzes bzw. der erfolgten Verlängerung nicht geändert hat (VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0353). Auch der Verfassungsgerichtshof hat zu § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG bereits ausgesprochen, dass diese Bestimmung keine Neubewertung eines rechtskräftigen Entschiedenen Sachverhaltes erlaubt, sondern eine Aberkennung nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG lediglich in Frage kommt, wenn sie die Umstände nach der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten maßgeblich geändert haben (VfGH 24.09.2019, E 2330/2019).

In seiner Judikatur zum Aberkennungstatbestand des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG zeichnet der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen das Prüfschema vor, dass zunächst zu ermitteln ist, ob, seit dem Beschwerdeführer zuletzt eine befristete Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 4 AsylG erteilt wurde, neue Umstände hinzugetreten sind. Erst wenn dies zu bejahen ist, ist eine erneute Gesamtbeurteilung vorzunehmen, bei der alle für die Entscheidung maßgeblichen Elemente einbezogen werden, auch wenn sie sich vor der letzten Verlängerung ereignet haben (VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0353).

3.1.1. Zur Sachverhaltsänderung

Zur unionsrechtskonformen Interpretation des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG zieht der Verwaltungsgerichtshof das Erforderlichkeitskalkül des Art. 16 Abs. 1 und Abs. 2 Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (in der Folge Statusrichtlinie) heran (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).

Art. 16 Abs. 1 Statusrichtlinie sieht vor, dass ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr hat, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist. Nach Abs. 2 leg. cit. berücksichtigen die Mitgliedstaaten bei Anwendung des oben zitierten Abs. 1, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorrübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.

Eine solche Änderung der Umstände kann sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus einer Änderung der tatsächlichen Umstände im Herkunftsstaat ergeben, aber auch in der persönlichen Situation des Fremden gelegen sein, wobei es regelmäßig nicht auf den Eintritt eines einzelnen Ereignisses ankommt (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).

Bei der Frage, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, sodass Anspruch auf subsidiären Schutz nicht länger besteht, kommt es regelmäßig nicht allein auf den Eintritt eines einzelnen Ereignisses an. Der Wegfall der Notwendigkeit, auf den Schutz eines anderen Staates angewiesen zu sein, kann sich auch als Ergebnis unterschiedlicher Entwicklungen von Ereignissen, die sowohl in der Person des Fremden als auch in der in seinem Heimatland gegeben Situation gelegen sein können, darstellen. Bei einem Fremden, dem als Minderjähriger subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist, kann das Erreichen der Volljährigkeit eine Rolle spielen, etwa dadurch, dass im Lauf des fortschreitenden Lebensalters in maßgeblicher Weise Erfahrungen in diversen Lebensbereichen hinzugewonnen werden (VwGH 29.11.2019, Ra 2019/14/0449).

Dem Beschwerdeführer wurde zuletzt mit Bescheid vom 15.08.2016 eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG erteilt, weswegen fallgegenständlich Änderungen im Hinblick auf den für die Zuerkennung maßgeblichen Sachverhalt relevant sind.

Die belangte Behörde führt hinsichtlich der Sachverhaltsänderung aus, der Beschwerdeführer sei mittlerweile volljährig, habe den Hauptschulabschluss nachgeholt und Berufserfahrungen im Hotel- und Gastgewerbe gesammelt. Er sei uneingeschränkt erwerbsfähig und nicht mehr auf die Versorgung durch Familienangehörige angewiesen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bringt die Behörde vor dem Hintergrund der dafür nach dem Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen durch ihre Entscheidung, die befristete Aufenthaltsberechtigung zu verlängern, zum Ausdruck, dass sie davon ausgeht, es seien im Zeitpunkt ihrer Entscheidung, mit der sie die Verlängerung bewilligt, weiterhin jene Umstände gegeben, die für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz maßgeblich seien (VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0353).

Hinsichtlich der von der belangten Behörde ins Treffen geführten nunmehrigen Volljährigkeit des Beschwerdeführers ist anzumerken, dass die Tatsache der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers bereits im Zeitpunkt des Bescheides vom 22.07.2013, mit dem die Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers verlängert wurde, weggefallen war und die belangte Behörde mit ihrem Bescheid (sowie den beiden nachfolgenden Bescheiden) im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch zum Ausdruck brachte, dass sie - trotz Volljährigkeit des Beschwerdeführers - vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen ausgegangen war.

Der Verwaltungsgerichtshof stellt allerdings in seiner bereits oben zitierten Rechtsprechung nicht auf das "formale" Kriterium der Volljährigkeit ab, sondern darauf, dass im Lauf des fortschreitenden Lebensalters in maßgeblicher Weise Erfahrungen in diversen Lebensbereichen hinzugewonnen wird.

Seitdem dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 15.08.2016 zuletzt eine befristetet Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG erteilt wurde, sind dreieinhalb Jahre vergangen, in denen der Beschwerdeführer - ein mittlerweile 25 Jahre alter Mann - zweifellos im Prozess persönlicher Reifung fortgeschritten ist. Zudem konnte er sich nunmehr dauerhaft beruflich etablieren, mehr als zwei Jahre Berufserfahrung sammeln und ist dadurch, dass er seinen Unterhalt nunmehr aus eigenem Einkommen bestreitet, selbsterhaltungsfähig. Auch seine Anpassungsfähigkeit, seine Unabhängigkeit und seine Kompetenz, sein Leben selbstständig zu führen und seine Existenz neu aufzubauen, hat der Beschwerdeführer durch seinen Umzug nach Wien innerhalb des Bundesgebietes unter Beweis gestellt. Diese Entwicklung ist zudem nachhaltig.

Damit liegt eine im Sinne der oben zitierten Judikatur wesentliche Sachverhaltsänderung hinsichtlich der in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Umstände vor. Ein Eingehen auf Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer nichtvorliegenden nachhaltigen und wesentlichen Verbesserung der Sicherheitslage erübrigt sich sohin.

3.1.2. Zum Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG

Nachdem eine Sachverhaltsänderung bejaht wurde, ist als weitere Voraussetzung für die Aberkennung des subsidiären Schutzes nach § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG zu prüfen, ob die Rückkehr des Betroffenen in den Herkunftsstaat in der jetzigen Situation ohne Beeinträchtigung seiner in § 8 Abs. 1 AsylG geschützt Rechte möglich ist (VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0381).

Dabei sind nicht isoliert nur jene Sachverhaltsänderungen zu berücksichtigen, die zeitlich nach der zuletzt erfolgten Bewilligung der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung eingetreten sind. Es sind viel mehr im Rahmen der bei der Beurteilung vorzunehmenden umfassenden Betrachtung alle für die Entscheidung maßgeblichen Elemente einzubeziehen, auch wenn sie sich vor der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ereignet haben (VwGH 09.01.2020, Ra 2019/19/0496).

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Mit Erkenntnis vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 hat der Verwaltungsgerichtshof sich mit der Rechtsprechung des EuGH zu den Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auseinandergesetzt. Danach sei subsidiärer Schutz nur in jenen Fällen zu gewähren, in denen die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK auf einen ernsthaften Schaden iSd Art. 15 Statusrichtlinie zurückzuführen ist, der vom Verhalten eines Akteurs iSd Art. 6 Statusrichtlinie verursacht wird (Art. 15 lit a. und b.), bzw. auf eine Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt (Art. 15 lit. c) zurückzuführen ist. Nicht umfasst sei dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführende Verletzungen von Art. 3 EMRK. Insofern habe der nationale Gesetzgeber die Bestimmungen der Statusrichtlinie fehlerhaft umgesetzt, weil nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art 2. Art. EMRK, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führe (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).

An diese Judikatur anschließend spricht der der Verwaltungsgerichthof in seinem Erkenntnis vom 21.05.2019, Ro 2019/19/0006 aus, dass die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht ausschließlich anhand Art. 15 Statusrichtlinie geprüft werden könne. Die Bestimmung sei - obgleich fehlerhaft in das nationale Recht umgesetzt - nicht unmittelbar anwendbar, weil dies zulasten eines bzw. zur Vorenthaltung von Rechten des Einzelnen nicht in Frage komme. Die nationale Regelung des § 8 Abs. 1 AsylG sei günstiger. Deren unionsrechtskonforme bzw. richtlinienkonforme Auslegung finde ihre Schranke jedoch in einer Auslegung contra legem des nationalen Rechtes. Eine einschränkende Auslegung des Wortlautes des § 8 Abs. 1 AsylG im Sinne einer teleologischen Reduktion sei vor dem Hintergrund des klaren gesetzgeberischen Willens - den der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung herausarbeitet - nicht zu rechtfertigen. Daher halte der Verwaltungsgerichtshof an seiner Rechtsprechung, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat - auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird - die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG begründen kann (VwGH 21.05.2019, Ro 2019/19/0006 m.w.N.).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reicht es, um von der realen Gefahr ("real risk") einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf viel mehr einer darüberhinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (VwGH 18.10.2018, Ra 2017/19/0109 m.w.N.). Es obliegt dabei der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines solchen Risikos nachzuweisen. Es reicht nicht aus, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan zu berufen (VwGH 03.05.2018, Ra 2018/20/0191).

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können aber besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 MRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen. In diesem Fall kann das reale Risiko der Verletzung von Art. 2 oder 3 MRK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bereits in der Kombination der prekären Sicherheitslage und der besonderen Gefährdungsmomente für die einzelne Person begründet liegen (VwGH 23.01.2019, Ra 2018/14/0196).

3.1.2.1. Zur Rückkehr in die Herkunftsprovinz

Für die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers ist dem festgestellten Sachverhalt zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr dorthin die Gefahr droht, aufgrund deren starker Betroffenheit vom innerstaatlichen bewaffneten Konflikt, im Zuge von Kampfhandlungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und Streitkräften der Regierung oder durch Übergriffe von regierungsfeindlichen Gruppierungen gegen die Zivilbevölkerung zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Demnach droht dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr die reale Gefahr einer Verletzung seiner durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte im Sinne der oben zitierten Judikatur.

3.1.2.2. Zum Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Antrage auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht.

Gemäß § 11 Abs. 1 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann.

Nach der Rechtsprechung bringt § 8 Abs. 3 AsylG unmissverständlich zum Ausdruck, dass die in § 8 Abs. 1 AsylG genannten Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz nicht gegeben sind, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG zur Verfügung steht. Damit ist auch das Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Aberkennungsverfahren beachtlich (VwGH 29.01.2020, Ro 2019/18/0002).

Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

Nach der Rechtsprechung des VwGH sind nach dem klaren Wortlaut des § 11 AsylG zwei getrennte und selbstständig zu prüfende Voraussetzungen der innerstaatlichen Fluchtalternative zu unterscheiden. Zunächst muss geprüft werden, ob in dem als innerstaatliche Fluchtalternative ins Auge gefasste Gebiet Schutz vor Bedingungen, die nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden, gegeben ist (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001 mwN).

Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, ist Mazar-e Sharif vom innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kaum betroffen und ist damit für den Beschwerdeführer im Fall seiner dortigen Niederlassung eine reale Gefahr einer Verletzung seiner durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte im Sinne der oben zitierten Judikatur aufgrund der Sicherheitslage nicht zu erwarten.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, der auf die Entscheidungen des EGMR Bezug nimmt, hat ein Fremder im Allgemeinen kein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (VfGH 06.03.2008, B2400/07 mwN).

Auch der Verwaltungsgerichtshof hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EGMR bereits ausgesprochen, dass die nach der oben zitierten geforderten außergewöhnlichen Umstände, die zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK führen können, vorliegen, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (zuletzt VwGH 30.06.2017, Ra 2017/18/0086).

Zwar leidet der Beschwerdeführer an einer Anpassungsstörung, wie festgestellt und beweiswürdigen ausgeführt ist seine medizinische Versorgung in Mazar-e Sharif allerdings gewährleistet.

Ansonsten sind im Lauf des Verfahrens keine Gründe hervorgekommen, die für den Beschwerdeführer im Fall seiner Niederlassung in Mazar-e Sharif eine reale Gefahr einer Verletzung seiner durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte im Sinne der oben zitierten Judikatur bedeuten würden.

Die zweite Voraussetzung für das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative bildet nach der Judikatur des VwGH die Frage, ob dem Asylwerber der Aufenthalt in diesem Gebiet zugemutet werden kann. Die Zumutbarkeit des Aufenthalts ist von der Frage der Schutzgewährung in diesem Gebiet zu trennen (Vgl. abermals VwGH 05.04.2018, Ra 2018/19/0154 mwN). Selbst wenn in dem betreffenden Gebiet also keine Verhältnisse herrschen, die die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtfertigen, wäre die innerstaatliche Fluchtalternative bei Unzumutbarkeit des Aufenthalts in diesem Gebiet zu verneinen.

Das Kriterium der Zumutbarkeit ist in unionsrechtskonformer Auslegung gleichbedeutend mit dem Erfordernis nach Art. 8 Abs. 1 Statusrichtlinie, nämlich, dass vom Asylwerber vernünftigerweise erwartet werden kann, sich im betreffenden Gebiet seines Herkunftslandes niederzulassen (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss es dem Asylwerber im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten möglich sein, Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können. Ob dies der Fall ist, erfordert eine Beurteilung der allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat und der persönlichen Umstände des Asylwerbers. Es handelt sich letztlich um eine Entscheidung im Einzelfall, die auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit getroffen werden muss (Zuletzt VwGH 13.12.2018, Ra 2018/18/0533)

Eine schwierige Lebenssituation (bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht), die ein Asylwerber bei Rückführung in das als innerstaatliche Fluchtalternative geprüfte Gebiet vorfinden würde, reicht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet nicht aus, um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen (zuletzt VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).

Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt ist im Fall einer Rückführung des Beschwerdeführers nach Mazar-e Sharif davon auszugehen, dass er sich eine Lebensgrundlage wird aufbauen und die Grundbedürfnisse seiner menschlichen Existenz wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft wird decken können und im Fall seiner Niederlassung ein Leben ohne unbillige Härten wird führen können, so wie es auch seine Landsleute führen.

Für junge und arbeitsfähige Männer mit Schulbildung und Berufserfahrung, die - zwar außerhalb Afghanistans - in einer afghanischen Familie sozialisiert wurden und Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen können, hat der Verfassungsgerichtshof zudem jüngst die Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Mazar-e Sharif bestätigt (VfGH 04.03.2020, E 4399/2019). Auch der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung auf Grundlage der UNHCR-Richtlinien und der EASO Guidance davon aus, dass das Vorhandensein eines sozialen Netzwerkes in Mazar-e Sharif keine Voraussetzung für die Verfügbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative für einen alleinstehenden, gesunden, erwachsenen Mann in dieser Stadt ist (VwGH 10.01.2020, Ra 2019/20/0582).

Damit ist auch das Kriterium der Zumutbarkeit einer Niederlassung im ins Auge gefassten Neuansiedelungsgebiet im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfüllt und war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

3.2. Zur Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (§ 8 Abs. 4 AsylG, Abweisung des Antrages auf Verlängerung; § 9 Abs. 4 AsylG, Entzug der Aufenthaltsberechtigung)

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG ist die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden für jeweils zwei weitere Jahre zu verlängert.

Gemäß § 9 Abs. 4 AsylG ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.

Das Bundesverwaltungsgericht verneint mit gegenständlichem Erkenntnis unter 3.1. das weitere Vorliegen der Voraussetzungen und bestätigt die von der der belangten Behörde ausgesprochene Aberkennung nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG.

Der Beschwerdeführer hat am 28.06.2018 einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG gestellt, die die belangte Behörde mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides abgewiesen hat. Den Entzug der Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG hat die belangte Behörde dagegen nicht (explizit) ausgesprochen.

Für die Rechtswirkung eines gemäß § 9 Abs. 4 AsylG erfolgten Ausspruches spielt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rolle, ob er in seiner Formulierung an den dort enthaltenen Gesetzestext angelehnt wird oder sprachlich in der Abweisung des Verlängerungsantrages zum Ausdruck kommt. Die behördliche Anordnung im Fall eines fristgerecht gestellten Verlängerungsantrages zielt darauf ab, das zuvor nach § 8 Abs. 4 erteilte Recht zum Aufenthalt nicht weiter bestehen zu lassen (VwGH 30.10.2019, Ro 2019/14/0007).

Folglich ist die Abweisung des Antrages auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides) nach der eben zitierten Judikatur so zu verstehen, dass nicht nur der Antrag gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen, sondern auch die bis zu seiner Abweisung aufrechte Aufenthaltsberechtigung gemäß entzogen ist.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war daher spruchgemäß nach §§ 8 Abs. 4 und 9 Abs. 4 AsylG abzuweisen.

3.3. Zur ersatzlosen Behebung der Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 5 AsylG ist eine Entscheidung nach dem AsylG mit einer Rückkehrentscheidung nach dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

3.3.1. Zur Unzulässigkeit der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG an den Beschwerdeführer

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 4 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.

Zwar hat nach der Ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nach § 57 AsylG gegeben sind, der allfälligen Erlassung einer Rückkehrentscheidung voranzugehen, weil sich die Erlassung einer Rückkehrentscheidung als unzulässig erweist, wenn ein solcher Titel zu erteilen ist (VwGH 28.11.2019, Ra 2018/19/0203).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 (das auch § 57 AsylG umfasst) allerdings als subsidiäre Maßnahme konzipiert und kommt nur in Betracht, wenn der betreffende Fremde nicht ohnehin über ein anderweitiges Aufenthaltsrecht verfügt (VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0009).

Der Beschwerdeführer verfügt bereits über den Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU (int. Schutzberechtigte)" und damit gemäß § 20 Abs. 3 NAG über ein unbefristetes Niederlassungsrecht (Vgl. auch z.B. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/22/0024).

Dieses besteht weiter, wenn sich die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer - aus welchen Gründen auch immer - als unzulässig erweist (VwGH 29.05.2018, Ra 2018/21/0067).

Für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG an den Beschwerdeführer besteht daher von vornherein kein Raum, weswegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides spruchgemäß ersatzlos zu beheben war.

3.3.2. Zur ersatzlosen Behebung der Rückkehrentscheidung sowie der darauf aufbauenden Spruchpunkte (Zulässigkeit der Abschiebung, Frist für die freiwillige Ausreise)

Gemäß § 52 Abs 2 Z 4 AsylG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehöri

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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