TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/19 96/07/0210

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Veröffentlicht am 19.03.1998
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AVG §41;
AWG 1990 §29 Abs1;
AWG 1990 §29 Abs2;
AWG 1990 §29 Abs4;
AWG 1990 §29 Abs5 Z6;
B-VG Art10 Abs1 Z12;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §31b Abs3;
WRG 1959 §31b;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde

1. des HF, 2. der EF, 3. des FK, sämtliche in R, vertreten durch Dr. Wolfgang Winkler, Rechtsanwalt in Wien I, Stadiongasse 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 12. September 1996, Zl. 510.068/1-I 5/95, betreffend Genehmigung nach § 29 AWG (mitbeteiligte Parteien: 1. Industrieservice Ranshofen Gesellschaft mbH, 5282 Ranshofen, 2. ASA Austria Sekundär-Aluminium Gesellschaft mbH, 5282 Ranshofen), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 13.040.- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 5. Dezember 1989 wurde der AMAG-Metallgesellschaft mbH (AMG) und der Austria Sekundär Aluminium-GesmbH (ASA) als Konsenswerber die wasserrechtliche Bewilligung zu den in den Projektsunterlagen "Werksdeponie Klostermühle-Projekt 1989" und "Ableitungskanal Projekt August 1989" sowie zu den in den Projektsänderungen - Trassenänderungen des Ableitungskanales in den Bereichen "Mattig-Hochwasserdamm" und "Höft" - dargestellten Maßnahmen (Umschließung der Deponie, Absenken des Grundwasserspiegels, Ableitung der Pump- und Sickerwässer über die Kläranlage der Stadtgemeinde Braunau in den Inn, Nutzung des freien Deponievolumens von ca. 60.000 m3 unter Mitbenützung der Kläranlage der Stadtgemeinde Braunau) sowie zur Errichtung und zum Betrieb der dazu dienenden Anlagen unter Nebenbestimmungen erteilt. Dieser Bewilligung lag die Projektsbeschreibung mit dem wesentlichen Inhalt zugrunde, daß auf den Grundstücken Nr. 1853/7 und Nr. 1853/8, beide KG Ranshofen, eine konsenslose Deponie für Rückstände aus den Aufbereitungsprozessen des Werkes betrieben würde und der Deponiestandort sich in einem Augebiet in der Nähe der Ortschaft Blankenbach, westlich von Ranshofen, im Gemeindegebiet von Braunau am Inn, politischer Bezirk Braunau am Inn, befinde. Weiters wird dort ausgeführt:

"Anstelle einer befristeten Ableitung der vorgereinigten Deponiesickerwässer über die Kanalisation von Braunau ist beabsichtigt, bereits mit Inbetriebnahme der Sickerwasserfassung und -vorreinigung eine Ableitung der Sickerwässer über einen eigenen Ableitungskanal zur Kläranlage der Stadt Braunau vorzusehen.

Der Antrag um Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung gliedert sich in:

-

Sanierung der Werksdeponie mit Umschließung, Abdeckung, Sickerwassererfassung, Sickerwasservorreinigung und Sickerwasserableitung von der Deponie ins Werk.

-

Restauffüllung der bestehenden Deponie.

-

Ableitung der vorgereinigten Sickerwässer vom Werk zur Kläranlage Braunau."

Für eine Deponieerweiterung wurde von der AMG und der ASA das Grundstück Nr. 1853/9, KG Ranshofen, von der Stadt Braunau erworben, welches jedenfalls bis November 1990 von der angrenzenden Hausmülldeponie der Stadt Braunau teilweise in Anspruch genommen worden war. Die Konsenswerber haben mit Eingabe vom November 1990 das Projekt "Werksdeponie Klostermühle-Erweiterung" bei der Umweltrechtsabteilung des Landes Oberösterreich eingereicht und um Bewilligung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz angesucht. In den mehrfach ergänzten Projektsunterlagen ist neben der Zusammenstellung der Abfallstoffe, deren chemischen Beschaffenheit, Eluierbarkeit und Konditionierung auch der Antrag für Grundwasserentnahme, Ableitung der Sickerwässer und Ableitung der Kontrollwässer enthalten. Für die Deponieerweiterung stehe ein Nutzvolumen von ca. 220.000 m3 zur Verfügung; dies entspräche einer Betriebsdauer von etwa 14 Jahren. Vorgesehen ist auf Grund der Projektsbeschreibung, die Deponie durch eine Basisabdichtung (Kunststoffolie) gegenüber dem Grundwasserkörper abzudichten und zusätzlich die neue Deponiefläche mit einer Schmal- bzw. Schlitzwand zu umschließen, sodaß eine zusätzliche Kontrollmöglichkeit gegeben ist. Die Deponiewässer sollen aus dem geplanten Sammelbecken zur bestehenden Sickerwasseraufbereitungsanlage gepumpt, dort gleich dem Sickerwasser aus der bestehenden Werksdeponie vorbehandelt und weiter in die Kläranlage Braunau abgeleitet werden. Das aus dem Inneren der Dichtwandumschließung der Deponieerweiterung geförderte "Kontrollwasser" soll in den Vorfluter (Entwässerungsgraben) abgeleitet werden. Sofern diese "Kontrollwässer" über einen gewissen Zeitraum noch Restverunreinigungen aus dem unmittelbar anschließenden Bereich der Hausmülldeponie der Stadt Braunau aufweisen, ist deren Ableitung zur Kläranlage der Stadt Braunau vorgesehen.

In der mündlichen Verhandlung vom 12. November 1992 wurde von den Antragstellern u.a. die Erklärung abgegeben, daß im Rahmen der AMAG-Gruppe gesellschaftsrechtliche Änderungen durchgeführt worden seien. Demnach wurde die Antragstellerin ASA (Austria Sekundär-Aluminium Gesellschaft mbH) in ihrem Bestand nicht geändert. Der Name der Antragstellerin AMAG Metall GmbH (AMG) wurde auf Aluminium Ranshofen Elektrolyse GmbH (AREL) umfirmiert. Die ISR (Industrieservice Ranshofen GmbH) wurde neu gegründet, von der AMG wesentliche Dienstbereiche übernommen. Die ISR ist nunmehr Betreiberin der Deponie.

Mit "Bekanntmachung" des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. Oktober 1991, angeschlagen an der Amtstafel der Stadtgemeinde Braunau am Inn vom 14. Oktober 1991 bis 22. November 1991, wurden die Nachbarn gemäß § 29 Abs. 4 AWG unter Hinweis auf die Eingabe der Projektswerber vom 29. November 1990 auf die "Möglichkeit" hingewiesen, "bis zum 21.11.1991 begründete schriftliche Einwendungen gegen die Genehmigung dieser Anlage bei der Abfallwirtschaftsbehörde" einbringen zu können. "Parteistellung in diesem Verfahren" hätten "Nachbarn, die Einwendungen innerhalb der 6-wöchigen Frist erhoben haben". Diese Bekanntmachung wurde auch in der Zeitung im Sinne des § 29 Abs. 4 AWG veröffentlicht.

Die mit Kundmachung vom 28. Oktober 1992 unter Hinweis auf die §§ 40 bis 44 AVG, nicht jedoch unter Hinweis auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 29 Abs. 4 AWG persönlich geladenen Beschwerdeführer erhoben in der mündlichen Verhandlung - die ersten beiden Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf ihr schriftliches Vorbringen vom 10. November 1992 - folgende Einwendungen:

Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin wiesen darauf hin, daß der gewählte Standort "für eine Mülldeponie nicht geeignet ist", "überwachungsbedürftiger Sondermüll (Kalkstaub, Krätze, Primärschlamm, Abschuttmaterial, Filterkuchen aus der Sickerwasserreinigung der Deponie)" gelagert werden soll, "die Sickerwasserreinigung (...) nicht" funktioniert, "bei Änderung der Eigentumsverhältnisse (...) der Verwendungszweck und die Haftbarkeit ungeklärt" sei, "Störfälle wie z.B. Gewässerverunreinigung, Brand, Explosion, Gasaustritt, Staubverwehungen und beim Transport (...) für die Anrainer unzumutbar" seien. Der Drittbeschwerdeführer bemängelte die "Geruchsbelästigung durch die Deponie".

Über die Anträge der AMAG Metallgesellschaft mbH und ASA Austria Sekundär Aluminium Gesellschaft mbH betreffend die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Ableitung der bei der geplanten Erweiterung der Werksdeponie Klostermühle künftig anfallenden Sickerwässer über die bereits mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 5. Dezember 1989 bewilligte Anlage unter Mitbenützung der Kläranlage der Stadtgemeinde Braunau am Inn, über die Neufestsetzung des mit dem zitierten Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft festgelegten Maßes der Wasserbenutzung und über die wasserrechtliche Bewilligung zur Einleitung von Grundwässern aus dem zu umspundenden Bereich der Deponieerweiterung in den parallel zum Inn verlaufenden Entwässerungsgraben erließ der Landeshauptmann von Oberösterreich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 7. und 13. Mai 1992, zu welcher die Beschwerdeführer persönlich nicht geladen worden waren, einen wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 18. November 1993 mit folgendem entscheidungswesentlichen Inhalt:

    "Der AREL ... wird unter Neufestsetzung des mit dem

Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft

vom 5.12.1989 ... eingeräumten Maßes der Wasserbenutzung die

wasserrechtliche Bewilligung zur Ableitung der bei der Altlast Klostermühle und der geplanten, daneben zu errichtenden Deponieerweiterung Klostermühle anfallenden Sickerwässer nach Vorreinigung in der mit demselben Bescheid bewilligten, betriebseigenen Vorreinigungsanlage unter nachfolgender Mitbenützung der Kläranlage der Stadtgemeinde Braunau in den Inn sowie die Einleitung der sogenannten Kontrollwässer aus dem umspundeten Bereich der geplanten Deponieerweiterung in das parallel zum Inn verlaufende Entlastungsgerinne nach Maßgabe der bei der mündlichen Verhandlung am 7. und 13.5.1992 vorgelegenen und mit dem Genehmigungsvermerk versehenen, einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Projektsunterlagen unter Festsetzung der nachstehenden Auflagen, Befristungen und Bedingungen erteilt.

...

I. Neufestsetzung des Maßes der Wasserbenutzung

...

C) Zweck: Ableitung der innerhalb der im Zuge der Altlastensanierung errichteten Umspundung der Deponie anfallenden, verunreinigten Wässer über die betriebseigene Vorreinigungsanlage unter Benützung der Kläranlage der Stadtgemeinde Braunau und in weiterer Folge in den Inn.

D) Dauer: Die Dauer der Einleitungen wird bis zum 31.12.1998 befristet, ...

E) Liegenschaft, mit der das Wasserbenutzungsrecht verbunden ist: 1853/7, 1853/8, je KG Ranshofen.

...

II. Wasserrechtliche Bewilligung zur Ableitung der beim Betrieb der geplanten Deponieerweiterung Klostermühle anfallenden Sickerwässer:

...

C) Zweck: Ableitung der Sickerwässer aus der geplanten Deponieerweiterung Klostermühle über die betriebseigene Vorreinigungsanlage in die Kläranlage der Stadtgemeinde Braunau am Inn und in weiterer Folge in den Inn.

D) Dauer: Die Ableitung wird bis zum 31. 12.1998 befristet.

E) Liegenschaft, mit der das Wasserbenutzungsrecht verbunden ist: Gst. Nr. 1853/9, KG Ranshofen.

...

III. Wasserrechtliche Bewilligung für die Ableitung der Kontrollwässer:

...

C) Zweck: Ableitung der innerhalb der im Zuge der Deponieerweiterung errichteten Umspundung anfallenden, nicht verunreinigten Wässern, in das parallel zum Inn verlaufende Entlastungsgerinne bzw. Ableitung der in der Deponieerweiterung anfallenden Sickerwässer über die Kläranlage der Stadtgemeinde Braunau am Inn in den Inn.

D) Dauer: Die Dauer der Einleitungen wird bis zum 31.12.1998 befristet.

E) Liegenschaft, mit der das Wasserbenutzungsrecht verbunden ist: Gst. Nr. 1853/9, KG Ranshofen.

..."

Dieser Bescheid wurde den Beschwerdeführern offensichtlich nicht zugestellt.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26. Jänner 1994 wurde der "ASA, Austria Sekundär Aluminium Gesellschaft mbH Ranshofen, einerseits und der ISR, Industrieservice Ranshofen GmbH Ranshofen, als Rechtsnachfolgerin der AMG, AMAG Metall GmbH, Ranshofen, für die Angelegenheiten der gegenständlichen Deponie andererseits" die

"abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung

für die Verwirklichung des Projektes "Werksdeponie Klostermühle-Erweiterung" auf dem Grundstück Nr. 1853/9, KG Ranshofen, nach Maßgabe der vorgelegenen, mit dem Genehmigungsvermerk versehenen und einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Projektsunterlagen der ..., Projekt Nr. Z 3060 aus dem Jahr 1990 samt den ergänzenden Unterlagen unter den in Abschnitt B (Nebenbestimmungen) enthaltenen Bedingungen, Befristungen und Auflagen erteilt".

Als Sicherstellung für die Einhaltung der festgesetzten Auflagen wurde den Bewilligungswerbern zur ungeteilten Hand aufgetragen, innerhalb von acht Wochen nach Rechtskraft des Bescheides eine Bankgarantie in der Höhe von S 6,000.000,-- der Behörde vorzulegen. Den Einwendungen der Beschwerdeführer wurde "keine Folge gegeben". In der Begründung wurde hiezu u.a. ausgeführt, auf dem nahe der Deponie befindlichen "AMAG-Gelände" seien aluminiumverarbeitende Betriebe tätig, die in mehrere juristische Personen aufgesplittert seien. Allen Betrieben sei gemeinsam, daß Abfälle anfielen, deren Entsorgung u. a. auch auf die Werksdeponie erfolge. Um die weitere Entsorgung der anfallenden Abfälle nach Nutzung des bestehenden Restvolumens sicherzustellen, sei der gegenständliche Antrag zur Erweiterung der Deponie eingebracht worden. Gleichzeitig sei auch ein damit im Zusammenhang stehendes wasserrechtliches Verfahren betreffend die anfallenden Sickerwässer beantragt worden. Aufgrund der anzuwendenden Bestimmungen, im wesentlichen aus dem Abfallwirtschaftsgesetz sowie aus dem Wasserrechtsgesetz 1959 sei für die beantragte Indirektableitung der Abwässer ein rein wasserrechtliches Verfahren durchzuführen, während für die Erweiterung der Deponie ein Verfahren nach § 29 AWG durchzuführen sei. Entsprechend dieser Rechtslage habe die Behörde in der Zwischenzeit eine Entscheidung hinsichtlich der Sickerwässer getroffen.

In den dagegen erhobenen Berufungen führten die erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien im wesentlichen aus, in der 2,6 ha großen Deponie werde die Lagerung von Sondermüll ohne Mengenauflagen und ohne Herkunftsauflagen erlaubt, obwohl die Anlage die an eine Sondermülldeponie gestellten Anforderungen nicht erfüllen könne. Das bewilligte Projekt stünde mit der "Bewilligung des § 31b WRG im Widerspruch". Der Standort sei geologisch, hydrologisch und wasserwirtschaftlich für eine derartige Genehmigung nicht geeignet. Die Deponieablagerungen könnten daher die Gesundheit und das Eigentum nachhaltig schädigen. Die Gewässerschutzmaßnahmen entsprächen nicht dem Stand der Technik. Das Ausmaß von 2,6 ha Deponiefläche sei keine Erweiterung, sondern eine Neuerrichtung einer Deponie. Die Bestimmungen des § 31b WRG seien jedenfalls einzuhalten. Die Störfallverordnung sehe eine Sicherheitsanalyse und einen Maßnahmenplan vor. Die Frage eines Dammbruchs sei nicht ausreichend berücksichtigt. Die vorgelegten Unterlagen entsprächen nicht der Störfallverordnung, obwohl die Deponie als anlagengefahrengeneigt bezeichnet werden könne. Das Projekt sei nicht ordnungsgemäß erstellt und aufgelegt worden. Dies betreffe die Abänderung der Beschreibung der Abfallstoffe sowie die Vorlage von Untersuchungsberichten. Bescheidauflagen seien zu allgemein gehalten und unbestimmt. Die Konditioniererfolge seien mäßig. Ein Abfallwirtschaftskonzept hinsichtlich der Abbruch- und Demolierungsarbeiten liege dem Vorhaben nicht zugrunde. Die festgesetzte Sicherstellung sei viel zu gering. Es werde eine Sicherstellung in der Höhe von S 50,000.000,-- beantragt. Der Drittbeschwerdeführer brachte in der Berufung vor, die Grundwasserabsenkung und die Sickerwasseraufbereitung sei aufgrund des Umstandes, daß die bereits bestehende Anlage nicht funktioniere, höchst fragwürdig. Die Sicherstellung sei im Hinblick auf drohende Überschwemmungen, Brand bzw. Dammbruch zu gering. Sollte es durch chemische Reaktionen oder Explosionen zu Geruchsbelästigungen bzw. Staubenwicklungen kommen, wäre er als landwirtschaftlicher Direktvermarkter in seiner Ausübung behindert.

Der von der belangten Behörde beigezogene wasserbautechnische Amtssachverständige führte zu diesen Berufungen im wesentlichen aus:

Zur Berufung des Drittbeschwerdeführers:

"Die Sickerwasseraufbereitungsanlage der bestehenden Deponie, die auch zur Aufbereitung der Sickerwässer aus der gegenständlichen Deponieerweiterung herangezogen wird, wurde aufgrund des hohen Realisierungsdrucks vorweg mit geschätzten Parametergrößen des Sickerwassers dimensioniert; die seinerzeit konsentierten Ablaufwerte konnten aufgrund hoher Zulaufkonzentrationen nicht erreicht werden, weshalb in einem gesonderten Verfahren seitens der erstinstanzlichen Behörde höhere Ablaufwerte genehmigt wurden, was aber die angesprochene Verzögerung der Betriebsaufnahme mit sich brachte. Damit ist aber auch sichergestellt, daß die Sickerwasserbereitungsanlage und die Grundwasserabsenkung betrieben werden können.

Sollten die Wasser- und Schmutzfrachten wider Erwarten größer sein, wäre im Zuge eines allfälligen weiteren Verfahrens erforderlichenfalls eine Anlagenerweiterung möglich; die entsprechenden Platzreserven sind jedenfalls vorhanden.

Grundwasserabsenkung und Sickerwasserbehandlung für das Erweiterungsprojekt sind demnach sichergestellt. Die Sickerwasseraufbereitung selbst ist allerdings nicht Gegenstand des gegenständlichen Verfahrens.

Die mit dem angefochtenen Bescheid auferlegte Sicherstellung in der Größenordnung von S 6,000.000,-- ist zur Erfüllung der Auflagen oder zur ordnungsgemäßen Erhaltung der Deponie zweckgebunden. Für Wiederinstandsetzungen nach Katastrophen (beispielsweise Dammbruch des Innkraftwerkes, Hochwasserereignisse etc.) ist eine Sicherstellung nach den Bestimmungen des WRG nicht erforderlich.

Die befürchtete Vorgangsweise der Projektswerber, Problemabfälle undeklariert oder falsch deklariert abzulagern, würde eindeutig den Bescheidbedingungen widersprechen. Außerdem kann nicht von vornherein von einer Nichteinhaltung der Bescheidauflagen ausgegangen werden. Abfallart und -menge sowie deren Herkunft sind im Bescheid genau festgeschrieben.

Hinsichtlich der Befürchtungen, Geruchs- und Staubentwicklungen könnten die Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte beeinträchtigen, wird auf die Gutachten des Amtssachverständigen für Luftreinhaltung, sowie für Maschinen, Technik und Hygiene verwiesen; danach ist bei ordnungsgemäßem Deponiebetrieb mit nachhaltigen Beeinträchtigungen des Wohlbefindens und der Gesundheit von Menschen nicht zu rechnen.

Zur Staubbekämpfung wird darauf hingewiesen, daß nach dem Projekt nur eine kleine Fläche (3.000 m2) zur Schüttung offen sein darf und diese im Schutze eines Randdammes zu erfolgen hat. Sollte fallweise dennoch eine erhebliche Staubentwicklung auftreten, ist die Konsenswerberin nach dem vorliegenden Projekt gehalten, diese mit Wasser aus der Umschließung niederzuschlagen."

Zur Berufung der erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien:

"In der Stellungnahme der Bewilligungswerber vom Jänner 1993, die aufgrund der vorgenommenen Klausulierungen der erstinstanzlichen Behörde als Projektsbestandteil anzusehen ist, werden sowohl die Abfallmengen als auch deren Herkunft genau dargestellt. Durch bescheidmäßige Errichtung und Betrieb der Anlagen, insbesondere hinsichtlich Abfallart und Abfallmenge (Eluatklasse IIIb), kann davon ausgegangen werden, daß eine Beeinträchtigung von Grund- und Oberflächenwasser durch das gegenständliche Vorhaben nicht eintritt. Die erforderlichen technischen Anforderungen an die gegenständliche Deponie nach dem Stand der Technik werden jedenfalls erfüllt durch Kombinationsdichtung, zusätzlich dazu durch Umschließung und Wasserhaltung, ordnungsgemäße Betriebsführung, Abdeckung, Sickerwasserreinigung etc.

Hinsichtlich der Standorteignung des örtlichen Bereiches liegen keine Ausschlußkriterien gemäß der Richtlinie des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft und des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie "Richtlinie für die Ablagerung von Abfällen 1990" vor. Eine Beeinträchtigung von Gesundheit und Eigentum von Menschen ist aufgrund der eingeholten Sachverständigengutachten auszuschließen.

Durch die genannten Gewässerschutzmaßnahmen wird beim gegenständlichen Vorhaben jedenfalls der Stand der Technik erreicht.

Die Berufungswerber führen die Gefahr des Dammbruches beim benachbarten Innkraftwerk B.-S. als außerbetriebliche Gefahrenquelle im Sinne der Störfallverordnung an. Hiezu ist vorweg festzustellen, daß ein Dammbruch grundsätzlich einen Störfall des Kraftwerkes darstellt. Diese Problemstellung ist daher dem Kraftwerk zuzurechnen und nicht dem gegenständlichen Vorhaben. Darauf war auch bei der Standortbeurteilung im Sinne der oben angeführten Richtlinien nicht Bedacht zu nehmen, da laut technischem Bericht des gegenständlichen Projektes vom November 1990 die Dammhöhe des Rückstaudammes auf die Höchstwassermenge von HHQ = 6.200 m2/s bemessen wurde und der Damm eine wasserseitige Betondichtung besitzt (kein Ausschlußkriterium).

Die weiteren, in der Störfallverordnung genannten außerbetrieblichen Gefahrenquellen, wie insbesondere Erdbeben und Hochwasser, wurden im Schreiben des Projektanten vom 9.12.1991 an die erstinstanzliche Behörde abgehandelt und behördlicherseits als nicht relevant beurteilt. Desgleichen sind Brände und Explosionen der anorganischen Abfälle aufgrund der geringen Gasproduktion nicht zu erwarten.

Laut Stellungnahme der Konsenswerber vom Jänner 1993, welche ebenfalls aufgrund der seitens der erstinstanzlichen Behörde vorgenommenen Klausulierung als Bestandteil der Projektsunterlagen anzusehen ist, wird das sogenannte "Konditionat neu" nicht zur Ablagerung gebracht, weil für den Ofenausbruch eine Verwertungsmöglichkeit gefunden wurde. Es fällt daher kein Laugungsrückstand mehr an, der konditioniert werden müßte.

Beim sogenannten "Industriemüll alt" > 3,0 cm, handelt es sich laut Schreiben der AMAG vom 4.11.1992 (Anlage 1 zur Verhandlungsschrift vom 12.1.1992) um Abbruchmaterial (Ziegel, Mauerreste), von welchem der Feinanteil < 3 cm ausgeschieden wird (wegen hoher PAK-Werte). Es handelt sich um eine einmalige Ablagerung im Ausmaß von rund 2,500 m3. Eine detaillierte Analyse des Eluats und des Feststoffes samt einer Beurteilung (deponierbar) enthält die Stellungnahme des Unternehmens vom Jänner 1993.

Mit dem gleichen Schreiben des Unternehmens vom 4.11.1992 wurden Erläuterungen im Sinne eines Abfallwirtschaftskonzeptes zum Abbruch der nicht mehr benötigten Bauteile nach Schließung des Elektrolysebetriebes vorgelegt (Beilage 1 zur Verhandlungsschrift vom 12.11.1992). Diese enthalten folgende Punkte:

Ziel und Umfang des Vorhabens

anfallende Abbruch- und Abfallstoffe

Vorgangsweise beim Abbruch

Terminplan

Entsorgung von Bauschutt und Abfallstoffen

Gutachten und Analysenergebnisse.

Die entsprechenden Abbruch- und Abfallstoffe, die auf die gegenständliche Deponie verbracht werden dürfen, sind im Konsensantrag enthalten. Dadurch ist den Anforderungen im Sinne der Bestimmungen des § 9 Abs. 2 AWG (Abfallwirtschaftskonzept) entsprochen.

Die Anlage 1B1-1 des angefochtenen Bescheides wird von der Berufungsbehörde im Sinne des Gebotes der Bestimmtheit (Hereinnahme der Abfälle laut Eingabe des Unternehmens vom Jänner 1993 in den Bescheid) zu ergänzen sein."

Die Beschwerdeführer gaben zu diesem Gutachten Stellungnahmen ab, welche vom Amtssachverständigen in seiner Gutachtensergänzung berücksichtigt wurden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 12. September 1996 wurde aufgrund der Berufungen u.a. der Beschwerdeführer unter Spruchpunkt I. die "Anlage 1B1-1" des erstinstanzlichen Bescheides durch einen die Art der Abfälle, deren Herkunft und Menge detaillierenden Abfallkatalog ergänzt, unter Spruchpunkt II. angeordnet, daß der zur Deponierung vorgesehene Filterkuchen der Eluatklasse IIIb zu entsprechen hat und dieser von einer unabhängigen und befugten Person oder Stelle jährlich hinsichtlich der Parameterliste gemäß ÖNORM S 2072, Tabelle 3 und vierteljährlich hinsichtlich der Parameter PAK und Fluorid zu untersuchen ist. Unter Spruchpunkt III. wurde die Firmenbezeichnung der erstmitbeteiligten Projektswerberin richtig gestellt. Im übrigen wurde die Berufung der Beschwerdeführer abgewiesen.

In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Feststellung des Amtssachverständigen, daß im Zuge eines weiteren Verfahrens eine Anlagenerweiterung möglich sei, sei unbeachtlich, da diese Anlagenerweiterung nicht Gegenstand dieses Verfahrens und daher im Berufungsverfahren nicht mitzuberücksichtigen sei. Der Aussage des wasserbautechnischen Amtssachverständigen sei jedoch dahingehend zu folgen, daß die nunmehrige Ausgestaltung der Sickerwasserreinigungsanlage und die Grundwasserabsenkung ausreichend dimensioniert und funktionstüchtig sei. Der Drittbeschwerdeführer bringe nichts Konkretes vor, was diese Maßnahmen als fragwürdig erscheinen ließe. Eine Sicherstellung nach § 31b WRG 1959 könne für die Erfüllung der Auflagen und für den ordnungsgemäßen Erhalt der Deponie, nicht jedoch für die Wiedergutmachung, welche aufgrund einer Umweltkatastrophe eintreten könnte, auferlegt werden. Der Drittbeschwerdeführer sei weder den erstinstanzlichen Gutachten noch dem Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen der belangten Behörde auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Die Verordnung des Bundesministers für Umwelt über die Ablagerung von Abfällen trete erst mit 1. Jänner 1997 in Kraft und sei daher auf die gegenständliche Mülldeponie nicht anwendbar. Die Basisabdichtung entspreche dem derzeitigen Stand der Technik. Im Hinblick auf den Grundwasserspiegel liege das Projekt um 80 cm über HGW. Der Wasserspiegel werde innerhalb der Umschließung ständig einen halben Meter unter Grundwasserspiegel gehalten. Das Basisdichtungssystem werde vom Grundwasser nicht berührt. Für den gegenständlichen Standort bestünden laut wasserbautechnischem Amtssachverständigen keine Ausschlußkriterien. Auch wenn der Standort nicht in jeder Hinsicht optimal sei, sei er für die Deponie geeignet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligten Parteien eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid liegt ein Antrag auf Bewilligung der Errichtung einer Deponie für Abfälle mit einem Gesamtvolumen von rund 220.000 m3 vom November 1990 zugrunde. Die erteilte abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung stützte sich auf § 29

AWG.

Gemäß § 9 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG; in der im Hinblick auf die Erlassung des angefochtenen Bescheides anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 1994/155) bedürfen die Errichtung und die Inbetriebnahme von Anlagen sowie die Änderung von Anlagen, bei deren Betrieb Abfälle anfallen, - von den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - einer Genehmigung nach diesem Bundesgesetz.

Bei Anlagen, für deren Errichtung, Inbetriebnahme oder Änderung nach den §§ 28 oder 29 dieses Bundesgesetzes oder nach den luftreinhalte-, wasser- oder verkehrsrechtlichen Bestimmungen eine Genehmigung erforderlich ist, entfällt eine gesonderte Genehmigung gemäß Abs. 1. Bei der Erteilung der Genehmigung ist Abs. 2 anzuwenden.

Gemäß § 45 Abs. 6 leg. cit. bedürfen bis zum 1. Juli 1990 errichtete Anlagen keiner Genehmigung gemäß § 9 Abs. 1.

Gemäß Abs. 7 dieser Gesetzesstelle besteht die Genehmigungspflicht für Anlagen gemäß § 29 Abs. 1 Z. 6 nur für solche Anlagen, mit deren Projektierung oder Bau nach dem 1. Juli 1990 begonnen wird, oder für solche Änderungen bestehender Anlagen, durch die nach dem 1. Juli 1990 weitere Flächen in Anspruch genommen werden sollen.

Ausgehend von dieser Rechtslage bedurfte somit die der Beschwerde zugrunde liegende Anlage einer Genehmigung nach § 29 AWG, wobei es dahingestellt bleiben kann, ob es sich um die Errichtung einer neuen Deponie handelt oder eine Erweiterung der mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 5. Dezember 1989 bewilligten Anlage anzunehmen ist. Es liegt der Genehmigungstatbestand des § 29 Abs. 1 Z. 6 AWG, allenfalls derjenige des § 29 Abs. 1 Z. 4 AWG, vor.

Gemäß § 29 Abs. 2 AWG hat der Landeshauptmann bei der Erteilung der Genehmigung gemäß Abs. 1 nach Maßgabe der folgenden Absätze alle Bestimmungen anzuwenden, die im Bereich des Gewerbe-, Wasser-, Forst-, Berg-, Luftfahrts-, Schiffahrts-, Luftreinhalte-, Rohrleitungs- sowie des Eisenbahnrechtes für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Vorhabens anzuwenden sind. Die Genehmigung ersetzt die nach bundesrechtlichen Vorschriften erforderlichen Bewilligungen, Genehmigungen oder Nicht-Untersagungen.

Wird eine Genehmigung gemäß Abs. 1 beantragt, so hat der Landeshauptmann gemäß Abs. 4 dieses Paragraphen den Antrag durch Anschlag in der Gemeinde und in einer örtlichen Zeitung öffentlich bekannt zu machen. Mit der Bekanntmachung ist eine Frist von sechs Wochen einzuräumen, innerhalb der gegen die Genehmigung der Behandlungsanlage von den Nachbarn (§ 75 Abs. 2 und 3 Gewerbeordnung 1973) begründete schriftliche Einwendungen beim Landeshauptmann eingebracht werden können.

Gemäß Abs. 5 dieser Gesetzesstelle haben Parteistellung in diesem Verfahren u.a.

6. Nachbarn (§ 75 Abs. 2 und 3 Gewerbeordnung 1973), die Einwendungen gemäß Abs. 4 innerhalb der sechswöchigen Frist erhoben haben.

Festzuhalten ist zunächst, daß die Kundmachung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 28. Oktober 1992, mit welcher die mündliche Verhandlung über das beschwerdegegenständliche Projekt anberaumt wurde, den Hinweis auf die Möglichkeit der Einwendungen innerhalb der im § 29 Abs. 4 zweiter Satz genannten Frist nicht enthält, vielmehr auf die Präklusionsbestimmungen des § 42 AVG verweist. § 29 Abs. 4 und Abs. 5 Z. 6 AWG enthält keine vom § 41 AVG abweichende Regelung über die Androhung der Präklusionsfolgen (hier Verlust des Erlangens der Parteistellung im Verfahren nach § 29 AWG). Nach § 41 AVG, der - soweit abweichende Regelungen im AWG nicht getroffen werden - auch weiterhin anwendbar ist, ist aber auf die Präklusionsfolgen hinzuweisen. Da dies im vorliegenden Fall nur unter Bezugnahme auf § 42 AVG geschehen ist, waren die Nachbarn gemäß § 29 Abs. 5 Z. 6 AWG nicht gehindert, auch nach der im Abs. 4 dieses Paragraphen genannten Sechswochenfrist Einwendungen zu erheben. Die "Bekanntmachung" des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. Oktober 1991 () ändert daran nichts; diese widerspricht § 29 Abs. 4 AWG jedenfalls deshalb, weil sie die Einräumung der Möglichkeit, Einwendungen gegen das "Projekt" zu erheben, mit einem Termin enden läßt, welcher - gerechnet vom Anschlag an der Amtstafel - die gesetzlich eingeräumte sechswöchige Frist unterschreitet, und daraus nicht klar hervorgeht, ob zur Begründung der Parteistellung auch nach diesem Termin die offene sechswöchige Frist des § 29 Abs. 4 AWG zur Erhebung von Einwendungen ausgenützt werden kann. Der Umschreibung des Gegenstandes in dieser Bekanntmachung kann auch nicht entnommen werden, ob vom Projekt die erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligungen mitumfaßt sind (Die Wesentlichkeit dieses Umstandes ergibt sich aus den folgenden Begründungsdarlegungen).

Im vorliegenden Fall waren die Beschwerdeführer aber schon deshalb berechtigt, Einwendungen im Sinne des § 29 Abs. 4 AWG auch noch in ihren Berufungen gegen den erstinstanzlichen Bewilligungsbescheid zu erheben, weil für sie erstmals aus der Begründung dieses Bescheides klar erkennbar war, daß bezüglich der in der nunmehr bewilligten Deponie anfallenden Sickerwässer ein vom abfallwirtschaftsrechtlichen Verfahren losgelöstes wasserrechtliches Bewilligungsverfahren durchgeführt worden ist, welchem sie nicht beigezogen worden waren.

Die erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien haben in ihren schriftlichen Einwendungen vom 10. November 1992 u.a. auf die mangelnde Sickerwasserreinigung hingewiesen. Der Drittbeschwerdeführer wiederum hat in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bewilligungsbescheid die mangelnde Sicherstellung der Grundwasserabsenkung und der Sickerwasserbehandlung für das bewilligte Projekt behauptet. Auch die erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien haben in ihrer Berufung behauptet, die Gewässerschutzmaßnahmen entsprächen nicht dem Stand der Technik.

§ 29 Abs. 2 AWG ordnet eine Verfahrenskonzentration für die in Abs. 1 genannten Anlagen an. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage Nr. 1274 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XVII. GP wird hiezu ausgeführt, daß im Interesse der Transparenz und der gebotenen Qualität der Verfahren es in Hinkunft bei besonders wichtigen Behandlungsanlagen "nur mehr ein eigenständiges abfallrechtliches Anlagenbewilligungsverfahren geben" soll. Die Genehmigungsfähigkeit einer solchen besonderen Abfall- oder Altölbeseitigungsanlage soll daher bloß in einem Verfahren geprüft und darüber mit einem Bescheid entschieden werden. Die Inanspruchnahme der Bedarfsgesetzgebungskompetenz des Bundes für Anlagen für nicht gefährliche Abfälle ab einer bestimmten Größenordnung bestärkt die hier vertretene Rechtsansicht, daß mit § 29 Abs. 2 AWG eine Entscheidungskonzentration im aufgezeigten Sinn geschaffen worden ist. Eine Aufsplitterung eines nach § 29 AWG vom zuständigen Landeshauptmann abzuführenden Verfahrens in Einzelgenehmigungen nach den jeweiligen im § 29 Abs. 2 AWG aufgezählten materiell-rechtlichen Vorschriften widerspricht der vom Gesetzgeber angeordneten Genehmigungskonzentration und der damit verbundenen Eigenständigkeit des nach § 29 AWG abzuführenden Verfahrens.

Die im vorliegenden Fall mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. November 1993 erteilte wasserrechtliche Bewilligung betreffend die Sickerwässer der hier zu beurteilenden "Deponieerweiterung" vermag daher eine im Verfahren nach § 29 AWG erforderliche Prüfung anhand der im § 29 Abs. 2 AWG aufgezählten materiell-rechtlichen Vorschriften nicht zu ersetzen, zumal nach der ausdrücklichen Anordnung des § 29 Abs. 2 letzter Satz AWG eine Genehmigung nach dieser Gesetzesstelle die nach bundesrechtlichen Vorschriften erforderlichen Bewilligungen, Genehmigungen oder Nicht-Untersagungen ersetzt. Einzelbewilligungen nach den Materiengesetzen vermögen daher eine Genehmigung nach § 29 Abs. 2 AWG nicht zu ersetzen. Die Bewilligungspflicht einer Deponie dauert solange, als Abfälle gelagert sind (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 28. Juli 1994, Zl. 92/07/0154, und vom 20. Dezember 1994, Zl. 94/07/0116). Infolge der vom Landeshauptmann von Oberösterreich im Bescheid vom 18. November 1993 angeordneten Befristung der erteilten Bewilligung mit 31. Dezember 1998 käme es aufgrund der von den Behörden gewählten Vorgangsweise ab 1. Jänner 1999 zu dem - rechtlich unhaltbaren - Zustand, daß für die nach § 29 AWG bewilligte Deponie bezüglich der Sickerwässer keine Bewilligung vorläge. Bemerkt wird hiezu, daß aufgrund des vorliegenden Projektes die Wasserentsorgung der hier bewilligten Deponie offensichtlich mit der mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 5. Dezember 1989 auf den Nebengrundstücken errichteten Anlage untrennbar verbunden ist. Insoweit daher Anlagen der bereits im Jahre 1989 bewilligten Deponie in das beschwerdegegenständliche Projekt mit eingebunden sind, sind diese auch in den Gegenstand des Verfahrens miteinzubeziehen.

Schon aus diesen Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet, welche von den Beschwerdeführern auch zutreffend aufgezeigt worden ist.

Ob der Standort der Deponie geeignet ist, kann von den Beschwerdeführern nur unter dem Gesichtspunkt geltend gemacht werden, daß durch die Bewilligung der Deponie ihre nach den jeweiligen Materiengesetzen zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechte nachteilig berührt werden. Ob die Deponie dem Stand der Technik entspricht, bedarf im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen und dem damit verbundenen Ergebnis des Beschwerdeverfahrens keiner weiteren Erörterung, weil die Behörden im fortgesetzten Verfahren nunmehr die im Zeitpunkt ihrer Entscheidung bestehende Rechtslage anzuwenden haben werden.

Eine auf § 31b Abs. 3 WRG 1959 gestützte Sicherstellung hat die Kosten der ersatzweisen Durchführung der erteilten Auflagen und die ordnungsgemäße Erhaltung der Deponie zu berücksichtigen. Ob die Behörden dies im vorliegenden Fall bei Festsetzung der Höhe bedacht haben, bedarf im fortgesetzten Verfahren einer näheren, für die Parteien und den Verwaltungsgerichtshof nachvollziehbaren Begründung. Die Anordnung einer Sicherstellung im Sinne des § 31b Abs. 3 WRG 1959 dient nicht nur dem öffentlichen Interesse, vielmehr soll damit jedenfalls auch der Schutz der im § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 aufgezählten Rechte der betroffenen Parteien auf Dauer gewährleistet werden.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996070210.X00

Im RIS seit

22.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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