TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/9 W111 2220957-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.04.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

09.04.2020

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §92 Abs1
FPG §92 Abs1a
FPG §94 Abs5
PassG §14 Abs1 Z5

Spruch

W111 2220957-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. DAJANI, LL.M., als Einzelrichterüber die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.06.2019, Zl. 733692309-190456197, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird gemäß den §§ 94 Abs. 5 iVm 92 Abs. 1 und 1a

FPG 2005 idgF iVm § 14 Abs. 1 Z 5 PassG 1992 stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Dem Beschwerdeführer, einem damals minderjährigen Staatsangehörigen der Russischen Föderation, wurde im Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 29.06.2004, Zahl 250.436/0-XII/37/04, im Wege der Asylerstreckung gemäß § 11 AsylG 1997 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Dem Beschwerdeführer wurde zuletzt ein Konventionsreisepass mit einer Gültigkeitsdauer von XXXX ausgestellt.

2. Mit rechtskräftigem Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wurde der damals minderjährige Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Gutheißung terroristischer Straftaten nach § 282a Abs. 2 StGB verurteilt, wobei es zu einem Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe und der Festlegung einer dreijährigen Probezeit kam.

3. Am 05.05.2019 stellte der zwischenzeitig volljährige Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Antrag auf neuerliche Ausstellung eines Konventionsreisedokumentes.

Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.05.2019 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs von der beabsichtigten Abweisung seines Antrages auf Ausstellung eines Konventionsreisedokumentes in Kenntnis gesetzt. Hierzu wurde auf die aktenkundige Verurteilung des Beschwerdeführers wegen der Gutheißung terroristischer Straftaten sowie das hohe öffentliche Interesse an der Unterbindung solcher Delikte verwiesen. Dem Beschwerdeführer wurde die Gelegenheit eingeräumt, zu diesem Beweisergebnis binnen zweiwöchiger Frist schriftlich Stellung zu beziehen.

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19.06.2019 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß §§ 94 Abs. 5 iVm 92 Abs. 1 und 1a FPG 2005 idgF abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer den Versagungsgrund des §§ 94 Abs. 5 iVm 92 Abs. 1a iVm 14 Abs. 1 Z 5 FPG erfüllt hätte. Dieser sei mit Urteil vom XXXX rechtskräftig wegen der Gutheißung terroristischer Straftaten verurteilt worden, sodass für die Behörde Grund zur Annahme bestehe, der Beschwerdeführer würde durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden. Die Versagung eines Konventionsreisepasses stelle eine vorbeugende Sicherungsmaßnahme zur Abwendung künftiger Straftaten dar. Der Beschwerdeführer habe eine terroristische Vereinigung, deren Ziel die Begehung terroristischer Straftaten sei, gutgeheißen, sodass begründet die Gefahr bestehe, dass dieser den Konventionsreisepass dazu benutzen werde, um gegen einschlägige Bestimmungen des Strafgesetzbuches zu verstoßen. Auch wenn das vom Beschwerdeführer gesetzte Fehlverhalten bereits drei Jahre zurückliegen würde, könne eine Zukunftsprognose keinesfalls zu dessen Gunsten ausfallen.

5. Mit Eingabe vom 08.07.2019 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde, in welcher begründend ausgeführt wurde, es sei richtig, dass der Beschwerdeführer die angeführte Verurteilung aufweise. Zum Ausmaß seiner diesbezüglichen Schuld sei jedoch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer zum damaligen Zeitpunkt knapp 15 Jahre alt gewesen wäre und sein strafrechtliches Verhalten ausschließlich in einer Äußerung im Rahmen einer WhatsApp-Chatgruppe bestanden hätte. Diese sei zweifellos eine Dummheit seinerseits gewesen, der Beschwerdeführer sei jedoch nicht besonders religiös und verurteile den vom IS ausgeübten Terror zutiefst. Das im Bescheid weiters angeführte Strafverfahren gegen ihn habe bereits im Jahr 2018 mit einem rechtskräftigen Freispruch geendet, bezüglich einer überdies angeführten Anzeige sei es zu keinem Verfahren gekommen. Der Beschwerdeführer führe hier ein redliches Leben, absolviere gegenwärtig eine Facharbeiterausbildung und verbringe seine Freizeit mit Familie und Freunden. Der Beschwerdeführer sei ein gut integrierter junger Mann und sympathisiere keinesfalls mit radikalislamischen Ansichten.

Beiliegend übermittelt wurde ein Zwischenbericht des Bewährungshelfers des Beschwerdeführers vom 04.07.2019.

6. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 09.07.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

7. Mit Eingabe vom 08.10.2019 übermittelte der Bewährungshelfer des Beschwerdeführers den am 20.09.2019 verfassten Abschlussbericht, welchem sich entnehmen lässt, dass der Beschwerdeführer mittlerweile in einer eigenen Wohnung lebe und seit einigen Monaten eine Lehrausbildung zum Metallbautechniker absolviere. Parallel dazu arbeite der Beschwerdeführer am Wochenende im geringfügigen Ausmaß und habe den Führerschein erworben. Im Rahmen der Bewährungshilfe hätten sich zu keinem Zeitpunkt Tendenzen einer Radikalisierung gezeigt. Der Beschwerdeführer sei vielmehr sowohl politisch als auch bezüglich Religion ausgesprochen desinteressiert. Der Beschwerdeführer habe während der Betreuung bewiesen, dass er, altersentsprechend, ausgesprochen vernünftig und verantwortungsvoll agiere.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen in Österreich seit dem Jahr 2004 asylberechtigten volljährigen Staatsangehörigen der Russischen Föderation.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , Zahl XXXX , war der damals sechzehnjährige Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Gutheißung terroristischer Straftaten nach § 282a Abs. 2 StGB schuldig gesprochen worden, wobei der Schuldspruch gemäß § 13 JGG unter Vorbehalt der Strafe und Festlegung einer Probezeit von drei Jahren erfolgte.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer die Terroranschläge vom 13.11.2015 in Paris und somit terroristische Straftaten in einer Art gutgeheißen hat, die geeignet ist, die Gefahr der Begehung einer oder mehrerer solcher Straftaten herbeizuführen, indem er bezugnehmend auf die genannten Terroranschläge im November 2015 im Rahmen eines WhatsApp-Chats mit zumindest 18 weiteren Teilnehmern "Allahu akbar" ("Gott ist am Größten") postete.

Die im angeführten Urteil festgelegte Probezeit ist mittlerweile verstrichen. Einem Abschlussbericht des Bewährungshelfers des Beschwerdeführers vom 20.09.2019 lässt sich entnehmen, dass sich im Zuge der im Rahmen der Bewährungshilfe geführten Gespräche keine Tendenzen einer Radikalisierung des Beschwerdeführers gezeigt hätten.

In einem am 28.02.2020 eingeholten Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich scheint keine strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers auf.

Der Beschwerdeführer absolviert gegenwärtig eine Lehre als Metallbautechniker im Bundesgebiet und geht zusätzlich einer geringfügigen Beschäftigung nach.

Es liegen zum Entscheidungszeitpunkt keine hinreichenden Tatsachen zur Begründung der Annahme vor, der Beschwerdeführer könnte im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum bisherigen Verfahrensgang ergeben sich aus dem unbedenklichen Verwaltungsakt, dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX, den Berichten des ehemaligen Bewährungshelfers des Beschwerdeführers vom 04.07.2019 und vom 20.09.2019 sowie den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz. Die Feststellungen zur Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergeben sich aus einem aktuell eingeholten Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich. Der Status des Beschwerdeführers als in Österreich asylberechtigter russischer Staatsbürger ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister. Seine Identität steht aufgrund der früher ausgestellten Konventionsreisedokumente fest.

Die Feststellung, dass zum Entscheidungszeitpunkt keine hinreichenden Gründe für die Annahme bestehen, der Beschwerdeführer könnte - insbesondere als Mitglied einer kriminellen Organisation oder kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Sinne der §§ 278 bis 278b StGB - durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden, ergibt sich einerseits aus dem Inhalt des Urteils vom XXXX , welchem sich entnehmen lässt, dass das dem Beschwerdeführer angelastete Fehlverhalten als vergleichsweise gering zu qualifizieren ist. Wenn auch das hohe öffentliche Interesse an der Unterbindung von Straftaten im terroristischen Bereich keineswegs verkannt wird, ist im Falle des Beschwerdeführers festzuhalten, dass sich dessen Fehlverhalten auf eine einmalige Äußerung in einem WhatsApp-Chat im Alter von 15 Jahren bezüglich der Gutheißung eines erfolgten terroristischen Anschlages beschränkt hat. Eine Verurteilung seiner Person wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung oder kriminellen Organisation ist nicht erfolgt. Da die in der angeführten Verurteilung festgelegte Probezeit mittlerweile abgelaufen ist, im Strafregister keine seither erfolgten weiteren Verurteilungen aufscheinen und sich aus den Berichten des Bewährungshelfers des Beschwerdeführers, welcher diesen über einen längerfristigen Zeitraum begleitet hat, ein grundsätzlich positives Bild seiner seitherigen Entwicklung ergibt, kann eine aktuelle Prognose, ein Aufenthalt des Beschwerdeführers werde eine Gefährdung für die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich bedeuten, nicht getroffen werden. Der Bewährungshelfer führte aus, dass in den zahlreichen mit dem Beschwerdeführer geführten Gesprächen keine Tendenzen einer Radikalisierung seiner Person hätten erkannt werden können und dieser sich um eine berufliche Integration bemüht zeige.

Die rund dreieinhalb Jahre zurückliegende und im Alter von 15 Jahren erfolgte Gutheißung eines Terroranschlages innerhalb einer WhatsApp-Chatgruppe begründet für sich genommen - in Zusammenschau mit dem seitherigen Wohlverhalten des Beschwerdeführers - demnach keinen begründeten Anhaltspunkt für die Annahme, der Beschwerdeführer werde, insbesondere als Mitglied einer kriminellen Organisation oder kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Sinne der §§ 278 bis 278b StGB, durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden.

Dass auch das befasste Strafgericht sowie das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl keine maßgebliche vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen haben, ergibt sich daraus, dass der Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe erfolgt ist und gegen den Beschwerdeführer kein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten eingeleitet worden ist.

Die Feststellungen zu den aktuellen Lebensumständen des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus den Ausführungen in der Beschwerdeschrift sowie den Berichten seines ehemaligen Bewährungshelfers.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Da sich die gegenständliche zulässige und rechtzeitige Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG zur Entscheidung zuständig.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Das Verwaltungsgericht hat, wenn es "in der Sache selbst" entscheidet, nicht nur über die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde zu entscheiden, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde entschieden wurde. Dabei hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung in der Regel an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten (VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076; 18.2.2015, Ra 2015/04/0007; 25.7.2019, Ra 2018/22/0270).

Zu Spruchteil A) Stattgabe der Beschwerde:

3.2. Die relevanten Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 lauten:

"§ 94. (1) Konventionsreisepässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen.

(2) Konventionsreisepässe können darüber hinaus Fremden, denen in einem anderen Staat der Status des Asylberechtigten gewährt wurde, auf Antrag ausgestellt werden, wenn sie kein gültiges Reisedokument besitzen und ohne Umgehung der Grenzübertrittskontrolle eingereist sind.

(3) Das Bundesamt hat bei Ausübung des ihm in Abs. 2 eingeräumten Ermessens einerseits auf die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers, andererseits auf sicherheitspolizeiliche Belange sowie auf eine mögliche Beeinträchtigung der Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat Bedacht zu nehmen.

(4) Konventionsreisepässe werden nach dem Muster des Annexes zur Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ausgestellt.

(5) §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle eines Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt.

§ 92. (1) Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

1. der Fremde das Dokument benützen will, um sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung im Inland eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu entziehen;

2. der Fremde das Dokument benützen will, um Zollvorschriften zu übertreten;

3. der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen;

4. der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken;

5. durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.

(1a) Die Versagungsgründe des § 14 Abs. 1 Z 3 lit d, e und Z 5 Passgesetz 1992 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle des Reisepasses der Fremdenpass tritt.

(2) [...]

(3) Liegen den Tatsachen die in Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs. 1a angeführt werden, gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde, ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben. Im Übrigen gilt § 14 Passgesetz 1992."

Die Bestimmungen der §§ 92 Abs. 1 Z 3 und Z 5 sowie 94 Abs. 1 und Abs. 5 FrPolG 2005 sind vor dem Hintergrund der entsprechenden gemeinschaftsrechtlichen Regelung, nämlich Art. 25 Abs. 1 der "Statusrichtlinie" (RL 2004/83/EG) auszulegen. Danach ist einem anerkannten Flüchtling ein Reisepapier auszustellen, es sei denn, es stünden zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegen (vgl. idS auch Art. 28 Z 1 der Genfer Flüchtlingskonvention) (VwGH 20.12.2013, 2013/21/0055; 5.5.2015, Ro 2014/22/0031).

In den relevanten Materialien zu § 92 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 wird ausgeführt:

"Mit Abs. 3 wird die Beweisregel des § 14 Abs. 3 Passgesetz 1992 auch für die besonderen Versagungsgründe für Fremdenpässe übernommen; darüber hinaus sollen die Regelungen des § 14 Passgesetz 1992 generell für die Versagung des Fremdenpasses gelten." (ErläutRV 582 BlgNR 25. GP 25).

Der mit "Paßversagung" betitelte § 14 des Passgesetzes 1992 idgF lautet in seinen gegenständlich relevanten Teilen:

"(1) Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Reisepasses sind zu versagen, wenn

[...]

3. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Paßwerber den Reisepaß benützen will, um

[...]

d) illegalen Handel mit Waffen, Kriegsmaterial, radioaktiven Stoffen oder mit Gegenständen zu betreiben, die der Sicherheitskontrolle nach dem Sicherheitskontrollgesetz 1991, BGBl. Nr. 415/1992, unterliegen,

e) Personen der gewerbsmäßigen Unzucht in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, zuzuführen oder sie hiefür anzuwerben, oder

[...]

5. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Passwerber könnte als Mitglied einer kriminellen Organisation oder kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Sinne der §§ 278 bis 278b StGB durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden.

(2) [...]

(3) Liegen den in Abs. 1 Z 3 lit. b bis f und Z 4 und 5 angeführten Tatsachen gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde, ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach den §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben.

(4) [...]"

In den relevanten Materialien zu § 14 Abs 3 Passgesetz 1992 wird ausgeführt:

"Die Behörden stehen bei Erwägungen, ob ein Versagungsgrund vorliegt, immer wieder vor dem Problem, kaum Anhaltspunkte dafür zu haben, wie lange nach einer Tat, die als Tatsache im Sinne der vorstehenden Regelungen als Versagungsgrund zu werten ist, diese weiterhin der Ausstellung eines Reisepasses entgegensteht. Der Textvorschlag versucht nun hier eine bestimmte Untergrenze vorzugeben und orientiert sich dabei an der höchstgerichtlichen Judikatur." (ErläutRV 1229 BlgNR 22. GP 8 f).

Aus den zitierten Materialien folgt, dass die Beweisregeln des § 14 Abs. 3 Passgesetz 1992 und des § 92 Abs. 3 FPG 2005 eine Tat, dh eine gerichtlich strafbare Handlung, voraussetzen, die als Versagungsgrund iSd § 14 Abs. 1 Z 3 lit b bis f und Z 4 und 5 Passgesetz 1992 bzw. § 92 Abs. 2 Z 1 bis 4 und Abs 1a FPG 2005 zu werten ist. Ist die Annahme einer der genannten Versagungsgründe auf Grund einer gerichtlich strafbaren Handlung gerechtfertigt, ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach den §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben.

Gemäß § 13 Abs. 1 JGG ist der Ausspruch der wegen einer Jugendstraftat zu verhängenden Strafe für eine Probezeit von einem bis zu drei Jahren vorzubehalten, wenn anzunehmen ist, dass der Schuldspruch und die Androhung des Strafausspruchs allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen genügen werden, um den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Die Probezeit beginnt mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils.

3.3. Angewendet auf den Sachverhalt bedeutet dies:

Dem Beschwerdeführer kommt infolge des Bescheides des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 29.06.2004 der Status eines Asylberechtigten zu, sodass ihm gemäß § 94 Abs. 1 FPG 2005 grundsätzlich auf Antrag ein Konventionsreisepass auszustellen ist. Gemäß dem vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Anwendung gebrachten § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 5 FPG 2005 ist die Ausstellung eines Konventionsreisepasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde. Gemäß dem überdies angeführten Versagungsgrund des § 94 Abs. 5 FPG iVm § 92 Abs. 1a FPG 2005 iVm § 14 Avs 1 Z 5 PassG 1992 ist die Ausstellung zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Passwerber könnte als Mitglied einer kriminellen Organisation oder kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Sinne der §§ 278 bis 278b StGB durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden.

Die belangte Behörde geht in der Begründung des bekämpften Bescheids von einem Versagungsgrund aus, weil auf Grund der festgestellten gerichtlich strafbaren Handlung des Beschwerdeführers die Annahme begründet sei, dass ein Aufenthalt seiner Person im Ausland eine Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit der Republik Österreich darstellen würde.

Wie beweiswürdigend dargelegt, lässt sich angesichts des konkreten, der Verurteilung vom XXXX zugrundeliegenden, Fehlverhaltens in Zusammenschau mit dem jugendlichen Lebensalter des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Tatbegehung, dem erfolgten Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe, dem Verlauf der Bewährungshilfe sowie den sonstigen seitherigen Lebensumständen des Beschwerdeführers - seinem Wohlverhalten und den Bemühungen um eine berufliche Integration - nach Ablauf der Probezeit aktuell kein Sachverhalt erkennen, welcher die Prognose rechtfertigt, durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Ausland würde die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet (§ 92 Abs. 1 Z 5 FPG) respektive dieser könnte als Mitglied einer kriminellen Organisation oder kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Sinne der §§ 278 bis 278b StGB durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden (§ 14 Abs. 1 Z 5 PassG 1992).

Zwar wird die hohe Gefährlichkeit von Straftaten im terroristischen Bereich und das hohe öffentliche Interesse an der Verhinderung solcher Delikte keineswegs verkannt, im Falle des Beschwerdeführers war jedoch zu berücksichtigten, dass dessen Fehlverhalten in einer (einmaligen) Äußerung in einem Chat im Alter von 15 Jahren bestanden hat, wonach er zu verstehen gegeben hatte, die Terroranschläge in Paris im November 2015 gutzuheißen. Es wird nicht bestritten, dass derartige Äußerungen grundsätzlich auf eine von der betreffenden Person ausgehende Gefährdung respektive Radikalisierung hindeuten; der mittlerweile volljährige Beschwerdeführer hat sich seit der knapp dreieinhalb Jahre zurückliegenden Tat jedoch keine weiteren strafbaren Handlungen zu Schulden kommen lassen. Die im Urteil festgelegte Probezeit ist mittlerweile verstrichen, der Beschwerdeführer gilt laut aktueller Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich als unbescholten. Durch den erfolgten Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe wird ersichtlich, dass das befasste Strafgericht bereits im Jahr 2016 die bloße Androhung des Strafausspruchs sowie die Anordnung von Bewährungshilfe als ausreichend erachtet hat, um den Beschwerdeführer von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Das Bundesamt hat im angefochtenen Bescheid nicht begründet, weshalb es dessen ungeachtet noch knapp drei Jahre später davon ausging, ein Aufenthalt des Beschwerdeführers im Ausland würde eine Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit der Republik Österreichs begründen. Durch seinen ehemaligen Bewährungshelfer wurde ausgeführt, dass im Zuge der zahlreich mit dem Beschwerdeführer geführten Gespräche keine Tendenzen einer Radikalisierung ersichtlich geworden seien. Der Bewährungshelfer beschrieb im Abschluss-Bericht aus September 2019 eine positive Entwicklung des Beschwerdeführers, welcher gegenwärtig eine Lehre absolviere und nebenher einer geringfügigen Erwerbstätigkeit nachgehe.

3.4. Insofern können gegenwärtig keine hinreichenden Tatsachen erkannt werden, welche die Annahme rechtfertigen, dass ein Aufenthalt des Beschwerdeführers im Ausland eine Gefährdung für die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich begründen würde.

Da auch kein Hinweis auf das Vorliegen eines anderen Versagungsgrundes besteht, war spruchgemäß zu entscheiden und der Bescheid ersatzlos zu beheben.

Die belangte Behörde wird dem Beschwerdeführer mit Rechtskraft der Entscheidung einen Konventionspass auszustellen haben.

Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

3.5. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Für die vorliegende Entscheidung letztlich ausschlaggebend war eine individuelle Prognosebeurteilung.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Konventionsreisepass, Voraussetzungen,
Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W111.2220957.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten