TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/20 W259 2207644-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.12.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

20.12.2019

Norm

AsylG 2005 §8 Abs3a
AsylG 2005 §9 Abs2
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
FPG §46 Abs2
FPG §46a
FPG §46a Abs1 Z2
FPG §46a Abs2
FPG §46a Abs4
StGB §105 Abs1
StGB §83 Abs1
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W259 2207644-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ulrike RUPRECHT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben. XXXX ist eine Karte für

Geduldete auszustellen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger der Volksgruppe der Kurden und muslimischen Glaubens, geboren in XXXX im Jahr XXXX , reiste ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 05.09.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.05.2013 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 stattgegeben und ihm der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

3. Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 25.10.2016 zu XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe in der Höhe von 50 Tagessätzen zu je € 4,-- verurteilt.

4. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 23.06.2017 zu XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Körperverletzung in verabredeter Verbindung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 5 Z 2 StGB, des Vergehens der Freiheitsentziehung nach §§ 15 Abs. 1, 99 Abs. 1 zweiter Fall StGB, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 vierter und fünfter Fall und Abs. 4 Z 3 SMG, 15 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Nötigung nach §§ 12 zweiter Fall, 105 Abs. 1 StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von drei Jahren und elf Monaten verurteilt.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.09.2018, Zl. XXXX wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten aberkannt. Gleichzeitig wurde gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetztes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Ebenso wurde ihm gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 und § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Syrien unzulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht vom 01.02.2019, W170 2207644-1/14E, wurde die fristgerechte Beschwerde gegen den Bescheid vom 03.09.2018 gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hinsichtlich der Spruchpunkte

I. (Aberkennung des Status des Asylberechtigten und Feststellung, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt), II. (Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten), III. (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen), IV. (Erlassung einer Rückkehrentscheidung), VI. (Frist für die freiwillige Ausreise) und VII. (Erlassung eines Einreiseverbotes) abgewiesen (Spruchpunkt I.). Hinsichtlich des Spruchpunktes V. (Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung nach Syrien) wurde die Beschwerde zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Die Revision wurde als nicht zulässig erklärt.

7. Einer dagegen eingebrachten außerordentlichen Revision an den Verfassungsgerichtshof wurde zwar vorerst die aufschiebende Wirkung zuerkannt, die Behandlung der Beschwerde jedoch letztlich abgelehnt (VfGH vom 11.06.2019, E 985/2019).

8. Am 13.06.2019 stellte der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte nach § 46a Abs. 4 FPG.

9. In dem von ihm ausgefüllten Formular stützte er seinen Antrag auf § 46a Abs. 1 Z 2 FPG (Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig). Der Beschwerdeführer begründete seinen Antrag damit, dass mit Bescheid vom 03.09.2018, Zl. XXXX festgestellt worden sei, dass die Voraussetzungen für die Duldung vorliegen würden.

Ein aktuelles Lichtbild des Beschwerdeführers wurde in Vorlage gebracht und eine Gebühr in der Höhe von € 26,30 entrichtet.

10. Mit Schreiben vom 13.06.2019 wurde der Beschwerdeführer mit Verweis auf § 8 AsylG-DV 2005 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aufgefordert, binnen drei Wochen einen Reisepass bei der Botschaft von Syrien in Wien zu besorgen und diesen dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzulegen.

11. Mit Bescheid vom 16.07.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 13.06.2019 auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 4 iVm Abs. 1 Z 2 FPG abgewiesen.

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass der Beschwerdeführer seine Mitwirkungspflicht im Verfahren verletzt habe. Gemäß § 46 Abs. 2 FPG sei er gesetzlich dazu verpflichtet, sich aus Eigenem ein Reisedokument bei seiner zuständigen Botschaft zu besorgen und dies dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nachzuweisen. Dieser Verpflichtung sei der Beschwerdeführer trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist nicht nachgekommen.

12. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Der Bescheid wurde in seinem gesamten Umfang angefochten. In der Beschwerdebegründung wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer gewillt sei, bei der Ausstellung der Verfahrenskarte mitzuwirken. Aus Gründen, die der Beschwerdeführer nicht zu vertreten habe, sei die Erlangung eines Reisedokumentes von der syrischen Botschaft derzeit jedoch nicht möglich. Gemäß § 46a Abs. 3 FPG liegen jedenfalls vom Fremden zu vertretende Gründe vor, wenn er seine Identität verschleiere, seinen Landungstermin zur Klärung seiner Identität oder Einholung eines Ersatzdokumentes nicht befolge, oder bei den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirke. Diese Gründe würden im Fall des Beschwerdeführers nicht vorliegen, da dem BF einerseits ein Identitätsnachweis bei der Abreise abgenommen worden sei und der Konventionsreisepass bei derselben Behörde vorliege und es daher keiner Klärung seiner Identität bedürfe, andererseits habe der Beschwerdeführer bis zur Erlangung eines Ersatzdokumentes seine Mitwirkungspflichten erfüllt, die Ausstellung eines Dokumentes werde von der syrischen Botschaft verweigert. Der Bescheid sei daher rechtswidrig.

Zum Beweis wurden Passkopien und Identitätskopien in Vorlage gebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste im Jahr 2012 nach Österreich ein und stellte am 05.09.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.05.2013 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 stattgegeben und ihm der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.09.2018, Zl. XXXX , wurde unter anderem dem Beschwerdeführer gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten aberkannt und gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt. Des Weiteren wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 1 FPG erlassen und gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 und § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Staatsgebiet nach Syrien unzulässig ist.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht eine Beschwerde. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht vom 01.02.2019 zu XXXX wurde die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hinsichtlich der Spruchpunkte I. (Aberkennung des Status des Asylberechtigten und Feststellung, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt), II. (Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten), III. (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen), IV. (Erlassung einer Rückkehrentscheidung), VI. (Frist für die freiwillige Ausreise) und VII. (Erlassung eines Einreiseverbotes) abgewiesen (Spruchpunkt I.). Hinsichtlich des Spruchpunktes V. (Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung nach Syrien) wurde die Beschwerde zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Die Revision wurde als nicht zulässig erklärt. Dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

Es besteht keine Zuständigkeit eines anderen Staates.

Der Beschwerdeführer stellte am 13.06.2019 einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte. Ein aktuelles Lichtbild des Beschwerdeführers wurde in Vorlage gebracht und eine Gebühr in der Höhe von € 26,30 entrichtet.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem zweifelsfreien Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A) Stattgabe der Beschwerde:

§ 46a FPG lautet:

"(1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange

1. deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;

2. deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist;

3. deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder

4. die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist;

es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.

(2) Die Duldung gemäß Abs. 1 Z 3 kann vom Bundesamt mit Auflagen verbunden werden; sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) während des anhängigen Verfahrens mitzuteilen; über sie ist insbesondere hinsichtlich ihrer Fortdauer im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. § 56 gilt sinngemäß.

(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen jedenfalls vor, wenn er

1. seine Identität verschleiert,

2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen "Republik Österreich" und "Karte für Geduldete", weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.

(5) Die Karte für Geduldete gilt ein Jahr beginnend mit dem Ausstellungsdatum und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 über Antrag des Fremden für jeweils ein weiteres Jahr verlängert. Die Karte ist zu entziehen, wenn

1. deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist;

2. die Voraussetzungen der Duldung im Sinne des Abs. 1 nicht oder nicht mehr vorliegen;

3. das Lichtbild auf der Karte den Inhaber nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt oder

4. andere amtliche Eintragungen auf der Karte unlesbar geworden sind.

Der Fremde hat die Karte unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen, wenn die Karte entzogen wurde oder Umstände vorliegen, die eine Entziehung rechtfertigen würden. Wurde die Karte entzogen oder ist diese vorzulegen, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und das Bundesamt ermächtigt, die Karte abzunehmen. Von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgenommene Karten sind unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.

(6) Der Aufenthalt des Fremden gilt mit Ausfolgung der Karte als geduldet, es sei denn das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt rechtskräftig festgestellt. Diesfalls gilt der Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Feststellung als geduldet."

Zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur vorangegangenen, aber inhaltlich vergleichbaren Rechtslage:

§ 46a FPG 2005 idF FrÄG 2011 kennt zwei Grundtypen einer Duldung, die einerseits in dessen Abs. 1 und andererseits in dessen Abs. 1a erfasst sind. Die beiden Fälle des § 46a Abs. 1 leg.cit. erfassten Konstellationen, in denen die Abschiebung eines Fremden aus rechtlichen Gründen, insbesondere wegen sonst (drohender) Verletzung von Art. 3 MRK (Anm.: nunmehr Abs. 1 Z 1 und 2), unzulässig ist. § 46a Abs. 1a leg.cit. (Anm.: nunmehr Abs. 1 Z 3) stellt hingegen darauf ab, dass die Abschiebung des Betroffenen aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich ist (VwGH 28.08.2014, Zl. 2013/21/0218).

Nach dem Gesetzestext des § 46a Abs. 2 FrPolG 2005 ist Voraussetzung für die Ausstellung einer "Karte für Geduldete", dass der Aufenthalt des Fremden iSd § 46a Abs. 1 FrPolG 2005 geduldet ist, was das (alternative) Vorliegen der in den Z 1 bis 3 genannten Tatbestände voraussetzt. Sind diese erfüllt, ist die genannte Karte, aus der sich auch die Duldung des Aufenthalts der dort angeführten Person ergibt, auszustellen (VwGH 19.3.2013, 2011/21/0240).

Der Beschwerdeführer stützt seinen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete auf die Unzulässigkeit seiner Abschiebung gemäß § 8a Abs. 3 iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 sohin auf § 46a Abs. 1 Z 2

FPG.

Gemäß § 46a Abs. 1 Z 2 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist. Dies betrifft den Fall der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bzw. der Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten infolge Vorliegens eines Aberkennungsgrundes und die Feststellung, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

In der Folge einer Asylaberkennung nach § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ist der Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet ex lege gemäß § 46a FrPolG 2005 geduldet, solange eine Abschiebung unzulässig ist (vgl. VwGH 22.02.2018, Ro 2017/22/0004, mwN). Die Zuerkennung des Status eines Geduldeten gemäß § 46a Abs. 1 Z 2 FPG erfolgt ex lege (vgl. VwGH 26.04.2017, Ra 2017/19/0016, mwN).

Dem Beschwerdeführer wurde im gegenständlichen Fall mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.09.2018, Zl. XXXX , u. a. gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten aberkannt und ihm gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 und § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Staatsgebiet nach Syrien unzulässig ist.

Gegenständlich liegt daher ein unter § 46a Abs. 1 Z 2 FPG zu subsumierender Sachverhalt vor. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ist nach ständiger Rechtsprechung ex lege geduldet.

Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 in § 46a Abs. 1 FPG ein neuer Satz 2 angefügt wurde, der klarstellt, dass die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich geduldet und daher unrechtmäßig ist, durch die Duldung unberührt bleibt. In der Fußnote wir ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dies unabhängig davon gelte, auf welcher Ziffer des Abs. 1 FPG die Duldung beruhe (Völker/Krumphuber, Jahrbuch Asylrecht und Fremdenrecht 2017: Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 und Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 Teil II, Seite 78).

Gemäß § 46 Abs. 2 FPG hat zwar ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt jedoch nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

Insoweit die belangte Behörde davon ausging, dass der Beschwerdeführer seiner in § 46 Abs. 2 FPG angeordneten Mitwirkungspflicht im Verfahren nicht nachgekommen ist und basierend auf diesem Umstand den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete abwies, ist diesen Ausführungen nicht zu folgen, da eine Anwendung des § 46 Abs. 2 FPG im gegenständlichen Fall ausgeschlossen ist, nachdem der Beschwerdeführer ex lege ein Geduldeter im Sinne des § 46a Abs. 1 Z 2 FPG ist (vgl. letzter Satz der Bestimmung § 46 Abs. 2 FPG: "[...] Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.").

Die belangte Behörde hätte, nachdem die Voraussetzungen gemäß § 46a Abs. 1 Z 2 FPG vorliegen, in Form eines Bescheides dahingehend zu entscheiden gehabt, dass sie dem Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 4 FPG entspricht.

Der Beschwerde war daher stattzugeben.

Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete ist gemäß § 46a Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 4 FPG stattzugeben. Dem Beschwerdeführer ist eine Karte für Geduldete auszustellen.

3.2. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage nicht von besonderer Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).

Der Beschwerdeführer stellte zwar einen Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (AS 45), doch war die Durchführung einer solchen von Amts wegen nicht erforderlich, weil die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ. Es stand bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Beschwerde stattzugeben war. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte daher im gegenständlichen Fall unterbleiben.

3.3. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.

Die maßgebliche Rechtsprechung wurde wiedergegeben. Die angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Duldung, Haft, Haftstrafe, Karte für Geduldete, Körperverletzung,
Mitwirkungspflicht, Nötigung, Reisedokument, schwere Straftat,
Straffälligkeit, Strafhaft, strafrechtliche Verurteilung, Straftat,
Suchtgifthandel, Suchtmitteldelikt, Verbrechen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W259.2207644.2.00

Zuletzt aktualisiert am

13.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten