TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/1 I401 1428032-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.04.2020
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Entscheidungsdatum

01.04.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs1 Z3
BFA-VG §18 Abs1 Z5
BFA-VG §19
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a
StGB §105 Abs1
StGB §127
StGB §129
StGB §164
StGB §229
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I401 1428032-4/28E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX alias XXXX (und weiteren Alias-Vor- und Familiennamen), geb. am XXXX alias XXXX (und weiteren Aliasgeburtsdaten), StA: Marokko, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, Wattgasse 48, 1170 Wien, gegen die Spruchpunkte II. bis VIII. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 14.11.2018, Zahl: 422211707-1494478, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit rechtskräftigem Bescheid vom 15.09.2006 wies das Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, den ersten Antrag des - sich zu diesem Zeitpunkt als minderjährig ausgebenden - Beschwerdeführers auf Asyl vom 21.03.2005 gemäß § 7 AsylG 1997 ab, erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Marokko gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 für zulässig und wies ihn gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Marokko aus. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

2. Am 18.06.2008 stellte der sich in Schubhaft befindende Beschwerdeführer den zweiten Antrag auf internationalen Schutz ein.

Mit rechtskräftigem Bescheid vom 14.08.2009 wies das Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, diesen Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück und wies ihn erneut gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Marokko aus.

3.1. Den dritten (in einem weiteren Schubhaftverfahren gestellten) Antrag auf internationalen Schutz vom 24.05.2012 stützte der Beschwerdeführer darauf, dass seine alten Fluchtgründe immer noch aufrecht seien. Er sei drogenabhängig und wolle eine Therapie in Österreich machen. Er wisse nicht, was er tun solle. Im Fall seiner Rückkehr in die Westsahara befürchte er, eingesperrt und enthauptet zu werden.

3.2. Der Asylgerichtshof sprach mit dem in Rechtskraft erwachsenem Beschluss vom 25.07.2012 aus, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 in Verbindung mit § 41a AsylG 2005 nicht rechtmäßig war und hob den während der niederschriftlichen Einvernahme mündlich verkündeten Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.07.2012 auf.

3.3. Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 07.01.2013 den dritten Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück und wies den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 neuerlich nach Marokko aus.

Im Wesentlichen wiederholte das Bundesasylamt die im Bescheid vom 14.08.2009 getätigten Ausführungen, insbesondere über den unverändert gebliebenen körperlichen und psychischen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und die vorgebrachten wirtschaftlichen Gründe für das Verlassen seines Herkunftslandes. Er habe sein Fluchtvorbringen gesteigert; die nunmehr geltend gemachten Fluchtgründe hätten schon zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Marokko bestanden und seien ihm auch bekannt gewesen.

3.4. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 08.07.2013 wurde der erhobenen Beschwerde des Beschwerdeführers stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

Begründend führte der Asylgerichtshof aus, der Beschwerdeführer habe bei seiner am 05.12.2012 erfolgten Einvernahme angegeben, früher Drogen genommen und danach Medikamente benötigt zu haben. Dieser gegenüber den vorangegangenen Asylverfahren geänderte Sachverhalt sei vom Bundesasylamt nicht berücksichtigt worden, insbesondere seien dazu im Hinblick auf die Frage des subsidiären Schutzes im Fall seiner Rückkehr nach Marokko keine Ermittlungen durchgeführt worden. Das Bundesasylamt habe die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers aufgelistet. Aus der Verurteilung vom 06.12.2012 gehe hervor, dass er an den Gebrauch von Suchtmitteln gewöhnt sei. In diesem Urteil habe die Privilegierung im Sinn des § 27 Abs. 5 SMG Anwendung gefunden. Die vorangegangenen Verurteilungen beträfen zum Teil den Erwerb und Besitz von Suchtgift. Obwohl der Beschwerdeführer angegeben habe, früher Drogen und danach Medikamente genommen zu haben, habe das Bundesasylamt nicht ermittelt, ob er sich gegenwärtig in einer Drogenersatztherapie befinde. Es seien auch keine aktuellen Länderinformationen über etwaige diesbezügliche Behandlungsmöglichkeiten des Beschwerdeführers in Marokko eingeholt worden, was auch für die Situation in der Westsahara zutreffe. Diese Entscheidung des Asylgerichtshofes erwuchs in Rechtskraft.

3.5.1. Nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens wies das Bundesasylamt den Asylantrag mit Bescheid vom 04.12.2013 erneut gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück und wies ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 neuerlich nach Marokko aus.

Begründend wurde dargelegt, seit 04.03.2007 bestehe auf Grund der mehrmaligen strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot. Es gebe keine Hinweise für eine schwere körperliche oder psychische Störung, die bei einer Überstellung des Beschwerdeführers nach Marokko zu einer unzumutbaren Verschlechterung seines Gesundheitszustandes führen würden. Bei seiner Einvernahme vom 27.09.2013 habe er selbst zu Protokoll gegeben, keine Drogen zu nehmen und niemals eine Substitutionstherapie in Anspruch genommen zu haben, was auch der Anstaltspsychiater der Justizanstalt St insoweit bestätigt habe, als er die beiden Fragen zu dessen Gesundheitszustand, ob er sich aktuell in einer Drogenersatztherapie befinde und ob er eine psychotherapeutische Therapie benötige, verneinte. Der Beschwerdeführer habe keine neuen Fluchtgründe vorgebracht. Er sei im Jahr 2009 von Tschetschenen zusammengeschlagen worden. Nach seiner Entlassung aus dem Spital sei sein Asylverfahren beendet gewesen. Wesentliche Änderungen im Heimatland des Beschwerdeführers habe es nicht gegeben.

3.5.2. Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 30.12.2013 wurde der vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde vom 04.12.2013 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

3.5.3. Am 23.10.2015 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in der der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes angab:

Er höre manchmal Stimmen. Er sei auf Entzug, weil er früher drogenabhängig gewesen sei. Er habe Drogen verkauft, sei dann im Gefängnis und in Therapie gewesen. Er sei 17, 18 Jahre alt gewesen. Er sei derzeit in einer Drogenersatztherapie. Er werde dort noch drei Monate ambulant betreut. Er sei im Alter von 15 Jahren nach Österreich angekommen. Ein Algerier habe ihm Haschisch gegeben und ihm erklärt, wenn er Haschisch verkaufe, könne er ? 30 bis ? 40 behalten. Er habe damals nicht gewusst, dass das verboten sei.

Er nehme Drogenersatzmittel und Medikamente ein, weil er viel vergesse und auch wegen der Stimmen, die er höre. In drei Monaten werde die Ersatztherapie, die er seit fast einem Jahr mache, abgeschlossen sein und er werde versuchen, in ein Spital aufgenommen zu werden.

Zuhause habe er sich um die Familie, insbesondere um seine Mutter und seine zwei Schwestern gekümmert.

Bei seiner Rückkehr nach Marokko würde er weglaufen, weil er aus der Westsahara sei und es dort Probleme gebe. Er wolle keinen marokkanischen Pass beantragen, weil er Sahraoui bleiben wolle. Die Lage in der Westsahara sei sehr schwierig für ihn.

Auf den wiederholten Vorhalt, dass es in Marokko stationäre und ambulante Einrichtungen für suchtkranke Personen, die nicht versichert seien bzw. kein Geld hätten, gebe, und es ein Drogensubstitutionsprogramm gebe, erklärte der Beschwerdeführer, er habe Angst vor Marokko. Er habe gehört, dass seine Mutter in Italien lebe. Bei einer Rückkehr werde er Marokko verlassen. Er bleibe sicher nicht in Marokko. Er habe Angst, verhaftet und geköpft zu werden, weil man an seinem Dialekt höre, dass er aus der Westsahara sei. Die Polizei werde ihn festnehmen. Die Drogenersatztherapie könne er auch in Österreich beenden. Er sei nach Österreich gegangen, um eine Arbeit zu bekommen.

Er sei im Alter von zehn Jahren von drei Männern festgehalten, verprügelt und vergewaltigt worden. Er habe es bisher nicht erzählt, weil er es wahrscheinlich vergessen habe; er habe nicht alles erzählt, es sei ihm auch peinlich gewesen. Er hoffe, dass so etwas nie wieder passieren werde. Es sei vorbei.

Mit in Rechtskraft erwachsenem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.11.2015, I401 1428032-3/20E, wurde der Beschwerde stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

Diese Entscheidung wurde darauf gestützt, dass die Aufhebung des eine Zurückweisung wegen entschiedener Sache aussprechenden erstinstanzlichen Bescheides zur Folge habe, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die tragenden Aufhebungsgründe der Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 08.07.2013 den gestellten Asylantrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache hätte zurückweisen dürfen. Das Bundesasylamt hätte den gegenständlichen Asylantrag vom 24.05.2012 auf Gewährung internationalen Schutzes bezüglich der Zuerkennung subsidiären Schutzes entweder bei Nichtvorliegen einer geänderten Sach- und/oder Rechtslage abweisen oder ihm (in diesem Punkt) bei Vorliegen der Voraussetzungen stattgeben müssen. Dabei wären in Hinblick auf die aktenkundige "Vorgeschichte" des Beschwerdeführers auf der Grundlage sachverständiger (medizinischer) Gutachten Feststellungen zu seiner Drogenabhängigkeit, einer allfällig in Österreich stattfindenden Drogenersatztherapie (mit Drogenersatzmitteln) und zu geeigneten und leistbaren diesbezüglichen Behandlungenmöglichkeiten in Marokko zu treffen.

3.6.1. Mit Bescheid vom 14.11.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich (in der Folge als Bundesamt bezeichnet), den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 25.05.2012 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.), wies den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko ab (Spruchpunkt II.), erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) (Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt V.), erließ gegen ihn gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VI.), gewährte gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VII.) und erkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1, 3 und 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VIII.).

3.6.2. Der Beschwerdeführer erhob gegen die Spruchpunkte II. bis VIII. dieses Bescheides per E-Mail vom 12.12.2018 eine Beschwerde.

3.6.3. Am 30.03.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine audiovisuelle Vernehmung des Beschwerdeführers gemäß § 51a AVG im Beisein eines Dolmetschers für die arabische Sprache statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. dargelegten Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer heißt XXXX, ist am XXXX in XXXX geboren und marokkanischer Staatangehöriger. Seine Identität steht fest. Zum Zeitpunkt, an dem er den ersten Antrag auf internationalen Schutz am 21.03.2005 stellte und seitdem er sich in Österreich aufhält, war er bereits volljährig.

Er ist ledig, kinderlos und bekennt sich zum islamischen Glauben.

Der Beschwerdeführer ging und geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Er ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig; er bezieht derzeit keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Er arbeitete vielmehr mit einem gefälschten slowakischen Reisepass "schwarz" am Bau.

Er führt in Österreich keine Beziehung, verfügt über keine familiären Anknüpfungspunkte und weist keine sozialen oder wirtschaftlichen Integrationsmerkmale auf. Seine Familie, bestehend aus seiner Mutter und zwei Schwestern, und weitere Verwandte, leben in Marokko.

Er verfügt über gute Deutschkenntnisse.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft:

1. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 03.11.2005 wurde der Beschwerdeführer wegen der gewerbsmäßig begangenen Jugendstraftat nach § 27 Abs. 1 erster, zweiter und sechster Fall und Abs. 2 Z 2 erster Fall Suchtmittelgesetz (SMG) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

2. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 16.02.2006 wurde der Beschwerdeführer wegen desselben Vergehens, jedoch in Form des Versuchs begangen, zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt, wobei die bedingte Nachsicht der vorigen Strafe widerrufen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde.

3. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 29.08.2006 wurde der Beschwerdeführer wegen der (teilweise in Form des Versuchs) gewerbsmäßig begangenen Jugendstraftat nach § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z 2 erster Fall SMG und § 15 StGB sowie nach § 27 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt.

4. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 27.11.2007 wurde der Beschwerdeführer wegen der Jugendstraftat, nämlich des (teilweise in Form des Versuchs begangenen) Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach § 15 StGB und §§ 127, 129 Z 1 und Z 2 StGB und des Vergehens nach § 27 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.

5. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 16.06.2010 wurde der Beschwerdeführer als junger Erwachsener wegen versuchter Nötigung nach § 15 StGB und § 105 Abs. 1 StGB, wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 3 und Abs. 5 SMG und wegen der Vergehen der (teilweise in Form des Versuchs begangenen) Urkundenunterdrückung und des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 15 StGB und §§ 229 und 231 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.

6. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 11.04.2011 wurde der Beschwerdeführer als junger Erwachsener wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

7. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 06.12.2012 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 3 und Abs. 5 SMG zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt.

8. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 03.06.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des (teilweise in Form des Versuchs begangenen) gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

9. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 02.10.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG und §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 3 und Abs. 5 SMG zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt.

10. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 30.10.2014 (in Rechtskraft erwachsen am 13.10.2015) wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des (in Form des Versuchs) begangenen Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 15 StGB und § 269 Abs. 1 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.

11. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 06.05.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen des (in Form des Versuchs begangenen) Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a zweiter Fall StGB und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt.

Eine mit der Rückkehr in den Herkunftsstaat verbundene reale, über die bloße Möglichkeit hinausgehende Gefahr einer Tötung (einschließlich der Verhängung und/oder Vollstreckung der Todesstrafe) durch den Staat oder tödlicher Übergriffe durch Dritte wird nicht festgestellt.

Auch eine reale, über die bloße Möglichkeit hinausgehende Gefahr, der Folter ausgesetzt zu sein oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen zu sein, wird nicht festgestellt. Insbesondere wird eine solche Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung weder im Hinblick auf eine drohende Todesstrafe noch im Hinblick auf den Gesundheitszustand, insbesondere die Drogenabhängigkeit bzw. die Drogenersatztherapie und die psychischen Probleme des Beschwerdeführers, in Verbindung mit einer Unzulänglichkeit der medizinischen Bedingungen im Herkunftsstaat, noch im Hinblick auf die allgemeinen humanitären Bedingungen im Herkunftsstaat in Verbindung mit der persönlichen Lage des Beschwerdeführers, etwa im Sinne einer existenzgefährdenden Notlage oder des Entzugs der notdürftigsten Lebensgrundlage, noch im Hinblick auf psychische Faktoren, auf Haftbedingungen oder aus anderen Gründen festgestellt.

Eine solche mit der Rückkehr in den Herkunftsstaat verbundene Gefahr wird auch nicht im Hinblick auf eine etwaige ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit als Zivilperson im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts festgestellt.

1.2. Zur Situation in Marokko:

Marokko ist ein sicherer Herkunftsstaat.

Zur (auszugsweise wiedergegebenen) Lage im Herkunftsstaat (mit Angabe der Quellen):

Grundversorgung:

Die Grundversorgung der Bevölkerung ist gewährleistet, Brot, Zucker und Gas werden subventioniert. Staatliche soziale Unterstützung ist kaum vorhanden, vielfach sind religiös-karitative Organisationen tätig (AA 14.2.2018). Die entscheidende Rolle bei der Betreuung Bedürftiger spielt nach wie vor die Familie (AA 14.2.2018; vgl. ÖB 11.2018). Staatliche und sonstige Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer gibt es nicht (AA 14.2.2018).

König Mohammed VI. und die bisherige Regierung streben eine durchgreifende Modernisierung und Diversifizierung des Landes an, das seine Chancen neben dem Hauptpartner EU verstärkt in Afrika sucht. Gebergemeinschaft, OECD und IWF unterstützen diesen Modernisierungskurs (AA 6.5.2019c). Formal ist Marokko eine freie Marktwirtschaft. Bedingt durch die starke Stellung der Königsfamilie und alteingesessener Eliten ist der Wettbewerb jedoch verzerrt. Seit dem Machtantritt von König Mohammed VI. hat die Vormachtstellung der Königsfamilie in Schlüsselsektoren wie Landwirtschaft, Bergbau, Einzelhandel, Transport, Telekommunikation und erneuerbaren Energien weiter zugenommen. Gleichzeitig sind immer mehr Marokkaner auf Überweisungen aus dem Ausland angewiesen, um zu überleben (GIZ 10.2019c).

Die Arbeitslosigkeit bewegt sich laut offiziellen Zahlen bei 10%, allerdings bei sehr viel höherer Jugendarbeitslosigkeit (25%) (ÖB 11.2018). Der Bevölkerungszuwachs in den aktiven Altersgruppen liegt deutlich höher als die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Die reale Arbeitslosenquote, insbesondere bei Jugendlichen, liegt deutlich über den offiziell angegebenen ca. 10% (AA 6.5.2019c).

Laut Informationen der Weltbank steht Marokko in der MENA-Region bei der Höhe der Auslandsüberweisungen von Migranten (Remittances) an dritter Stelle. Zur Sicherung des sozialen und politischen Friedens verteilt der Staat Subventionen: Diese wurden in den letzten Jahren allerdings gekürzt, von 5 Mrd. Euro auf voraussichtlich umgerechnet 1,2 Mrd. Euro in 2018. Für das Jahr 2019 wurde eine Erhöhung um 30% auf 1,6 Mrd. Euro angekündigt. Trotz Subventionskürzungen und Privatisierungen hat die Staatsverschuldung in den vergangenen Jahren zugenommen (GIZ 10.2019c).

Der informelle Bereich der Wirtschaft wird statistisch nicht erfasst, entfaltet aber erhebliche Absorptionskraft für den Arbeitsmarkt. Fremdsprachenkenntnisse - wie sie z.B. Heimkehrer aufweisen - sind insbesondere in der Tourismusbranche und deren Umfeld nützlich. Arbeitssuchenden steht die Internet-Plattform des nationalen Arbeitsmarktservices ANAPEC zur Verfügung (www.anapec.org), die neben aktueller Beschäftigungssuche auch Zugang zu Fortbildungsmöglichkeiten vermittelt. Unter 30-Jährige, die bestimmte Bildungsebenen erreicht haben, können mit Hilfe des OFPPT (www.ofppt.ma/) eine weiterführende Berufsausbildung einschlagen. Die marokkanische Regierung führt Programme der Armutsbekämpfung (INDH) und des sozialen Wohnbaus. Eine staatlich garantierte Grundversorgung/arbeitsloses Basiseinkommen existiert allerdings nicht. Der Mindestlohn (SMIG) liegt bei 2.570 Dirham (ca. EUR 234). Ein Monatslohn von etwa dem Doppelten dieses Betrags gilt als durchaus bürgerliches Einkommen. Statistisch beträgt der durchschnittliche Monatslohn eines Gehaltsempfängers 4.711 Dirham, wobei allerdings die Hälfte der - zur Sozialversicherung angemeldeten - Lohnempfänger nur den Mindestlohn empfängt. Ein ungelernter Hilfsarbeiter erhält für einen Arbeitstag (10 Std.) ca. 100 Dirham, Illegale aus der Subsahara erhalten weniger (ÖB 11.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.2.2018): AA-Bericht zu Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424844/4598_1519120123_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-im-koenigreich-marokko-stand-november-2017-14-02-2018.pdf, Zugriff 7.8.2018

- AA - Auswärtiges Amt (6.5.2019c): Marokko - Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/wirtschaft/224082, Zugriff 5.9.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (10.2019b): LIPortal - Marokko - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/marokko/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 5.9.2019

- ÖB - Österreichische Botschaft in Rabat (11.2018): Asylländerbericht Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/2009260/MARO_%C3%96B_Bericht_2018_11.pdf, Zugriff 5.9.2019

Medizinische Versorgung

Politisch verantwortlich für die medizinische Versorgung ist das Gesundheitsministerium. Die meisten Marokkaner müssen für ihre Gesundheit allein vorsorgen. Wer einen formellen Arbeitsvertrag hat, ist zwar offiziell krankenversichert, aber viele Leistungen müssen trotzdem aus eigener Tasche bezahlt werden. Patienten mit geringem Einkommen haben seit 2002 die Möglichkeit, sich im Rahmen der öffentlichen Assurance Maladies Obligatoire (AMO) oder des Gesundheitssystems Régime d'Assistance Médicale (RAMED) behandeln zu lassen (GIZ 10.2019b).

Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht ganz zu vergleichen. In Rabat und Casablanca finden sich allerdings ausgezeichnete Privatkliniken von hohem Standard. Auf dem Lande hingegen kann die medizinische Versorgung bezüglich der apparativen Ausstattung bzw. Hygiene problematisch sein (AA 14.10.2019).

Die medizinische Grundversorgung ist vor allem im städtischen Raum weitgehend gesichert. Medizinische Dienste sind kostenpflichtig und werden bei bestehender gesetzlicher Krankenversicherung von dieser erstattet. Es gibt einen großen qualitativen Unterschied zwischen öffentlicher und (teurer) privater Krankenversorgung. Selbst modern gut ausgestattete medizinische Einrichtungen garantieren keine europäischen Standards. Insbesondere das Hilfspersonal ist oft unzureichend ausgebildet, Krankenwagen sind in der Regel ungenügend ausgestattet. Die Notfallversorgung ist wegen Überlastung der Notaufnahmen in den Städten nicht immer gewährleistet, auf dem Land ist sie insbesondere in den abgelegenen Bergregionen unzureichend (AA 14.2.2018).

Rund 30.000 Menschen in Marokko sollen mit HIV infiziert sein. Knapp 50 % der Infizierten sind weiblich. Schätzungsweise 2 % der Prostituierten sind HIV-positiv. Damit hat Marokko in der MENA-Region eine Spitzenposition inne (GIZ 10.2019b). Chronische und psychiatrische Krankheiten oder auch AIDS-Dauerbehandlungen lassen sich in Marokko vorzugsweise in privaten Krankenhäusern behandeln. Bei teuren Spezialmedikamenten soll es in der öffentlichen Gesundheitsversorgung bisweilen zu Engpässen kommen. Bei entsprechender Finanzkraft ist allerdings fast jedes lokal produzierte oder importierte Medikament erhältlich (AA 14.2.2018).

Im Bereich der Basis-Gesundheitsversorgung wurde 2012 das Programm RAMED eingeführt und erstreckt sich auf 8,5 Mio. Einwohner der untersten Einkommensschichten bzw. vulnerable Personen, die bisher keinen Krankenversicherungsschutz genossen. Im Oktober 2012 waren bereits 1,2 Mio. Personen im RAMED erfasst (knapp 3 % der Haushalte). RAMED wird vom Sozialversicherungsträger ANAM administriert, der auch die Pflichtkrankenversicherung AMO der unselbständig Beschäftigten verwaltet. Zugang haben Haushaltsvorstände und deren Haushaltsangehörige, die keiner anderen Pflicht-Krankenversicherung unterliegen. Die Teilnahme an RAMED ist gratis ("Carte RAMED"), lediglich vulnerable Personen zahlen einen geringen Beitrag (11 ? pro Jahr pro Person). Ansprechbar sind die Leistungen im staatlichen Gesundheitssystem (Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung und Vorsorge sowie Krankenhäuser) im Bereich der Allgemein- und Fachmedizin, stationärer Behandlung, Röntgendiagnostik etc. Die Dichte und Bestückung der medizinischen Versorgung ist auf einer Website des Gesundheitsministeriums einsehbar (ÖB 11.2018). Mittellose Personen können auf Antrag bei der Präfektur eine "Carte RAMED" erhalten. Bei Vorlage dieser Karte sind Behandlungen kostenfrei (AA 14.2.2018).

Auf 1.775 Einwohner entfällt ein Arzt. 141 öffentliche Krankenhäuser führen etwas mehr als 27.000 Betten (ein Spitalsbett auf ca. 1.200 Einwohner); daneben bestehen 2.689 Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung. Inhaber der Carte RAMED können bei diesen Einrichtungen medizinische Leistungen kostenfrei ansprechen. Freilich ist anzumerken, dass dieser öffentliche Gesundheitssektor in seiner Ausstattung und Qualität und Hygiene überwiegend nicht mit europäischen Standards zu vergleichen ist. Lange Wartezeiten und Mangel an medizinischen Versorgungsgütern und Arzneien sind zu beobachten. Wer weder unter das RAMED-System fällt, noch aus einem Anstellungsverhältnis pflichtversichert ist, muss für medizinische Leistungen aus eigenem aufkommen (ÖB 11.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.2.2018): AA-Bericht zu Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424844/4598_1519120123_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-im-koenigreich-marokko-stand-november-2017-14-02-2018.pdf, Zugriff 14.10.2019

- AA - Auswärtiges Amt (14.10.2019): Marokko: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/marokkosicherheit/224080, Zugriff 14.10.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (10.2019b): LIPortal - Marokko - Gesellschaft, https://www.liportal.de/marokko/gesellschaft/, Zugriff 14.10.2019

- ÖB - Österreichische Botschaft in Rabat (11.2018): Asylländerbericht Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/2009260/MARO_%C3%96B_Bericht_2018_11.pdf, Zugriff 14.10.2019

Rückkehr

Das Stellen eines Asylantrags im Ausland ist nicht strafbar und wird nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts von den Behörden nicht als Ausdruck oppositioneller Gesinnung gewertet. Aus den letzten Jahren sind keine Fälle bekannt, in denen es zu einem Gerichtsurteil wegen der Stellung eines Asylantrags oder wegen des in einem Asylantrag enthaltenen Vorbringens gekommen wäre (AA 14.2.2018).

Auf institutioneller Basis wird Rückkehrhilfe von IOM organisiert, sofern der abschiebende Staat mit IOM eine diesbezügliche Vereinbarung (mit Kostenkomponente) eingeht; Österreich hat keine solche Abmachung getroffen. Rückkehrer ohne eigene finanzielle Mittel dürften primär den Beistand ihrer Familie ansprechen; gelegentlich bieten auch NGOs Unterstützung. Der Verband der Familie und Großfamilie ist primärer sozialer Ankerpunkt der Marokkaner. Dies gilt mehr noch für den ländlichen Raum, in welchem über 40% der Bevölkerung angesiedelt und beschäftigt sind. Rückkehrer würden in aller Regel im eigenen Familienverband Zuflucht suchen. Der Wohnungsmarkt ist über lokale Printmedien und das Internet in mit Europa vergleichbarer Weise zugänglich, jedenfalls für den städtischen Bereich (ÖB 11.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.2.2018): AA-Bericht zu Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424844/4598_1519120123_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-im-koenigreich-marokko-stand-november-2017-14-02-2018.pdf, Zugriff 6.9.2019

- ÖB - Österreichische Botschaft in Rabat (11.2018): Asylländerbericht Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/2009260/MARO_%C3%96B_Bericht_2018_11.pdf, Zugriff 6.9.2019

Zu Fragen der Drogentherapie in Marokko wird darüber hinaus Folgendes festgestellt:

Es gibt in Marokko Drogenersatztherapien für Drogenabhängige, die dafür erforderlichen Medikamente sind erhältlich. Drogentherapiezentren sind in Rabat, Oujda, Nador, Tétouan, Marrakech, Casablanca, Agadir, Tanger, Meknès und Fes eingerichtet. Es gibt nur wenige spezialisierte staatliche Zentren, deren Kapazität bei 32 Betten liegt. Bei stationärer Behandlung müssen vom Patienten pro Tag ca. 500,-- MAD (= derzeit ca. 46 Euro) bezahlt werden. Die Kosten für ein Arztgespräch liegen bei 100 MAD. Die notwendigen Medikamente müssen selbst gekauft werden und kosten zwischen 200 und 400 MAD pro Schachtel (pro Monat werden zwei Schachteln benötigt). Begünstigte des RAMED-Programmes erhalten eine kostenfreie Behandlung, landen jedoch aufgrund von beschränkten Budgets auf Wartelisten. In der Westsahara steht derzeit keine Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung; für das Gebiet der Westsahara ist das Krankenhaus in Agadir, wo derzeit nur eine ambulante Behandlung möglich ist, zuständig. Ambulante Behandlungen sind gratis.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der dargelegte Verfahrensgang ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Akt des Bundes(asyl)amtes und den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere den Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 08.07.2013 und des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.11.2015. Auskünfte aus dem Strafregister zu seinen elf Verurteilungen, dem Zentralen Melderegister und dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister, wonach der Beschwerdeführer derzeit keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht, sowie ein Versicherungsdatenauszug wurden ergänzend eingeholt. Dass der Beschwerdeführer mit einem gefälschten slowakischen Reisepass "schwarz" am Bau arbeitete., ergibt sich aus seinen Angaben bei seiner Einvernahme am 30.3.2020.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die feststehende Identität des Beschwerdeführers ergibt sich aus der an das Bundesamt gerichteten Mitteilung des Bundesministeriums für Inneres, Bundeskriminalamt, vom 10.01.2019, wonach er von Interpol Marokko unter den (oben angeführten [vgl. Punkt II. 1.1.]) Personendaten identifiziert wurde. Mit seinen, nicht auf identitätsbezeugenden Dokumenten im Original gestützten Einwendungen gegen die Niederschrift vom 30.03.2020, dass die marokkanische Botschaft "das" (gemeint: die Angaben zu seiner Person) behaupte, damit er nach Marokko abgeschoben und dann dort festgenommen werden könne, kann der Beschwerdeführer die Feststellungen der Interpol Rabat zu seiner Identität nicht entkräften. Er gestand selbst ein, aus Angst vor einer Abschiebung nach Marokko verschiedene Namen und Geburtsdaten verwendet zu haben; dadurch habe er auch seine Familie (in der Westsahara) schützen wollen.

Die Feststellungen hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers gehen auf seine Angaben vor dem Bundesamt und dem Bundesverwaltungsgericht sowie aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen der Justizanstalt E zurück.

Die in Punkt II. 1.2. getroffenen Feststellungen zur Drogenersatztherapie in Marokko, insbesondere der kostenpflichtigen stationären und der kostenfreien ambulanten Behandlung und der Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen ohne Kostenbeteiligung durch die Inhaber einer Carde RAMED, stützt sich auf dem dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebrachten Länderbericht und der Anfragebeantwortung der Saatentendokumentation zur Drogenersatztherapie in Marokko vom 11.03.2020. Dem wesentlichen Gehalt des Länderberichtes trat der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme am 30.03.2020 nicht entgegen.

Die Feststellungen hinsichtlich der Lebensumstände in Österreich, wie auch jene zu seinen familiären Verhältnissen in Marokko, ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers bei seiner audiovisuellen Einvernahme am 30.01.2020. Die guten Deutschkenntnisse konnte er dabei unter Beweis stellen.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellung, dass Marokko als sicherer Herkunftsstaat gilt, beruht auf § 1 Z 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV, BGBl. I Nr. 177/2009 in der Fassung BGBl II Nr. 47/2016.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellsten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Marokko, samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Diese Erkenntnisquellen stellen eine ausgewogene und aktuelle Auswahl verschiedenster publizierter Quellen und Nachweise dar. Sie fußen auf staatlichen, wie auch nichtstaatlichen Erkenntnissen, welche es ermöglichen, ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Den Auskünften liegen in der Regel Recherchen von vor Ort tätigen Personen oder Organisationen zu Grunde, welche aufgrund der Ortsanwesenheit am besten zur Einschätzung der Lage fähig sind.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Ebenso trat der Beschwerdeführer den Länderberichten und deren Quellen und Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen, auch nicht in der Videokonferenz am 30.03.2020.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Da der Beschwerdeführer gegen die Spruchpunkte II. bis VIII. Beschwerde erhoben hat, hingegen den Spruchpunkt I. betreffend die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG unbekämpft ließ, ist dieser in Rechtskraft erwachsen.

Zu Spruchpunkt A):

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz:

3.2.1. Rechtslage:

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017) ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Fall der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, Zl. 2006/19/1354).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, Zl. 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK angenommen werden kann (vgl. VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; den Beschluss des VwGH vom 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptionellen Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl. VwGH 07.09.2016, Ra 2015/19/0303).

Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR obliegt es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 13.09.2016, Ra 2016/01/0096).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Wie bereits oben ausgeführt wurde, hat der Beschwerdeführer gegen die Zurückweisung seines (dritten) Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG keine Beschwerde erhoben. Eine ihm konkret drohende aktuelle, an asylrelevante Merkmale iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität bzw. sonstige für eine aktuell drohende unmenschliche Behandlung oder Verfolgung sprechende Gründe liegen damit nicht vor. Es kann angesichts der Feststellungen auch sonst nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass ihn in Marokko eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgung maßgeblicher Intensität oder eine sonstige relevante (allgemeine oder individuelle) Bedrohung oder Gefährdung erwarten würde.

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059, zur dargestellten "Schwelle" des Art. 3 EMRK), gibt es im Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt, Vor dem Hintergrund der getroffenen Länderfeststellungen kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat in seiner Existenz bedroht wäre. Er wäre grundsätzlich in der Lage, längerfristig eine Lebensgrundlage zu sichern. Weiters geht aus den Länderfeststellungen hervor, dass in Marokko NGOs zur Unterstützung von Rückkehrern bestehen; davon, dass der Beschwerdeführer allein aufgrund seiner Herkunft davon ausgeschlossen wäre, kann nicht ausgegangen werden.

Der Beschwerdeführer befindet sich in Drogenersatztherapie und hat psychische Probleme, beides ist durch österreichische medizinische Unterlagen nachgewiesen. Daher ist zu überprüfen, ob diese Erkrankungen in Marokko behandelbar sind, dem Beschwerdeführer ein finanziell leistbarer Zugang zu geeigneten Medikamenten offensteht und die Rückführung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat zu einer Überschreitung der (hohen) Eingriffsschwelle des Art. 3 EMRK führen könnte.

Aus den dem Beschwerdeführer übermittelten und auch im Rahmen der Einvernahme am 30.03.2020 erörterten Länderberichten bzw. der ihm zugesandten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation ergibt sich, dass das marokkanische Gesundheitssystem im Allgemeinen in den Städten gut entwickelt ist, auch der Zugang zu medizinischer Versorgung ist sozial gestaltet und nimmt dabei Rücksicht auf einkommensschwache Schichten. Aus den Länderberichten ergibt sich klar, dass in Marokko die medizinische Versorgung auch von wirtschaftlich bedürftigen Personen bzw. von jenen, die keinen Versicherungsschutz genießen, über die "Carte RAMED" gewährleistet ist. Denn Inhaber dieser Carte können bei den Gesundheitseinrichtungen medizinische Leistungen kostenfrei ansprechen. Damit kann davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer eine medizinische Grundversorgung zukommen wird. Auch eine Drogenersatztherapie und die Behandlung psychischer Probleme des Beschwerdeführers sind im Herkunftsstaat durchführbar, es besteht grundsätzlich auch für ihn ein Zugang zu dieser Behandlung.

Es sind im Beschwerdeverfahren auch keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass dessen Gesundheitszustand im Fall einer Abschiebung nach Marokko in signifikanter Weise eine Verschlechterung erfahren würde oder eine medikamentöse Versorgung nicht möglich wäre. Eine akute lebensbedrohende Krankheit des Beschwerdeführers, welche eine Überstellung nach Marokko gemäß der dargestellten Judikatur des EGMR verbietet, liegt im konkreten Fall nicht vor. Es gibt keine (medizinisch attestierten) Hinweise dafür, dass er einer andauernden medizinischen, insbesondere stationären, Behandlung bedarf oder auf Dauer nicht reisefähig wäre. Anlässlich einer Abschiebung müssen von den zuständigen Behörden ohnehin der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen die entsprechenden Maßnahmen gesetzt werden. Dies gilt auch für die in der Beschwerde in Zusammenhang mit der Drogenersatztherapie angesprochenen Problematik des Beschwerdeführers.

Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nicht an einer gesundheitlichen Beeinträchtigung leidet, welche ein Abschiebehindernis im Sinn des Art. 3 EMRK darstellen würde. Durch eine Abschiebung des Beschwerdeführers wird Art. 3 EMRK nicht verletzt und reicht es jedenfalls aus, wenn medizinische Behandlungsmöglichkeiten im Land der Abschiebung verfügbar sind, was in Marokko der Fall ist. Dass die Behandlung in Marokko den gleichen Standard wie in Österreich aufweist oder unter Umständen auch kostenintensiver ist, ist nicht relevant.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt somit zu dem Schluss, dass durch eine Rückführung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat die Eingriffsschwelle des Art. 3 EMRK bezüglich der notwendigen medizinischen Versorgung nicht überschritten würde.

Es sind weiters keine Hinweise darauf bekannt, dass in Marokko aktuell eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd. Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann daher ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden.

Daher ist die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abzuweisen.

3.3. Zur Nichterteilung eines "Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen":

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung eines "Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen" gemäß § 57 AsylG (gemeint offenbar: einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz") wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keine Hinweise, die es nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung:

3.4.1. Rechtslage:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Es ist zu prüfen, ob der Aufenthalt des Beschwerdeführers zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK geboten wäre. Die Vereinbarkeit mit Art. 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Im Lichte des Art. 8 EMRK ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit seiner Einreise in das Bundesgebiet, spätestens am 21.03.2005, ca. 15 Jahre gedauert hat (vgl. dazu etwa das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 08.04.2008, Nnyanzi gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06, demzufolge der Gerichtshof es nicht erforderlich erachtete, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob während des fast zehnjährigen Aufenthalts des betreffenden Beschwerdeführers ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist). Während dieser Zeit wurde der Beschwerdeführer in Summe elf Mal zu unbedingten Freiheitsstrafen im Ausmaß von insgesamt acht Jahren und zwei Monaten strafgerichtlich verurteilt.

Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist.

Diese Rechtsprechung betraf allerdings nur Konstellationen, in denen sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/2170054). Die "Zehn-Jahres-Grenze" spielte in der bisherigen Judikatur daher nur dann eine Rolle, wenn einem Fremden kein - massives - strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen war (VwGH 03.09.2015, Ra 2015/21/0121).

Auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte ist dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren (VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0340).

Der Beschwerdeführer wurde insgesamt elf Mal, zuletzt mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 06.05.2019 zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, verurteilt; aktuell befindet er sich noch in Haft. Von ihm geht eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus. Dies führt dazu, dass das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse massiv verstärkt wird und trotz der langen Aufenthaltsdauer und seinen Deutschkenntnissen von einem eindeutigen Überwiegen des öffentlichen Interesses an einer Außerlandesbringung auszugehen ist. In einem ähnlich gelagerten Fall wurde die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach einer Aufenthaltsdauer von 17 Jahren vom Verwaltungsgerichtshof ebenfalls für vertretbar erachtet und begründend ausgeführt, dass vor dem Hintergrund einer mehrmaligen Asylantragstellung und eines strafrechtlichen Verhaltens der Teilnahme an Deutschkursen sowie der gelegentlichen Verrichtung von sozialen oder beruflichen Tätigkeiten selbst unter Bedachtnahme auf die lange Dauer des Aufenthaltes kein ausschlaggebendes Gewicht beizumessen ist (VwGH 22.03.2017, Ra 2017/19/0028).

Die Aufenthaltsbeendigung von (wiederholt) straffällig gewordenen Ausländern gilt grundsätzlich als legitimes Interesse eines Aufenthaltsstaates. Daher sind Straftaten wesentliche Gründe, die bei Rückkehrentscheidungen im Rahmen der Interessensabwägung zu Ungunsten eines Fremden ausschlagen können. Das wiederkehrende strafbare, seinem Drogenkonsum dienende Verhalten des Beschwerdeführers (das wiederholte Begehen von Straftaten nach dem SMG und StGB) verdeutlicht, dass er seit Jahren nicht gewillt ist, die für ihn maßgebenden Rechtsvorschriften seines Gastlandes einzuhalten.

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Im gegenständlichen Fall liegen jedoch keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine lange Aufenthaltsdauer in Österreich einen maßgeblichen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde. Der Beschwerdeführer führt nach eigenen Angaben keine Lebensgemeinschaft oder eine "familienähnliche" Beziehung in Österreich. Es fehlen im konkreten Fall alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser in einem Zeitraum von 15 Jahren dauernden Aufenthaltes entstandener - unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter - Bindungen allenfalls hätte ergeben können. Er übte keine der Pflichtversicherung nach den Sozialversicherungsgesetzen unterliegende Tätigkeiten aus, er arbeitete vielmehr mit einem gefälschten slowakischen Reisepass "schwarz" am Bau. Er nahm auch nicht am sozialen Leben in Österreich teil. Umstände, die eine Integration von maßgeblicher Intensität begründen könnten, liegen im konkreten Fall nicht vor. Allein die erworbenen Deutschkenntnisse können für den Beschwerdeführer ins Treffen geführt werden.

Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und einen Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat (der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der ersten Asylantragstellung im Jahr 2005 nicht - wie er angab - 15 Jahre, sondern bereits ca. 20 Jahre alt), sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte.

Zudem hielt sich der Beschwerdeführer, dessen drei Asylanträge rechtskräftig abgewiesen wurden, nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Er kam der ihm auferlegten Ausreiseverpflichtung nicht nach. Er konnte somit nicht darauf vertrauen, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.

Dem bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber. Dazu zählt das öffentliche Interesse daran, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die - wie der Beschwerdeführer - ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind, gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz, auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Im Fall des Beschwerdeführers, der keine nennenswerten Integrationsschritte in Österreich vorzuweisen hat, fällt besonders ins Gewicht, dass er mit den mehrfach begangenen und durch die Strafgerichte rechtskräftig festgestellten Übertretungen gegen das SMG und StGB ein Verhalten gesetzt hat, das keine Achtung der (straf-) rechtlich in Österreich (und insgesamt in der Union) geschützten Werte zeigt. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. das Erk. des VwGH vom 30.04.2009, Zl. 2009/21/0086), schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art. 8 EMRK, vgl. § 9 Abs. 3 BFA-VG und das Erk. des VwGH vom 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der Beschwerdeführer verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG abzuweisen war.

3.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung:

3.5.1. Rechtslage:

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.5.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall:

Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig wäre.

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (Beschluss des VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062; Erk. des VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119).

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG, da dem Beschwerdeführer keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko erfolgte daher zu Recht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 52 Abs. 9 FPG abzuweisen war.

Derzeit ist jedoch zu beachten, dass entsprechend der medialen Berichterstattung der mit dem Corona-Virus (COVID-19) in Zusammenhang stehende aktuelle Flugverkehr aus Österreich überwiegend eingestellt wurde. Dies bedeutet, dass im vorliegenden Fall eine Abschiebung erst in den kommenden Wochen möglich sein wird. Im Fall des Beschwerdeführers bedeutet dies zum gegebenen Zeitpunkt, dass das Bundesamt angehalten sein wird, den Beschwerdeführer ehestmöglich abzuschieben, wenn die bestehenden Maßnahmen zurückgenommen werden und das für die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko erforderliche Heimreisezertifikat vorliegt.

3.6. Zum befristeten Einreiseverbot:

3.6.1. Rechtslage:

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen In

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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