TE OGH 2020/4/24 2Ob25/20w

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Veröffentlicht am 24.04.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

 Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** W*****, vertreten durch Dr. Edgar Veith, Rechtsanwalt in Götzis, gegen die beklagte Partei K***** B*****, vertreten durch Dr. Felix Graf, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Feststellung (Streitwert: 500.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 8. Jänner 2020, GZ 10 R 54/19w-18, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin und ihr Ehemann übertrugen die jeweiligen Hälfteanteile an ihrer Liegenschaft mit Übergabsvertrag zu gleichen Teilen an ihre beiden Töchter (die Beklagte und ihre Schwester). Im Übergabsvertrag räumten die Übernehmer den Übergebern das unentgeltliche und lebenslängliche Dienstbarkeitsrecht der Wohnungsfruchtnießung an bestimmten Teilen des Hauses im bisher ausgeübten Umfang samt Mitbenützung des Gartens ein, verpflichteten sich, die Liegenschaftsanteile weder zu belasten noch zu veräußern und übernahmen pfandrechtlich sichergestellte Darlehen zur alleinigen Rückzahlung. In der Folge wurden die Töchter als Hälfteeigentümerinnen im Grundbuch eingetragen.

Die Klägerin begehrte gegenüber der Beklagten die Feststellung der Nichtigkeit des Übergabsvertrags und die Löschung der aufgrund dieses Vertrags erfolgten bücherlichen Eintragungen. Sie stützte sich darauf, dass eine tatsächliche oder symbolische Übergabe der Liegenschaft an die Übernehmer nicht stattgefunden habe und der Übergabsvertrag daher mangels Notariatsaktsform nichtig sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren und ein für das Revisionsverfahren nicht mehr relevantes Eventualbegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die ordentliche Revision nicht zu.

In ihrer außerordentlichen Revision zeigt die Klägerin keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf:

Rechtliche Beurteilung

1. Im Rechtsstreit über die Prüfung der Nichtigkeit eines Vertrags bilden – jedenfalls bei Unteilbarkeit eines mehrgliedrigen Schuldverhältnisses – sämtliche Vertragsparteien eine notwendige Streitgenossenschaft nach § 14 ZPO, sodass in einem solchen Falle alle anderen Vertragspartner auf der Beklagtenseite Parteistellung einnehmen müssen (9 Ob 10/10a; vgl 1 Ob 33/79; RS0083003). Eine notwendige Streitgenossenschaft setzt somit eine gemeinsame Klage voraus, die mangels Sachlegitimation abzuweisen ist, wenn nicht alle Streitgenossen gemeinsam klagen oder geklagt werden. Ob eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt, ist grundsätzlich dem materiellen Recht zu entnehmen. Die Judikatur nimmt eine notwendige Streitgenossenschaft dann an, wenn bei Nichterfassung aller Teilhaber die Gefahr unlösbarer Verwicklungen durch verschiedene Entscheidungen zu besorgen wäre. Dies ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (RS0035479 [insbes T14, T18]).

2. Ein mehrgliedriges Schuldverhältnis ist in der Regel unteilbar. Teilbar wird es nur, wenn alle daraus entspringenden Rechte in gleicher Weise teilbar sind, somit, wenn dem Willen beider/aller Parteien auch eine Teilung durch Ausscheiden einzelner Genossen aus dem Schuldverhältnis entspricht (3 Ob 21/13d; RS0013931).

Im Zusammenhang mit Übergabsverträgen hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass bei vorgesehener Einräumung einer dinglichen Wohnungsdienstbarkeit aus rechtlichen Gründen von der Unteilbarkeit auf Seiten der mehrgliedrigen Partei auszugehen ist, weil an ideellen Teilen einer Liegenschaft grundsätzlich keine Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechts oder des Wohnungsfruchtgenussrechts begründet werden kann (3 Ob 21/13d; vgl 7 Ob 618/77; RS0042550). Letzteres darf auch nicht im Ergebnis auf indirektem Weg erreicht werden (3 Ob 95/07b; 5 Ob 251/03b).

Die Ansicht des Berufungsgerichts, die alleine von der Klägerin erhobene Klage hätte sich hier auch gegen die anderen Vertragsparteien des Übergabsvertrags richten müssen, findet daher Deckung in der dargelegten Rechtsprechung.

Textnummer

E128433

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0020OB00025.20W.0424.000

Im RIS seit

07.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.07.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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