TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/24 W164 2215499-1

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Veröffentlicht am 24.04.2020
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Entscheidungsdatum

24.04.2020

Norm

AlVG §45
ASVG §409
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W164 2215499-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren XXXX , vertreten durch Telos Law Group, Winalek, Nikodem, Weinzinger Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse, nun Österreichische Gesundheitskasse, vom 08.01.2019, Zl. XXXX ,

I. zu Recht erkannt:

A)

Soweit sich die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides richtet, wird sie gem. § 28 Abs 1 und Abs 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II. beschlossen:

A)

Soweit sich die Beschwerde gegen Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides richtet, wird dieser gem. § 28 Abs 3, zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Österreichische Gesundheitskasse zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Zur Vorgeschichte:

Der nunmehrige Beschwerdeführer hatte mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) vom 23.12.2016 eine Kontoerstgutschrift gem. § 15 Allgemeines Pensionsgesetz (APG) zum 01.01.2014 erhalten.

Der BF hatte daraufhin Klage an das Landesgericht Eisenstadt als Arbeits- und Sozialgericht erhoben, mit der er sich gegen die Berechnung der Kontoerstgutschrift gewendet hatte: Die Berechnung sei unter Anwendung der falschen Rechtsgrundlagen und ohne Berücksichtigung der Anpassungsfaktoren vorgenommen worden.

Das LG Eisenstadt als Arbeits- und Sozialgericht hatte sein Verfahren XXXX mit Beschluss vom 03.10.2017 zur Überprüfung der Beitragsgrundlagen bei der Krankenkasse unterbrochen.

Zum hier anhängigen Verfahren:

Mit Schreiben vom 30.04.2018 ersuchte der BF durch seine damalige Rechtsvertretung die Wiener Gebietskrankenkasse (nun Österreichische Gesundheitskasse) im folgenden WGKK, um Richtigstellung seiner Versicherungsdaten bzw. für den Fall der Ablehnung um Bescheiderlassung.

Im Detail führte der BF soweit hier wesentlich aus:

- Er habe von 03.10.1977 bis 31.05.1978 in Wien den Präsenzdienst abgeleistet. Der BF verwies zum Beweis auf sein Wehrdienstbuch.

- Er habe von 16.08.-08.09.1980 beim AMS Wien Arbeitslosengeld bezogen. Zum Beweis verwies der BF auf amtliche Bestätigungen des AMS 901.

Hinsichtlich beider Zeiträume seien die Beitragsgrundlagen zu berichtigen.

Mit Einlangensdatum 27.12.2018 gab die nunmehrige Rechtsvertretung des BF ihre Bevollmächtigung bekannt, erhob Säumnisbeschwerde und verwies auf das genannte Schreiben vom 30.4.2018, mit dem eine bescheidmäßige Erledigung beantragt worden sei. Es wurde eine Entscheidung durch das Landesverwaltungsgericht Wien gem. § 28 Abs 7 VwGVG beantragt.

Mit Bescheid vom 08.01.2019 GZ VA-BR/ XXXX , somit innerhalb der in § 16 Abs 1 VwGVG vorgesehenen Frist, wies die WGKK

1.) den Antrag des BF auf bescheidmäßige Feststellung der Beitragsgrundlage für seinen Präsenzdienst im Zeitraum 03.10.1977 bis 31.05.1978 und

2.) den Antrag des BF auf bescheidmäßige Feststellung der Beitragsgrundlage für die in der zentralen Versicherungsdatenspeicherung des Hauptverbandes (nun Dachverbandes) der österreichischen Sozialversicherungsträger gespeicherten Zeiten eines Arbeitslosengeldbezuges für den Zeitraum 16.08.1980 bis 08.09.1980 zurück.

Begründend verwies die WGKK zu Spruchpunkt 1 auf § 409 ASVG, aus dem abzuleiten sei, dass die Feststellung der Beitragsgrundlagen für Wehrdienstzeiten - die keine Versicherungspflicht in mehreren Zweigen der Sozialversicherung sondern nur eine Teilversicherungspflicht in der Pensionsversicherung begründen würden - nicht der Krankenversicherungsträger, sondern der Pensionsversicherungsträger zuständig sei.

Zu Spruchpunkt 2 führte die WGKK aus, auch für die bescheidmäßige Feststellung von Beitragsgrundlagen für Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld sei aus § 409 ASVG keine Zuständigkeit des Krankenversicherungsträgers abzuleiten.

Selbst für den Fall, dass sich doch ein solcher Anspruch ergeben würde, würde die Burgenländische Gebietskrankenkasse den zuständigen Krankenversicherungsträger bilden, da die meldende Stelle für den Arbeitslosengeldbezug im strittigen Zeitraum das AMS XXXX Burgenland, gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF, durch seine Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde, verwies auf das eingangs genannte leistungsrechtliche Verfahren und führte soweit hier wesentlich aus, er habe seinen Wehrdienst in Wien abgeleistet. Die für diesen Zeitraum festgestellten Beitragsgrundlagen seien zu korrigieren. Auch während der Zeit seines Arbeitslosengeldbezuges sei der BF in Wien wohnhaft gewesen und habe seine Arbeitslosigkeit an das Arbeitsmarktservice Esteplatz, Wien gemeldet.

Im Jahr 2008 habe der BF einen Antrag auf Invaliditätspension gestellt. Die Pensionsversicherungsanstalt habe diesem Antrag 2010 entsprochen. Sowohl im Antrag als auch in der Entscheidung über die Zuerkennung der Pension wären acht Monate Wehrdienst aufgeschienen. Arbeitslosengeldbezug und Bezug von Krankengeld wären inkludiert gewesen. Nach Ansicht des BF seien diese Zeiten in der Folge im Jahr 2012 rückwirkend aus seinem Versicherungsdatenauszug gelöscht worden. Dies sei für ihn insbesondere deshalb nicht nachvollziehbar, da er sich bereits seit dem Jahr 2010 in Pension befunden habe.

Der BF legte dieser Beschwerde sein Wehrdienstbuch sowie eine Mitteilung des AMS 901, Angestellte, vom 24.09.1980, über den Bezug von Arbeitslosengeld iHv monatlich ATS 5.152,-- (~? 375,86) ab 16.08.1980 sowie eine Bestätigung des AMS 901 zwecks Vorlage beim Wohnsitzfinanzamt vom 26.01.1981 über den Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung in der Zeit von 16.08.1980 bis 08.09.1980 bei.

Die WGKK sei auf das Parteienvorbringen des BF und die von ihm dazu vorgelegten Unterlagen nicht eingegangen. Der BF beantragte die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung, sowie eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Sache selbst durch korrekte Feststellung der den BF betreffenden Beitragsgrundlagen für die verfahrensgegenständlichen Zeiträume, in eventu den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, geb. XXXX , absolvierte von 03.10.1977 bis 31.05.1978 den Grundwehrdienst beim Österreichischen Bundesheer. Von 16.08.1980 bis 08.09.1980 bezog der BF Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

Der BF begehrt die Feststellung der Beitragsgrundlagen für die beiden genannten Zeiträume.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, insbesondere den Versicherungsdatenauszug, weiters durch Einsichtnahme in die Beschwerde samt den der Beschwerde angeschlossenen Bestätigungen über die vom BF behauptete Ableistung des Grundwehrdienstes und seinen Bezug von Arbeitslosengeld,.

Der Sachverhalt ist soweit hier wesentlich unbestritten. Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung erscheint nicht geboten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 grundsätzlich durch EinzelrichterInnen und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Der hier vorliegende Fall ist von dieser Bestimmung erfasst; es wurde aber kein Antrag auf Senatsentscheidung gestellt. Es liegt somit EinzelrichterInnenzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu I. A) und II.A)

Die WGKK hat mit dem angefochtenen Bescheid ihre Zuständigkeit zur Behandlung der vom Beschwerdeführer begehrten Entscheidungen verneint. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist daher primär die Frage der Zuständigkeit zu klären.

Die hier strittige Frage der Höhe von Beitragsgrundlagen für die Zeiträume 1) 03.10.1977 bis 31.05.1978 (Grundwehrdienst) und 2) 16.08.1980 bis 08.09.1980 (Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung) zählt zu den Verwaltungssachen der Sozialversicherung (§ 355 ASVG).

Anzuwendende Rechtslage:

Die Frage, ob ein Rechtsfall, der in die Vergangenheit zurückreicht, nach geltendem Recht oder aber zeitraumbezogen beurteilt werden muss, ist nach ständiger höchstgerichtlicher Judikatur und Lehre eine Interpretationsfrage.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, 898/75, VwSlg. 9.315 A, in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Rechtsmittelbehörde bzw. das Verwaltungsgericht im Allgemeinen das zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids bzw. Erkenntnisses geltende Recht anzuwenden hat (VwGH 24.3.2015, Ro 2014/09/0066). Eine andere Betrachtungsweise wäre nur dann geboten, wenn der Gesetzgeber in einer Übergangsbestimmung zum Ausdruck bringt, dass auf anhängige Verfahren noch das bisher geltende Gesetz anzuwenden ist, oder wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens gewesen ist (VwGH 19.2.1991, 90/08/0177; 6.6.1991, 91/09/0077).

Zu der für Spruchpunkt I.A) wesentlichen Zuständigkeitsregel:

§ 409 ASVG bildet eine verfahrensrechtliche Bestimmung und ist daher unter Berücksichtigung des oben dargelegten Grundsatzes in der im Zeitpunkt der Erlassung dieses Erkenntnisses geltenden Fassung anzuwenden.

Gemäß § 409 ASVG in der anzuwendenden Fassung sind die Versicherungsträger im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit zur Behandlung der Verwaltungssachen berufen. Zur Behandlung der Verwaltungssachen, welche die Versicherungspflicht sowie den Beginn und das Ende der Versicherung von Vollversicherten, von in der Kranken- und Unfallversicherung Teilversicherten (§ 7 Z 1 und § 8 Abs. 1 Z 4) und von in der Unfall- und Pensionsversicherung Teilversicherten (§ 7 Z 2) und von in der Unfallversicherung Teilversicherten (§ 7 Z 3 lit. a) und die Beiträge für solche Versicherte betreffen, soweit deren Einhebung den Trägern der Krankenversicherung obliegt, sind, unbeschadet der Bestimmung des § 411, die Träger der Krankenversicherung berufen. Das gleiche gilt für die Zuständigkeit zur Behandlung von Verwaltungssachen, welche die Versicherungsberechtigung sowie den Beginn und das Ende der Versicherung von in der Kranken- und Pensionsversicherung Selbstversicherten (§ 19a) betreffen.

Im Folgenden war daher zu prüfen, ob die vom BF geltend gemachte Feststellung von Beitragsgrundlagen für den Zeitraum 03.10.1977 bis 31.05.1978, (Ableistung des Grundwehrdienstes) in die geltende Zuständigkeit des Krankenversicherungsträgers fiel:

§ 409, zweiter Satz begründet eine Zuständigkeit des Krankenversicherungsträgers für Sachverhalte, die über die bloße Krankenversicherungspflicht hinausgehen. Dies geschieht, indem die Zuständigkeit des Krankenversicherungsträgers für die Feststellung der Vollversicherungspflicht und für bestimmte Formen der Teilversicherungspflicht aufgezählt wird. Die bloße Teilversicherungspflicht in der Pensionsversicherung (§ 8 Abs 1 Z 2 ASVG) wird in § 409, zweiter Satz allerdings nicht aufgezählt.

Die Zuständigkeit zur Entscheidung in beitragsrechtliche Verfahren folgt der für die Versicherungspflicht dargelegten Aufzählung des § 409, zweiter Satz, soweit deren Einhebung den Trägern der Krankenversicherung obliegt. Daraus ist für den vorliegenden Fall zu schließen, dass die Feststellung einer Beitragsgrundlage, die sich aus einer Teilversicherungspflicht gem. § 8 Abs 1 Z 2 lit d ASVG - nur - in der Pensionsversicherung ableiten würde, nicht in die Zuständigkeit des Krankenversicherungsträgers fällt.

Der Grundwehrdienst ist aktuell gemäß § 5 Abs 1 Z 11 ASVG von der Vollversicherungspflicht ausgenommen und unterliegt gem. § 8 Abs 1 Z 2 lit d ASVG der Teilversicherungspflicht (nur) in der Pensionsversicherung. Er begründet somit aktuell keine Zuständigkeit des Krankenversicherungsträgers iSd § 409, zweiter Satz ASVG.

Da die Rechtsfrage der Versicherungspflicht grundsätzlich zeitraumbezogen beurteilen ist. (vgl. zuletzt VwGH Ra 2017/08/0084 vom 29.01.2019), wird im Folgenden auch die materiellrechtliche Rechtslage betreffend den Grundwehrdienst zeitraumbezogen, also bezogen auf den Zeitraum 03.10.1977 bis 31.05.1978 geprüft:

Grundwehrdienst unterlag in der Zeit von 03.10.1977 bis 31.05.1978 nicht der Pflichtversicherung. Der allgemeine Wehr- und Präsenzdienst war (nur) von § 227 ASVG erfasst. Er war nicht in die (Teil-)Versicherungspflicht nach ASVG einbezogen:

Gemäß § 227 Z 7 ASVG idF BGBl Nr 704/1976 (32.ASVG-Novelle) gelten Zeiten, in denen auf Grund der Bestimmungen des Wehrgesetzes ordentlicher oder außerordentlicher Präsenzdienst oder auf Grund der Bestimmungen des Zivildienstgesetzes ordentlicher oder außerordentlicher Zivildienst geleistet wurde, als Ersatzzeiten aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1955 in dem Zweig der Pensionsversicherung in dem die letzte vorangegangene Beitragszeit vorliegt.

Gemäß § 227 Z 8 ASVG idF BGBl Nr 704/1976 (32.ASVG-Novelle) gelten die Zeiten, in denen auf Grund der Bestimmungen des Wehrgesetzes ordentlicher oder außerordentlicher Präsenzdienst oder auf Grund der Bestimmungen des Zivildienstgesetzes ordentlicher oder außerordentlicher Zivildienst geleistet wurde, als Ersatzzeiten aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1955 in dem Zweig der Pensionsversicherung, in dem die erste nachfolgende Beitrags- oder Ersatzzeit vorliegt, sofern nicht Z 7 anzuwenden ist.

Das ASVG in der von 03.10.1977 bis 31.05.1978 geltenden Fassung normiert also eine Ersatzzeit in einem Zweig der Pensionsversicherung. Beitragsrechtlich wird dann, wenn vor dem Präsenzdient bereits Beitragszeiten erworben wurden, an die vorangegangene Beitragszeit angeknüpft und wenn dies nicht der Fall ist, an die nachfolgende Beitragszeit.

Auch aus der im Zeitraum 03.10.1977 bis 31.05.1978 geltenden materiellrechtlichen Rechtslage kann somit nicht die Zuständigkeit des Krankenversicherungsträgers iSd § 409, zweiter Satz ASVG abgeleitet werden.

Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall:

Die hier aufgeworfene Rechtsfrage betrifft jedenfalls ausschließlich den Bereich der Pensionsversicherung. Die Zuständigkeit eines Krankenversicherungsträger für die vorliegende Verwaltungssache kann aus § 409, zweiter Satz, ASVG für den vorliegenden Fall nicht abgeleitet werden. Es kommt der allgemeine Grundsatz des § 409, erster Satz, ASVG (in der geltenden Fassung) zur Anwendung. Die Zuständigkeit zur Behandlung der vorliegenden Verwaltungssache liegt beim zuständigen Pensionsversicherungsträger.

Die WGKK (nun ÖGK) hat ihre Zuständigkeit in Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides zu Recht verneint.

Zu der für Spruchpunkt II.A) wesentlichen Zuständigkeitsregel:

Die Arbeitslosenversicherungspflicht und Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung sind von § 409 ASVG nicht eigens erfasst. Es ist auf die Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes zurückzugreifen.

Gemäß § 45 AlVG, erster Satz, sind Streitigkeiten über die Arbeitslosenversicherungspflicht oder über Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in dem für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden Verfahren zu entscheiden.

§ 45 AlVG bildet eine verfahrensrechtliche Bestimmung und ist in der geltenden Fassung anzuwenden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VwGH 96/08/0282 vom 17.12.1996 (bezogen auf einen Fall der fraglichen Versicherungspflicht nach dem AlVG) ausgesprochen hat, sind Streitigkeiten über die Arbeitslosenversicherungspflicht nach dem Wortlaut des § 45 AlVG in dem für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden Verfahren zu entscheiden. Dies gilt nicht nur unter der Voraussetzung, dass (zumindest) die Krankenversicherungspflicht besteht.

Daraus ist für den vorliegenden Fall abzuleiten:

Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung der hier strittigen Beitragsgrundlagen (Bezug von Arbeitslosengeld von 16.08.1980 bis 08.09.1980) der Wortlaut des § 45 AlVG maßgebend. Aus § 45 AlVG ergibt sich die Zuständigkeit des Krankenversicherungsträgers für Streitfälle betreffend die Versicherungspflicht und über Beiträge nach dem AlVG.

Die Feststellung einer Beitragsgrundlage nach dem AlVG fällt somit jedenfalls in die Zuständigkeit des Krankenversicherungsträgers. Der aktuell für die vorliegende Frage zuständige Krankenversicherungsträger ist die Österreichische Gesundheitskasse. Die Prüfung der Frage, ob die Zuständigkeit (vor dem 01.01.2020) der WGKK oder aber der BGKK zugekommen wäre, kann unterbleiben, da die Österreichische Gesundheitskasse die Rechtsnachfolgerin beider genannter Krankenversicherungsträger und gemäß § 23 Abs 1 ASVG in der anzuwendenden aktuellen Fassung örtlich für das gesamte Bundesgebiet zuständig ist.

Zurückverweisung:

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind die Behörden im Streitfall verpflichtet, (für einen objektiven Betrachter) nachvollziehbar darzustellen, wie die Beitragsgrundlagen errechnet wurden (vgl. VwGH 2008/08/0092 vom 14.10.2009).

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn diese notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis 2015/04/0019 vom 24.06.2015 ausgesprochen hat, stellt die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Das mit § 28 VwGVG insgesamt normierte System verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

Da die belangte Behörde im vorliegenden Fall nicht einmal ansatzweise ermittelt hat, ob die Beitragsgrundlagen des BF für den Zeitraum 16.08.1980 bis 08.09.1980 korrekt festgestellt wurden, war der angefochtene Bescheid insoweit zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die ÖGK zurückzuverweisen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu I.B und II.B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG weder hinsichtlich Spruchpunkt I. noch hinsichtlich Spruchpunkt II. zulässig, weil die jeweilige Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Beitragsgrundlagen Ermittlungspflicht Kassation Krankenversicherung mangelnde Sachverhaltsfeststellung Pensionsversicherung Versicherungszeiten Wehrdienst Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W164.2215499.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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