TE OGH 2020/5/26 10ObS177/19f

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Veröffentlicht am 26.05.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Faber, sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin Lotz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Josef Putz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Mag. Claus Marchl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Österreichische Gesundheitskasse, 1030 Wien, Haidingergasse 1, wegen Familienzeitbonus, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Oktober 2019, GZ 7 Rs 60/19y-12, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

1. Die Bezeichnung der ursprünglich beklagten Wiener Gebietskrankenkasse war gemäß § 23 Abs 1 und § 538t Abs 1 ASVG von Amts wegen auf Österreichische Gesundheitskasse zu berichtigen.

Rechtliche Beurteilung

2. Gegenstand des Verfahrens ist der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Familienzeitbonus für den Zeitraum von 6. 8. 2018 bis 5. 9. 2018 infolge der Geburt seiner Tochter am 4. 8. 2018.

Im Berufungsverfahren war strittig,

a) ob während des Krankenhausaufenthalts des Klägers gemeinsam mit der Mutter und dem Kind unmittelbar im Anschluss an die Geburt (bis 8. 8. 2018) ein gemeinsamer Haushalt im Sinn des § 2 Abs 3 FamZeitbG vorlag;

b) ob bei Fehlen eines gemeinsamen Haushalts während einzelner Tage am Beginn des Antragszeitraums ein Anspruch auf Familienzeitbonus für jenen kürzeren Zeitraum besteht, innerhalb dessen der gemeinsame Haushalt vorlag, wenn dieser Zeitraum den Mindestzeitraum des § 3 Abs 2 FamZeitBG nicht unterschreitet.

Das Berufungsgericht hat diese beiden Rechtsfragen in Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gelöst.

3. Zur Frage des gemeinsamen Haushalts während des Krankenhausaufenthalts von Vater, Mutter und Kind

3.1. Als „Familienzeit“ im Sinn des § 2 Abs 4 FamZeitbG ist der Zeitraum zwischen 28 und 31 Tagen zu verstehen, in dem sich ein Vater aufgrund der kürzlich erfolgten Geburt seines Kindes ausschließlich seiner Familie widmet und dazu die Erwerbstätigkeit unterbricht, keine andere Erwerbstätigkeit ausübt, keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung sowie keine Entgeltfortzahlung aufgrund von oder Leistungen bei Krankheit erhält.

3.2. Der Anspruch auf Familienzeitbonus eines Vaters für sein Kind ist (unter anderem) an die Voraussetzung geknüpft, dass der Vater, das Kind und der andere Elternteil im gemeinsamen Haushalt leben (§ 2 Abs 1 Z 4 FamZeitbG).

3.3. Ein gemeinsamer Haushalt liegt gemäß § 2 Abs 3 FamZeitbG nur dann vor, wenn der Vater, das Kind und der andere Elternteil in einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an der selben Wohnadresse leben und alle drei an dieser Adresse auch hauptwohnsitzlich gemeldet sind, wobei eine bis zu zehn Tagen verspätet erfolgte Hauptwohnsitzmeldung des Kindes an dieser Wohnadresse nicht schadet.

3.4. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach klargestellt, dass während des Krankenhausaufenthalts von Mutter und Kind nach der Geburt kein gemeinsamer Haushalt im Sinn des § 2 Abs 3 FamZeitbG vorliegt (RS0132377; 10 ObS 113/19v). Dies wurde auch bereits zu einem Aufenthalt des Vaters in einem „Familienzimmer“ des Geburtskrankenhauses ausgesprochen, während dessen der Vater die Mutter des Kindes bei der Pflege und Betreuung des Neugeborenen unterstützte (10 ObS 101/19d = RS0132377 [T1]).

3.5. Die mit der Novelle zum FamZeitbG BGBl I 2019/24 eingeführte Bestimmung des § 2 Abs 3a FamZeitbG, die ausnahmsweise einen gemeinsamen Haushalt im Sinn des § 2 Abs 3 FamZeitbG annimmt, wenn bei einem medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalt des Kindes dieses durch den Vater oder den anderen Elternteil im Mindestausmaß von jeweils durchschnittlich vier Stunden täglich persönlich gepflegt und betreut wird, ist erst auf Geburten nach dem 31. 12. 2018 – daher im vorliegenden Fall noch nicht – anzuwenden (§ 12 Abs 3 FamZeitBG).

4. Zur Anspruchsdauer

4.1. Der Familienzeitbonus gebührt ausschließlich für eine ununterbrochene Dauer von 28, 29, 30 oder 31 aufeinanderfolgenden Tagen innerhalb eines Zeitraums von 91 Tagen ab der Geburt des Kindes (§ 3 Abs 2 FamZeitbG). Die Anspruchsdauer ist bei der Antragstellung verbindlich festzulegen, sie kann ausschließlich 28, 29, 30 oder 31 Kalendertage betragen und kann später nicht geändert werden (§ 3 Abs 3 FamZeitbG).

4.2. Es besteht kein Anspruch auf Familienzeitbonus, wenn die Anspruchsvoraussetzung des gemeinsamen Haushalts im Sinn des § 2 Abs 3 FamZeitBG nicht für den gesamten vom Vater gewählten Anspruchszeitraum erfüllt ist, mag ein gemeinsamer Haushalt auch in einer den Mindestzeitraum des § 3 Abs 2 FamZeitBG erreichenden oder überschreitenden Dauer von zumindest 28 Tagen vorliegen (10 ObS 113/19v).

Dies folgt daraus, dass der Gesetzgeber eine anteilige Auszahlung ebenso ausgeschlossen hat wie eine spätere Änderung des Anspruchszeitraums (10 ObS 101/19d; 10 ObS 113/19v). Werden die Voraussetzungen auch nur an einem Tag der gewählten Dauer nicht erfüllt, so gebührt gar kein Familienzeitbonus (10 ObS 115/19p; 10 ObS 113/19v).

5. Da die in der außerordentlichen Revision ausgeführten Rechtsfragen in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bereits beantwortet wurden, ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.

Textnummer

E128605

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:010OBS00177.19F.0526.000

Im RIS seit

22.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.07.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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