TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/12 W141 2182357-1

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Veröffentlicht am 12.03.2020
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Entscheidungsdatum

12.03.2020

Norm

AlVG §21
AlVG §47
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §7 Abs4
ZustG §16

Spruch

W141 2182357-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Rebecca FIGL-GATTINGER und Josef HERMANN, als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX ,

VN XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice (AMS) Mattersburg, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 16.11.2017, betreffend die Zurückweisung der Beschwerde als verspätet, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice (AMS) Mattersburg (in der Folge belangte Behörde) vom 28.09.2017 wurde aufgrund der Eingabe des Beschwerdeführers vom 28.09.2017 festgestellt, dass dem Beschwerdeführer Arbeitslosengeld gemäß den §§ 21 und 47 AlVG ab 01.09.2017 in Höhe von ? 15,26 täglich gebührt.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 04.11.2017 Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, der mit dem 27.09.2017 datierte Bescheid sei dem Beschwerdeführer am 10.10.2017 zugestellt worden. Die gesetzliche Beschwerdefrist betrage vier Wochen ab Zustellung, so dass die Einbringung der Beschwerde bei der belangten Behörde form-und fristgerecht erfolgt sei.

Die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides sei mangelhaft. Durch ein Urteil des Verfassungsgerichtshofes bestehe in verwaltungsrechtlichen Beschwerdeverfahren auch mit dem AMS das Recht auf Verfahrenshilfe. Der VfGH habe die Umsetzung bis längstens 31.12.2016 beauftragt. Eine korrekte Rechtsmittelbelehrung sei essenzieller und gesetzlich vorgeschriebener Bestandteil eines jeden Bescheids. Eine mangelhafte, nicht vorhandene oder falsche Rechtsmittelbelehrung führe grundsätzlich zur Nichtigkeit des von der Behörde erlassenen Bescheids.

3. Mit Bescheid vom 16.11.2017 wurde die Beschwerde vom 04.11.2017 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) iVm. § 56 AlVG (Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977), in geltender Fassung, abgewiesen.

Beweiswürdigend wurde der erhobene verfahrensrelevante Sachverhalt wiedergegeben. In der rechtlichen Beurteilung zitierte die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des AlVG.

4. Mit Schreiben, eingelangt bei der belangten Behörde am 04.12.2017, beantragte der Beschwerdeführer, seine Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen. Der Beschwerdeführer brachte im Wesentlichen zusammenfassend vor, er sei im Sinne des Strafrechts ein sogenannter "junger Erwachsener". Nach ständiger Judikatur des VwGH seien maßgebliche Bestimmungen des Strafrechts auch auf das Verwaltungsrecht anzuwenden. Dem Beschwerdeführer sei durch eine mangelhafte Rechtsmittelbelehrung des gesetzliche Recht auf die Möglichkeit der Beantragung der Verfahrenshilfe genommen worden. Dieser schwerwiegende Formfehler führe zur Nichtigkeit des Bescheids. Der Beschwerdeführer ersuche um die Übermittlung des Formulars "Antrag Verfahrenshilfe und Vermögensbekenntnis", das dem Gericht zur Entscheidung über die Gewährung oder Ablehnung der Verfahrenshilfe diene, weil dem Beschwerdeführer nicht bekannt wäre, wo dieses erhältlich sei. Der Beschwerdeführer bitte an dieser Stelle ausdrücklich um die Beigabe eines Rechtsanwalts oder einer Rechtsanwältin zur Vertretung im Beschwerdeverfahren vor dem sach- und örtlich zuständigen Verwaltungsgericht.

Die Beschwerde sei form- und fristgerecht bei der belangten Behörde eingebracht worden. Der Beschwerdeführer sei im Zeitraum von 2. bis 6. Oktober diesen Jahres erkrankt. Er habe dies der belangten Behörde unverzüglich unter Vorlage einer entsprechenden von der Medizinerin unterfertigten Bescheinigung mitgeteilt. Die belangte Behörde habe darauf am 03.10.2017 geantwortet und sei somit zweifelsfrei belegt, dass diese Kenntnis von der Erkrankung gehabt habe. Da der Beschwerdeführer aufgrund von ärztlich festgestellter Erkrankung nicht in der Lage gewesen sei in den Amtsräumen der belangten Behörde zu erscheinen, sei es weder zulässig, noch in irgendeiner Form zumutbar, dass dieser in Amtsräumen anderer Behörden, beispielsweise einem Postamt erscheinen könne. Eine Erkrankung sei im ZustG explizit als Hinderungsgrund genannt und führe dazu, dass der Fristenlauf erst mit dem Wegfall des Hindernisses der Erkrankung zu zählen beginne. Die Ärztin habe - wie aus beiliegender Krankenstandsbestätigung ersichtlich - keine Ausgehzeit gestattet. Der Beschwerdeführer hätte die Krankenordnung der burgenländischen Gebietskrankenkasse missachten müssen. Wie die belangte Behörde richtigerweise ausführte, sei das Schreiben zwar an eine andere Person seitens der Post ausgehändigt worden, dem Beschwerdeführer jedoch erst am 10.10.2017 zugegangen. Zuvor habe er keine Kenntnis davon gehabt. Aufgrund der Erkrankung sei der Beschwerdeführer jedoch in jedem Fall gehindert gewesen, so dass der Fristenlauf erst mit Wegfall des Hindernisses der Erkrankung zu laufen begonnen habe und die Einbringung der Beschwerde bei der belangten Behörde in jedem Fall form-und fristgerecht gewesen sei.

5. Am 10.01.2018 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein, wo die gegenständliche Rechtssache aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 21.01.2020 der bisherigen Gerichtsabteilung abgenommen und in weiterer Folge der Gerichtsabteilung W141 neu zugewiesen wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.09.2017 wurde aufgrund der Eingabe des Beschwerdeführers vom 28.09.2017 festgestellt, dass dem Beschwerdeführer Arbeitslosengeld gemäß den §§ 21 und 47 AlVG ab 01.09.2017 in Höhe von ? 15,26 täglich gebührt. Der Bescheid enthält folgende Rechtsmittelbelehrung:

"Gegen diesen Bescheid kann binnen vier Wochen nach Zustellung (= Beschwerdefrist) schriftlich bei der oben angeführten regionalen Geschäftsstelle die Beschwerde eingebracht werden. Diese muss folgende Kriterien erfüllen:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides;

2. die Bezeichnung der belangten Behörde (= Geschäftsstelle des AMS, die den Bescheid erlassen hat);

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, bzw. falls dies nicht zutrifft, eine Erklärung über den Umfang der Anfechtung;

4. das Begehren und

5. Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist (bitte geben Sie den Tag an, an dem Sie den Bescheid erhalten haben)."

Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 04.10.2017 durch Aushändigung einer an der Wohnadresse des Beschwerdeführers anwesenden Person namens " XXXX " zugestellt. Auf dem Rückschein ist vermerkt, dass ein "Bevollmächtigter für RSb-Briefe" den Bescheid am 04.10.2017 übernommen hat. Der Rückschein wurde mit " XXXX " unterfertigt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 04.11.2017 Beschwerde, welche am selben Tag bei der belangten Behörde eingelangt ist.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der unzweifelhaften Aktenlage des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des Gerichtsakts. Insb. der Bescheid vom 28.09.2017 liegt im Akt ein.

Die Feststellung, dass der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer am 04.10.2017 durch Aushändigung einer an der Wohnadresse des Beschwerdeführers anwesenden Person zugestellt wurde, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Rückschein (eingelangt bei der belangten Behörde am 05.10.2017) und wurde vom Beschwerdeführer nicht substantiiert bestritten (vgl. Vorlageantrag S. 6: "Wie die belangte Behörde richtigerweise ausführt, wurde das Schreiben zwar an eine andere Person seitens der Post ausgehändigt, ging jedoch dem Beschwerdeführer erst am 10.10.2017 zu."). Die Wohnadresse des Beschwerdeführers ergibt sich aus der ZMR-Meldeauskunft vom 08.03.2018 und stimmt mit der im Antrag auf Arbeitslosengeld vom 30.08.2017 angegebenen Adresse überein.

Die Feststellung zur Beschwerde und dem Zeitpunkt des Einlangens bei der belangten Behörde ergibt sich aus dem gemeinsamen übereinstimmenden Parteienvorbringen sowie dem EDV-Vermerk der belangten Behörde über den Nachrichteneingang auf dem eAMS-Konto, erstellt am 04.11.2017.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin das AMS.

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 7 BVwGG bestehen die Senate aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Ist in Materiengesetzen die Mitwirkung fachkundiger Laienrichter an der Rechtsprechung vorgesehen, sind diese anstelle der Mitglieder nach Maßgabe der Geschäftsverteilung als Beisitzer heranzuziehen.

In der gegenständlichen Rechtssache obliegt somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Senat.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren, angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 14 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG beträgt die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle zehn Wochen. § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Die Beschwerdevorentscheidung tritt mangels einer gesetzlichen Regelung nicht außer Kraft, sondern wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. Dünser, ZUV 2013/1, 17; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 15 VwGVG, K 2; Hauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 178; jeweils unter Hinweis auf den diesbezüglich ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, vgl. RV 2009 BlgNR 24. GP, 5). Gemäß zweiter Satz des § 15 Abs. 1 hat ein Vorlageantrag, der von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt wird, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten. Im Umkehrschluss folgt aus dieser Vorschrift, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag nicht zu begründen hat, ihn aber begründen kann (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 15 VwGVG unter Hinweis auf AB 2112 BlgNR 24. GP 3). Damit ist im gegenständlichen Beschwerdefall der Prüfumfang auch mit dem Vorbringen im Vorlageantrag definiert.

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:

"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist".

Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest.

Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fällt gemäß § 33 Abs. 2 AVG das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Die maßgeblichen Bestimmungen des ZustG lauten auszugsweise:

"Zustellung an den Empfänger

§ 13. (1) Das Dokument ist dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen. ...

Ersatzzustellung

§ 16. (1) Kann das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

(2) Ersatzempfänger kann jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die - außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt - zur Annahme bereit ist.

(3) Durch Organe eines Zustelldienstes darf an bestimmte Ersatzempfänger nicht oder nur an bestimmte Ersatzempfänger zugestellt werden, wenn der Empfänger dies schriftlich beim Zustelldienst verlangt hat.

(4) Die Behörde hat Personen wegen ihres Interesses an der Sache oder auf Grund einer schriftlichen Erklärung des Empfängers durch einen Vermerk auf dem Dokument und dem Zustellnachweis von der Ersatzzustellung auszuschließen; an sie darf nicht zugestellt werden.

(5) Eine Ersatzzustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Zustellnachweis

§ 22. (1) Die Zustellung ist vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.

(2) Der Übernehmer des Dokuments hat die Übernahme auf dem Zustellnachweis durch seine Unterschrift unter Beifügung des Datums und, wenn er nicht der Empfänger ist, seines Naheverhältnisses zu diesem zu bestätigen. Verweigert er die Bestätigung, so hat der Zusteller die Tatsache der Verweigerung, das Datum und gegebenenfalls das Naheverhältnis des Übernehmers zum Empfänger auf dem Zustellnachweis zu vermerken. Der Zustellnachweis ist dem Absender unverzüglich zu übersenden. ..."

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes ist der ordnungsgemäße Zustellnachweis eine öffentliche Urkunde. Diese Urkunde erbringt den vollen Beweis, dass die darin beurkundeten Zustellvorgänge auch eingehalten worden sind. Ein Gegenbeweis ist nach § 292 Abs. 2 ZPO möglich (vgl. Ritz, BAO Kommentar2, Rz 22 zu § 17 ZustGesetz). Behauptet jemand, es lägen Zustellungsmängel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, die die vom Gesetz im Zusammenhang mit einem vorhandenen Rückschein aufgestellte Vermutung der vorschriftsgemäßen Zustellung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I2, E 51 zu § 16 ZustGesetz angeführte Rechtsprechung).

Da die Zustellung durch Ersatzzustellung am 04.10.2017 bewirkt wurde, endete die Frist für die Erhebung eines Rechtsmittels mit 02.11.2017. Die Erhebung der Beschwerde am 04.11.2017 ist somit verspätet.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei von 02.10.17 bis 06.10.17 erkrankt, eine Erkrankung stelle nach dem Zustellgesetz einen Grund für die Hemmung des Fristenlaufes dar und sei der Bescheid dem Beschwerdeführer erst am 10.10.17 zugegangen, ist folgendes auszuführen:

Gemäß § 16 Abs. 5 ZustG gilt eine Ersatzzustellung als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Ersatzzustellung ist nicht nur zulässig, wenn sich der Empfänger an der Abgabestelle nicht aufhält, sondern auch dann, wenn ihm die Sendung aus anderen (hier: krankheitsbedingten) Gründen nicht zugestellt werden kann (vgl. OGH 07.10.1987, 3Ob110/86).

Bei der Wohnadresse des Beschwerdeführers handelt es sich um die ihm zuzuordnende Abgabestelle. Der Beschwerdeführer hat weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde behauptet, dass die den Bescheid übernehmende Person die Voraussetzungen, die § 16 Abs. 2 ZustG an einen Ersatzempfänger stellt, nicht erfüllt hätte oder dass er selbst ortsabwesend gewesen sei; eine Erkrankung steht gemäß der oben zitierten Judikatur des OGH einer Ersatzzustellung nicht entgegen. Ein fehlendes Verschulden an der Versäumung der Beschwerdefrist wäre binnen zwei Wochen ab Wegfall des Hindernisses durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 1 und 3 VwGVG geltend zu machen gewesen.

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist es nicht erforderlich, dass dem Empfänger in Fällen einer Zustellung durch Hinterlegung stets die volle Frist für die Erhebung eines allfälligen Rechtsmittels zur Verfügung stehen muss. Die Zustellung durch Hinterlegung ist vielmehr auch dann wirksam, wenn der Empfänger noch rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangt. Dies hat der VwGH für den Fall bejaht, dass dem Empfänger für die Erhebung eines Einspruches gegen eine Strafverfügung noch ein Zeitraum von zehn Tagen verbleibt (VwGH vom 18.03.2004, Zl. 2001/03/0284 mit Verweis auf VwGH vom 24.02.2000, Zl. 2000/02/0027).

Vom VwGH wurde ebenfalls keine unzulässige Verkürzung der Rechtsmittelfrist bei einer Rückkehr einen Tag nach dem Beginn der Abholfrist (vgl. VwGH vom 15.07.1998, Zl. 97/13/0104 mwN) und bei einer Behebung drei Tage nach der Hinterlegung (vgl. VwGH vom 27.09.1999, Zl. 99/17/0303) angenommen.

Dem Beschwerdeführer wurde der verfahrensgegenständliche Bescheid am 04.10.2017 zugestellt, aus der Krankenstandsbescheinigung geht eine Krankmeldung im Zeitraum 02.10.2017 bis 06.10.2017 hervor und gab er selbst an, er habe am 10.10.2017 den Bescheid tatsächlich übereicht erhalten. Selbst bei Berücksichtigung all dieser Umstände würden dem Beschwerdeführer noch 22 Tage von den 28 Tagen zur Erhebung der Beschwerde verbleiben und wäre es dem Beschwerdeführer sohin möglich gewesen, eine Beschwerde rechtzeitig bei der belangten Behörde einzubringen.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, der angefochtenen Bescheid sei aufgrund einer Nichterwähnung der Verfahrenshilfe in der Rechtsmittelbelehrung nichtig, ist auszuführen, dass gemäß § 61 Abs. 1 AVG die Rechtsmittelbelehrung anzugeben hat, ob gegen den Bescheid ein Rechtsmittel erhoben werden kann, bejahendenfalls welchen Inhalt und welche Form dieses Rechtsmittel haben muss und bei welcher Behörde und innerhalb welcher Frist es einzubringen ist. Die festgestellte Rechtsmittelbelehrung entspricht § 61 Abs. 1 AVG und ebenso den Erfordernissen des § 9 Abs. 1 VwGVG an den Inhalt der Beschwerde und war somit rechtsrichtig und nicht zu beanstanden.

Für eine (analoge) Behandlung des Beschwerdeführers als junger Erwachsender im Sinne des Strafrechts o.ä. besteht gegenständlich kein Raum.

Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen ist dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Verspätung verwehrt (vgl. VwGH 16.11.2005, 2004/08/0117).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wird das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt, dass der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, weil der Sachverhalt durch die belangte Behörde nach einem grundsätzlich ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren festgestellt wurde und den Sachverhaltsfeststellungen, insbesondere jenen in der Beschwerdevorentscheidung, in der Beschwerde bzw. im Vorlageantrag nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Der Sachverhalt - wie er in der Beschwerdevorentscheidung festgestellt wurde - war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen. Zudem liegt eine Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität vor (vgl. zum Erfordernis einer schlüssigen Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid und zur Verhandlungspflicht bei Neuerungen VwGH 11.11.1998, 98/01/0308, und 21.01.1999, 98/20/0339; zur Bekämpfung der Beweiswürdigung in der Berufung VwGH 25.03.1999, 98/20/0577, und 22.04.1999, 98/20/0389; zum Abgehen von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung VwGH 18.02.1999, 98/20/0423; zu Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens VwGH 25.03.1999, 98/20/0475; siehe auch VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist). Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz. 34 ff). Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6. Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beschwerde Ersatzzustellung Rechtsmittelfrist Verspätung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W141.2182357.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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