TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/17 W102 2174002-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.02.2020
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Entscheidungsdatum

17.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2
AsylG 2005 §13 Abs2 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W102 2174002-1/34E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Werner ANDRÄ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX (alias XXXX ), StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 27.09.2017, Zl. XXXX - XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.09.2018 zu Recht:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 13 Abs. 2 und 57 AsylG, § 10 Abs. Z 3 AsylG i.V.m. § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2 Z 2, Abs. 9 FPG und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

"Gemäß § 13 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 haben Sie Ihr Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 06.06.2017 verloren."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich ein und stellte am 17.01.2016 erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung am 18.01.2016 gab der Beschwerdeführer zum Fluchtgrund befragt im Wesentlichen an, sie hätten Afghanistan damals wegen des Krieges verlassen. Im Iran habe er keine Aufenthaltsberechtigung und ständig Angst gehabt, nach Afghanistan abgeschoben zu werden. Dort habe er niemanden und wüsste nicht, wie er überleben solle.

Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 06.06.2017 wurde über den Beschwerdeführer die Untersuchungshaft verhängt.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 22.06.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen §§27 Abs. 2a zweiter Fall und 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 11.08.2017 führte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass er mit einem Jahr wegen des Krieges in den Iran ausgereist sei. Im Alter von etwa 15 Jahren sei sein Visum abgelaufen und er sei nach Afghanistan abgeschoben worden. Dort sei er von einem Onkel und einer Tante zehn Monate unterstützt worden, diese hätten dann nicht mehr für ihn sorgen wollen. Er sei in den Iran zurückgekehrt und dort zwei Monate illegal aufhältig gewesen. Er habe sich für den Kampf in Syrien gemeldet, um eine Aufenthaltsberechtigung für den Iran zu erhalten und wurde dafür in die Türkei gebracht. Von dort aus sei der Beschwerdeführer nach Rücksprache mit seinem Vater geflüchtet. Der Vater habe jemanden angerufen, bei dem habe der Beschwerdeführer in der Türkei drei bis vier Monate unterkommen können und versucht, zu arbeiten. Arbeit zu erhalten sei schwer gewesen, also sei der Beschwerdeführer weitergereist. Im Alter von zwölf oder dreizehn Jahren sei der Beschwerdeführer im Iran vergewaltigt worden. Deshalb sei der Beschwerdeführer von seinem Vater brutal zusammengeschlagen worden, dieser habe ihm mit einer Schaufel den Arm gebrochen. Er habe dem Beschwerdeführer die Schuld daran gegeben. In Afghanistan müsse der Beschwerdeführer mit den Taliban zusammenarbeiten. Seine Verwandten dort könnten ihn nicht ernähren, er habe zum Schluss die Waffe nehmen müssen und sei mit dem Mann seiner Tante zu Grundstücken gegangen und habe einen Teil der Ernte geholt und den Besitzern Schutz vor den Taliban versprochen. Der Bruder des Mannes sei getötet worden, alle seine fünf Brüder hätten Waffen getragen.

Im Zuge der Einvernahme wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung der Verlust des Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet wegen Straffälligkeit (§ 2 Abs. 3 AsylG) gemäß § 13 Abs. 2 AsylG mitgeteilt.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27.09.2017, zugestellt am 29.09.2017, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Außerdem sprach die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 22.06.2017 verloren (Spruchpunkt V.). Begründend führte die belangte Behörde aus, dem Vorbringen hätten keine Umstände entnommen werden können, aus denen eine Verfolgung in Afghanistan hervorgehen würde. Das auf den Iran bezogene Vorbringen beziehe sich nicht auf den Herkunftsstaat. In der Herkunftsprovinz gebe es Sicherheitsprobleme, für den Beschwerdeführer bestehe jedoch eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul, Mazar-e Sharif und Herat.

3. Gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.09.2017 richtet sich die am 04.10.2017 bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II., III. und V.

Am 10.02.2018 wurde über den Beschwerdeführer durch das Landesgericht für Strafsachen Wien die Untersuchungshaft verhängt.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 26.03.2018 wurde der Beschwerdeführer nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 2a, Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Gemäß § 43a Abs. 3 StGB wurden acht Monate unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Das Bundesverwaltungsgericht führte zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes am 14.09.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, seine bevollmächtigte Rechtsvertreterin, seine Bewährungshelferin, ein Vertreter der belangten Behörde und ein Dolmetscher für die Sprache Dari teilnahmen. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt.

Am 17.09.2018 langte eine Stellungnahme der belangten Behörde am Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Schreiben vom 28.06.2019 brachte das Bundesverwaltungsgericht aktuelle Länderberichte in das Verfahren ein und gab dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde Gelegenheit zur Stellungnahme. Weiter wurde dem Beschwerdeführer freigestellt, dazu, dass die im Akt namentlich genannte Personen - den Angaben des Beschwerdeführers zufolge seine Freundin - im Zentralen Melderegister nicht aufgefunden werden konnte und wurde er aufgefordert, allenfalls Beweismittel zum Bestehen einer Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet sowie zur behaupteten baldigen Vaterschaft in Vorlage zu bringen.

Am 05.07.2019 langte eine Stellungnahe des Beschwerdeführers am Bundesverwaltungsgericht.

Mit Schreiben vom 17.12.2019 gewährte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde nochmals rechtliches Gehör zu den aktuellen Länderberichten.

Der Beschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:

* Kopie eines slowakischen "Mutter-Kind-Passes"

* Kopie einer slowakischen Geburtsurkunde

* Kopie einer slowakischen Sterbeurkunde

* Ein Foto

* Bericht der Bewährungshilfe

* E-Mail von "Ehe ohne Grenzen"

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, wurde spätestens am XXXX geboren und ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari.

Der Beschwerdeführer reiste im Alter von etwa einem Jahr mit seiner Familie von Afghanistan in den Iran aus. Dort besuchte der Beschwerdeführer etwa zwei Jahre die Schule und arbeitete als Hilfsarbeiter. Im Alter von 15 Jahren wurde der Beschwerdeführer nach Afghanistan abgeschoben, wo er etwa zehn Monate in Kundus bei seiner Tante mütterlicherseits in XXXX und bei seinem Onkel väterlicherseits in XXXX aufhältig war und von diesen beiden unterstützt wurde. 2015 reiste er wieder in den Iran, von wo aus er zwei Monate später in die Türkei reiste. Dort arbeitete der Beschwerdeführer vier Monate, bis er nach Europa weiterreiste.

Die Mutter des Beschwerdeführers ist verstorben, als der Beschwerdeführer etwa acht Jahre alt war. Sein Vater, dessen Ehefrau, die beiden Brüder (einer davon minderjährig) des Beschwerdeführers und seine beiden minderjährigen Halbschwestern leben unverändert legal im Iran. Zu ihnen besteht Kontakt. Der Vater arbeitet als Installateur.

Die Tante mütterlicherseits lebt mit ihrem Mann, der einen Gemüseladen betreibt, unverändert in Kundus. Auch der Onkel väterlicherseits lebt unverändert in Kundus, wo er einen Viehhandel betreibt. Eine Tante väterlicherseits lebt ebenso in XXXX , Kundus.

Der Beschwerdeführer ist gesund.

Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 06.06.2017 wurde über den Beschwerdeführer die Untersuchungshaft verhängt.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 22.06.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen §§27 Abs. 2a zweiter Fall und 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt. Die strafrechtliche Verurteilung erfolgte für jene Tat, aufgrund derer mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 06.06.2017 die Untersuchungshaft über den Beschwerdeführer verhängt worden war.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 26.03.2018 wurde der Beschwerdeführer nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 2a, Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Gemäß § 43a Abs. 3 StGB wurden acht Monate unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Der Beschwerdeführer hält sich zumindest seit er am 17.01.2016 seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, im Bundesgebiet auf. Er hat im Bundesgebiet für einige Monate die Schule besucht. Der Beschwerdeführer hat keine Deutschkurse besucht. Der Beschwerdeführer bezieht Grundversorgung und ist nicht erwerbstätig.

Der Beschwerdeführer hat eine Freundin, ein gemeinsamer Wohnsitz besteht nicht. Sie ist minderjährig, lebt in der Slowakei und verfügte nie über einen Wohnsitz im Bundesgebiet, reist jedoch wiederholt als Touristin ein. Am 13.07.2019 brachte diese einen Sohn zur Welt, der wenig später verstorben ist. Dass der Beschwerdeführer der Vater dieses Sohnes ist, kann nicht festgestellt werden.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer reiste im Alter von etwa einem Jahr im Familienverband wegen des Krieges aus Afghanistan in den Iran aus.

Im Alter von etwa 15 oder 16 Jahren wurde der Beschwerdeführer vom Iran nach Afghanistan abgeschoben, wo er etwa zehn Monate bei Verwandten lebte. Dann kehrte er zurück in den Iran. Ein Vorfall, der die erneute Ausreise ausgelöst hat, kann nicht festgestellt werden.

Im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat ist nicht zu erwarten, dass der Beschwerdeführer von den Taliban zur Mitarbeit aufgefordert würde. Auch dass er gezwungen würde, auf Seiten der Regierung bzw. der regierungstreuen Milizen zu kämpfen, ist nicht zu erwarten. Übergriffe oder Misshandlungen durch private oder staatliche Stellen gegen den Beschwerdeführer als "Rückkehrer" sind nicht zu erwarten. Dass "Rückkehrern" im Allgemeinen bloß aufgrund ihrer "Rückkehrer"-Eigenschaft Übergriffe von privater oder staatlicher Seite drohen, kann nicht festgestellt werden.

Ebenso wenig sind für den Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Auswirkungen von Ereignissen im Iran zu erwarten.

1.3. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat

Afghanistan ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und Aufständischen betroffen. Die Betroffenheit von Kampfhandlungen sowie deren Auswirkungen für die Zivilbevölkerung sind regional unterschiedlich.

Die Provinz Kundus zählt zu den besonders volatilen Provinzen, in allen Distrikten sind Aufständische aktiv. Vier Distrikte stehen unter Kontrolle der Taliban, die übrigen Distrikte sind umkämpft. In der Provinz finden Bodenkämpfe und Luftangriffe statt.

Im Fall einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Herkunftsprovinz droht ihm die Gefahr, im Zuge von Kampfhandlungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und Streitkräften der Regierung oder durch Übergriffe von regierungsfeindlichen Gruppierungen gegen die Zivilbevölkerung zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Mazar-e Sharif steht unter Regierungskontrolle, Kampfhandlungen finden im Wesentlichen nicht statt. Die Stadt verfügt über einen internationalen Flughafen, über den die Stadt sicher erreicht werden kann.

Für den Fall der Niederlassung des Beschwerdeführers in Mazar-e Sharif kann nicht festgestellt werden, dass ihm die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Im Fall einer Rückführung des Beschwerdeführers nach Mazar-e Sharif ist davon auszugehen, dass er sich eine Lebensgrundlage wird aufbauen und die Grundbedürfnisse seiner menschlichen Existenz wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft wird decken können und im Fall seiner Niederlassung ein Leben ohne unbillige Härten wird führen können, so wie es auch seine Landsleute führen.

Es gibt in Afghanistan unterschiedliche Unterstützungsprogramme für Rückkehrer von Seiten der Regierung, von NGOs und durch internationalen Organisationen. IOM bietet in Afghanistan Unterstützung bei der Reintegration an.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, seiner Staatsangehörigkeit und Herkunft, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie seinen Sprachkenntnissen, seinen Lebensumständen und seinem Lebenswandel im Herkunftsstaat und im Iran ergeben sich aus seinen gleichbleibenden und plausiblen Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Das festgestellte spätestmögliche Geburtsdatum ergibt sich aus dem schlüssigen und widerspruchsfreien im Akt einliegenden Sachverständigengutachten zur Volljährigkeitsbeurteilung (AS 51 ff.), dem der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist.

Hinsichtlich des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Afghanistan bei Onkel und Tante siehe auch in der Beweiswürdigung zum Fluchtvorbringen.

Die Feststellungen zum Verbleib der Familie des Beschwerdeführers beruht auf dessen Angaben. Zur Feststellung, dass der Beschwerdeführer mit seiner Familie in Kontakt steht, ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer dazu in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.09.2018 widersprüchliche Angaben machte und insbesondere auch keinen plausiblen Grund für den behaupteten Kontaktabbruch angab. Folglich geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Beschwerdeführer weiterhin Kontakt zu seinen Angehörigen pflegt.

Die Feststellungen zu den im Herkunftsstaat aufhältigen Angehörigen beruhen im Wesentlichen auf den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 11.08.2017. Zwar gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.09.2018 zum Verbleib dieser Angehörigen lediglich zur Tante mütterlicherseits an, sie würde noch in Kundus leben (Verhandlungsprotokoll S. 3). Zum Onkel gibt der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dieser sei seit einem Jahr im Iran. Gründe für die Ausreise tut der Beschwerdeführer nicht dar. Jedoch erweist sich - wie auch unten unter 2.2. noch zu einzelnen Angaben ausgeführt wird - das gesamte Aussageverhalten des Beschwerdeführers als wechselvoll und widersprüchlich. Insbesondere begründet der Beschwerdeführer etwa Widersprüche hinsichtlich seiner Schulausbildung und beruflichen Tätigkeit etwa damit, dass er sich den Inhalt des negativen Bescheides nicht mehr angesehen habe (Verhandlungsprotokoll S. 6) und offenbart damit beinahe, dass er sein Aussageverhalten nicht an seinen Erinnerungen orientiert. Auch behauptet der Beschwerdeführer kurz später, er habe keine Verwandten oder Bekannten in Mazar-e Sharif, Kabul oder anderen Teilen Afghanistans, um seine Rückkehrsituation so trist wie möglich darzustellen, um konfrontiert damit, dass er zumindest die bereits erwähnte Tante haben müsse, zu behaupten, er habe beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bereits angegeben, dass eine Tante und ein Onkel in Afghanistan seien. Damit erweist sich das Aussageverhalten des Beschwerdeführers als am Verfahrensausgang orientiert und ist die Ausreise insbesondere seines Onkels ohne Angabe weiterer Gründe für diesen behaupteten Schritt des Onkels nicht glaubhaft.

Dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich daraus, dass ein anderslautendes Vorbringen nicht substantiiert erstattet und im Lauf des Verfahrens auch keine ärztlichen Unterlagen vorgelegt wurden, die eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Beschwerdeführers nachweisen würden.

Die Feststellung zur über den Beschwerdeführer verhängten Untersuchungshaft beruht auf dem im Akt einliegenden Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 06.06.2017, 311 HR 143/17p (AS 317 ff.).

Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers beruhen auf dem im Akt einliegenden aktuellen Strafregisterauszug. Hinsichtlich des Urteils vom 22.06.2017 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zudem durch das Landesgericht von der rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers verständigt und auch ein Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung vom 22.06.2017 151 Hv 46/17t, übermittelt (AS 103-108). Auch Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung hinsichtlich des Urteils vom 26.03.2018 wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Erhalt an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet. Die Feststellung, dass diese strafrechtliche Verurteilung für jene Tat erfolgte, aufgrund derer mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 06.06.2017 die Untersuchungshaft über den Beschwerdeführer verhängt worden war, ergibt sich aus dem Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung vom 22.06.2017 151 Hv 46/17t, in Zusammenschau mit dem Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 06.06.2017, 311 HR 143/17p (AS 317 ff.).

Die Feststellungen zu Lebensverhältnissen und -wandel des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus seinen Angaben. Zur Aufenthaltsdauer in Österreich ist auszuführen, dass das Datum der Asylantragstellung aktenkundig ist und Hinweise dafür, dass der Beschwerdeführer das Bundesgebiet zwischenzeitig verlassen hätte, nicht hervorgekommen sind. Zwar hat der Beschwerdeführer eine Schulbesuchsbestätigung nicht vorgelegt, jedoch geht aus dem E-Mail-Verlauf hinsichtlich des Quartierwechsels in Übereinstimmung mit den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.09.2018 hervor, dass der Beschwerdeführer die Schule besucht hat. Hinsichtlich der Feststellung, dass der Beschwerdeführer keine Deutschkurse besucht hat, ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer keine diesbezüglichen Bestätigungen in Vorlage gebracht und auch angegeben hat, er habe keine Möglichkeit gehabt, einen Deutschkurs zu besuchen (Verhandlungsprotokoll S.4). Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Grundversorgung bezieht, beruht auf dem im Akt einliegenden aktuellen Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem. Eine Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers wurde weder behauptet, noch wurden diesbezüglich Nachweise in Vorlage gebracht.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer eine Freundin hat, ergibt sich aus seinen gleichbleibenden Angaben, wobei der Name der Freundin auch in diversen aktenkundigen Polizeiberichten auftaucht und Erwähnung im Bericht der Bewährungshilfe findet. Auch brachte der Beschwerdeführer Dokumente betreffend die Schwangerschaft der Freundin in Vorlage. Sohin hegt das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich keine Zweifel an dieser Behauptung des Beschwerdeführers. Dass ein gemeinsamer Wohnsitz nicht besteht (und auch nie bestanden hat) ergibt sich aus dem zentralen Melderegister, in das das Bundesverwaltungsgericht Einsicht genommen hat. Auch ergibt sich etwa aus dem Bericht der Bewährungshilfe, dass die Freundin des Beschwerdeführers in Österreich nicht über einen Wohnsitz verfügt, sondern gelegentlich als Touristin im Bundesgebiet aufhältig ist und ansonsten in der Slowakei wohnt. Hierzu passt auch, dass etwa betreffend Schwangerschaft und Geburt des Kindes slowakische Dokumente in Vorlage gebracht wurden. Folglich wurde auch festgestellt, dass die Freundin in der Slowakei lebt, nie über einen Wohnsitz im Bundesgebiet verfügte und wiederholt als Touristin einreist. Die Feststellung, dass die Freundin des Beschwerdeführers minderjährig ist, beruht auf diversen aktenkundigen Dokumenten, die ihr Geburtsdatum übereinstimmend mit XXXX angeben (OZ 30, OZ 9)

Die Feststellung zur Geburt des Sohnes beruht auf der vorgelegten Geburtsurkunde, wobei dieser nicht zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer Vater des Kindes ist. Dass der Sohn verstorben ist, brachte der Beschwerdeführer selbst mit Stellungnahme vom 02.10.2019 vor und ist kein Grund ersichtlich, seinen Angaben nicht zu folgen. Zwar brachte der Beschwerdeführer auch ein Dokument in Vorlage, das er als Sterbeurkunde seines Sohnes bezeichnete. Dieses war allerdings nicht lesbar. Angesichts der Glaubhaftigkeit der Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich des frühen Todes des Kindes erschien es jedoch zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht erforderlich, den Beschwerdeführer nochmals zur Vorlage einer lesbaren Kopie des Dokumentes aufzufordern. Entsprechende Feststellungen wurden daher getroffen.

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

Die Feststellung zur Ausreise aus dem Herkunftsstaat wegen des Krieges in den Iran beruht auf den gleichbleibenden und plausiblen Angaben des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren.

Dass er mit etwa 15 Jahren vom Iran nach Afghanistan abgeschoben wurde, hat der Beschwerdeführer ebenso gleichbleibend angegeben, sowie, dass er sich anschließend für elf (Verhandlungsprotokoll S. 5) bzw. zehn (Einvernahmeprotokoll AS. 121) Monate in Afghanistan aufgehalten hat. Die Abweichung um einen Monat erscheint angesichts der grundsätzlichen Ungenauigkeit von Zeitschätzungen als unbeachtlich. Dass er sich in diesem Zeitraum bei einem Onkel und einer Tante aufgehalten hat, hat der Beschwerdeführer ebenso gleichbleibend angegeben.

Hinsichtlich der erneuten Ausreise aus Afghanistan gibt der Beschwerdeführer ein konkretes ausreiseauslösendes Ereignis nicht glaubhaft an. So führt er vor der Behörde zunächst aus, Onkel und Tante seien nicht mehr bereit gewesen, weiterhin für ihn zu sorgen (Einvernahmeprotkoll AS 129) und gibt später an, er habe niemanden, seine Verwandten könnten ihn nicht aufnehmen (AS 133). Erst nach mehrmaliger Nachfrage schildert der Beschwerdeführer sehr kurz und oberflächlich, er habe auch die Waffe nehmen müssen, und sei mit seinem Onkel zu Grundstücken gegangen, sie hätten sich einen Teil der Ernte geholt und den Besitzern gesagt, sie hätten Waffen, mit diesen würden sie sie dann vor den Taliban beschützen (AS 133). Ansonsten beschränkt sich der Beschwerdeführer bei Schilderung seiner Rückkehrbefürchtung im Wesentlichen darauf, dass er dort nicht leben könne, weil er niemanden dort habe und sich nicht auskenne. Diese Angaben zur Rückkehrsituation äußert der Beschwerdeführer auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (Verhandlungsprotokoll S. 7), wo er sich darauf beschränkt, auszuführen, er habe keine Verwandten in Mazar-e Sharif, Kabul oder anderen Teilen Afghanistans, er könne dort nicht Fuß fassen, habe keine Existenz und könne auch keine aufbauen. Keine Erwähnung findet mehr in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht dagegen, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit aufgefordert worden wäre, sich einer bewaffneten Gruppierung anzuschließen. Der Beschwerdeführer erwähnt überhaupt nicht, dass er selbst eine Waffe getragen hätte und äußert auch keine Befürchtung dahingehend, dass er dazu gezwungen werden könnte. Angesichts dessen konnte ein Vorfall für die erneute Ausreise nicht festgestellt werden und wurde festgestellt, dass nicht zu erwarten ist, dass der Beschwerdeführer gezwungen würde, auf Seiten der Regierung bzw. regierungstreuer Milizen zu kämpfen.

Auch die Länderberichte bestätigen die vom Beschwerdeführer hinsichtlich Zwangsrekrutierung geäußerten Befürchtungen nicht. Zunächst ist den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 (in der Folge UNHCR-Richtlinien) zu entnehmen, dass regierungsfeindliche Kräfte in Gebieten, in denen sie die tatsächliche Kontrolle über das Territorium und die Bevölkerung ausüben, verschiedene Methoden zur Rekrutierung von Kämpfern, einschließlich Maßnahmen unter Einsatz von Zwang anwenden (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 3. Männer im wehrfähigen Alter und Kinder im Kontext der Minderjährigen- und Zwangsrekrutierung, insbesondere Buchstabe

a) Zwangsrekrutierung durch regierungsfeindliche Kräfte (AGEs), S. 59 f.). Auch berichtet wird, dass regierungsnahe bewaffnete Gruppen Familien zwingen, junge Männer für den Kampf gegen Taliban und andere regierungsfeindliche Kräfte bereitzustellen (Buchstabe b) Zwangsrekrutierung und Rekrutierung Minderjähriger durch regierungsnahe Kräfte, S. 62).

Die EASO Country Guidance: Afghanistan von Juni 2019 (in der Folge EASO Country Guidance) berichten, dass die Taliban nicht grundsätzlich auf Gewalt zurückgreifen, sondern Druck über die Familie, den Stamm oder religiöse Netzwerke aufbauen und sich dabei an den lokalen Umständen orientierten (Abschnitt Common analysis:

Afghanistan, Kapitel II. Refugee status, Unterkapitel 6. Individuals at risk of forced recruitment by armed groups, S. 53-54). Hinsichtlich einer möglichen Zwangsrekrutierung durch regierungsfreundliche Kräfte wird an gleicher Stelle berichtet, dass diese in manchen Gebieten Zwang ausüben, dies sei jedoch vom lokalen Befehlshaber und der regionalen Konfliktdynamik abhängig.

Was sich aus den eben zitierten Berichten nicht ableiten lässt, ist eine automatische Betroffenheit aller jungen Männer im Herkunftsstaat von Zwangsrekrutierungsmaßnahmen. Hinsichtlich der Taliban untermauert der Beschwerdeführer seine Befürchtung im Übrigen nicht anhand von konkreten Anhaltspunkten für eine individuelle Betroffenheit seiner Person und waren solche im Lauf des Verfahrens auch nicht ersichtlich. Die Schilderungen des Beschwerdeführers zur Aufforderung des Mannes seiner Tante "die Waffe zu nehmen" hielt dieser dagegen - wie bereits ausgeführt - vage und oberflächlich und fand diese insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.09.2018 keine Erwähnung mehr. Damit ist diese Schilderung des Beschwerdeführers als nicht glaubhaft zu qualifizieren und haben sich ansonsten auch hinsichtlich einer möglichen Zwangsrekrutierung - die der oben zitierten EASO Country Guidance zufolge ebenso wenig jeden Mann im wehrfähigen Alter gleichsam automatisch betrifft - keine konkreten Anhaltspunkte für eine individuelle Betroffenheit des Beschwerdeführers ergeben.

Hinsichtlich der Befürchtung des Beschwerdeführers, als "Rückkehrer" Übergriffen bzw. Benachteiligungen ausgesetzt zu sein, findet sich in der EASO Country Guidance ein Risikoprofil, dem sich entnehmen lässt, dass fehlende Vertrautheit mit afghanischen Normen und Erwartungen sowie ein Mangel an einem sozialen Netzwerk zu Schwierigkeiten bei der Unterkunfts- und Arbeitssuche führen können. Insbesondere ein starker Akzent, der die lange Abwesenheit verrate, könne diese Folgen auslösen (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel II. Refugee status, Unterkapitel 21. Individuals who were born in Iran or Pakistan and/or who lived there for a longperiod of time, S. 75). Nicht berichtet wird - im Übrigen ebenso wenig, wie im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 13.11.2019 (in der Folge:

Länderinformationsblatt; Kapitel 23. Rückkehr) - dass sich Übergriffe gegen "Rückkehrer" häufen. Gefährdungserhöhende Merkmale sind in der Person des Beschwerdeführers nicht ersichtlich und hat dieser solche auch nicht konkret dargetan. Damit ist eine Gefährdung des Beschwerdeführers aufgrund seiner "Rückkehrer"-Eigenschaft im Fall der Rückkehr nicht zu erwarten und wurde eine entsprechende Feststellung getroffen.

Dem Länderinformationsblatt ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass die Vergewaltigung von Frauen und Männern darstellt und eine Mindeststrafe von 5 bis 16 Jahren bzw. bis zu 20 Jahren, wenn erschwerende Umstände vorliegen, vorgesehen ist. Weiter ist Geschlechtsverkehr zwischen zwei Angehörigen desselben Geschlechts verboten (Kapitel 18. Relevante Bevölkerungsgruppen, Unterkapitel Kapitel 18.3. Sexuelle Orientierung und Genderidentität). Den UNHCR-Richtlinien ist zu entnehmen, dass weite Teile der afghanischen Gesellschaft sexuelle Handlungen außerhalb der Ehe als Schande für die Familie betrachten, weswegen für Opfer von Vergewaltigungen die Gefahr bestehe, geächtet, inhaftiert oder sogar getötet zu werden (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 7. Frauen mit bestimmten Profilen oder Frauen, die unter bestimmten Bedingungen leben, Buchstabe a) Sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt, S. 82 f.). Die vom Beschwerdeführer geschilderten Vergewaltigung (Einvernahmeprotokoll AS 131 f.) hat sich allerdings im Iran ereignet und ist nicht ersichtlich, dass dieses Ereignis im Herkunftsstaat bekannt wären und hat der Beschwerdeführer diesbezüglich auch keine Befürchtungen geäußert. Insbesondere nimmt der Beschwerdeführer im Bundesgebiet auch keine medizinische Behandlung (Psychotherapie etc) in Anspruch und hat auch keinen dahingehenden Bedarf dargelegt. Auswirkungen dieser Ereignisse im Iran für die Rückkehr in den Herkunftsstaat sind sohin nicht ersichtlich.

Zu den Umständen um die Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Iran in die Türkei ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer auch diese nicht gleichbleibend schildert. So gab er vor der belangten Behörde noch an, er habe sich für den Kampf in Syrien gemeldet, sei deshalb in die Türkei gebracht worden und von dort schließlich geflüchtet (Einvernahmeprotokoll AS 130 f.). In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.09.2018 gab der Beschwerdeführer dagegen lediglich an, bei seiner Rückkehr aus Afghanistan in den Iran sei sein Aufenthaltstitel abgelaufen gewesen und habe er die Verlängerung verpasst. Deshalb habe er den Iran verlassen (Verhandlungsprotokoll S. 5). Damit erweist sich auch das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Umstände seiner Ausreise aus dem Iran als inkonsistent, widersprüchlich und nicht glaubhaft und erübrigt sich sohin die eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob afghanische Staatsbürger, die sich für den Kampfeinsatz in Syrien gemeldet haben und vor ihrem Einsatz flüchten, im Fall der Rückkehr nach Afghanistan mit Repressionen zu rechnen haben und konnte dementsprechend festgestellt werden, dass Auswirkungen für den Beschwerdeführer aufgrund von Ereignissen im Iran im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht zu erwarten sind.

2.3. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat

Die Feststellung zum innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in Afghanistan basiert auf der UNHCR-Richtlinie zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 (in der Folge: UNHCR-Richtlinien; siehe insbesondere Kapitel II. Überblick, Unterkapitel A. Die wichtigsten Entwicklungen in Afghanistan, S. 13 f. und Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel B. Flüchtlingsstatus nach den weitergehenden Kriterien gemäß dem UNHCR-Mandat oder nach regionalen Instrumenten und Schutz nach ergänzenden Schutzformen, Unterkapitel

2. Subsidiärer Schutz nach der Qualifikationsrichtlinie der EU [Richtlinie 2011/95/EU], S. 117 f.) und findet Bestätigung im Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage. Insbesondere die UNHCR-Richtlinien betonen die uneinheitliche Betroffenheit der unterschiedlichen Gebiete vom innerstaatlichen Konflikt. Diese lässt sich auch aus den Erläuterungen des Länderinformationsblattes zu den einzelnen Provinzen gut nachvollziehen.

Die Feststellungen zur Sicherheitslage in Kundus beruhen insbesondere auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.19. Kunduz. Hier wird von einer Verschlechterung der Sicherheitslage in den letzten Jahren berichtet sowie von der wiederholten kurzfristigen Einnahme der Provinzhauptstadt durch die Taliban in den letzten Jahren, sowie von Zusammenstößen zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften. Auch die EASO Country Guidance stuft Kundus als höchst volatil ein und berichtet von starker Präsenz insbesondere der Taliban. Drei Distrikte stünden unter Talibankontrolle, die übrigen seien umkämpft. Es gebe Luftangriffe, Kämpfe um territoriale Kontrolle und konfliktbedingte Vertreibungen (Abschnitt Common analysis:

Afghanistan, Kapitel III. Subsidiary protection, Unterkapitel Article 15(c) QD, Unterabschnitt Kunduz, S. 106-107). Aus dieser Berichtslage speist sich auch die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in seine Herkunftsprovinz die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und Streitkräften der Regierung oder durch Übergriffe von regierungsfeindlichen Gruppierungen gegen die Zivilbevölkerung zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Die Feststellung, dass Mazar-e Sharif unter Regierungskontrolle steht und von Kampfhandlungen im Wesentlichen nicht betroffen ist, basiert auf dem EASO COI Report: Afghanistan. Security situation von Juni 2019 (Kapitel 2. Regional description of the security situation in Afghanistan, Unterkapitel 2.5. Balkh (S. 96 ff.). Insbesondere führt der Bericht Mazar-e Sharif als unter Regierungskontrolle stehend an und verzeichnet keine offene Präsenz der Taliban (siehe Tabelle S. 99). Auch Vertreibungen aus Mazar-e Sharif sind nicht verzeichnet (Unterkapitel 2.5.3.2. Displacement, S. 100).

Die Feststellung zum Flughafen basiert auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel

3.35. Erreichbarkeit, Abschnitt Inernationaler Flughafen Mazar-e Sharif sowie auf dem EASO COI Report: Afghanistan. Key socio-economic indicators. Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City von April 2019, Kapitel 2. Internal mobility, Unterkapitel 2.1 Airports and flight connections, S. 18, insbesondere Unterkapitel 2.1.3 Mazar-e Sharif, S. 19).

Aufgrund der in den oben zitierten Berichten enthaltenen Informationen zur Sicherheitslage in Mazar-e Sharif kann für den Fall der dortigen Niederlassung des Beschwerdeführers auch nicht festgestellt werden, dass ihm die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Die Feststellung zur möglichen Niederlassung des Beschwerdeführers in Mazar-e Sharif ergibt sich insbesondere aus einer Zusammenschau der individuellen Umstände und Merkmale, die der Beschwerdeführer in seiner Person vereint.

Maßgebliche Faktoren für die Frage, ob sich der Beschwerdeführer im Fall einer Rückführung nach Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif eine Lebensgrundlage wird aufbauen können, sind insbesondere Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten, sozialer und ökonomischer Hintergrund, Bildungshintergrund, Zugang zu einem sozialen Unterstützungsnetzwerk und Religion (EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis:

Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Unterabschnitt Reasonableness to settle, S. 105). Damit übereinstimmend stellen nach den UNHCR-Richtlinien insbesondere Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, Verwandtschaftsverhältnisse sowie Bildungs- und Berufshintergrund (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe a) Die persönlichen Umstände des Antragstellers, S. 122) relevante Faktoren dar, wobei neben der Berücksichtigung dieser spezifischen persönlichen Umstände den UNHCR-Richtlinien zufolge auch darauf Bedacht zu nehmen ist, ob der Betreffende seine grundlegenden Menschenrechte wird ausüben können sowie ob er im für die Neuansiedelung in Betracht gezogenen Gebiet Möglichkeiten für ein wirtschaftliches Überleben (Zugang zu Unterkunft, Verfügbarkeit grundlegender Infrastruktur [Trinkwasser, sanitäre Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Bildung], Lebensgrundlage) unter würdigen Bedingungen vorfindet (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe c) Achtung der Menschenrechte und wirtschaftliches Überleben, S. 123 f.).

Der Beschwerdeführer ist im erwerbsfähigen Alter, verfügt über zweijährige Schulbildung sowie über Berufserfahrung als Hilfsarbeiter im Iran und der Türkei. Weiter ist der Beschwerdeführer im Iran in seinem afghanischen Familienverband aufgewachsen und war selbst als Teenager beinahe ein Jahr in Afghanistan aufhältig, weswegen davon ausgegangen werden kann, dass er über die notwendigen Kenntnisse der afghanischen Traditionen und Gebräuchen verfügt. Weiter spricht der Beschwerdeführer mit Dari eine der Landessprachen, weswegen er sich im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat zweifellos wird verständigen können.

Weiter leben Angehörige des Beschwerdeführers noch im Herkunftsstaat, wobei hier zu berücksichtigen ist, dass der Beschwerdeführer bei diesen bereits während seines beinahe einjährigen Aufenthaltes Unterstützung gefunden hat, weswegen davon ausgegangen werden kann, dass der Beschwerdeführer abermals auf dieses soziale Netzwerk im Herkunftsstaat wird zurückgreifen können, wobei dem Länderinformationsblatt zu entnehmen ist, dass ein soziales Netzwerk für das Überleben in Afghanistan wichtig und für Rückkehrer bei der Anpassung an das Leben in Afghanistan besonders ausschlaggebend ist und insbesondere ein Mangel an Netzwerken eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer/innen darstellt (Kapitel 23. Rückkehr). Weiter hat der Beschwerdeführer auch Kontakt zu seinen im Iran aufhältigen Verwandten und gab in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde zudem an, er habe diesen Kontakt auch während seines Aufenthaltes in Afghanistan halten können. Damit kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer den Kontakt zur Familie auch nach seiner abermaligen Rückkehr in den Herkunftsstaat wird halten können. Zwar gab der Beschwerdeführer an, sein Vater habe ihn damals nicht vom Iran aus unterstützt, er habe allerdings Essen, Kleidung und Unterkunft von seinen in Afghanistan aufhältigen Verwandten erhalten, der Vater habe daher gesagt, der Beschwerdeführer brauche kein Geld (Einvernahmeprotokoll AS 135). Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ist dieser vom Beschwerdeführer geschilderten Überlegung des Vaters immanent, dass der Beschwerdeführer, falls ihm im Fall der Rückkehr Essen, Kleidung und Unterkunft nicht zur Verfügung stehen, mit Unterstützung seines Vaters vom Iran aus rechnen könnte. Diesen Umständen hinsichtlich der individuellen Rückkehrsituation ungeachtet lässt sich den vorliegenden Länderinformationen entnehmen, dass junge, alleinstehende Männer ohne spezifische Vulnerabilität auch ohne Unterstützungsnetzwerk ihr Auslangen finden können (EASO Country-Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Unterkapitel Reasonableness to settle, Unterkapitel Conclusions on reasonableness: particular profiles encountered in practice, S. 106-107). Diese Einschätzung wird auch von den UNHCR-Richtlinien bestätigt, denen zufolge alleinstehende leistungsfähige Männer im erwerbsfähigen Alter eine Ausnahme vom Erfordernis der externen Unterstützung darstellen (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedelungs- oder Schutzalternative, Buchstabe c) Achtung der Menschenrechte und wirtschaftliches Überleben, insbesondere S. 125).

Aus der Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich kein Hinweis auf spezifische Vulnerabilitäten oder konkreten Gefährdungsmomente. Die Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers lässt spezifische Diskriminierungs- und Benachteiligungserfahrungen ebenso wenig erwarten (siehe dazu Länderinformationsblatt, Kapitel 16. Ethnische Minderheiten, Unterkapitel 16.3. Tadschiken, S. 298 f.) wie seine Zugehörigkeit zum sunnitischen Islam - der im Herkunftsstaat dominierenden Glaubensrichtung des Islam (Kapitel 15. Religionsfreiheit, S. 287).

Zur Gesundheitsversorgung ist auszuführen, dass dem Länderinformationsblatt zu entnehmen ist, dass die primäre Gesundheitsversorgung prinzipiell wenn auch nicht flächendeckend und von variierender Qualität kostenfrei verfügbar ist. Zudem besteht die Möglichkeit privater Behandlung. Auch von einer Verbesserung der Flächendeckung und Fortschritten der Versorgung wird berichtet und es sich auch Behandlungsangebote für psychische Erkrankungen verfügbar (Kapitel 22. Medizinische Versorgung). Dem EASO COI Report: Afghanistan. Key socio-economic indicators. Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City von April 2019 ist zum Zugang zu grundlegender Gesundheitsversorgung zu entnehmen, dass, dass dieser für die Mehrheit der afghanischen Bevölkerung grundsätzlich gewährleistet ist. Von problematischen Zugangsbeschränkungen wird nur für ländliche Gebiete berichtet (Kapitel 8. Health care, Unterkapitel 8.2 Access and availability, S. 45 f.). Ein spezifisches Risiko für den Beschwerdeführer liegt angesichts dessen, dass gesund ist, damit nicht vor.

Zur allgemeinen Versorgungslage im Herkunftsstaat ist zwar zu berücksichtigen, dass diese sich als schwierig darstellt, was insbesondere intern Vertriebene und Rückkehrer betrifft (EASO COI Report: Afghanistan. Key socio-economic indicators. Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City von April 2019, Kapitel 6. Food security, S- 36 ff.). Allerdings wird nicht berichtet, dass die Grundversorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser und Lebensmitteln grundsätzlich nicht gewährleistet bzw. zusammengebrochen wäre. Insbesondere wird von einer Verbesserung des Wasserzugangs und einer Anhebung der Hygienestandards berichtet (Kapitel 9.3 Water and sanitation, S. 55 f.), wobei speziell für Mazar-e Sharif berichtet wird, die meisten Haushalte hätten Zugang zu Trinkwasser und sanitären Einrichtungen (Kapitel 9.5. Situation in the three cities, S. 58).

Insgesamt gehört der Beschwerdeführer damit unter Berücksichtigung der allgemeinen Situation und seiner individuellen Umstände keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Daher sind besondere exzeptionelle Umstände, die dazu führen könnten, dass der Beschwerdeführer sich im Fall einer Niederlassung in Mazar-e Sharif keine Lebensgrundlage wird aufbauen können, nicht ersichtlich und davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Rückkehrfall im ins Auge gefassten Neuansiedelungsgebiet ein Leben ohne unbillige Härten wird führen können, so wie es auch seine Landsleute führen.

Die Feststellung zur Rückkehrhilfe ergibt sich aus dem Länderinformationsblatt, Kapitel 23. Rückkehr.

Zur Plausibilität und Seriosität der herangezogenen Länderinformationen zur Lage im Herkunftsstaat ist auszuführen, dass die im Länderinformationsblatt zitierten Unterlagen von angesehen Einrichtungen stammen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 5 Abs. 2 BFA-VG verpflichtet ist, gesammelte Tatsachen nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren. Auch das European Asylum Support Office (EASO) ist nach Art. 4 lit. a Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 zur Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen bei seiner Berichterstattung über Herkunftsländer zur transparent und unparteiisch erfolgende Sammlung von relevanten, zuverlässigen, genauen und aktuellen Informationen verpflichtet. Damit durchlaufen die länderkundlichen Informationen, die diese Einrichtungen zur Verfügung stellen, einen qualitätssichernden Objektivierungsprozess für die Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat. Den UNHCR-Richtlinien ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besondere Beachtung zu schenken ("Indizwirkung"), wobei diese Verpflichtung ihr Fundament auch im einschlägigen Unionsrecht findet (Art. 10 Abs. 3 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU [Verfahrensrichtlinie] und Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2011/95/EU [Statusrichtlinie]; VwGH 07.06.2019, Ra 2019/14/0114) und der Verwaltungsgerichtshof auch hinsichtlich der Einschätzung von EASO von einer besonderen Bedeutung ausgeht und eine Auseinandersetzung mit den "EASO-Richtlinien" verlangt (VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0405). Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich daher auf die angeführten Länderberichte, wobei eine beweiswürdigende Auseinandersetzung im Detail oben erfolgt ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Asyl)

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht, dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht einer Person, wenn sie sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

"Verfolgung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Statusrichtlinie, worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 MRK keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art. 2 MRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 MRK niedergelegte Verbot der Folter (zuletzt VwGH 31.07.2018 mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierung ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0010 mwN).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 30.08.2018, Ra 2017/18/0119 mwN).

3.1.1. Zur Ausreise aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt in dem Umstand, dass im Heimatland Bürgerkrieg herrscht, für sich allein keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (zuletzt VwGH 17.11.2017, Ra 2017/20/0404 mwN). Um asylrelevante Verfolgung vor dem Hintergrund einer Bürgerkriegssituation erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten eines Bürgerkrieges hinausgeht (VwGH 19.10.2018, 98/20/0233).

Damit kommt der Ausreise des Beschwerdeführers aus Afghanistan aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage von vornherein keine Asylrelevanz zu.

3.1.2. Zur behaupteten Gefahr einer Zwangsrekrutierung

Der Verwaltungsgerichtshof differenziert in ständiger Judikatur zwischen der per se nicht asylrelevanten Zwangsrekrutierung durch eine Bürgerkriegspartei von der Verfolgung, die an die tatsächliche oder unterstellte politische Gesinnung anknüpft, die in der Weigerung, sich den Rekrutierenden anzuschließen, gesehen wird. Auf das Auswahlkriterium für die Zwangsrekrutierung kommt es dabei nicht an. Entscheidend ist daher, mit welcher Reaktion durch die Milizen aufgrund einer Weigerung, sich dem Willen der Rekrutierenden zu beugen, gerechten werden muss und ob in ihrem Verhalten eine (unterstellte) politische oder religiöse oppositionelle Gesinnung erblickt wird (19.04.2016, VwGH Ra 2015/01/0079 mwN).

Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen, dass ihm im Fall der Rückkehr die Zwangsrekrutierung durch Aufständische bzw. die Taliban oder die Regierung bzw. regierungstreue Milizen droht, weswegen er eine Verfolgungsgefahr im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht glaubhaft machen konnte.

3.1.3. Zur behaupteten Verfolgungsgefahr wegen der "Rückkehrer"-Eigenschaft des Beschwerdeführers

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG iVm Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeine Gefahr eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", so hat jedes einzelne Mitglied schon aufgrund seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten. Diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (zuletzt VwGH 28.03.2019, Ra 2018/14/0428 mwN).

Nachdem der Beschwerdeführer wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt nicht glaubhaft machen konnte, dass ihm im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Übergriffe drohen, weil er nach einem langen Auslandsaufenthalt nach Afghanistan zurückkehrt. Damit konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen, dass ihm Aufgrund seiner Eigenschaft als "Rückkehrer" gleichsam automatisch Verfolgung droht, während ein diesbezügliches individuelles Risiko ebenso nicht festgestellt werden konnte. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, unter welchen GFK-Fluchtgrund die behauptete Verfolgungsgefahr allenfalls zu subsumieren wäre, erübrigt sich damit.

3.1.4. Zum auf den Iran bezogenen Fluchtvorbringen

Soweit sich das fluchtkausale Vorbringen des Beschwerdeführers auf Ereignisse im Iran beziehen, ist ihm entgegen zu halten, dass § 3 Abs. 1 AsylG die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nur vorsieht, wenn dem Fremden im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht. Der Herkunftsstaat ist gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 jener Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt; nur im Falle der Staatenlosigkeit gilt der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes als Herkunftsstaat. Auch wurde festgestellt, dass für den Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Auswirkungen von Ereignissen im Iran nicht zu erwarten sind. Daher und aufgrund der afghanischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers kann somit das Vorbringen im Hinblick auf den Iran außer Betracht bleiben (vgl. VwGH 02.03.2006, 2004/20/0240).

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Subsidiärer Schutz)

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Mit Erkenntnis vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 hat der Verwaltungsgerichtshof sich mit der Rechtsprechung des EuGH zu den Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auseinandergesetzt. Danach sei subsidiärer Schutz nur in jenen Fällen zu gewähren, in denen die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK auf einen ernsthaften Schaden iSd Art. 15 Statusrichtlinie zurückzuführen ist, der vom Verhalten eines Akteurs iSd Art. 6 Statusrichtlinie verursacht wird (Art. 15 lit a. und b.), bzw. auf eine Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt (Art. 15 lit. c) zurückzuführen ist. Nicht umfasst sei dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführende Verletzungen von Art. 3 EMRK. Insofern habe der nationale Gesetzgeber die Bestimmungen der Statusrichtlinie fehlerhaft umgesetzt, weil nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art 2. Art. EMRK, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führe (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).

An diese Judikatur anschließend spricht der der Verwaltungsgerichthof in seinem Erkenntnis vom 21.05.2019, Ro 2019/19/0006 aus, dass die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht ausschließlich anhand Art. 15 Statusrichtlinie geprüft werden könne. Die Bestimmung sei - obgleich fehlerhaft in das nationale Recht umgesetzt - nicht unmittelbar anwendbar, weil dies zulasten eines bzw. zur Vorenthaltung von Rechten des Einzelnen nicht in Frage komme. Die nationale Regelung des § 8 Abs. 1 AsylG sei günstiger. Deren unionsrechtskonforme bzw. richtlinienkonforme Auslegung finde ihre Schranke jedoch in einer Auslegung contra legem des nationalen Rechtes. Eine einschränkende Auslegung des Wortlautes des § 8 Abs. 1 AsylG im Sinne einer teleologischen Reduktion sei vor dem Hintergrund des klaren gesetzgeberischen Willens - den der Verwaltungsgerichtshof in seiner Ent

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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