TE Lvwg Erkenntnis 2019/10/28 VGW-151/085/6229/2018

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Veröffentlicht am 28.10.2019
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Entscheidungsdatum

28.10.2019

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
72/01 Hochschulorganisation

Norm

NAG §64 Abs2
NAG-DV §8 Z8 litb
UniversitätsG 2002 §52
UniversitätsG 2002 §67 Abs1 Z2
UniversitätsG 2002 §67 Abs1 Z4
UniversitätsG 2002 §74 Abs6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin MMag. Dr. Salamun über die Beschwerde der Frau A. B. vom 29.04.2018 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 27.03.2018, Zl. …

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch die Wortfolge „eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Studierender““ durch die Wortfolge „einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck „Student““ und die Wortfolge „den angestrebten Aufenthaltstitel Studierender“ durch die Wortfolge „die angestrebte Aufenthaltsbewilligung „Student““ ersetzt wird.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

I.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 4.12.2017 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck „Studierender“ gemäß § 64 Abs. 1 und 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) iVm § 74 UG abgewiesen.

Begründend führte die Behörde zusammengefasst sinngemäß aus, das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe unter Heranziehung der Bestätigung des Studienerfolges ergeben, dass die Beschwerdeführerin im maßgeblichen Studienjahr 2016/17 lediglich eine Prüfung im Ausmaß von 5 ECTS Punkten abgelegt und damit keinen ausreichenden Studienerfolg erbracht habe.

Die Voraussetzungen des § 64 Abs. 3 NAG würden daher nicht vorliegen und müsse der Antrag daher abgewiesen werden.

II.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 29.4.2018, in welcher die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ausführt, sie habe im vergangenen Wintersemester unter gesundheitlichen Problemen gelitten und nicht gehen können. Es sei durch ihren Hausarzt und einen orthopädischen Chirurgen … diagnostiziert worden. In der Folge sei eine länger andauernde ärztlich verordnete Behandlung erfolgt, welche auch eine strikte Bettruhe beinhaltet habe. Aus diesem Grund sei es ihr nicht nur unmöglich gewesen, die Vorlesungen an der Universität zu besuchen, sondern sei ihr auch die notwendige Prüfungsvorbereitung erheblich erschwert worden. Der Beschwerde wurden u.a. zwei Verordnungen vom 30.5.2017 und 2.6.2017 über Schmerzmittel bzw. entzündungshemmende Wirkstoffe beigelegt.

Die Verwaltungsbehörde nahm von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG Abstand und legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht Wien mit Schreiben vom 9.5.2018 vor.

III.

Am 1.8.2018 fand vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu welcher die Beschwerdeführerin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschien. Der Vertreter der belangten Behörde verzichtete auf die Teilnahme.

Am 17.10.2018 fand vor dem Verwaltungsgericht Wien eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu welcher die Beschwerdeführerin erschien. Der Vertreter der belangten Behörde verzichtete auf die Teilnahme. Die Beschwerdeführerin legte in der mündlichen Verhandlung einen Studienerfolgsnachweis vom 25.9.2018 vor, welcher als Beilage /.A zum Akt genommen wurde. Daraus ist ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin im nunmehr maßgeblichen Studienjahr 2017/18 insgesamt 15 ECTS Punkte erreichte (davon 10 ECTS Punkte im Bachelorstudium C.). Ferner gab sie in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll, sie habe im Studienjahr 2017/18 an Rheuma und auch an Depressionen gelitten. Es wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, binnen zwei Wochen medizinische Unterlagen vorzulegen. Die Verhandlung wurde auf unbestimmte Zeit vertagt.

Mit E-Mail vom 31.10.2018 legte die Beschwerdeführerin die Bestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 5.9.2017 und vom 27.9.2018 über die Arbeitsunfähigkeit (letztere für den Zeitraum vom 22.9.2018 bis voraussichtlich 28.9.2018) sowie ein Schreiben auf Russisch samt Übersetzung der Klinik für Neurologie in D. vom 22.10.2018 über die Behandlung einer mittelschweren Depression ab 5.7.2016 vor.

Mit Schreiben vom 6.11.2018 wurde die Magistratsabteilung 15 um Erstellung eines Sachverständigengutachtens hinsichtlich der Studienverhinderung im Studienjahr 2017/18 ersucht. Die Beschwerdeführerin erschien jedoch zum Untersuchungstermin am 11.1.2019 nicht. Nach dem Ausräumen von Hindernissen (etwa, dass die Beschwerdeführerin im Verhandlungsprotokoll eine neue Adresse angegeben, sich aber im Zentralen Melderegister nicht an diese Adresse umgemeldet hatte, und somit die Ladung zur amtsärztlichen Begutachtung nicht erhielt) sowie der Koordinierung von Magistratsabteilung 15 und Beschwerdeführerin durch das Verwaltungsgericht Wien, fand am 25.6.2019 vor der Magistratsabteilung 15 die amtsärztliche Begutachtung statt.

Am 2.7.2019 langte das amtsärztliche Gutachten beim Verwaltungsgericht ein, wonach für das Studienjahr 2017/18 keine weiteren Befunde vorgelegt oder nachgereicht worden seien und aus amtsärztlicher Sicht die Studienverhinderung nicht nachvollziehbar sei.

Am 4.7.2019 nahm die Beschwerdeführerin Akteneinsicht und legte einen Befundbericht vom 3.7.2019 eines Facharztes … vor, in welchem … diagnostiziert wurden und bis zur Abklärung durch MRT das Heben, Tragen sowie Nässe- und Kälteexposition zu meiden waren. Ferner legte sie nochmals die Bestätigung der Klinik in D. vom 22.10.2018 über die Behandlung einer mittelschweren Depression ab dem 5.7.2016 vor.

Mit E-Mail vom 8.7.2019 entschuldigte sich die Beschwerdeführerin für die mündliche Verhandlung am 9.7.2019, da sie verstärkt an einer schmerzhaften Halsmuskelzerrung leide. Sie legte nochmals den Befundbericht vom 3.7.2019 sowie eine Zuweisung ebenfalls vom 3.7.2019 zu einem MRT der Halswirbelsäule vor. Da die Beschwerdeführerin am 4.7.2019 vor dem Verwaltungsgericht Wien Akteneinsicht nehmen konnte, konnte eine krankheitsbedingte Verhinderung am Tag der mündlichen Verhandlung (9.7.2019) aufgrund der vorgebrachten Halsmuskelzerrung nicht nachvollzogen werden und ist davon auszugehen, dass eine Teilnahme nach der Einnahme von Schmerzmitteln möglich gewesen wäre.

Am 9.7.2019 fand daher vor dem Verwaltungsgericht Wien die fortgesetzte öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu welcher die Beschwerdeführerin nicht erschien. Der Amtsarzt, Dr. E., erläuterte das amtsärztliche Gutachten wie folgt:

„Die Klientin wurde am 25.06.2019 auftragsgemäß amtsärztlich begutachtet. Angefragt wurde eine Studienverhinderung im Studienjahr 2017/2018. Eingesehen im Originalakt wurde eine Beschwerde klientenseits vom 29.04.2018, in der die Klientin im vergangenen Wintersemester auf gesundheitliche Probleme hinweist „Ich konnte nicht gehen. Es wurde durch meinen Hausarzt und eine orthopädischen Chirurgen … diagnostiziert. Entsprechende ärztliche Unterlagen lege ich dem Schreiben bei. Bei Bedarf kann ich weitere Arztberichte anfordern. Es folgte eine länger andauernde ärztliche verordnete Behandlung, welche auch eine strikte Bettruhe beinhaltete. Eingesehen wurde im Originalakt ein konventionelles Röntgen … vom 30.05.2017 mit dem Ergebnis unauffälliges Röntgen …. In der amtsärztlichen Begutachtung am 25.06.2019 wurden vorerst keine weiteren Befunde vorgelegt. In weiterer Nachfrage zu Ergebnissen einer Dehnung der Muskeln und Rheuma konnten keine weiteren Erhebungen klientenseits berichtet werden. Es konnten keine weiteren fachärztlichen Ordinationen oder Diagnostik und Therapien berichtet werden. Daher war die Studieneinschränkung im Studienjahr 2017/2018 klinisch körperlich nicht nachvollziehbar war.

Auffällig beschreibt die Klientin im Gesundheitsfragebogen vom 25.06.2019 „kein Schlaf, weinen Non-Stop, konnte nicht Essen, konnte nicht Trinken, will nicht Leben und Kopfschmerz“. Die Therapie wird derzeit mit Bachtropfen und Homöopathie angegebenen. Ein psychiatrischer Befund lag zum Zeitpunkt 25.06.2019 nicht vor. Auf Anfrage war die Klientin bereit einen fachärztlichen Befund nachzureichen. Etwa 3 Tage später wurde eine Bescheinigung, zertifizierte Übersetzung aus dem russischen ins deutsche vom 22.10.2018 nachgereicht. Diese Bescheinigung wurde am 05.07.2016 in der Klinik für Neurologie mit der Diagnose mittel schwere Depression erstellt. Es wurden … angeordnet. Es findet sich in dieser ambulanten Behandlung keine Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte) und Status (Zustand der Klientin zum Zeitpunkt 05.07.2016). Es findet sich auch, kein Datum für eine Wiedervorstellung in der fachärztlichen Ordination. Es kann somit eine psychiatrische Beeinträchtigung für das Studienjahr 2017/2018 nicht schlüssig nachvollzogen werden.“

Mit Ladung vom 5.8.2019 wurde für den 14.10.2019 eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt.

Mit E-Mail vom 30.9.2019 legte die Beschwerdeführerin ein Konvolut an Unterlagen vor, darunter die Bestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 23.11.2018, dass die Beschwerdeführerin in der Zeit vom 1.10.2018 bis 23.11.2018 die Universität nicht besuchen konnte sowie eine Behandlungsbestätigung vom 27.11.2018 …

Ferner legte sie mit diesem E-Mail ein ärztliches Attest einer Ärztin für Allgemeinmedizin für die Befürwortung einer Pflegebedürftigkeit vom 29.5.2019 vor, wonach die Mutter der Beschwerdeführerin an folgenden Erkrankungen leidet: …. In diesem Schreiben wird festgehalten, dass die Mutter der Beschwerdeführerin aufgrund der schmerzbedingten Immobilität und der schweren psychischen Beeinträchtigung 24 Stunden auf eine Pflegeperson angewiesen ist und sich im konkreten Fall die Beschwerdeführerin als ihre Tochter anbietet.

Mit E-Mail vom 11.10.2019 ersuchte die Beschwerdeführerin darum, ihr Fernbleiben von der Verhandlung am 14.10.2019 aufgrund ihrer Erkrankung zu entschuldigen und übermittelte im Anhang eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung eines Arztes für Allgemeinmedizin aufgrund von Krankheit vom 7.10.2019 (seit 4.10.2019, wiederbestellt am 10.10.2019). Aus der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsmeldung vom 7.10.2019 geht die Art der Krankheit nicht hervor und ist auch eine Wiederbestellung am 10.10.2019 angegeben, deren Ergebnis nicht vorgelegt wurde, sodass eine krankheitsbedingte Verhinderung am Tag der mündlichen Verhandlung (14.10.2019) nicht nachgewiesen wurde.

Am 14.10.2019 fand vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu welcher die Beschwerdeführerin nicht erschien. Der Vertreter der belangten Behörde verzichtete auf die Teilnahme. In der Verhandlung am 14.10.2019 wurde das Erkenntnis mündlich verkündet.

Mit E-Mail vom 23.10.2019 beantragte die Beschwerdeführerin die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.

IV. Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

IV.1. Rechtsgrundlagen:

Die maßgeblichen Rechtsvorschriften des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 25/2019, lauten:

Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1.       gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2.       gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3.       gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4.       eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5.       eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6.       er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1.       der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2.       der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3.       der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4.       der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5.       durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

6.       der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und
7.         in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.

(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.       der Grad der Integration;

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1.       sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

2.       der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

(6) Die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 und 4 mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) erbringen zu können, muss ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein.

(7) Der Fremde hat bei der Erstantragstellung ein Gesundheitszeugnis vorzulegen, wenn er auch für die Erlangung eines Visums (§ 21 FPG) ein Gesundheitszeugnis gemäß § 23 FPG benötigen würde.

[…]

Studenten

§ 64. (1) Drittstaatsangehörigen ist eine Aufenthaltsbewilligung als Student auszustellen, wenn sie

1. die Voraussetzungen des 1. Teiles mit Ausnahme des § 11 Abs. 2 Z 2 erfüllen und

2. ein ordentliches Studium an einer Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, öffentlichen oder privaten Pädagogischen Hochschule gemäß dem Hochschulgesetz 2005, BGBl. I Nr. 30/2006, absolvieren,

3. ein außerordentliches Studium im Rahmen eines Universitätslehrganges gemäß § 56 Universitätsgesetz 2002, eines Lehrganges zur Weiterbildung gemäß § 9 Fachhochschul-Studiengesetz, eines Universitätslehrganges gemäß § 3 Abs. 4 Privatuniversitätengesetz, BGBl. I Nr. 74/2011, oder eines Hochschullehrganges gemäß § 39 Hochschulgesetz 2005 absolvieren, dieses mindestens 40 ECTS-Anrechnungspunkte umfasst und nicht ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient,

4. ein außerordentliches Studium im Rahmen eines Universitätslehrganges gemäß § 56 Universitätsgesetz 2002, eines Lehrganges zur Weiterbildung gemäß § 9 Fachhochschul-Studiengesetz, eines Universitätslehrganges gemäß § 3 Abs. 4 Privatuniversitätengesetz oder eines Hochschullehrganges gemäß § 39 Hochschulgesetz 2005 absolvieren, welches auf die in der Zulassungsentscheidung vorgeschriebene Ergänzungsprüfung vorbereitet,

5. ein außerordentliches Studium zur Herstellung der Gleichwertigkeit ihres ausländischen Studienabschlusses gemäß § 90 Abs. 4 Universitätsgesetz 2002, § 6 Abs. 6 Fachhochschul-Studiengesetz oder § 68 Abs. 4 Hochschulgesetz 2005 absolvieren,

6. ein außerordentliches Studium zum Besuch einzelner Lehrveranstaltungen aus wissenschaftlichen Fächern, sofern das in Z 4 genannte außerordentliche Studium erfolgreich abgeschlossen wurde und das Aufnahme- oder Eignungsverfahren aus nicht vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen erst im darauffolgenden Semester absolviert werden kann, oder

7. ein in Z 2 angeführtes Studium abgeschlossen haben und im Anschluss daran eine für die Berufsausübung gesetzlich verpflichtende fachliche Ausbildung absolvieren.

Eine Haftungserklärung ist zulässig.

(2) Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums, ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für diesen Zweck nur zulässig, wenn dieser nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität oder Pädagogischen Hochschule erbringt und in den Fällen des Abs. 1 Z 4 darüber hinaus spätestens innerhalb von zwei Jahren die Zulassung zu einem Studium gemäß Abs. 1 Z 2 nachweist. Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung einer gesetzlich verpflichtenden fachlichen Ausbildung gemäß Abs. 1 Z 7, ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung zu diesem Zweck nur zulässig, wenn der Drittstaatsangehörige einen angemessenen Ausbildungsfortschritt nach Maßgabe der der jeweiligen Ausbildung zugrundeliegenden gesetzlichen Vorschriften erbringt. Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges oder Ausbildungsfortschrittes eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden.“

Gemäß § 74 Abs. 6 UG hat die Universität einer oder einem ausländischen Studierenden ab dem zweiten Studienjahr auf Antrag der oder des Studierenden einen Studienerfolgsnachweis auszustellen, sofern sie oder er im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten oder 8 Semesterwochenstunden abgelegt hat.

IV.2. Sachverhalt:

Aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung, des Vorbringens der Beschwerdeführerin, des Aktes des verwaltungsbehördlichen Verfahrens sowie des Aktes des Verwaltungsgerichts Wien wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Die 1994 geborene Beschwerdeführerin ist russische Staatsangehörige. Ihr Reisepass ist bis 10.5.2027 gültig.

Im Reisepass der Beschwerdeführerin mit Gültigkeitsdauer vom 25.4.2014 bis 25.4.2019 finden sich ein C-Visum für die Schengenstaaten mit Gültigkeitsdauer vom 30.5.2014 bis 29.5.2015 sowie ein D-Visum für Österreich mit Gültigkeitsdauer vom 27.11.2014 bis 26.3.2015. Am 4.7.2019 wies die Beschwerdeführerin einen Reisepass mit Gültigkeitsdauer vom 10.5.2017 bis 10.5.2027 vor.

Der Beschwerdeführerin wurde eine Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ vom 2.12.2014 bis 2.12.2015 sowie vom 3.12.2015 bis 3.12.2016 erteilt. Am 11.12.2015 beantragte sie eine Notvignette bis 12.3.2016.

Mit Bescheid vom 28.12.2016, persönlich übergeben am 2.1.2017 sowie hinterlegt am 3.1.2017, wurde der Verlängerungsantrag der Beschwerdeführerin vom 2.12.2016 mit der Begründung abgewiesen, dass sie im Vorstudienlehrgang zwar die Ergänzungsprüfung aus Deutsch und Englisch erfolgreich absolviert habe, jedoch die Ergänzungsprüfungen in Mathematik sowie Geschichte und Sozialkunde nicht abgelegt worden seien und somit kein ausreichender Studienerfolg vorliege. In der dagegen eingebrachten Beschwerde brachte die Beschwerdeführerin vor, die Ergänzungsprüfungen seien von der Universität Wien anerkannt worden, da sie alle Fächer in Russland auch studiert und dort positiv bestanden habe. Sie legte den Zulassungsbescheid von 14.11.2012 vor, auf welchem nunmehr die Ergänzungsprüfung in Geschichte und Sozialkunde sowie Mathematik unter Beifügung eines Stempels „Studienzulassung Universität Wien“, einer Unterschrift sowie des Datums 9.1.2017 durchgestrichen waren.

Am 31.1.2017 beantragte die Beschwerdeführerin ein Notfallvisum, um bis 28.2.2017 zum Zweck des Kaufes und Verkaufs von Immobilien nach Russland zu reisen.

Mit Bescheid vom 1.2.2017 erging eine Beschwerdevorentscheidung, mit welcher der abweisende Bescheid vom 28.12.2016 aufgehoben wurde, da aufgrund der am 30.1.2017 vorgelegten Unterlagen der Nachweis des gesetzlich vorgeschriebenen Studienerfolges erbracht sei. Diesen Unterlagen sei zu entnehmen, dass der Vorstudienlehrgang am 9.1.2017 erfolgreich beendet wurde und die Beschwerdeführerin mit 1.3.2017 als ordentliche Studentin im Bachelorstudium C. studiere.

Am 16.5.2017 wurde der Beschwerdeführerin, die am 9.1.2017 den Vorstudienlehrgang im 5. Semester abgeschlossen hatte, eine weitere Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ mit Gültigkeitsdauer vom 4.12.2016 bis 4.12.2017 ausgefolgt.

Am 4.12.2017 beantragte die Beschwerdeführerin die weitere Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, indem sie im Antragsformular den Aufenthaltszweck „Student“ ankreuzte, und legte einen Studienerfolgsnachweis vom 30.11.2017 vor. Am 22.12.2017 legte sie einen weiteren Studienerfolgsnachweis vom 22.12.2017 vor und beantragte ein Notfallvisum bis 12.1.2018, um nach Russland zu fahren und ihre Immobilie zu verkaufen.

Am 1.3.2018 legte die Beschwerdeführerin ein Sammelzeugnis vom selben Tag vor. Am 27.3.2018 erging der angefochtene Bescheid.

Zum Studienerfolg:

Mit Zulassungsbescheid der Universität Wien vom 14.11.2012 wurde die Beschwerdeführerin zum Bachelorstudium C. unter Vorschreibung der Ergänzungsprüfungen aus Deutsch, Englisch, Geschichte und Sozialkunde sowie Mathematik zugelassen. Die Beschwerdeführerin war vom 1.10.2014 bis 9.1.2017 im Universitätslehrgang Vorstudienlehrgang gemeldet. Sie ist seit 1.3.2017 für das Bachelorstudium C. sowie seit 1.10.2017 für das Bachelorstudium C. und das Bachelorstudium F. gemeldet. Im zuletzt abgelaufenen Studienjahr 2018/19 war die Beschwerdeführerin beurlaubt.

Die Beschwerdeführerin besuchte in den Studienjahren 2014/15 und 2015/16 sowie im Wintersemester 2016/17 den Vorstudienlehrgang der Wiener Universitäten (Kursbesuche Deutsch: 19.1.2015 bis 1.4.2015, 27.1.2016 bis 23.3.2016, 19.4.2016 bis 6.6.2016, 7.6.2016 bis 20.7.2016; Ergänzungsprüfungszeugnis Englisch vom 30.6.2016). Sie besuchte im Wintersemester 2016 nicht erfolgreich die Fachkurse Mathematik und Geschichte, schloss den Vorstudienlehrgang aber am 9.1.2017 im 5. Semester ab, da die Ergänzungsprüfungen aus Geschichte und Sozialkunde sowie Mathematik angerechnet wurden. In der Folge wurde ihr eine weitere Aufenthaltsbewilligung erteilt.

Im Studienjahr 2016/17 absolvierte die Beschwerdeführerin im Sommersemester 2017 im Bachelorstudium C. am 10.5.2017 die Lehrveranstaltung … im Ausmaß von 5 ECTS Punkten. Sie schloss jedoch die STEOP: Modulprüfung Grundzüge der C. am 8.5.2017 und am 30.6.2017 ein zweites Mal negativ ab. Die STEOP: Modulprüfung Grundzüge der G. schloss sie am 10.5.2017 und am 30.6.2017 ein zweites Mal negativ ab. In diesem Studienjahr lagen somit lediglich 5 ECTS Punkte und kein ausreichender Studienerfolg vor. Mit Bescheid vom 27.3.2018 wurde der Verlängerungsantrag der Beschwerdeführerin abgewiesen.

Im Studienjahr 2017/18 absolvierte die Beschwerdeführerin im Wintersemester im Bachelorstudium C. am 24.11.2017 die Lehrveranstaltung Grundzüge der G. im Ausmaß von 5 ECTS Punkten. Die STEOP: Modulprüfung Grundzüge der C. schloss sie am 22.11.2017 ein drittes Mal negativ ab.

Im Bachelorstudium C. absolvierte die Beschwerdeführerin am 17.12.2017 das Repetitorium Technische Grundlagen der F. im Ausmaß von 1 Semesterstunde bzw. 2 ECTS Punkten und am 19.1.2018 das Repetitorium Mathematische Grundlagen der F. 1 im Ausmaß von 1 Semesterstunde bzw. 2 ECTS Punkten sowie die Vorlesung Technische Grundlagen der F. im Ausmaß von 3 Semesterstunden bzw. 6 ECTS Punkten. Am 15.12.2017 schloss sie die Vorlesung Technische Grundlagen der F., am 30.1.2018 die VU H. 1 sowie am 12.1.2018 und am 1.2.2018 die Vorlesung Mathematische Grundlagen der F. 1 negativ ab. Am Repetitorium Theoretische F. hat sie mit 7.2.2018 ohne Erfolg teilgenommen. Dass die Beschwerdeführerin im Sommersemester 2018 Lehrveranstaltungen absolvierte, konnte nicht festgestellt werden. Es lag im Studienjahr 2017/18 im Bachelorstudium C. ein Studienerfolg im Ausmaß von 5 Semesterstunden bzw. 10 ECTS Punkten und daher kein ausreichender Studienerfolg vor.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren legte die Beschwerdeführerin die Bestätigung eines Allgemeinarztes vom 5.9.2017 und vom 27.9.2018 über die Arbeitsunfähigkeit (letztere für den Zeitraum vom 22.9.2018 bis voraussichtlich 28.9.2018) vor. Zudem gab sie das Vorliegen einer Depression an. Nach amtsärztlicher Begutachtung konnte für das Studienjahr 2017/18 jedoch keine krankheitsbedingte Studienverhinderung nachvollzogen werden.

Im Studienjahr 2018/19 war die Beschwerdeführerin beurlaubt. Sie absolvierte in diesem Studienjahr keine Lehrveranstaltungen. Die Beschwerdeführerin legte die Bestätigung eines Allgemeinarztes vom 23.11.2018 vor, dass sie wegen Krankheit (…, Behandlungsbestätigung vom 27.11.2018) in der Zeit vom 1.10.2018 bis 23.11.2018 die Universität nicht besuchen konnte. Am 9.7.2019 legte die Beschwerdeführerin einen Befund vom 3.7.2019 eines Facharztes … vor, in welchem … diagnostiziert wurden und bis zur Abklärung durch MRT das Heben, Tragen sowie Nässe- und Kälteexposition zu meiden waren.

Ferner legte die Beschwerdeführerin ein ärztliches Attest einer Allgemeinärztin vom 29.5.2019 betreffend die Befürwortung einer Pflegebedürftigkeit hinsichtlich ihrer Mutter vor, worin sie als Pflegerin ihrer Mutter vorgeschlagen wurde, die aufgrund der schmerzbedingten Immobilität und der schweren psychischen Beeinträchtigung 24 Stunden auf eine Pflegeperson angewiesen sei.

Eine krankheitsbedingte Studienverhinderung für das gesamte Studienjahr 2018/19 kann aus den vorgelegten Befunden nicht abgeleitet werden.

Die Beschwerdeführerin war vom 3.1.2015 bis 31.7.2015 und vom 30.3.2017 bis 30.11.2017, vom 27.9 2018 bis 31.12.2018, vom 6.7.2019 bis 15.9.2019 gemäß § 16 Abs. 2 ASVG bei der Wiener Gebietskrankenkasse und ist seit 16.9.2019 als Angestellte nach dem ASVG krankenversichert. Vom 10.12.2015 bis 10.12.2016 und vom 20.12.2016 bis 20.12.2017 war sie bei der J. Versicherungsgruppe … für eine monatliche Prämie von € 26 versichert.

Die Beschwerdeführerin verfügt über eine verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung gemäß § 22 Abs. 1 Z 1 MeldeG, da sie sich nach der Aufgabe ihrer Unterkunft in einem Studentenheim Wien, K.-straße, im Zeitraum vom 4.1.2015 bis 27.8.2015 nicht von selbst abgemeldet hat.

Die Beschwerdeführerin konnte dem Verhandlungsgang folgen und benötigte keinen Dolmetscher.

Da zu beurteilen war, ob die Beschwerdeführerin die besonderen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung „Student“ erfüllt, konnten weitere Feststellungen bezüglich der allgemeinen Voraussetzungen unterbleiben (vgl. Punkt IV.3.4).

Diese Feststellungen beruhen auf folgenden Erwägungen:

Die Feststellungen gründen sich einerseits auf den eindeutigen Akteninhalt (Studienerfolgsnachweis der Universität Wien, Studienblatt, medizinische Befunde). Andererseits beruhen sie auf den plausiblen und nachvollziehbaren Ausführungen des amtsärztlichen Sachverständigen, der das schriftlich erstattete Gutachten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erläuterte.

Das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Schreiben der Klinik für Neurologie in D. bestätigt eine Behandlung aufgrund einer mittelschweren Depression ab 5.7.2016 und betrifft somit das Studienjahr 2015/16. Die Dauer der Behandlung geht zwar aus dem Schreiben nicht hervor, allerdings kann aus der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin im Studienjahr 2016/17 im Sommersemester am 10.5.2017 eine Lehrveranstaltung im Ausmaß von 5 ECTS Punkten absolviert hat (und weitere vier Prüfungsantritte erfolgten), geschlossen werden, dass sich die mittelschwere Depression nicht auf das gesamte Studienjahr 2016/17 auswirkte. Die orthopädische Erkrankung (…, Verordnungen vom 30.5.2017 und 2.6.2017) ist erst am Ende des Sommersemesters 2017 dokumentiert.

Für das Studienjahr 2017/18, in welchem die Beschwerdeführerin Prüfungen im Ausmaß von insgesamt 15 ECTS Punkten ablegte, konnte nach dem plausiblen amtsärztlichen Gutachten keine krankheitsbedingte Studienverhinderung nachvollzogen werden.

Betreffend das Vorbringen einer Depression vor der Magistratsabteilung 15 am 25.6.2019 (und somit für das Studienjahr 2018/19), ist festzuhalten, dass der Zustand der Beschwerdeführerin anlässlich der amtsärztlichen Begutachtung am 25.6.2019 als psychisch wach, orientiert, gut kontaktfähig und positiv affizierbar beschrieben wurde und kann daher das Vorliegen einer krankheitswertigen Depression auch im Studienjahr 2018/19 nicht nachvollzogen werden.

Betreffend den vorgelegten orthopädischen Befund vom 3.7.2019 ist festzuhalten, dass die Schmerzen aufgrund einer akuten Halsmuskelzerrung erstmals ab Juli 2019 aktenkundig sind und somit keine Studienverhinderung für ein gesamtes Studienjahr nach sich ziehen können. Auch eine mögliche Studienverhinderung aufgrund einer … (Bestätigung vom 23.11.2018) bestand lediglich für etwa 2 Monate (vom 1.10.2018 bis 23.11.2018)99999. Es kann somit auch keine krankheitsbedingte Studienverhinderung für das zuletzt abgelaufene Studienjahr 2018/19 nachvollzogen werden.

Die Feststellungen zum Bestand einer alle Risiken abdeckenden Krankenversicherung basieren auf dem Versicherungsdatenauszug.

IV.3. Rechtliche Beurteilung:

IV.3.1.

Der verfahrensgegenständliche Antrag der Beschwerdeführerin ist auf die Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck „Student“ gerichtet.

Gemäß § 64 Abs. 2 NAG ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums nur zulässig, wenn nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften ein Studienerfolgsnachweis der Universität erbracht wird. Dazu zählt insbesondere ein Studienerfolgsnachweis gemäß § 74 Abs. 6 UG. Die Erläuterungen (RV 952 BlgNR 22. GP 145) halten dazu fest, dass die erneute Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für Studierende nur zulässig ist, wenn der Antragsteller einen Studienerfolgsnachweis über die von ihm betriebenen Studien erbringt; sie stellen somit auf das vom Antragsteller betriebene Studium ab (vgl. VwGH 11.2.2016, Ra 2015/22/0095).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Regelung des § 74 Abs. 6 UG, auf den § 8 Z 8 lit. b NAG-DV verweist, ausdrücklich auf die im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilten Prüfungen ab. Gemäß § 52 UG beginnt das Studienjahr am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres. Gegen ein Akzeptieren des Studienerfolgs im aktuell laufenden Jahr und ein damit verbundenes Hinwegsehen über den fehlenden Studienerfolg im zuletzt abgelaufenen Studienjahr spricht - neben dem Wortlaut des § 8 Z 8 lit. b NAG-DV - auch, dass mit jedem Verlängerungsantrag und somit (grundsätzlich) jährlich der Studienerfolg für das jeweils vorausgegangene Studienjahr nachzuweisen ist (vgl. VwGH 11.2.2016, Ra 2015/22/0095).

Da gemäß § 24 Abs. 1 NAG Verlängerungsanträge vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels einzubringen sind, kann das „vorangegangene Studienjahr“ (vgl. § 74 Abs. 6 UG) bei Antragstellung nur dasjenige sein, das vor dem Gültigkeitsende des bestehenden Aufenthaltstitels liegt. Maßgeblich für die Beurteilung nach § 64 Abs. 2 NAG iVm § 8 Z 8 lit. b NAG-DV ist das abgeschlossene und nicht das aktuell laufende Studienjahr (vgl. VwGH 24.6.2010, 2010/21/0125). Anders stellt sich die Sach- und Rechtslage dar, wenn aufgrund der Dauer des Verlängerungsverfahrens bereits ein weiteres Studienjahr verstrichen ist. In einem solchen Fall kann es zum einen der Behörde nicht verwehrt werden, im Sinn eines aktualitätsbezogenen Studienerfolges zwecks Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung einen Erfolgsnachweis für das zuletzt abgelaufene Studienjahr zu fordern. Zum anderen ist es aber auch dem Fremden möglich, die Verlängerungsvoraussetzung - die Gültigkeit des verlängerten Titels beginnt in einem solchen Fall gemäß § 20 Abs. 2 erster Satz letzter Fall NAG mit der Bescheiderlassung - dadurch nachzuweisen, dass er einen Erfolgsnachweis für das jüngst abgelaufene Studienjahr erbringt. Dann führt eine Erfolglosigkeit des bei Einbringung des Verlängerungsantrags relevanten Studienjahres nicht (mehr) zur Versagung des Aufenthaltstitels, muss der Fremde doch auch sonst bloß den Erfolg im vorangegangenen Studienjahr und nicht in früheren Studienjahren oder der gesamten bisherigen Studienlaufbahn vorweisen (vgl. VwGH 19.4.2016, Ro 2015/22/0004; 21.1.2016, Ra 2015/22/0094; 5.5.2015, Ra 2014/22/0157).

Das Studienjahr beginnt nach der Bestimmung des § 52 UG am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres. Für eine Ausweitung über den genannten Zeitraum hinaus besteht somit kein Raum (vgl. z.B. VwGH 19.2.2014, 2013/22/0177).

IV.3.2.

Das zuletzt abgelaufene (vorausgegangene) Studienjahr ist das Studienjahr vom 1. Oktober 2018 bis zum 30. September 2019. Maßgeblich ist daher der nachgewiesene Studienerfolg im Wintersemester 2018/19 und im Sommersemester 2019.

Die Beschwerdeführerin war im zuletzt abgelaufenen vorangegangenen Studienjahr 2018/19 sowohl im Wintersemester als auch im Sommersemester beurlaubt und hat somit im maßgeblichen Studienjahr keinen ausreichenden Studienerfolg erbracht.

Eine Beurlaubung gemäß § 67 Abs. 1 Z 2 und 4 UG kann zwar wegen Erkrankung, die nachweislich am Studienfortschritt hindert, oder bestimmten Betreuungspflichten erfolgen. Im Unterschied zu § 67 Abs. 1 UG verlangt § 64 Abs. 2 NAG das Vorliegen von Gründen, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen,  unabwendbar oder unvorhersehbar sind, damit trotz Fehlens des Studienerfolges oder Ausbildungsfortschrittes eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden kann. Die Prüfung der universitätsrechtlichen Voraussetzungen für die Beurlaubung und die des Studienerfolgsnachweises nach dem NAG stellen voneinander zu unterscheidende Beurteilungen dar (vgl. zum Studienerfolg beim Vorstudienlehrgang etwa VwGH 29.7.2019, Ra 2017/22/0087).

IV.3.3.

Für die Frage, ob die Aufenthaltsbewilligung trotz Fehlens des Studienerfolges verlängert werden kann, ist zu überprüfen, ob im Beschwerdefall die Voraussetzungen des § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG gegeben sind, also für das Fehlen des Studienerfolges im maßgeblichen Studienjahr Gründe vorlagen, die der Einflusssphäre der Beschwerdeführerin entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar waren.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht sind im Vergleich zur Entscheidung der belangten Behörde zwei weitere Studienjahre vergangen, sodass nunmehr das Studienjahr 2018/19 maßgeblich ist. Die Beschwerdeführerin erhielt angesichts des fehlenden Studienerfolges im Studienjahr 2016/17 zunächst die Möglichkeit, den erforderlichen Studienerfolg im Studienjahr 2017/18 und - aufgrund des Ablaufs eines weiteren Studienjahres im Laufe des Verfahrens - im nunmehr maßgeblichen Studienjahr 2018/19 nachzuweisen. In diesem Studienjahr war die Beschwerdeführerin jedoch beurlaubt und erbrachte keinen Studienerfolg.

Es liegt gegenständlich in insgesamt drei Studienjahren (Studienjahr 2016/17, 2017/18 und 2018/19) kein ausreichender Studienerfolg vor, sieht man davon ab, dass auch der Vorstudienlehrgang nicht nach vier Semestern im Studienjahr 2015/16, sondern erst im 5. Semester (im Wintersemester 2016/17) beendet wurde, wofür der Beschwerdeführerin jedoch eine weitere Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde.

In Bezug auf die Vorlage des ärztlichen Attests vom 29.5.2019 betreffend die Pflege ihrer Mutter durch die Beschwerdeführerin, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach psychische Belastungen aufgrund von familiären Problemen bzw. daraus resultierende Konzentrationsschwierigkeiten nicht unter den Tatbestand des § 64 Abs. 2 NAG fallen (vgl. z.B. VwGH 6.7.2010, 2010/22/0090; 25.2.2010, 2008/18/0436; VwGH 18.3.2010, 2009/22/0129). Daran kann auch eine universitätsrechtliche Beurlaubung aus familiären Gründen nichts ändern (vgl. VwGH 3.11.2010, 2007/18/0608).

Aufgrund der unter Punkt IV.2 getroffenen Feststellungen konnte keine krankheitsbedingte Studienverhinderung für das zuletzt abgelaufene Studienjahr 2018/19 nachvollzogen werden.

Die Voraussetzungen des § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG liegen somit nicht vor.

Im Übrigen kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beim Fehlen eines ausreichenden Studienerfolges wegen einer behaupteten Krankheit in zwei Studienjahren von einem bloß vorübergehenden Hindernis iSd § 64 Abs. 2 NAG nicht die Rede sein. Ein "unabwendbarer oder unvorhersehbarer" Hinderungsgrund darf nicht dauerhaft sein (vgl. etwa VwGH 31.7.2019, Ra 2019/22/0145; 28.5.2019, Ra 2019/22/0069; 3.10.2013, 2012/22/0048; 13.10.2011, 2009/22/0305).

IV.3.4.

Da im Beschwerdefall folglich eine besondere Erteilungsvoraussetzung (Studienerfolgsnachweis) fehlt, war die Beschwerde abzuweisen. Mangels Vorliegens einer besonderen Erteilungsvoraussetzung für die begehrte Aufenthaltsbewilligung konnte weiters die Überprüfung des Vorliegens der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen sowie eine Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG entfallen (vgl. etwa VwGH 6.8.2009, 2009/22/0195).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. zum Fehlen des Studienerfolgs VwGH 3.11.2010, 2007/18/0608; 25.02.2010, 2008/18/0436; 18.3.2010, 2009/22/0129; 31.7.2019, Ra 2019/22/0145; 28.5.2019, Ra 2019/22/0069; 3.10.2013, 2012/22/0048; 13.10.2011, 2009/22/0305). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Verlängerungsantrag; Besondere Erteilungsvoraussetzungen; Studienerfolgsnachweis; maßgebliches Studienjahr; Beurlaubung; unabwendbarer Grund; unvorhersehbarer Grund

Anmerkung

VwGH v. 03.06.2020, Ra 2020/22/0047; Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.151.085.6229.2018

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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