TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/15 W101 2139900-1

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Veröffentlicht am 15.10.2019
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Entscheidungsdatum

15.10.2019

Norm

Auskunftspflichtgesetz §1 Abs1
Auskunftspflichtgesetz §4
B-VG Art133 Abs4
B-VG Art20 Abs3
B-VG Art20 Abs4
DSG 2000 Art1 §1 Abs1
DSG 2000 Art1 §1 Abs2
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W101 2139900-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid des AMS XXXX vom 28.10.2016, GZ: XXXX , betreffend Versagung der Erteilung einer Auskunft nach dem Auskunftspflichtgesetz zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG idgF iVm § 4 und § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG idgF nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE :

I. Verfahrensgang:

Mit Schreiben vom 03.10.2016 brachte die Beschwerdeführerin beim AMS XXXX (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) zunächst vor, dass sie einige Verdachtsmomente gegen Frau XXXX habe, die disziplinär zu ahnden wären, was sie dem AMS XXXX auch mitgeteilt habe. In der Folge beantragte sie in diesem Schreiben schriftlich Auskunft iSd Auskunftspflichtgesetzes zu erteilen, ob ein Disziplinarverfahren gegen Frau XXXX eingeleitet worden sei und bejahendenfalls unter welcher Aktenzahl dieses Disziplinarverfahren geführt werde. Abschließend beantragte sie, wenn keine Auskunft erteilt werden sollte, die Ausstellung eines Bescheides, woraus die Gründe dafür ersichtlich seien, um den Instanzenzug zu ermöglichen.

Mit o.a. Bescheid vom 28.10.2016 (ausgehändigt am 31.10.2016) sprach die belangte Behörde aus, zum schriftlichen Auskunftsbegehren vom 03.10.2016 nach § 4 Auskunftspflichtgesetz keine Auskunft zu erteilen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus:

Die beantragte Auskunft, ob gegen Frau XXXX disziplinäre Schritte eingeleitet worden seien, falle nicht unter die Bestimmungen des Auskunftspflichtgesetzes. Außerdem würden die begehrten Auskünfte dem Datenschutz unterliegen, sodass diese Auskünfte nach dem Datenschutzgesetz nicht gegeben werden könnten.

Gegen diesen Bescheid brachten die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde ein. Darin führte die Beschwerdeführerin insbesondere aus, dass die belangte Behörde für die sachliche Erledigung nicht zuständig gewesen sei, weil sie ihr Auskunftsbegehren an das AMS XXXX gerichtet habe, und dass sie daher die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides beantrage. Ferner würden die rechtlichen Voraussetzungen für eine abschlägige Auskunft nicht vorliegen.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 16.11.2016 war die Beschwerde samt Verwaltungsakt an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin hat am 03.10.2016 beim AMS XXXX schriftlich beantragt, die Auskunft zu erteilen, ob ein Disziplinarverfahren gegen Frau XXXX eingeleitet wurde und bejahendenfalls unter welcher Aktenzahl dieses Disziplinarverfahren geführt wird.

Die den Bescheid erlassende Behörde - das AMS XXXX - ist aus organisatorischer Sicht ein untergeordneter Teil des AMS XXXX .

Bei der begehrten Auskunft handelt es sich um auf die genannte Person bezogene Daten, die Aufschluss darüber geben sollen, ob der genannten Person im Rahmen eines Verfahrens beim AMS die Verletzung einer Dienstpflicht - wie von der Beschwerdeführerin gegenüber dem AMS XXXX bereits mitgeteilt - vorgeworfen werden kann oder nicht. Dem persönlichen Interesse der Beschwerdeführerin, die gewünschte Auskunft zu erhalten, steht das Interesse der genannten Person auf Geheimhaltung ihrer Daten gegenüber.

Die gebotene Interessenabwägung der Parteien führt zu dem maßgebenden Ergebnis, dass die schützenswerten Geheimhaltungsinteressen der Frau XXXX überwiegt und die beantragte Auskunft wegen der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht zu versagen ist.

2. Beweiswürdigung:

Die obigen Feststellungen zum maßgebenden Sachverhalt ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt nach Auffassung der zuständigen Einzelrichterin nicht vor, weil das AMS XXXX (die belangte Behörde) ein untergeordneter Teil des AMS XXXX ist und deren bescheidmäßige Erledigung des Auskunftsbegehrens somit auch dem AMS XXXX zuzurechnen ist.

Über die begehrte Auskunft will die Beschwerdeführerin bestätigt finden, ob die ihrerseits aufgezeigte Ablehnung der Frau XXXX aufgrund von "Verdachtsmomenten, die disziplinär zu ahnden wären," zur Einleitung entsprechender Disziplinarverfahren gegen diese geführt hat. Nur die "Verdachtsmomente" der Beschwerdeführerin sind von persönlichem Interesse für sie, ein darüber hinaus gehendes Interesse ihrerseits kann ausgeschlossen werden. Diesem persönlichen Interesse der Beschwerdeführerin steht allerdings das schützenswerte Interesse auf Geheimhaltung der Frau XXXX gegenüber. Bei Abwägung der vorliegenden Interessen überwiegen die schützenswerten Geheimhaltungsinteressen der Frau XXXX , sodass die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht zum Tragen kommt.

Aus diesen Erwägungen wurden die obigen Feststellungen zum maßgebenden Sachverhalt getroffen. Der maßgebende Sachverhalt hat aufgrund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden können.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A):

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2.1. Art. 20 Abs. 3 und 4 B-VG lauten:

"(3) Alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist (Amtsverschwiegenheit). Die Amtsverschwiegenheit besteht für die von einem allgemeinen Vertretungskörper bestellten Funktionäre nicht gegenüber diesem Vertretungskörper, wenn er derartige Auskünfte ausdrücklich verlangt.

(4) Alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht; berufliche Vertretungen sind nur gegenüber den ihnen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies insoweit, als dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird. Die näheren Regelungen sind hinsichtlich der Organe des Bundes sowie der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache, hinsichtlich der Organe der Länder und Gemeinden sowie der durch die Landesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung in der Grundsatzgesetzgebung Bundessache, in der Ausführungsgesetzgebung und in der Vollziehung Landessache."

Die §§ 1 bis 4 Auskunftspflichtgesetz lauten:

"§ 1. (1) Die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.

(2) Auskünfte sind nur in einem solchen Umfang zu erteilen, der die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht wesentlich beeinträchtigt; berufliche Vertretungen sind nur gegenüber den ihnen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies insoweit, als dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird. Sie sind nicht zu erteilen, wenn sie offenbar mutwillig verlangt werden.

§ 2. Jedermann kann schriftlich, mündlich oder telephonisch Auskunftsbegehren anbringen. Dem Auskunftswerber kann die schriftliche Ausführung eines mündlich oder telefonisch angebrachten Auskunftsbegehrens aufgetragen werden, wenn aus dem Begehren der Inhalt oder der Umfang der gewünschten Auskunft nicht ausreichend klar hervorgeht.

§ 3. Auskünfte sind ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber binnen acht Wochen nach Einlangen des Auskunftsbegehrens zu erteilen. Kann aus besonderen Gründen diese Frist nicht eingehalten werden, so ist der Auskunftswerber jedenfalls zu verständigen.

§ 4. Wird eine Auskunft nicht erteilt, so ist auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen. Als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen ist, gilt das AVG, sofern nicht für die Sache, in der Auskunft erteilt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist."

§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 DSG 2000 (Grundrecht auf Datenschutz) in der geltenden Fassung lauten:

"(1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden."

3.2.2. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat zum Auskunftsrecht nach dem Auskunftspflichtgesetz u. a. folgendes für den gegenständlichen Fall Relevantes ausgeführt:

"[...] Die VwG haben gemäß Art. 130 Abs. 4 B-VG und § 28 Abs. 2 VwGVG 2014 in der Sache selbst zu entscheiden (vgl dazu insbesondere VwGH vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063). Da der erteilten Auskunft als bloßer Wissenserklärung kein Bescheidcharakter zukommt, kann eine Auskunft selbst nicht Gegenstand des in der Sache zu treffenden Spruchs des Erkenntnisses eines VwG sein. Das VwG ist allein zu der spruchmäßigen Feststellung zuständig, dass die mit einem Auskunftsbegehren befasste Behörde eine Auskunft zu Recht oder zu Unrecht verweigert hat. Gelangt das VwG zu der Auffassung, dass die belangte Behörde die Auskunft zu Unrecht verweigert hat, so kann es lediglich diesen (feststellenden) Ausspruch treffen." (VwGH 13.09.2016, Ra 2015/03/0038; ebenso VwGH 15.09.2006, 2004/04/0018)

"Bei der Beurteilung, ob und inwieweit eine Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit dem Auskunftsbegehren entgegensteht, sind im Sinne des Art. 20 Abs. 3 B-VG die Interessen der Gebietskörperschaft und der Partei zu berücksichtigen. Der Begriff der ?Partei' im Sinne des Art. 20 Abs. 3 B-VG, auf deren Interessen bei der vorzunehmenden Interessenabwägung Bedacht zu nehmen ist, muss im weitesten Sinn verstanden werden. Auch ein vom Auskunftswerber verschiedener, vom Auskunftsverlangen betroffener Dritter ist als solche anzusehen. Bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Prüfung, ob Amtsverschwiegenheit der Auskunftserteilung entgegensteht, ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Dabei ist das Interesse des Auskunftswerbers an der Erlangung der begehrten Information mit dem Geheimhaltungsinteresse ?der Partei' abzuwägen. Stehen einander die beiden Interessenlagen gleichwertig gegenüber, so steht die Amtsverschwiegenheit einer Auskunftserteilung durch die Behörde nicht entgegen; (nur) bei Überwiegen der Geheimhaltungsinteressen der Partei ist der Behörde eine Auskunftserteilung unter dem Titel der Amtsverschwiegenheit verwehrt." (VwGH 20.05.2015, 2013/04/0139 mit Hinweis auf 21.09.2005, 2004/12/0151, und 31.03.2003, 2000/10/0052, mwN).

"Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. November 1990, Zl. 89/17/0028 = VwSlg 6553 F/1990 und vom 17. Juni 1992, Zl. 91/01/0201 = VwSlg 13663 A/1992) hat die um Auskunft ersuchte Behörde zu beurteilen, ob und inwieweit eine Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit dem Auskunftsbegehren entgegen steht. Sie hat somit die Interessen der Gebietskörperschaft und der Parteien zu beurteilen. Dabei ist der Begriff ?Parteien' im weitesten Sinn zu verstehen und umfasst alle Personen, die aus irgendeinem Anlass mit Behörden in Berührung kommen; als ?Partei' im Sinne des Art. 20 Abs. 3 B-VG (und auch des § 14 Abs. 2 FMABG), auf deren Interessen bei der vorzunehmenden Interessenabwägung Bedacht zu nehmen ist, ist somit auch ein vom Auskunftswerber verschiedener Dritter, der vom Auskunftsverlangen betroffen ist, anzusehen. Die um Auskunft ersuchte Behörde trifft die Pflicht zur ausreichenden Feststellung des Sachverhaltes, der die Beurteilung der Interessen der Gebietskörperschaft und der Parteien ermöglicht, wobei das Parteiengehör zu gewähren ist, und die Pflicht zu einer gesetzmäßigen Begründung ihrer Entscheidung. Um dem Zweck der Amtsverschwiegenheit zu entsprechen, dürfen die Anforderungen an die Bescheidbegründung im vorliegenden Zusammenhang nicht überspannt werden. Insbesondere erfordert es eine gesetzmäßige Bescheidbegründung weder, dass der nach Auffassung der um Auskunft ersuchten Behörde von der Amtsverschwiegenheit betroffene Sachverhalt in der Bescheidbegründung dargelegt, noch, dass auf eine solche Art individualisiert werde, dass der geheimzuhaltende Sachverhalt aus der Bescheidbegründung mit Hilfe von dem Auskunftswerber zugänglichen Schlussfolgerungen ermittelt werden kann; derartige Anforderungen an die Begründung eines die Auskunft wegen überwiegender Geheimhaltungsinteressen verweigernden Bescheides würde das Gebot der Amtsverschwiegenheit im konkreten Fall inhaltsleer machen." (VwGH 27.02.2009, 2008/17/0151)

"Gemäß § 3 Abs. 1 des Tir AuskunftspflichtG 1989 darf Auskunft nicht erteilt werden, wenn der Erteilung der Auskunft eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht entgegensteht. Als gesetzliche Verschwiegenheitspflicht in diesem Sinn kommt sowohl die in Art. 20 Abs. 3 B-VG umschriebene Amtsverschwiegenheit als auch - eigenständig - die in § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000 umschriebene Pflicht zur Geheimhaltung personenbezogener Daten in Betracht."

"Bei der Prüfung des Interesses der Partei an der Geheimhaltung ist eine Abwägung der Interessen, nämlich des Interesses an der Information und des Geheimhaltungsinteresses der Partei, vorzunehmen. Stehen einander die beiden Interessenlagen gleichwertig gegenüber, so steht der Auskunftserteilung keine Geheimhaltungsverpflichtung der Behörde entgegen; (nur) bei Überwiegen der Geheimhaltungsinteressen der Partei ist der Behörde eine Auskunftserteilung verwehrt."

"Als Partei iSd Art. 20 Abs. 3 B-VG (nicht zu verwechseln mit dem Parteibegriff des § 8 AVG, welcher dem Recht auf Akteneinsicht zugrunde liegt) sind alle Personen zu verstehen, die aus irgendeinem Anlass mit Behörden in Berührung kommen. Überwiegen somit die Interessen einer solchen Partei das Interesse des Auskunftswerbers, so ist die Auskunft unter Berufung auf die Amtsverschwiegenheit nicht zu erteilen." (VwGH 23.10.2013, 2013/03/0109)

3.2.3. Unter Berücksichtigung dieser Rechtslage ergibt sich für den gegenständlichen Fall Folgendes:

Im gegenständlichen Fall ist die intendierte Frage, ob ein Disziplinarverfahren gegen Frau XXXX eingeleitet wurde und bejahendenfalls unter welcher Aktenzahl dieses Disziplinarverfahren geführt wird, Gegenstand des Auskunftsverfahrens. Hiebei handelt es sich um eine Frage nach gesichertem Wissen der belangten Behörde. Die Auskunft ist zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht. Es ist daher zu prüfen, inwieweit eine derartige Verschwiegenheitspflicht vorliegt.

Zunächst ist festzuhalten, dass das im Art. 20 Abs. 4 B-VG und in § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz normierte subjektive öffentliche Recht auf Auskunftserteilung kein über dieses Interesse hinausgehendes aus den besonderen Verwaltungsvorschriften abzuleitendes rechtliches Interesse an der Auskunftserteilung voraussetzt. Dem Anspruch auf Auskunftserteilung steht es daher nicht entgegen, wenn dem Begehren eine kritische Einstellung gegenüber den genannten Personen bzw. Prüforganen der belangten und auskunftspflichtigen Behörde zugrunde liegt (vgl. VwGH 26.05.1998, 97/04/0239).

Die Beschwerdeführerin übersieht jedoch in ihrer Argumentation, dass sowohl die die Auskunftspflicht allenfalls einschränkende Bestimmung des Art. 20 Abs. 3 B-VG als auch die § 1 DSG Interessenabwägungen vorsehen.

Die in Art. 20 Abs. 3 B-VG normierte Amtsverschwiegenheit verpflichtet die Behörde unter anderem zur Geheimhaltung von Tatsachen, deren Geheimhaltung im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist. Dabei ist der Begriff "Parteien" im weitesten Sinn zu verstehen und umfasst alle Personen, die aus irgendeinem Anlass mit Behörden in Berührung kommen; als "Partei" im Sinne des Art. 20 Abs. 3 B-VG [...], auf deren Interessen bei der vorzunehmenden Interessenabwägung Bedacht zu nehmen ist, ist somit auch ein vom Auskunftswerber verschiedener Dritter, der vom Auskunftsverlangen betroffen ist, anzusehen (VwGH 27.02.2009, 2008/17/0151). Auch Beamte sind Parteien gemäß Art. 20 Abs. 3 B-VG, deren Interessensphäre zu schützen ist (vgl. VwGH vom 24.01.1996, 95/12/84, uva).

Der Maßstab für die hier gebotene Interessenabwägung ist unter Berücksichtigung jener Normen zu finden, die den durch die Fragen angesprochenen Lebensbereich oder zumindestens einen vergleichbaren Sachverhalt regeln. Im Beschwerdefall sind daher jene Bestimmungen in die Überlegungen miteinzubeziehen, die den Umgang mit personenbezogenen Daten von Beamten (speziell) betreffen oder auf Grund ihres allgemeinen Inhaltes auch darauf Anwendung finden (VwSlg 14.029 A/1994).

Bei der begehrten Auskunft handelt es sich um eine personenbezogene Information über die genannte Person, die darüber Aufschluss geben soll, ob gegen sie ein Disziplinarverfahren eingeleitet und ihr damit die Verletzung einer Dienstpflicht angelastet wurde oder nicht. Dabei handelt es sich nicht um gleichsam innerhalb der Dienststelle "freigegebene" Daten, wie Name, Vorrückungsstichtag oder Dienstelle eines Beamten, die aus dem Personalverzeichnis ersichtlich sind. Die Verwendung der gegenständlich begehrten Daten der Betroffenen berührt diese in ihrer Eigenschaft als Dienstnehmerin und damit auch in ihrer Privatsphäre. Die Beschwerdeführerin ist in keiner Weise an einem allfälligen Disziplinarverfahren gegen die genannte Person beteiligt, sondern ist die Kenntnis über die Einleitung oder Nichteinleitung eines Disziplinarverfahrens den zuständigen Organen der belangten Behörde vorbehalten. Im gegenständlichen Fall besteht ein schutzwürdiges und grundrechtlich legitimiertes Interesse der genannten Person an der Geheimhaltung der begehrten Auskunft, das gegenüber dem persönlichen Interesse der Beschwerdeführerin überwiegt. Nur der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass selbst die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung die Daten eines im Rahmen eines Disziplinarverfahrens Beschuldigten nicht zu "allgemein verfügbaren Daten" machen würde (vgl. dazu OGH vom 24.11.2014, 17 Os 40/14g [17 Os 41/14d]).

Bei einer Auskunft, ob gegen eine bestimmte Person ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, handelt es sich zweifelsohne um personenbezogene Daten der genannten Person. Derartige Daten fallen grundsätzlich unter das in § 1 DSG normierte Grundrecht auf Datenschutz.

"Bei der Annahme eines (vom Geheimhaltungsanspruch vorausgesetzten) schutzwürdigen Interesses legen Rechtsprechung und Lehre einen großzügigen Maßstab an: Es wird grundsätzlich angenommen, sofern es nicht im Sinn des § 1 Abs 1 zweiter Satz DSG auszuschließen ist." (OGH 17 Os 40/14g). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass schon aufgrund der Tatsache, dass sowohl Art. 8 der Europäischen Grundrechtecharta (GRC) als auch die Richtlinie 95/46/EG keine derartige Einschränkung des Schutzes personenbezogener Daten kennen, sondern grundsätzlich alle personenbezogene Daten als schutzwürdig anerkennen (aber in weiterer Folge Ausnahmetatbestände normieren), von einer entsprechenden restriktiven Interpretation des Beisatzes "soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht" auszugehen ist (siehe dazu auch die Materialien zum DSG 2000. ErläutRV 1613 BlgNR 20. GP 35: "An anderen Daten (worunter nicht allgemein zugängliche Daten verstanden werden), besteht ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse").

Die Information, ob gegen eine bestimmte Person ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, ist ein relevantes und schutzwürdiges personenbezogenes Datum, da es darüber Aufschluss gibt, ob ihm Verletzungen der Dienstpflichten zur Last gelegt werden oder nicht. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin unterliegt eine Person auch in ihrer Eigenschaft als Dienstnehmerin dem Grundrecht auf Datenschutz (siehe dazu nur beispielsweise die Empfehlung der Datenschutzbehörde DSB-D213.303/0015-DSB/2014). Es ist daher davon auszugehen, dass die begehrte Auskunft grundsätzlich dem Anspruch auf Geheimhaltung nach § 1 Abs. 1 DSG unterliegt. Als Eingriffstatbestand gemäß § 1 Abs. 2 DSG käme im gegenständlichen Fall nur ein überwiegendes berechtigtes Interesse der Beschwerdeführerin in Frage. Selbst wenn ein persönliches Interesse der Beschwerdeführerin an der gewünschten Information vorläge, so ist hier jedenfalls kein (sich aus der Rechtsordnung ergebendes) berechtigtes und umso weniger ein "überwiegendes berechtigtes Interesse" der Beschwerdeführerin gegeben.

Eine Übermittlung der Daten, ob ein Disziplinarverfahren gegen die genannte Person eingeleitet wurde (oder eben die Auskunft, dass kein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde), an die Beschwerdeführerin wäre nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen des DSG wiederum nur bei Überwiegen eines berechtigten Interesses der Beschwerdeführerin zulässig, welches aber - wie oben bereits ausgeführt - hier nicht vorliegt.

Aus alledem folgt, dass die belangte Behörde der Beschwerdeführerin zu Recht die beantragte Auskunftserteilung verweigert hat und dem angefochtenen Bescheid eine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG nicht anhaftet.

Daher war die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 4 und § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz als unbegründet abzuweisen.

3.2.4. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im gegenständlichen Fall hat die Beschwerdeführerin keine mündliche Verhandlung beantragt und ist auch der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte infolgedessen entfallen.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (siehe oben unter 3.2.2. und 3.2.3. zit. Judikatur), noch fehlt es wie oben dargestellt an einer solchen; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Amtsverschwiegenheit Auskunftsverweigerung Datenschutz Dienstpflichtverletzung Disziplinarverfahren Geheimhaltungsinteresse Interessenabwägung personenbezogene Daten Verschwiegenheitspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W101.2139900.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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