TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/20 G314 2220089-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.03.2020
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Entscheidungsdatum

20.03.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G314 2220089-1/22E

Schriftliche Ausfertigung des am 10.02.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses

ENDERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, vertreten durch die WEH Rechtsanwalt GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX.05.2019, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF), dem 2016 eine Aufenthaltskarte als Angehörigem einer EWR-Bürgerin ausgestellt worden war, wurde am 11.03.2019 in XXXX verhaftet und in der Folge in Untersuchungshaft genommen.

Mit dem Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 19.03.2019 wurde er über die beabsichtigte Ausweisung informiert und ihm die Möglichkeit gegeben, sich dazu zu äußern. Der BF kam dieser Aufforderung nach und erstattete eine schriftliche Stellungnahme.

Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.05.2019, XXXX, wurde er wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs 1 und 2 StGB sowie des unerlaubten Waffenbesitzes gemäß § 50 Abs 1 Z 1 WaffG zu einer neunmonatigen, teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde gegen den BF daraufhin gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein auf drei Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) sowie gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Das Aufenthaltsverbot wurde im Wesentlichen mit der strafgerichtlichen Verurteilung begründet. Die sofortige Durchsetzbarkeit sei aufgrund der vom BF ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit geboten, sodass ihm kein Durchsetzungsaufschub zu erteilen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen sei.

Nach der Zustellung dieses Bescheids wurde der BF mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.06.2019, XXXX, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28 a Abs 1 fünfter Fall SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG zu einer Zusatz-Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt.

Mit seiner Beschwerde vom 12.06.2019 strebt der BF die Behebung des angefochtenen Bescheids, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung an. Er begründet dies damit, dass sein Privat- und Familienleben im Inland der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes entgegenstehe. Seine Ehefrau, die ihn regelmäßig in der Justizanstalt besuche, und das gemeinsame Kleinkind seien auf ihn als unterhaltspflichtigen Vater angewiesen. Er habe bereits eine Arbeitsstelle für die Zeit nach der Haftentlassung in Aussicht und wolle wieder mit Frau und Kind in XXXX wohnen. Mit Eingabe vom 14.06.2019 reichte der BF eine Urkunde (Beschluss des Bezirksgerichts XXXX über die Zurückziehung der Scheidungsklage seiner Ehefrau) nach.

Das BFA legte die Beschwerde und die Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 17.06.2019 einlangten.

Mit Teilerkenntnis vom 28.06.2019 wies das BVwG den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig zurück und die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids) als unbegründet ab. Gleichzeitig sprach es aus, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt werde. Dagegen wurde kein Rechtsmittel erhoben.

Mit Schreiben vom 05.07.2019 übermittelte das Landesgericht XXXX dem BVwG auftragsgemäß Informationen über die Vorstrafenbelastung des BF in Bosnien und Herzegowina.

Mit Schriftsatz vom 04.09.2019 ergänzte der BF die Beschwerde, legte diverse Urkunden vor und beantragte neuerlich die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Diesen Antrag wiederholte er mit Schriftsatz vom 17.12.2019.

Am 19.12.2019 stellte der BF einen Fristsetzungsantrag, der dem VwGH vorgelegt wurde.

Am 07.01.2020 informierte das BFA das BVwG über die nach der bedingten Entlassung des BF am 10.01.2020 geplante Schubhaft und übermittelte dessen Stellungnahme dazu.

Mit der verfahrensleitenden Anordnung vom 07.01.2020 forderte der VwGH das BVwG auf, binnen drei Monaten eine Entscheidung zu erlassen und vorzulegen oder anzugeben, warum keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliege. Daraufhin wurde am 13.01.2020 eine Beschwerdeverhandlung für den 10.02.2020 anberaumt, zu der der BF (über seine damaligen Rechtsvertreter) und das BFA geladen wurden.

Am 31.01.2020 informierte das BFA das BVwG darüber, dass kein Behördenvertreter an der Verhandlung teilnehmen werde.

Mit Schriftsatz vom 03.02.2020 beantragte der BF neuerlich die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Er sei am 01.02.2020 festgenommen worden; für den 03.02.2020 sei seine Abschiebung nach XXXX geplant. Mit einer weiteren Eingabe vom 03.02.2020 schränkte der BF den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dahingehend ein, dass die aufschiebende Wirkung für eine Woche beantragt werde, um ihm die Teilnahme an der Beschwerdeverhandlung zu ermöglichen.

Am 03.02.2020 wurde der BF nach Bosnien und Herzegowina abgeschoben.

Mit Beschluss vom 06.02.2020 wies das BVwG die Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vom 04.09.2019, vom 17.12.2019 und vom 03.02.2020 zurück.

Am 07.02.2020 übermittelte der BF dem BVwG einen Bericht seiner Bewährungshelferin.

An der Verhandlung vor dem BVwG am 10.02.2020, die in Abwesenheit des BF durchgeführt wurde, nahm ein Rechtsanwalt als sein Vertreter teil. Die Ehefrau des BF wurde als Zeugin vernommen. Der Rechtsvertreter des BF sprach sich in der Verhandlung gegen die Berücksichtigung der Vorstrafen des BF laut dem Strafregisterauszug aus Bosnien und Herzegowina aus, weil dessen Echtheit und Richtigkeit nicht verifiziert worden seien und nicht gesichert sei, dass allfällige Bestrafungen dort menschenrechtskonform zustande gekommen seien. Für die für den BF zu erstellende Zukunftsprognose sei ein Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet Psychologie oder Psychiatrie einzuholen; außerdem beantragte er die Einholung eines "Verlässlichkeitsgutachtens" zur Persönlichkeit des BF.

Nach dem Schluss der Verhandlung wurde das Erkenntnis samt den wesentlichen Entscheidungsgründen verkündet. Mit der Eingabe vom 11.02.2020 beantragte der BF die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.

Feststellungen:

Der Beschwerdeführer (BF) kam am XXXX in der Stadt XXXX im heutigen Bosnien und Herzegowina zur Welt. Er ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina; seine Muttersprache ist Serbisch. Seine Mutter lebt nach wie vor in Bosnien und Herzegowina, ebenso seine Schwester mit ihrer Familie. Der BF hat regelmäßig Kontakt zu ihnen. Er hat auch (entferntere) Verwandte in Wien, die er ab und zu besuchte. Sein Vater ist bereits verstorben [Reisepass und Personalausweis AS 5 ff; Stellungnahme BF AS 81 ff; Zeugenaussage XXXX OZ 19].

Nach der Schulausbildung, die er in seinem Heimatstaat absolvierte, erlernte er dort den Beruf des XXXX und arbeitete als XXXX. Er hat einen im September 2015 in Bosnien und Herzegowina ausgestellten und bis September 2025 gültigen Reisepass [Reisepass AS 5; Vollzugsinformation AS 39; Stellungnahme BF AS 81 ff; Diplom OZ 7, Beilage ./G].

Der BF ist seit XXXX.09.2015 mit der am XXXX geborenen kroatischen Staatsangehörigen XXXX verheiratet [Heiratsurkunde AS 195]. Der Ehe entstammt die am XXXX in Bludenz geborene XXXX, die kroatische und bosnisch-herzegowinische Staatsangehörige ist [Geburtsurkunde AS 193].

XXXX kam in der Stadt XXXX im heutigen Bosnien und Herzegowina zur Welt und verbrachte ihre Kindheit zum Teil in der Schweiz, wo sie den Kindergarten und die Schule bis zur 9. Schulstufe besucht. 1999 übersiedelte sie mit ihrer Herkunftsfamilie wieder nach Bosnien und Herzegowina, wo sie eine Ausbildung zur XXXX machte. Ihre Eltern kehrten bald in die Schweiz zurück, wo sie und zahlreiche weitere Familienangehörige nach wie vor leben. XXXX hielt sich zunächst abwechselnd in Bosnien und Herzegowina und bei ihren Eltern in der Schweiz auf. Seit November 2014 lebt sie in Österreich, wo sie seither (unterbrochen von Zeiten des Bezugs von Arbeitslosen-, Wochen- und Kinderbetreuungsgeld) erwerbstätig ist. 2015 wurde ihr eine Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmerin ausgestellt [Zeugenaussage XXXX OZ 19, Versicherungsdatenauszug, Schulbestätigung, IZR-Auszug].

Der BF lebte ab Februar 2016 in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehefrau (später auch mit der gemeinsamen Tochter) in XXXX. Ab März 2016 war er mit Neben- und ab April 2016 mit Hauptwohnsitz an derselben Adresse wie seine Ehefrau gemeldet, nachdem zuvor bereits 2011 und 2013 jeweils für wenige Wochen Wohnsitzmeldungen in Wien bestanden hatten [Zeugenaussage XXXX OZ 19, ZMR-Auszug, Mietvertrag].

Am 30.03.2016 wurde dem BF als Angehörigem einer EWR-Bürgerin eine Aufenthaltskarte ausgestellt [Aufenthaltskarte AS 5 ff; IZR-Auszug]. Er war daraufhin in Österreich bis zu seiner Verhaftung im März 2019 - unterbrochen von Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs - als Arbeiter erwerbstätig, zuletzt bei einem Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen mit Sitz in XXXX [Versicherungsdatenauszug; Einkommensnachweise OZ 7, Beilage ./E; Arbeitszeugnis OZ 7, Beilage ./F].

Am 11.03.2019 wurde der BF verhaftet und in der Folge bis 10.01.2020 in der Justizanstalt XXXX in Untersuchungs- bzw. Strafhaft angehalten. Der Verurteilung durch das Landesgericht XXXX vom XXXX.05.2019 lag zugrunde, dass er am 09.03.2019 in einem Lokal in XXXX ungefähr zehn Lokalbesucher gefährlich mit dem Tod bedroht hatte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er eine Faustfeuerwaffe (Schusswaffe der Kategorie B) aus dem Hosenbund zog, sie durch demonstratives Repetieren vor den Opfern durchlud und mit ausgestrecktem Arm gegen die Lokalbesucher richtete. Die Waffe hatte er unbefugt besessen und geführt. Er wurde deshalb nach dem Strafsatz des § 107 Abs 2 StGB (Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, wobei ein Strafteil von sechs Monaten unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Es handelt sich um seine erste Verurteilung in Österreich. Der unbedingte Strafteil der Freiheitsstrafe wurde am 11.06.2019 vollzogen [Urteil vom XXXX.05.2019 AS 91 ff; Strafregisterauszug; Beschluss des Landesgerichts XXXX vom XXXX.12.2019, XXXX g].

Der Verurteilung durch das Landesgericht Feldkirch vom XXXX.06.2019 lag zugrunde, dass der BF im Zeitraum August 2018 bis Jänner 2019 Suchtgift in einer die Grenzmenge gemäß § 28 b SMG von 15 g Reinsubstanz mehrfach übersteigenden Menge, nämlich insgesamt 250 g hochwertiges Kokain (beinhaltend rund 195 g reine Cocainbase), anderen durch Verkäufe und Übergaben überließ. Außerdem erwarb und besaß er im März 2019 2 g Kokain zum persönlichen Gebrauch und konsumierte es zum Teil. Er wurde deshalb nach dem Strafsatz des § 28a Abs 1 SMG (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren) unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf die vorangegangene Verurteilung zu einer Zusatz-Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt. Das sichergestellte Suchtgift wurde eingezogen. Ein Betrag von EUR 12.500, den der BF durch den Kokainverkauf erlöst hatte, wurde für verfallen erklärt. In Zusammenschau mit der vorangegangenen Verurteilung, auf die Bedacht genommen wurde, wurden die Sicherstellung von Suchtgift und das Geständnis als mildernd, das Zusammentreffen von mehreren Vergehen mit einem Verbrechen und die Vorstrafenbelastung dagegen als erschwerend berücksichtigt [Urteil vom 04.06.2019; Strafregisterauszug].

Der BF verbüßte die Strafen in der Justizanstalt XXXX, wo er zuletzt für längere Zeit in der Außenstelle XXXX angehalten und in der Küche beschäftigt wurde. Er wurde während der Haft regelmäßig von seiner Ehefrau und von seiner Tochter besucht. Am 10.01.2020 wurde er nach der Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe unter Anordnung der Bewährungshilfe und unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt aus der Haft entlassen. Nach der bedingten Entlassung wohnte er bis zu seiner Abschiebung wieder zusammen mit seiner Ehefrau und seiner Tochter in XXXX [Beschluss des Landesgerichts XXXX vom XXXX.12.2019, XXXX; Zeugenaussage XXXX OZ 19; Bewährungshilfebericht OZ 18].

In dem den BF betreffenden Auszug aus dem Strafregister der Polizeiinspektion XXXX scheinen sechs strafgerichtliche Verurteilungen in Bosnien und Herzegowina auf: Im August 2012 wurde der BF wegen Körperverletzung zu einer zweimonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, die am 08.01.2013 verbüßt war. Im August 2013 wurde wegen unerlaubter Herstellung und Vertriebs von Waffen und Explosionsmaterial eine 30-tägige Freiheitsstrafe verhängt, die in eine (mittlerweile bezahlte) Geldbuße umgewandelt wurde. Im Dezember 2013 wurde wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit eine viermonatige Freiheitsstrafe verhängt, die für ein Jahr zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im Jänner 2015 wurde der BF wegen Betrugs zu einer 45-tägigen Freiheitsstrafe verurteilt, die zunächst in eine Geldbuße umgewandelt wurde. Mangels Zahlung der Geldbuße wurde die Freiheitsstrafe von 05.11.2015 bis 20.12.2015 vollzogen. Im Mai 2015 wurde der BF wegen Körperverletzung zu einer Geldbuße verurteilt. Mangels Zahlung verbüßte er von 20.12.2015 bis 27.12.2015 eine siebentägige Ersatzstrafe. Im Oktober 2015 wurde der BF wegen Betrugs zu fünf Monaten Erziehungsmaßnahme verurteilt, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde [Auszug aus dem bosnisch-herzegowinischen Strafregister OZ 6].

Der BF ist gesund und arbeitsfähig [Stellungnahme BF AS 81 ff]. Er hatte einen Arbeitsplatz in Österreich für die Zeit nach dem Strafvollzug in Aussicht. Er bemühte sich, Deutsch zu lernen, und erwarb während seines Aufenthalts recht gute Deutschkenntnisse, legte aber keine Deutschprüfung ab. Er hat ein enges Verhältnis zu seiner Ehefrau und seiner Tochter. Außerdem hat er einen Freundes- und Bekanntenkreis im Bundesgebiet [Zeugenaussage XXXX OZ 19;

Unterstützungsschreiben OZ 7, Beilagen ./J und ./L;

Bewährungshilfebericht OZ 18].

XXXX geht seit Anfang Februar 2020 einer Teilzeitbeschäftigung als

XXXX nach. Die von ihr eigentlich angestrebte Vollzeitbeschäftigung lässt sich nicht mit den Betreuungspflichten für ihre Tochter, die sie allein versorgt und die derzeit einen Betreuungsplatz in einer Spielgruppe in XXXX hat, vereinbaren [Zeugenaussage XXXX OZ 19; Versicherungsdatenauszug].

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG.

Die Feststellungen basieren jeweils auf den in den Klammerzitaten angegebenen Beweismitteln, wobei sich die angegebenen Aktenseiten (AS) auf die Seitennummerierung der Verwaltungsakten beziehen.

Die Feststellungen zur Identität des BF, zu seiner Ausbildung und zu seinen persönlichen Verhältnissen beruhen auf den entsprechenden Angaben in seiner Stellungnahme und den im Akt befindlichen Dokumenten, die damit gut in Einklang stehen. Kenntnisse der serbischen Sprache sind aufgrund seiner Herkunft naheliegend und werden auch von ihm selbst angegeben. Die Angehörigen des BF in XXXX und die Kontakte zu seiner in Bosnien und Herzegowina lebenden Familie ergeben sich aus der Stellungnahme vom März 2019. XXXX gab zwar als Zeugin vor dem BVwG an, keinen Kontakt zur Mutter des BF zu haben, wohl aber zu seiner Schwester, sodass insoweit kein enscheidungswesntlicher Widerspruch vorliegt.

Die Ehe des BF mit XXXX und die Geburt der gemeinsamen Tochter ergeben sich aus den aktenkundigen Urkunden (Geburts- und Heiratsurkunde). Da die Ehefrau des BF dem BVwG als Zeugin überzeugend das gemeinsame Familienleben schilderte und die Scheidungsklage zurückzog (wie sich aus dem vorgelegten Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX.06.2019, XXXX ergibt), ist davon auszugehen, dass die eheliche Lebensgemeinschaft aufrecht ist, zumal der BF nach der bedingten Entlassung bis zur Abschiebung wieder mit Frau und Kind zusammenlebte.

Die Staatsangehörigkeit von XXXX und XXXX geht aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) hervor. Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen von XXXX basieren auf ihren Angaben vor dem BVwG, die durch die vorgelegten Unterlagen, den Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und den Versicherungsdatenauszug untermauert werden.

Der gemeinsame Haushalt des BF mit seiner Kernfamilie ergibt sich ebenfalls aus den Angaben der Zeugin, aus dem vorgelegten Mietvertrag und aus den Wohnsitzmeldungen laut ZMR. Die Ausstellung einer Aufenthaltskarte ist im IZR dokumentiert. Die Erwerbstätigkeit im Inland ergibt sich aus der Stellungnahme des BF und den damit korrespondierenden Informationen aus dem Versicherungsdatenauszug.

Die Feststellungen zu den vom BF begangenen Straftaten, zu seinen Verurteilungen im Inland und zu den Erschwerungs- und Milderungsgründen basieren auf den beiden Urteilen des Landesgerichts XXXX sowie auf dem Strafregister. Seine Verhaftung ergibt sich aus der Vollzugsinformation. Laut ZMR wurde er bis 10.01.2020 in der Justizanstalt XXXX angehalten. Die Feststellungen zum Strafvollzug und zur bedingten Entlassung basieren auf dem Beschluss des Landesgerichts XXXX über die bedingte Entlassung. XXXX schilderte als Zeugin damit übereinstimmend ihre Besuche beim BF während der Haft.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF in Bosnien-Herzegowina ergeben sich aus dem vom Landesgericht XXXX übermittelten Strafregisterauszug der Polizeiinspektion XXXX. Nach dem äußeren Erscheinungsbild handelt es sich um eine ausländische öffentliche Urkunde, die nicht beglaubigt wurde, und die in Kopie (samt Kopie der beglaubigten Übersetzung aus der bosnischen Sprache) vorliegt. Die Echtheit ist gemäß § 47 AVG iVm § 311 Abs 1 ZPO in freier Beweiswürdigung zu beurteilen. Die Urkunde ist nach ihrer äußeren Form unbedenklich und weist weder Streichungen noch Radierungen auf. Sie wurde im Strafverfahren gegen den BF durch das Landesgericht XXXX im Rechtshilfeweg über das österreichische Justizministerium eingeholt und vom bosnisch-herzegowinischen Justizministerium übermittelt. Das BVwG zweifelt daher nicht daran, dass die Urkunde vom angegebenen Aussteller stammt und auch inhaltlich richtig ist. Der erhebliche Beweiswert des Strafregisterauszugs ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass die entsprechende Vorstrafenbelastung des BF - von ihm unbeanstandet - als Erschwerungsgrund bei der Strafzumessung berücksichtigt wurde. Der Rechtsvertreter des BF hat die Zweifel an der Echtheit und Richtigkeit der Urkunde weder näher begründet noch Beweise dafür angeboten. Auch sonst liegen keine Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der darin wiedergegebenen Verurteilungen des BF in seinem Herkunftsstaat vor. Ein bloß allgemeiner Verdacht genügt nicht, um im Verfahren vorgelegten Urkunden generell den Beweiswert abzusprechen (VwGH 10.01.2020, Ra 2019/18/0026).

Die Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit und zum Gesundheitszustand des BF ergeben sich aus seinem erwerbsfähigen Alter, seiner früheren Berufstätigkeit und der Arbeit während dem Strafvollzug. In seiner Stellungnahme bezeichnet er sich als gesund; auch sonst gibt es keine Anhaltspunkte für gesundheitliche Probleme. Eine Einstellungszusage wurde vorgelegt; auch XXXX schilderte bei ihrer Zeugenaussage eine Arbeit, die der BF nach der bedingen Entlassugn aufnehmen wollte. Grundlegende Deutschkenntnisse des BF sind aufgrund seines Aufenthalts und der Erwerbstätigkeit in Österreich plausibel. XXXX, die selbst einwandfrei Deutsch spricht, schilderte seine Bemühungen, Deutsch zu lernen, gut nachvollziehbar. Auch im Bewährungshilfebericht werden seine Deutschkenntnisse hervorgehoben. Es ist nachvollziehbar, dass der BF in Österreich auch außerhalb seiner Familie Sozialkontakte geknüpft hat, wie die Angaben von XXXX und die vorgelegten Unterstützungsschreiben belegen.

Die Angaben von XXXX zu ihrer aktuellen Erwerbstätigkeit und zur Betreuungssituation ihrer Tochter sind glaubhaft und plausibel und werden den Feststellungen daher zugrunde gelegt.

Anhaltspunkte für über die Feststellungen hinausgehende Bindungen des BF im Inland sind nicht aktenkundig und lassen sich auch dem Vorbringen des BF nicht entnehmen.

Rechtliche Beurteilung:

Die Beschwerdeverhandlung wurde in Abwesenheit des BF durchgeführt, weil dieser kurz zuvor abgeschoben worden war und eine Verlegung der Verhandlung aufgrund des vom VwGH im Fristsetzungsverfahren erteilten Auftrags unterblieb. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt konnte jedoch aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde sowie aus den Angaben der Ehefrau des BF als Zeugin geklärt werden. Auch der Rechtsvertreter des BF nannte trotz einer entsprechenden Aufforderung keine konkreten Beweisthemen, zu denen die Einvernahme des BF notwendig gewesen wäre.

Als Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina ist der BF Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG. Da er mit einer EWR-Bürgerin verheiratet ist, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat, und ihr nach Österreich nachgezogen ist, ist er begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG.

Gemäß § 67 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots ua gegen begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Wenn der begünstigte Drittstaatsangehörige eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt (so etwa, wenn er zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren verurteilt wurde), kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs 3 FPG auch unbefristet erlassen werden.

§ 67 FPG setzt Art 28 der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG; vgl. § 2 Abs 4 Z 18 FPG) um. Nach dem 24. Erwägungsgrund der Freizügigkeitsrichtlinie soll der Schutz vor Ausweisung in dem Maße zunehmen, wie Unionsbürger und ihre Familienangehörigen in den Aufnahmemitgliedstaat stärker integriert sind.

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).

Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (siehe zuletzt etwa VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0131; so auch schon VwGH 19.02.2014, 2013/22/0309).

Aufgrund des kontinuierlichen Inlandsaufenthalts des BF seit Anfang 2016 ist der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs 1 zweiter bis vierter Satz FPG anzuwenden. Diese Voraussetzung ist hier angesichts der hohen Sozialschädlichkeit des Verhaltens des BF erfüllt, zumal es sich bei Suchtgiftdelinquenz um ein besonders verpöntes Fehlverhalten handelt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (siehe z.B. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0249 und 01.04.2019, Ra 2018/19/0643). Die hohe kriminelle Energie des BF zeigt sich unter anderem daran, dass er eine große Menge eines gefährlichen Suchtgifts gewinnbringend verkaufte und andere mit einer Faustfeuerwaffe bedrohte. Obwohl in Bosnien und Herzegowina bereits diverse strafgerichtliche Sanktionen - bis hin zu kurzen Freiheitsstrafen - verhängt und vollzogen worden waren, wurde er ca. zweieinhalb Jahre nach seiner Einreise in das Bundesgebiet hier erneut straffällig, wobei aufgrund der Verwendung einer Faustfeuerwaffe und des Suchtgifthandels eine signifikant ansteigende Kriminalität vorliegt.

Der BF wird den Wegfall der durch seine strafgerichtlichen Verurteilungen indizierten Gefährlichkeit erst durch einen längeren Zeitraum des Wohlverhaltens in Freiheit nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe unter Beweis stellen müssen. Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Dieser Zeitraum ist nach den Grundsätzen der Judikatur umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden - etwa in Hinblick auf das der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten oder einen raschen Rückfall - manifestiert hat (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118). Es ist daher nicht erforderlich, das beantragte Sachverständigengutachten zur Persönlichkeit des BF oder zu der anzustellenden Zukunftsprognose einzuholen.

Das gegen den BF erlassene Aufenthaltsverbot ist zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte und Freiheiten sowie der Gesundheit anderer dringend geboten, zumal seit seinen letzten Taten noch nicht viel Zeit vergangen ist, die er zum Großteil in Haft zugebracht hat.

Da das Aufenthaltsverbot einen erheblichen Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF darstellt, ist abzuwägen, ob das Allgemeininteresse an der Aufenthaltsbeendigung schwerer wiegt als sein gegenläufiges persönliches Interesse.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG, durch das in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist, zu berücksichtigen.

Bei der Interessenabwägung iSd § 9 BFA-VG sind der mehrjährige rechtmäßiger Aufenthalt und die Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet, die Deutschkenntnisse, die Kontakte zu in Österreich lebenden Bekannten und Freunden sowie insbesondere das Familienleben mit seiner Frau und seiner Tochter zu Gunsten des BF zu berücksichtigen. Seinem daraus resultierenden großen familiären und privaten Interesse an einem Verbleib in Österreich stehen jedoch die strafgerichtlichen Verurteilungen im Inland, die Wirkungslosigkeit der in Bosnien und Herzegowina erlassenen strafgerichtlichen Sanktionen und das große öffentliche Interesse an der Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von Suchtgiftdelinquenz, gegenüber.

Die Trennung des BF von seiner in Österreich lebenden Kernfamilie ist gerechtfertigt, weil dem öffentlichen Interesse an der Vornahme der aufenthaltsbeendenden Maßnahme aufgrund seiner Straffälligkeit ein sehr großes Gewicht beizumessen ist (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271). In die Interessenabwägung ist auch das Wohl seiner minderjährigen Tochter einzubeziehen, für das ua verlässliche Kontakte zu beiden Eltern wichtig sind (vgl § 138 Z 9 ABGB). Dabei ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Beziehung zwischen dem BF und seiner Tochter bereits während des Strafvollzugs eingeschränkt war und Besuche der Familie des BF außerhalb Österreichs möglich bleiben. Die anderen Sozialkontakte des BF in Österreich können durch diverse Kommunikationsmittel und durch wechselseitige Besuche außerhalb Österreichs gepflegt werden. Der mit der Erlassung des Aufenthaltsverbots verbundene Eingriff in das Familien- und Privatleben des BF ist daher grundsätzlich verhältnismäßig.

Der BF hat in Bosnien und Herzegowina familiäre Bezugspersonen, mit denen er regelmäßig Kontakt hat; er ist sprachkundig und verbrachte den überwiegenden Teil seines Lebens, insbesondere die prägenden Jahre der Kindheit und Jugend, in seinem Herkunftsstaat, wo er die Schule besuchte und eine Berufsausbildung absolvierte. Es wird ihm daher ohne große Probleme möglich sein, sich wieder in die dortige Gesellschaft zu integrieren, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und so nicht nur für seinen Lebensunterhalt aufzukommen, sondern auch seinen Unterhaltspflichten gegenüber seiner Tochter und allenfalls auch seiner Ehefrau nachzukommen.

Den privaten und familiären Interessen des BF an einem Verbleib in Österreich steht das große öffentliche Interesse an der Verhinderung strafbarer Handlungen und an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften gegenüber. Es ist nicht zu beanstanden, dass das BFA bei Abwägung dieser gegenläufigen Interessen zu dem Ergebnis kam, dass letzteres überwiegt. Allfällige mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Schwierigkeiten bei der Gestaltung seiner Lebensverhältnisse sind im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen und an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinzunehmen. Das Aufenthaltsverbot erweist sich somit dem Grunde nach als zulässig.

Die vom BFA mit drei Jahren bemessene Dauer des Aufenthaltsverbots ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Angesichts der schwerwiegenden Straftaten des BF, der zuletzt wegen qualifizierten Suchtgifthandels, mit dem er beträchtliche Erlöse erzielte, verurteilt wurde, ist jedenfalls keine Reduktion möglich. Ein dreijähriges Aufenthaltsverbot ist - auch in Anbetracht der offenen Probezeit - notwendig, aber auch ausreichend, um eine nachhaltige Änderung seines Verhaltens und seiner Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten zu bewirken und der gravierenden Rückfallgefahr wirksam zu begegnen. Aufgrund der starken privaten und familiären Bindungen des BF im Inland ist die Dauer des Aufenthaltsverbots aber auch nicht zu verlängern, obwohl die Verurteilung wegen Suchtgifthandels und die Verhängung einer empfindlichen Zusatzstrafe erst nach der Erlassung des angefochtenen Bescheids erfolgten.

Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung einer Ausweisung von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich. Da der BF mehrfach straffällig wurde und speziell im Bereich der Suchtgiftdelinquenz eine erhebliche Wiederholungsgefahr besteht, war seine sofortige Ausreise nach dem Strafvollzug im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig. Vor diesem Hintergrund ist Spruchpunkte II. des angefochtenen Bescheids nicht zu beanstanden. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Entscheidungen betreffend die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung verwiesen.

Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und die Bemessung der Dauer eines Einreise- oder Aufenthaltsverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0284 und 10.07.2019, Ra 2019/19/0186). Die Revision ist nicht zuzulassen, weil sich das BVwG an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, Interessenabwägung, öffentliche Interessen,
Resozialisierung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G314.2220089.1.01

Zuletzt aktualisiert am

29.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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