TE Lvwg Erkenntnis 2020/6/5 LVwG-2020/13/0879-1, LVwG-2020/13/0880-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.06.2020
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Entscheidungsdatum

05.06.2020

Index

90/01 Straßenverkehrsrecht
90/02 Führerscheingesetz

Norm

StVO 1960 §5 Abs1
StVO 1960 §99 Abs1a
FSG 1997 §26 Abs1 Z4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Dr.in Strele über die Beschwerde des AA, vertreten BB und CC, Rechtsanwälte in Z, Adresse 1, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 05.03.2020, Zl ***, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach der StVO und gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 05.03.2020, Zl ***, betreffend eine Entziehung der Lenkberechtigung,

zu Recht:

A) zu LVwG-2020/13/0880 (Verwaltungsstrafverfahren):

1.       Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe in Höhe von Euro 1.500,00 auf Euro 1.300,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) herabgesetzt wird.

2.       Im Hinblick darauf, dass der Beschwerde teilweise Erfolg beschieden war, wird der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens mit Euro 130,00 neu festgesetzt.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

B) zu LVwG-2020/13/0879 (Führerscheinentzugsverfahren):

1.       Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkerberechtigung von 6 Monaten auf 5 Monate herabgesetzt wird.

 

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

A) zu LVwG-2020/13/0880 (Verwaltungsstrafverfahren):

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer spruchgemäß nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Datum/Zeit: 25.01.2020, 20:30 Uhr

Ort: Y, Adresse 2, L ***, StrKm 1,000,

Angerberg

Betroffenes Fahrzeug: PKW, Kennzeichen: *** (A)

Sie haben das angeführte Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Der Test am geeichten Alkomaten ergab einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,69 mg/l.“

Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs 1a iVm § 5 Abs 1 StVO begangen weshalb über ihn gemäß § 99 Abs 1a StVO eine Geldstrafe in Höhe von Euro 1.500,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 13 Tage) sowie ein Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens verhängt wurde.

In seiner fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter im Wesentlichen vor, dass das Straferkenntnis der Höhe nach bekämpft werde. Eine Geldstrafe für ihn als Unbescholtenen, die um 25% über der Mindeststrafe liege, sei weder schuld- noch tatangemessen. Nachdem sich auch der Alkoholgehalt seiner Atemluft mit 0,69 mg/l im untersten Bereich bewegt habe, hätte es die Behörde bei der Mindeststrafe belassen müssen. Es wurde die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe beantragt.

Dieser Beschwerde war der Pensionsbescheid des Beschwerdeführers von Jänner 2020 angeschlossen. Diesem ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer eine monatliche Pension in Höhe von 1.004,15 bezieht.

B) zu LVWG-2020/13/0879 (Führerscheinentzugsverfahren):

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 17.02.2020, Zl: *** wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung hinsichtlich sämtlicher Klassen gemäß den §§ 3 Abs 1 Z 2, 7 Abs 3 Z 1, 24 Abs 1 Z 1, 25 Abs 1, 26 Abs 2 Z 4, 29 und 35 des Führerscheingesetzes (FSG) unter Anwendung des § 57 Abs 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf die Dauer von 6 Monaten entzogen sowie weiters, sofern der Beschwerdeführer Besitzer (weiterer) Nicht EWR-Lenkberechtigungen oder ausländischer EWR-Führerscheine ist, auch diese Lenkberechtigung(en) entzogen. Als begleitende Maßnahme wurde gemäß § 24 Abs 3 FSG eine Nachschulung angeordnet, welcher vor Ablauf der Entziehungsdauer nachzukommen ist, wobei die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anordnung endet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen obgenannten Bescheid keine Folge gegeben und einer allfälligen Beschwerde gemäß § 13 Abs 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter ebenfalls eine Beschwerde ein. In dieser wurde ausgeführt, dass, wenn die Behörde ausführe, dass über keine Sachverhalts- sondern lediglich über Rechtsfragen abzusprechen gewesen sei, dies insofern unzutreffend sei, als der festzustellende Sachverhalt sehr wohl maßgeblich sei. Wären entsprechende Erhebungen von der Behörde gepflogen worden, wäre diese zum Schluss gelangt, dass er keine Dritte weder im Eigentum noch in ihrer körperlichen Integrität geschädigt habe. Es sei sohin von keinem Unfall, der eine längere als die Mindestentziehungsdauer rechtfertige, auszugehen und hätte es die Behörde bei der Mindestentziehungsdauer belassen müssen. Selbst wenn von einem Unfall auszugehen sei, wäre die Entziehungsdauer zu lange.

Abschließend wurde in diesem Rechtsmittel beantragt, die Entziehungsdauer in Stattgebung der Beschwerde auf vier Monate herabzusetzen.

Aufgrund dieser Rechtsmittel wurden der behördliche Verwaltungsstrafakt sowie der behördliche Verwaltungs-Akt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung über diese Beschwerden vorgelegt.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in die verwaltungsbehördlichen Akten sowie in den Akt des Landesverwaltungsgerichtes Tirol.

A) Verwaltungsstrafverfahren LVwG-2020/13/0880:

Da sich die Beschwerde lediglich gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe richtet ist der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnis in Rechtskraft erwachsen. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat sich daher nur mehr mit der Höhe der über den Beschwerdeführer verhängten Geldstrafe auseinanderzusetzen.

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die im Gegenstandsfall heranzuziehende Strafbestimmung ist jene des § 99 Abs 1a StVO. Nach dieser Bestimmung begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von Euro 1.200,00 bis Euro 4.400,00, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 10 Tagen bis 6 Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2g/l (1,2 Promille) oder mehr aber weniger als 1,6 g/l (1,6  Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr aber weniger als 0,8  mg/l beträgt.

Die Bestimmung des § 5 Abs 1 StVO normiert, dass sich derjenige, der sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigen Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen darf. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,04 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Diesbezüglich wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 25.01.2020 um 20:30 Uhr seinen PKW der Marke Suzuki Swift mit dem Kennzeichen *** im Gemeindegebiet von Y, Adresse 2, L ***, Strkm 1,0, Angerberg gelenkt hat und dabei insofern von der Straße abkam, als er in einer leichten Linkskurve über den rechten Straßenrand hinausgefahren ist. Sein PKW überschlug sich daraufhin und blieb auf dem Dach liegen. Der PKW wurde stark beschädigt und der Beschwerdeführer leicht verletzt und zur Untersuchung ins BKH Z gebracht. Am Unfall waren ansonsten keine Personen oder Fahrzeuge beteiligt. Es kam niemand anderer zu Schaden. Mit dem Beschwerdeführer wurde am BKH Z der Alkomattest durchgeführt. Dieser brachte am 25.01.2020 um 21:33 Uhr ein Messergebnis von 0,69 mg/l und am 25.01.2020 um 21:34 Uhr ein solches von 0,75 mg/l.

Der Beschwerdeführer hat sohin zweifelsfrei die im vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver sowie subjektiver Hinsicht zu vertreten. Er musste sich im Klaren sein, dass er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet und in dieser Verfassung bereits die Inbetriebnahme eines Fahrzeuges verboten ist. Im Gegenstandsfall hat der Beschwerdeführer das Fahrzeug nicht nur in Betrieb genommen, sondern auch gelenkt und sohin der im Gegenstandsfall maßgeblichen Übertretungsnorm zumindest in grobfahrlässiger Weise zu wider gehandelt.

Mildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers gewertet.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist als gravierend zu werten, weil Alkoholdelikte im Straßenverkehr zu einer Gefährdung der Verkehrssicherheit führen und aufgrund der alkoholbedingten Selbstüberschätzung, Gleichgültigkeit und verminderten Reaktionsfähigkeit eine Haupursache für Verkehrsunfälle bildet. Im Gegenstandsfall hat der Beschwerdeführer ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (1,38 ‰) gelenkt und ist es im Zuge dieses Lenkens zu einem Verkehrsunfall mit Eigenverletzung des Beschwerdeführers gekommen.

Hinsichtlich seiner Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse brachte der Beschwerdeführer glaubhaft unter Vorlage der Verständigung der Pensionsversicherungsanstalt von Jänner 2020 vor, dass er monatlich eine Berufsunfähigkeitspension in Höhe von Euro 1.004,15 beziehe.

Der im Gegenstandsfall zur Anwendung gelangende Strafrahmen reicht von Euro 1.200,00 bis Euro 4.400,00. Von der belangten Behörde wurde über den Beschwerdeführer für die gegenständliche Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe in Höhe von Euro 1.500,00 verhängt. Aufgrund obiger Strafzumessungskriterien, insbesondere auch weil der Beschwerdeführer keine Dritte weder im Eigentum noch in ihrer körperlichen Integrität geschädigt hat, konnte die über den Beschwerdeführer verhängte Geldstrafe in Höhe von Euro 1.500,00 auf Euro 1.300,00 herabgesetzt werden. Diese über den Beschwerdeführer nunmehr verhängte Geldstrafe ist schuld- und tatangemessen und sowohl aus generalpräventiven als auch aus spezialpräventiven Gründen notwendig um den Beschwerdeführer künftig von derartigen Übertretungen abzuhalten. Die Verhängung der Geldstrafe in Höhe von Euro 1.300,00 bei einem Alkoholisierungsgrad von 1,38 ‰ ist auch bei dem vom Beschwerdeführer bekannt gegebenen Einkommens,- Vermögens- und Familienverhältnissen nicht überhöht.

Es war daher wie im Spruchpunkt A) zu entscheiden.

B) zu LVwG-2020/13/0879 (Führerscheinentzugsverfahren):

Dem Beschwerdeführer wurde die Lenkberechtigung sämtlicher Klassen wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für einen Zeitraum von sechs Monaten, gerechnet ab dem 24.02.2020 (Bescheidzustellung) entzogen, ebenso allfällige nicht EWR-Lenkberechtigungen oder ausländische EWR-Führerscheine. Als begleitende Maßnahme wurde die Teilnahme an einer Nachschulung angeordnet, welcher vor Ablauf der Entziehungsdauer nachzukommen ist und dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anordnung endet.

Gemäß § 24 Abs 1 Z 1 FSG ist, Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit, die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 7 Abs 1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs 3) und ihrer Wertung (Abs 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben

sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Als bestimmte Tatsache im Sinn des Absatz 1 hat insbesondere nach § 7 Abs 3 Z 1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83

Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl Nr 566/1991, zu beurteilen ist.

Gemäß § 7 Abs 4 FSG sind für die Wertung der im Absatz 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Gemäß § 24 Abs 3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs 3a eine Nachschulung anzuordnen:

1. wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,

2. wegen einer zweiten in § 7 Abs 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren

oder

3. wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1 oder 1a StVO 1960. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs 1b StVO 1960 ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1 bis 1b StVO 1960 jedoch eine Nachschulung anzuordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Wurde die Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) gemäß § 4c Abs 2 nicht befolgt oder wurde dabei die Mitarbeit unterlassen, so ist die Lenkberechtigung jener Klasse, für die die angeordnete(n) Stufe(n) nicht absolviert wurde(n), bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Eine diesbezügliche Entziehung der Klasse B zieht jedenfalls eine Entziehung der Klassen C(C1), CE(C1E), D(D1) und DE(D1E) nach sich. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen. Die Behörde hat eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer das Verkehrscoaching zu absolvieren ist. Wird das Verkehrscoaching nicht innerhalb dieser Frist absolviert, hat die Behörde die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

Gemäß § 26 Abs 2 Z 4 FSG ist, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs 1a StVO 1960 begangen wird, die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen.

Nach § 30 Abs 1 FSG ist dem Besitzer einer ausländischen EWR- oder Nicht-EWR Lenkberechtigung, der keinen Wohnsitz (§ 5 Abs 1 Z 1) in Österreich hat, das Recht, von seiner Lenkberechtigung Gebrauch zu machen, abzuerkennen, wenn Gründe für die Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, von der Lenkberechtigung Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot unter Anwendung der §§ 24 Abs 1, 25, 26 und 29 auszusprechen. Für die Aberkennung ist die Behörde zuständig, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Führerscheinbesitzer seinen Aufenthalt hat; sie hat den Führerschein abzunehmen und bis zum Ablauf der festgesetzten Frist oder bis zur Ausreise des Besitzers zurückzubehalten. Sofern dies möglich ist, hat die Behörde der Ausstellungsbehörde des Führerscheines die Tatsache der Aberkennung des genannten Rechtes mitzuteilen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die belangte Behörde über den Beschwerdeführer eine Entzugszeit von sechs Monaten verhängt hat. Sie ging dabei von der zur Anwendung gelangenden Bestimmung des § 26 Abs 2 Z 4 FSG aus, wonach die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen ist, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs 1a StVO begangen wird.

Beim gegenständlichen Führerscheinentzug handelt es sich zwar um den Ersten des Beschwerdeführers, jedoch war zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer mit einem Alkoholisierungsgrad von 1,38 ‰ auch einen Verkehrsunfall – wenn auch „nur“ mit leichter Eigenverletzung verbunden mit einem Totalschaden an seinem PKW – verschuldete.

Die Begehung eines Alkoholdeliktes in Verbindung mit einem Verkehrsunfall ist im Sinne der Wertung nach § 7 Abs 4 FSG im hohen Maße verwerflich anzusehen, was auch bei der Entziehungsdauer zu berücksichtigen ist. Auch zählen Alkoholdelikte zu den schwersten Verstößen gegen Verkehrsvorschriften. Alkoholbeeinträchtigte Lenker stellen für sich alleine schon eine potenzielle Gefährdung der Sicherheit im Straßenverkehr dar, weil diese Lenker infolge ihrer herabgesetzten Konzentrations-, Beobachtungs- und Reaktionsfähigkeit nicht in der Lage sind, die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen zufriedenstellend auszuüben.

Unter Bedachtnahme auf die dargestellten Umstände konnte die über den Beschwerdeführer verhängte Entzugsdauer von sechs Monaten auf fünf Monate herabgesetzt werden. Erst nach Ablauf dieser festgesetzten Frist kann mit der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit gerechnet werden.

Die Entziehung der Lenkberechtigung als auch einer allfälligen Nicht EWR Lenkberechtigung oder eines ausländischen EWR Führerscheines stellt eine vorbeugende Maßnahme zum Schutze der Verkehrssicherheit dar, die unaufschiebbar ist. Auf persönliche, wirtschaftliche oder berufliche Interessen kann dabei keine Rücksicht genommen werden.

Die angeordnete Absolvierung einer Nachschulung vor Ablauf der Entzugszeit ergibt sich zwingend aus der Bestimmung des § 24 Abs 3 FSG.

Da die Teilnahme eines gesundheitlich nicht geeigneten oder eines nicht verkehrszuverlässigen Verkehrsteilnehmers am Straßenverkehr eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, lag Gefahr in Verzug vor, weshalb die belangte Behörde zu Recht einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt hat.

Aus den dargelegten Gründen war sohin wie im Spruch unter B ausgeführt zu entscheiden.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Dr.in Strele

(Richterin)

Schlagworte

Lenken eines KFZ in alkoholisiertem Zustand
Entziehung der Lenkerberechtigung
Verkehrsunfall mit Eigenverletzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.13.0879.1

Zuletzt aktualisiert am

06.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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