TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/30 W107 2205813-1

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Veröffentlicht am 30.08.2019
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Entscheidungsdatum

30.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
FPG §46
FPG §54
FPG §55 Abs1
FPG §58 Abs2

Spruch

W107 2205813-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Sibyll BÖCK über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Rain Mag.a Irene OBERSCHLICK, Weyrgasse 8/6, 1030 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.06.2019 zu Recht:

A)

I. Das Verfahren über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird eingestellt.

II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird abgewiesen.

III. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und festgestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen XXXX auf Dauer unzulässig ist.

Gemäß §§ 54 Abs. 1 Z 1, 55 Abs. 1 und 58 Abs. 2 AsylG 2005 wird XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

IV. Der Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte nach schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 20.06.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 21.06.2015 wurde der Beschwerdeführer von einem Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari zu seiner Identität, seiner Reiseroute, seinem Fluchtgrund und einer allfälligen Rückkehrgefährdung befragt. Hier gab er unter anderem an, dass sein älterer Bruder XXXX seit zweieinhalb Jahren in Österreich lebe.

3. Am 16.03.2017 sowie (fortgesetzt) am 05.06.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari niederschriftlich zu seinem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen. Im Rahmen dieser Einvernahmen legte der Beschwerdeführer Integrationsunterlagen und medizinische Befunde vor.

4. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, verfasst durch einen amtswegig beigegebenen Rechtsberater, (zunächst vollumfängliche) Beschwerde.

6. Die Beschwerde und der Akt des Verwaltungsverfahrens wurden dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

7. Am 04.02.2019 legte der Beschwerdeführer weitere Befunde vor.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 04.06.2019 in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner ausgewiesenen Rechtsvertreterin, eines Dolmetschers für die Sprache Dari und eines länderkundigen Sachverständigen eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der Beschwerdeführer zu seinem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen und sein Bruder XXXX als Zeuge befragt wurde. Die belangte Behörde verzichtete schriftlich auf die Teilnahme an der Verhandlung.

Der Beschwerdeführer legte im Rahmen der mündlichen Verhandlung weitere Integrationsunterlagen und aktuelle Befunde vor.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung zog der Beschwerdeführer, vertreten durch seine ausgewiesene Rechtsvertreterin, seine Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides ausdrücklich und aus freier Entscheidung zurück.

9. Am 24.06.2019 legte der Beschwerdeführer ein Zeugnis zur bestandenen Integrationsprüfung, Niveau B1, vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den zugrundeliegenden Verwaltungsakt, insbesondere durch Einsicht in die im Verfahren vorgelegten Dokumente, Unterlagen und Befragungsprotokolle, durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, Einsicht in das Zentrale Melderegister, das Strafregister und das Grundversorgungssystem betreffend den Beschwerdeführer sowie Einsicht in das Verfahren W180 1432005-1 betreffend den subsidiär schutzberechtigten Bruder des Beschwerdeführers, XXXX .

1. Feststellungen

Der Beschwerdeführer führt den im Spruch angeführten Namen und ist volljähriger Staatsangehöriger von Afghanistan. Er ist ledig und kinderlos.

Der Beschwerdeführer stammt aus der Provinz Kunduz. Nach dem Tod seines Vaters und der Wiederverheiratung seiner Mutter lebte der Beschwerdeführer ab seinem zweiten Lebensjahr gemeinsam mit seinem älteren Bruder XXXX bei einem Verwandten in Afghanistan. Bereits in Afghanistan kümmerte sich stets sein älterer Bruder XXXX um den Beschwerdeführer und übernahm die Vaterrolle. Zu seinen Verwandten in Afghanistan hat der Beschwerdeführer keinen Kontakt.

Nach der Ausreise seines Bruders XXXX in die Türkei verließ auch der Beschwerdeführer Afghanistan im Alter von etwa zwölf Jahren. Nach einem vorübergehenden Aufenthalt im Iran folgte der Beschwerdeführer seinem Bruder XXXX in die Türkei nach, wo er bis zu seiner Ausreise im Jahr 2015 bei seinem Bruder lebte. Auch in der Türkei kümmerte sich der Bruder XXXX wie ein Vater um den Beschwerdeführer und unterstützte diesen finanziell.

Der Bruder XXXX , IFA-Zl.: XXXX , stellte im Jahr 2012 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit hg. Erkenntnis vom 07.08.2015 wurde dem Bruder XXXX rechtskräftig der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt, welche aktuell bis XXXX verlängert wurde. Im Falle des Bruders XXXX ist kein Verfahren zur Aberkennung des subsidiären Schutzstatus anhängig. Der Bruder XXXX lebt nach wie vor in Österreich.

Der Beschwerdeführer reiste im Sommer 2015 ebenfalls und illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte hier am 20.06.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vollinhaltlich abgewiesen.

Die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz bezüglich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten und bezüglich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten durch das BFA (Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides) wurde vom anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 04.06.2019 ausdrücklich zurückgezogen; diese Spruchpunkte sind somit in Rechtskraft erwachsen.

Der Beschwerdeführer hält sich seit seiner Einreise im Bundesgebiet im Juni 2015 durchgehend in Österreich auf. Er ist strafrechtlich unbescholten, bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und ist nicht erwerbstätig.

Der Beschwerdeführer besuchte von August 2016 bis Juni 2018 täglich das schulanaloge Bildungsprojekt " XXXX " zur Vorbereitung auf den Pflichtschulabschluss. Von August 2018 bis Juni 2019 nahm der Beschwerdeführer am Kurs " XXXX " teil, welchen er im Mai 2019 mit einer positiv absolvierten Integrationsprüfung, bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz und zu Werte- und Orientierungswissen, auf dem Niveau A2 abgeschlossen hat. Im Juni 2019 bestand der Beschwerdeführer sodann die Integrationsprüfung auf dem Niveau B1. Der Beschwerdeführer verfügt über gute Deutschkenntnisse und konnte die an ihn gerichteten Fragen im Rahmen der mündlichen Verhandlung ohne Zuhilfenahme des anwesenden Dolmetschers auf Deutsch beantworten. Der Beschwerdeführer legte diverse Empfehlungsschreiben vor.

Der Beschwerdeführer leidet an einer symptomatischen, komplizierten zystischen Echinokokkose der Leber, weshalb bei ihm im Mai 2018 eine Leberresektion durchgeführt wurde. Im Juni 2018 zeigte sich postoperativ eine ausgeprägte bakterielle Wundinfektion, die sich im weiteren Verlauf in die Bauchwand des Beschwerdeführers ausbreitete. Aufgrund der komplexen Erkrankung mit kompliziertem Verlauf ist eine regelmäßige Betreuung in der Ambulanz für Echinokokkose erforderlich. Eine nicht sachgerechte Therapie der Echinokokkose sowie der Wundinfektion kann zu einem Rezidiv der Grunderkrankung sowie zu einer lebensbedrohenden Bakteriämie führen. Der Beschwerdeführer leidet nach wie vor unter Schmerzen im Oberbauch, steht in regelmäßiger ärztlicher Behandlung und benötigt regelmäßig Medikamente. Zudem leidet der Beschwerdeführer an einer Anpassungsstörung und besteht der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung.

Der Beschwerdeführer wird in Österreich in sämtlichen Lebensbereichen fürsorglich von seinem subsidiär Schutzberechtigten Bruder XXXX unterstützt, der in Österreich gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin lebt. Sein Bruder hilft dem Beschwerdeführer finanziell mit seinem Verdienst aus seiner Baustellentätigkeit, erledigt mit dem Beschwerdeführer Behördenwege und unterstützt den Beschwerdeführer insbesondere seit seiner Operation im Alltag. So erledigt der Bruder etwa Einkäufe für den Beschwerdeführer, der aufgrund seiner Erkrankung nicht schwer heben kann, und besorgt sowie bezahlt die Medikamente für den Beschwerdeführer. Zwar besteht derzeit kein gemeinsamer Haushalt des Beschwerdeführers mit seinem Bruder, weil dem Beschwerdeführer eine staatliche Unterkunft zugewiesen wurde, der Beschwerdeführer steht jedoch in einem engen und täglichen Kontakt mit seinem Bruder. Sie verbringen ihre Freizeit und ihren Alltag gemeinsam und haben ein sehr inniges Verhältnis zueinander. Sein Bruder hat bereits während der gemeinsamen Zeit in Afghanistan und in der Türkei die Vaterrolle für den Beschwerdeführer eingenommen und besteht dieses Verhältnis auch in Österreich fort.

2. Beweiswürdigung:

Der im Spruch angeführte Name sowie das im Spruch wiedergegebene Geburtsdatum des Beschwerdeführers dienen mangels Vorlage unbedenklicher Identitätsdokumente ausschließlich zur Identifizierung des Beschwerdeführers als Verfahrenspartei. Diese Daten wurden bereits dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegt und blieben in der Beschwerde unbestritten.

Die weiteren Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, sohin zu seiner Staatsangehörigkeit, Herkunftsprovinz und seinem Familienstand, gründen sich auf die konsistenten und diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Glaubwürdig ist auch das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen in seinem Herkunftsstaat, da keine hinreichenden Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Ausführungen hervorkamen und diese auch durch die Angaben seines Bruders bestätigt wurden.

Dass dem Bruder des Beschwerdeführers, XXXX , IFA-Zl.: XXXX , in Österreich rechtskräftig der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt wurde, ist aktenkundig.

Die Feststellungen zur Krankengeschichte sowie zum derzeitigen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers gründen in Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung insbesondere auf den im Verfahren zahlreich vorgelegten Befunden und Arztbriefen, wobei der jüngste Patientenbrief auf Mai 2019 datiert und damit als hinreichend aktuell zu befinden ist.

Die Feststellungen zum Verhältnis des Beschwerdeführers zu seinem in Österreich lebenden Bruder resultieren aus der Einvernahme des Beschwerdeführers und der Befragung seines als Zeugen stellig gemachten Bruders XXXX in der mündlichen Verhandlung. Hier gab zunächst der Beschwerdeführer an, dass er bereits in Afghanistan gemeinsam mit seinem Bruder gelebt habe. Sein Bruder sei ca. drei Jahre älter als er und habe sich schon in Afghanistan um ihn gekümmert, nachdem sein Vater verstorben und seine Mutter einen anderen Mann geheiratet habe. Er sei froh, dass er seinen Bruder gehabt und er sich um ihn gekümmert habe. Er habe schon seit seiner Kindheit ein gutes und sehr enges Verhältnis zu seinem Bruder (BVwG-Akt, OZ 7, S. 6).

Weiter legte der Beschwerdeführer dar, dass sie einander auch während ihres gemeinsamen Aufenthalts in der Türkei täglich gesehen hätten und sich sein Bruder auch dort wie ein Vater um ihn gekümmert und den Beschwerdeführer finanziell unterstützt habe. In Österreich unterstütze ihn sein Bruder noch immer, auch finanziell. Er habe auf Baustellen Geld verdient und ihm hierdurch finanziell geholfen. Zudem helfe ihm sein Bruder bei Behördenwegen. Als er operiert worden sei, habe ihn sein Bruder regelmäßig besucht. Da er nicht gesund gewesen sei, habe sein Bruder regelmäßig für ihn Einkäufe getätigt, Medikamente besorgt und bezahlt. Der Beschwerdeführer führte weiter aus, dass er ohne seinen Bruder damals ziemlich hilflos gewesen wäre. Er habe immer Schmerzen und könne keine schweren Sachen heben. Er müsse immer seinen Bruder anrufen, welcher dann sofort komme und dem Beschwerdeführer helfe. Sein Bruder sei wie ein Vater zu ihm, er habe sonst niemanden bzw. hätten sie einander gegenseitig und sonst niemanden. Sein Bruder sei seine Familie, ohne ihn könne er nicht leben (BVwG-Akt, OZ 7, S. 6 f.).

Diese durchweg authentischen und daher glaubwürdigen Ausführungen wurden sodann durch den als Zeuge einvernommenen Bruder des Beschwerdeführers, XXXX , bestätigt. Dieser gab in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend an, wie ein Vater für den Beschwerdeführer zu sein. Ihr Vater sei schon früh gestorben, er habe dann die Vaterrolle für seinen jüngeren Bruder übernommen. Er sei mit dem Beschwerdeführer immer zusammen gewesen. Als er in die Türkei gegangen sei, sei auch der Beschwerdeführer nachgekommen. Auch dort hätten sie eine Zeit zusammengelebt und habe er sich auch dort um den Beschwerdeführer gekümmert. Sie hätten sich gegenseitig unterstützt und würden dies noch immer tun (BVwG-Akt, OZ 7, S. 7). Der Bruder legte sodann weiter dar, dass er hier in XXXX auf Baustellen gearbeitet und Geld verdient habe, mit welchem er den Beschwerdeführer unterstützt habe. Sie würden einander gut verstehen und einander gegenseitig helfen. Sie seien sehr familiär miteinander und hätten ein enges und gutes Verhältnis. Sie würden einander regelmäßig sehen, auch wenn sie nicht im gemeinsamen Haushalt leben, würden sie viel gemeinsam machen und einander gegenseitig helfen, wo es notwendig sei (BVwG-Akt, OZ 7, S. 8). Der einvernommene Zeuge bestätigte somit die Angaben des Beschwerdeführers. Seiner Aussage konnte gefolgt werden, da aufgrund seines Auftretens keine seiner Glaubwürdigkeit entgegenstehenden Anhaltspunkte hervorkamen.

Die Feststellungen zu den Bildungsmaßnahmen, die der Beschwerdeführer in Österreich gesetzt hat, sowie zu seinen bislang erworbenen Deutschkenntnissen und Zeugnissen gründen auf den vorgelegten Integrationsunterlagen. Im Zuge der mündlichen Verhandlung konnte die erkennende Richterin zudem feststellen, dass der Beschwerdeführer bereits gut Deutsch spricht (BVwG-Akt, OZ 7, S. 7). Dass der Beschwerdeführer nicht erwerbstätig ist und Leistungen aus der Grundversorgung bezieht, war zudem dem Auszug aus dem GVS-Betreuungssystem zu entnehmen.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus der eingeholten Strafregisterauskunft.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde und zum Anfechtungsumfang:

Beschwerdegegenstand ist der Bescheid des BFA vom XXXX . Die dagegen erhobene Beschwerde erweist sich als rechtzeitig und zulässig.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Die Entscheidungskompetenz des Verwaltungsgerichts ist durch den Anfechtungsumfang der Beschwerde begrenzt, sofern der im angefochtenen Bescheid enthaltene Abspruch rechtlich in mehrere selbständige Teile trennbar ist (vgl. z.B. VwGH 24.2.2016, Ra 2015/09/0138).

Bei den Aussprüchen über die (Nicht-)Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, über die (Nicht-)Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 und über die (Nicht-)Erteilung eines Aufenthaltstitels bzw. die Erlassung einer Rückkehrentscheidung handelt es sich um voneinander rechtlich trennbare Aussprüche, die unterschiedlichen rechtlichen Schicksalen unterliegen können und separat anfechtbar sind (vgl. VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/004706.07.2016, Ra 2014/01/0217; 28.01.2015, Ra 2014/20/0121, mwN).

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides (Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten) wurde in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich vom Beschwerdeführern zurückgezogen. Die gegenständliche Beschwerde richtet sich somit nun mehr ausschließlich gegen die Spruchpunkte III. - VI. des angefochtenen Bescheides (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels, Erlassung einer Rückkehrentscheidung und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung), weshalb die mit Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides verfügte Abweisungen des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits in Rechtskraft erwachsen ist.

Angesichts des nachträglich eingeschränkten Anfechtungsumfangs der Beschwerde ist das erkennende Gericht ausschließlich zur Überprüfung der Spruchpunkte III. - VI. des angefochtenen Bescheides berufen.

3.2. Zu Spruchpunkt A) I. - Einstellung des Verfahrens über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 13 Abs. 7 AVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden. Wird eine Beschwerde zurückgezogen, kommt eine meritorische Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht nicht mehr in Betracht und der Bescheid wird rechtskräftig (vgl. dazu Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht (2014) RZ 742; Eder/Martschin/Schmied, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, K 6 zu § 7 VwGVG).

Eine Einstellung eines Verfahrens ist dann vorzunehmen, wenn ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren gegangen ist. Dies liegt unter anderem dann vor, wenn eine Beschwerde zurückgezogen wird (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), Anmerkung 5 zu § 28 VwGVG; s. auch BVwG vom 25.11.2014, W107 2008534-1).

Durch den in der mündlichen Verhandlung vom 04.06.2019 unmissverständlich formulierten Parteiwillen, die gegenständliche Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des verfahrensgegenständlich angefochtenen Bescheides zurückzuziehen, ist der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes bezüglich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides die Grundlage entzogen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, Anmerkung 5 zu § 28 VwGVG, mit Verweis auf Hengstschläger/Leeb, AVG III § 66 Rz 56f), weshalb das Verfahren über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides mit Beschluss einzustellen ist (vgl. dazu auch VwGH vom 10.03.1994, Zl. 94/19/0601; VwGH vom 12.05.2005, Zl. 2005/02/0049 sowie VwGH vom 22.11.2005, Zl. 2005/05/0320).

3.3. Zu Spruchpunkt A) II. - Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

Soweit sich die Beschwerde gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen richtet, ist sie nicht begründet:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

§ 57 AsylG 2005 lautet:

"§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ?Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ?Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der ?Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt."

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines solchen Grundes behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zu Spruchpunkt A) III. - Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung und Erteilung eines Aufenthaltstitels:

Soweit sich die Beschwerde gegen die erlassene Rückkehrentscheidung, gegen den Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebungen des Beschwerdeführers und gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 (Spruchpunkt IV. und V. des angefochtenen Bescheides) wendet, ist sie hingegen begründet:

§ 55 AsylG 2005 lautet:

"§ 55 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ?Aufenthaltsberechtigung plus' zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG im Sinne des Artikel 8 EMRK geboten ist.

Gemäß Artikel 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Artikel 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und Verfassungsgerichtshofs auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Der Ermessensspielraum der zuständigen Behörde und die damit verbundene Verpflichtung, allenfalls von einer Aufenthaltsbeendigung Abstand zu nehmen, variiert nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind Beginn, Dauer und Rechtsmäßigkeit des Aufenthalts, wobei bezüglich der Dauer vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte keine fixen zeitlichen Vorgaben gemacht werden, zu berücksichtigen. Bei der Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der tatsächlichen beruflichen Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit bzw. bei strafrechtlichen Verurteilungen auch die Schwere der Delikte und die Perspektive einer Besserung/Resozialisierung des Betroffenen bzw. die durch die Aufenthaltsbeendigung erzielbare Abwehr neuerlicher Tatbegehungen, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07; 12.06.2007, B 2126/06; VwGH 26.06.2007, 2007/01/479; 26.01.2006, 2002/20/0423; 17.12.2007, 2006/01/0216; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, 194; Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 2005, S. 282ff).

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311), zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.6.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 7.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.01.2006, 2002/20/0423, vom 08.06.2006, Zl. 2003/01/0600-14, oder vom 26.1.2006, Zl.2002/20/0235-9).

Abhängigkeit ist im Sinn eines tatsächlichen Angewiesenseins zu verstehen, etwa, dass eine Person aufgrund ihres schlechten körperlichen Zustandes, jungen Lebensalters oder Unselbständigkeit tatsächlich auf die Betreuung oder Unterstützung eines Angehörigen angewiesen ist, anderenfalls das Fortkommen nicht gesichert wäre. Andererseits hängt die Beantwortung der Frage, ob außerhalb des Bereiches des insbesondere zwischen Ehegatten und ihren minderjährigen Kindern ipso iure zu bejahenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK ein Familienleben vorliegt, aber auch unabhängig von einer isolierten Betonung des Gesichtspunktes der "Abhängigkeit" nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR jeweils von den konkreten Umständen ab, wobei für die Prüfung einer hinreichend stark ausgeprägten persönlichen Nahebeziehung ("the real existence in practice of close personal ties") gegebenenfalls auch die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung sind (Vgl. dazu auch VwGH 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423). So können auch besondere Umstände", wie etwa eine psychische Abhängigkeit, sich aus einer neuerlichen Trennung für den betroffenen Angehörigen ergebende gesundheitliche Folgen oder die benötigte Unterstützung durch den Angehörigen bei der Pflege und Erziehung minderjähriger Kinder, für ein Familienleben unter Erwachsenen sprechen (Vgl. dazu etwa VwGH 21.04.2011, Zl. 2011/01/0093).

Auch aus einer Behinderung bzw. der besonderen Schutzwürdigkeit eines Fremden kann sich ein besonderes familiäres Abhängigkeitsverhältnis ableiten bzw. können damit Schwierigkeiten bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat einhergehen. Allerdings stellt eine Behinderung auch diesfalls nur einen Aspekt unter vielen dar und hat daher nicht jedenfalls zur Folge, dass bei Vorliegen einer Behinderung - bzw. allgemein bei einer unverschuldeten Notlage - gleichsam im Wege eines Automatismus bzw. im Regelfall von einem Überwiegen der persönlichen Interessen auszugehen und der beantragte Aufenthaltstitel daher zu erteilen ist (vgl. dazu VwGH 18.04.2018, Zl. Ro 2017/22/0002, Rz. 33).

In einem Fall, der sowohl Familienleben als auch Einwanderung betrifft, hängt die Reichweite der Verpflichtungen eines Staates, Angehörige von dort lebenden Personen auf seinem Gebiet aufzunehmen, von den Umständen der betroffenen Personen und dem allgemeinen Interesse ab. Dabei zu berücksichtigende Faktoren sind das Ausmaß, in dem Familienleben tatsächlich unterbrochen würde, das Ausmaß der Bindungen im Konventionsstaat, das Bestehen unüberwindbarer Hindernisse für ein Leben der Familie im Herkunftsland des betroffenen Fremden und ob Faktoren der Einwanderungskontrolle (beispielsweise vorangegangene Verstöße gegen Einwanderungsgesetze) oder Überlegungen der öffentlichen Ordnung für den Ausschluss sprechen. Eine weitere wichtige Überlegung ist, ob das Familienleben zu einer Zeit geschaffen wurde, zu der den beteiligten Personen bekannt war, dass das Fortbestehen von Familienleben im Gaststaat wegen des Einwanderungsstatus einer von ihnen von Beginn an unsicher war. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie u.a., 265/07, m. w.N.; 28.06.2011, Nunez, 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, 28770/05; 14.02.2012, Antwi u.a., 26940/10). Solche außergewöhnlichen Umstände können sich insbesondere aus einer sehr langen Aufenthaltsdauer und den Auswirkungen der Ausweisung auf die dadurch betroffenen Kinder ergeben. Wo Kinder betroffen sind, muss ihr Wohl vorrangig berücksichtigt werden. Die Behörden müssen die Auswirkungen ihrer Entscheidung auf das Wohl der betroffenen Kinder prüfen. Wie der EGMR bereits festgestellt hat, haben Personen in einer solchen Situation kein Recht zu erwarten, dass ihnen ein Aufenthaltsrecht eingeräumt wird (vgl. etwa EGMR 03.10.2014, Jeunesse, Nr. 12.738/10; EGMR, 28.06.2011, Nunez, Nr. 55597/09; EGMR 31.07.2008, Omoregie u.a., Nr. 265/07).

Im Übrigen sind aber nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern, die wegen des Fehlens von über die üblichen Bindungen hinausgehenden Merkmalen der Abhängigkeit nicht (mehr) unter den Begriff des Familienlebens fallen, dann jedenfalls unter den Begriff des ebenfalls von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Privatlebens zu subsumieren (vgl. dazu EGMR 09.10.2003, Slivenko gegen Lettland, Nr. 48321/99, Rz. 97; EGMR 15.06.2006, Shevanova gegen Lettland, Nr. 58822/00, Rz. 67, EGMR 22.06.2006, Kaftailova gegen Lettland, Nr. 59643/00, Rz. 63, EGMR 12.06.2010, A. W. Khan gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 47486/06, Rz. 31 ff.) und im Rahmen einer Interessensabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gleichfalls zu berücksichtigen (vgl. VwGH 21.04.2011, Zl. 2011/01/0093).

Ob eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Zu prüfen ist gegenständlich somit, ob aufgrund der getroffenen Feststellungen ein Familienleben iSd Art. 8 EMRK zwischen dem Beschwerdeführer und seinem in Österreich lebenden Bruder, dem mit hg. Erkenntnis rechtskräftig der Status des subsidiärer Schutzberechtigten zuerkannt wurde, vorliegt.

Der Beschwerdeführer hat zu seinem Bruder ein sehr enges, inniges Verhältnis und ist von diesem in mehrfacher Hinsicht abhängig. Wie das Ermittlungsverfahren ergeben hat, ist der Bruder bereits seit frühester Kindheit die wichtigste Bezugsperson für den Beschwerdeführer. Nach dem frühen Tod des Vaters übernahm sein Bruder die Vaterrolle für den Beschwerdeführer. Nach der Wiederverheiratung der Mutter lebte der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinem Bruder bei einem Verwandten in Afghanistan, wo sich sein Bruder maßgeblich um den Beschwerdeführer kümmerte. Der Beschwerdeführer hat somit von Beginn an eine intensive Bindung zu seinem Bruder aufgebaut. Der Beschwerdeführer lebte bis zur Ausreise seines Bruders aus Afghanistan stets mit diesem zusammen. Auch während des gemeinsamen Aufenthalts in der Türkei standen der Beschwerdeführer und sein Bruder stets in engstem Kontakt und wurde der Beschwerdeführer bereits damals von seinem Bruder finanziell unterstützt.

An dieser familiären Beziehung hat sich auch seit der Einreise des Beschwerdeführers und seines Bruders in das österreichische Bundesgebiet nichts geändert: Zwar besteht in Österreich kein gemeinsamer Haushalt des Beschwerdeführers und seines Bruders, der Beschwerdeführer wird von seinem Bruder aber - wo erforderlich - nach wie vor umfassend und vor allem auch finanziell unterstützt. Darüber hinaus erhält der Beschwerdeführer, der an einer symptomatischen, komplizierten zystischen Echinokokkose leidet und seit seiner Leberteilresektion im Jahr 2018 sowohl mit anhaltenden Schmerzen als auch damit einhergehend mit Einschränkungen im Alltag konfrontiert ist, von seinem Bruder notwendige Hilfestellungen bei der Erledigung seiner täglichen Bedürfnisse. So übernimmt der Bruder das Einkaufen von Lebensmitteln, erledigt mit dem Beschwerdeführer Behördenwege und besorgt für den Beschwerdeführer Medikamente, wobei der Bruder für die hierbei anfallenden Kosten aufkommt. Da es dem Beschwerdeführer aufgrund seiner andauernden Schmerzen infolge seiner Lebererkrankung nicht möglich ist, schwere Sachen zu heben, ist er auch in diesem Punkt auf die Unterstützung seines Bruders angewiesen. Der Bruder ist somit nicht zuletzt im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und die damit einhergehenden Einschränkungen eine wichtige Stütze in seinem Leben. Auch den Alltag und die Freizeit verbringen die beiden Brüder gemeinsam. Die Einvernahme des Beschwerdeführers und seines Bruders ergab zweifelsfrei, dass zwischen ihnen sehr enge familiäre Bande und eine finanzielle Abhängigkeit des Beschwerdeführers von seinem Bruder vorliegt.

Es ist daher festzuhalten, dass zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Bruder bereits vor der Einreise in das Bundesgebiet ein Vater-Sohn ähnliches und tatsächliches Familienleben bestanden hat, das auch hier in Österreich weiter fortbesteht. Das Familienleben ist zudem als intensiv anzusehen, sei es durch Unterstützung und Hilfe in den verschiedensten Lebensbereichen, sei es durch eine gemeinsame Freizeitgestaltung (vgl. VwGH 02.08.2016, Ra 2016/20/0152, demzufolge familiäre Beziehungen unter Erwachsenen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK fallen würden, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die übliche Bindung hinausgehen).

Dem Bruder wurde rechtskräftig der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, eine Verfahren zur Aberkennung dieses Status ist nicht anhängig. Eine Fortsetzung des Familienlebens mit seinem Bruder im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers erscheint daher ausgeschlossen, woraus sich ein besonders intensiver Eingriff in das Recht auf Familienleben ergibt (vgl VfGH 25.02.2013, U 2241-12 und VfSlg. 19.220/2010). Eine Rückkehrentscheidung und Ausweisung des Beschwerdeführers würde daher bedingen, dass der Beschwerdeführer von seinem in Österreich aufenthaltsberechtigten Bruder getrennt und die persönliche Kontaktpflege zwischen den Familienangehörigen massiv begrenzt wird.

Eine Rückkehrentscheidung greift daher in das in Österreich bestehende Familienleben des Beschwerdeführers mit seinem Bruder ein.

Der Beschwerdeführer ist zudem strafrechtlich unbescholten, verfügt über fortgeschrittene Deutschkenntnisse, bestand Integrationsprüfungen bis zum Sprachniveau B1, setzte in Österreich zahlreiche Bildungsschritte und ist insgesamt glaubhaft um eine Integration in die österreichische Gesellschaft bemüht. Es ist daher - neben dem Eingriff in das Familienleben - davon auszugehen, dass eine Rückkehrentscheidung auch in das in Österreich bestehende Privatleben des Beschwerdeführers eingreift.

Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zwar grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 12.12.2012, 2012/18/0178; 22.01.2013, 2011/18/0012; 28.02.2019, Ro 2019/01/0003), im gegenständlichen konkreten Einzelfall überwiegen aber aufgrund der dargestellten exzeptionellen Umstände in einer Gesamtabwägung und -betrachtung dennoch die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung, für die sich in der vorliegenden Konstellation keine begründeten Rechtfertigungen erkennen lassen (vgl. VwGH 22. 2. 2005, 2003/21/0096; vgl. ferner VwGH 26. 3. 2007, 2006/01/0595, sowie VfSlg 17.457/2005).

Die drohende Verletzung des Rechts auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK beruht auf Umständen, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind, da dem - seit 2012 im Bundesgebiet aufhältigen - Bruder bereits seit dem Jahr 2015 in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und bis dato auch kein Aberkennungsverfahren anhängig ist.

Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid verfügte Rückkehrentscheidung und Abschiebung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan stellen angesichts der obigen Ausführungen somit im Entscheidungszeitpunkt einen unverhältnismäßigen Eingriff in das im konkreten Fall enge, Vater - Sohn ähnliche, Familienleben des Beschwerdeführers im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK dar.

Da die Ausweisung des Beschwerdeführers gemäß § 9 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist, ist ihm gemäß § 58 Abs. 3 AsylG ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG zu erteilen. Da dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG zu erteilen ist, liegen die Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 10 AsylG, § 52 FPG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan nicht mehr vor.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG, BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen (§ 55 Abs. 2 AsylG 2005).

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 Abs. 4 IntG, idF BGBl. I Nr. 68/2017, unter anderem dann erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 (Z1) oder einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt (Z2).

Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung umfasst gemäß § 11 Abs. 2 IntG Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt.

Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1 ist gemäß § 11 Abs. 3 IntG vom Österreichischen Integrationsfonds oder von einer vom Österreichischen Integrationsfonds zur Abwicklung der Prüfungen im Rahmen der Integrationsvereinbarung zertifizierten und somit zur Ausfolgung eines gleichwertigen Nachweises gemäß Abs. 4 berechtigten Einrichtung durchzuführen.

Der Beschwerdeführer hat im Verfahren zwei Zeugnisse zur Integrationsprüfung vorgelegt, mit welchen bestätigt wird, dass er die Integrationsprüfung bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz sowie zu Werte- und Orientierungswissen sowohl auf dem Niveau A2 als auch auf dem Niveau B1 bestanden hat. Der Beschwerdeführer hat somit das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt.

Es ist dem Beschwerdeführer somit gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat dem Beschwerdeführer den Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" auszufolgen (§ 58 Abs. 7 AsylG 2005).

3.5. Zu Spruchpunkt A) IV. - Ersatzlose Behebung des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheides:

Im gegenständlichen Fall ist die Rückkehrentscheidung betreffend den Beschwerdeführer auf Dauer unzulässig. Da die gesetzlichen Voraussetzungen für die Festsetzung einer Frist für die freiwillige Ausreise somit nicht mehr vorliegen, war der Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben (vgl. dazu auch VfGH vom 13.09.2013, U 370/2012; VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0162).

3.6. Zu Spruchpunkt B) - Zulässigkeitsentscheidung hinsichtlich der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, aber auch des Verfassungsgerichtshofes, des EuGH und des EGMR); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung plus Deutschkenntnisse Integration Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Verfahrenseinstellung Voraussetzungen Wegfall der Gründe Zurückziehung der Beschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W107.2205813.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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