TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/12 W235 2226921-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.02.2020
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Entscheidungsdatum

12.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
AsylG 2005 §34 Abs4
AsylG 2005 §4a
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §61 Abs1 Z1
FPG §61 Abs2
MSchG §3
MSchG §5
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W235 2226921-1/6E

W235 2226920-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1. XXXX , geb. XXXX und 2. mj. XXXX , geb. XXXX , dieser gesetzlich vertreten durch: XXXX , beide StA. Syrien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.12.2019, Zl. 1252326200-191163481 (ad 1.) und Zl. 1252326004-191163503 (ad 2.) zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 4a, 10 Abs. 1 Z 1 und 57 AsylG sowie

§ 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers. Beide Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Syrien kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit. Sie reisten gemeinsam in das österreichische Bundesgebiet ein, wo die Erstbeschwerdeführerin am 14.11.2019 für sich und als gesetzliche Vertreterin für den minderjährigen Zweitbeschwerdeführer die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz stellte.

Die durchgeführte Eurodac-Abfrage ergab, dass die Erstbeschwerdeführerin am XXXX .08.2017 in Griechenland einen Asylantrag stellte.

1.2. Am Tag der Antragstellung wurde die Erstbeschwerdeführerin einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei sie zunächst angab, dass ihr Ehemann namens XXXX in Österreich lebe. Sie leide an keinen Krankheiten, sei jedoch im dritten Monat schwanger. Die Erstbeschwerdeführerin habe ihr Heimatland ver- lassen und habe nach Österreich gewollt, weil hier ihr Ehemann sei. Sie sei in die Türkei ge-reist, wo sie sich ca. sechs Monate aufgehalten habe. Dann sei sie nach Griechenland gefah-ren und habe dort ca. zweieinhalb Jahre in Athen gelebt. Sie habe einen griechischen Reisepass, der in Athen ausgestellt worden sei. Diesen Reisepass habe sie weggeworfen; sie habe jedoch ein Foto von diesem auf ihrem Handy. Zu ihrem Aufenthalt in Griechenland könne sie nur sagen, dass es dort keine Gerechtigkeit und keine Menschlichkeit gebe. In Griechenland habe sie um Asyl angesucht und einen negativen Bescheid bekommen. Danach habe sie alle Dokumente weggeworfen. Es sei sehr schwer einen positiven Asylbescheid in Griechenland zu erhalten. Über eine Rückkehr nach Griechenland wolle sie nicht nachdenken. Sie wolle hier bei ihrem Mann und dem Zweitbeschwerdeführer bleiben. Ende Juli 2019 - sie glaube, es sei der XXXX .07.2019 gewesen - sei die Erstbeschwerdeführerin mit dem Zweitbeschwerdeführer mit dem Flugzeug von Athen nach Wien geflogen. Sie habe einen griechischen Kon-ventionspass gehabt, mit dem sie nach Wien geflogen sei. Am Flughafen in Wien habe sie diesen Pass entsorgt. Über ihr Asylverfahren in Griechenland könne sie nur sagen, dass sie einen Negativbescheid bekommen habe. Die Erstbeschwerdeführerin wolle in Österreich bei ihrem Mann bleiben.

In den Verwaltungsakten befinden sich Farbkopien von den griechischen Aufenthaltstiteln der Erst- und des Zweitbeschwerdeführers mit einer Gültigkeit bis XXXX .09.2021 sowie des bis zum XXXX .05.2024 gültigen griechischen Konventionsreisepass der Erstbeschwerdeführerin.

Weiters legte die Erstbeschwerdeführerin die Kopie einer Heiratsurkunde vom XXXX .08.2018, ausgestellt vom syrischen Innenministerium, Abteilung für standesamtliche Angelegenheiten, betreffend die Eheschließung der Erstbeschwerdeführerin mit Herrn XXXX am XXXX 2017 vor.

Mit Verfahrensanordnungen gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 27.11.2019 wurde den Beschwerdeführern mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, die Anträge beider Beschwerdeführer auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da sie in Griechenland Schutz vor Verfolgung gefunden hätten. Diese Verfahrensanordnungen wurden der Erstbeschwerdeführerin nachweislich am 28.11.2019 übergeben.

1.3. Am 03.12.2019 fand eine Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit einer Rechtsberaterin im Zulassungsverfahren sowie unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetsches für die Sprache Kurdisch-Kurmanji vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt, in welcher die Erstbeschwerdeführerin zunächst angab, dass sie weder an Krankheiten leide noch Medikamente benötige. Auch der Zweitbeschwerdeführer sei gesund. Ihr Ehemann sei in Österreich asylberechtigt. Er sei auch der Vater des Zweitbeschwerdeführers. Die Erstbeschwerdeführerin sei schwanger. Ihr Ehemann lebe seit sieben Jahren in XXXX . Im Jahr 2014 sei sie mit ihrer Familie in die Türkei geflüchtet und habe dort Kontakt mit ihrem späteren Ehemann über das Internet gehabt. Dann habe er bei ihrem Vater um ihre Hand angehalten und sie hätten über Internet vor einem Imam traditionell geheiratet. Zu diesem Zeitpunkt sei die Erstbeschwerdeführerin in der Türkei und ihr Mann in Österreich gewesen. Am XXXX 2017 hätten sie sich in Griechenland zum ersten Mal getroffen und hätten dann einen Anwalt in Syrien beauftragt, die Ehe in Syrien standesamtlich eintragen zu lassen. Damals hätten sie eine Woche lang in Griechenland zusammen gelebt. Dann sei er nach Österreich zurückgekehrt, ca. 20 Tage später wieder nach Griechenland gekommen und ca. drei Wochen geblieben. Beim dritten Besuch sei ihr Ehemann ein Jahr in Griechenland geblieben und sei später wieder gekommen. An die genauen Zeiten könne sie sich nicht erinnern.

In Athen habe die Erstbeschwerdeführerin bei Verwandten und Freunden gelebt. Ihr Bruder und ihre Mutter hätten ihr öfter Geld geschickt. Hin und wieder habe sie auch ihr Mann mit geringeren Beträgen finanziell unterstützt. In Österreich habe sie die ersten paar Tage bei ihrem Mann gelebt. Seit der Antragstellung wohne sie in der Betreuungsstelle. Seitdem sie in der Betreuungseinrichtung lebe, habe sie ihr Mann nur einmal besucht. Er sei mit seiner Ar-beit sehr beschäftigt und komme nur wenig. Sonst gebe es keine Personen in Österreich, zu denen ein enges Verhältnis bestehe. Zur beabsichtigten Vorgehensweise des Bundesamtes, ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da sie Schutz vor Verfolgung in Griechenland gefunden habe, gab die Erstbeschwerdeführerin an, sie werde sich umbringen, bevor sie nach Griechenland zurückkehre. Sie wolle in Österreich mit ihrem Mann bleiben. In Griechenland habe sie Hunger erlebt und habe oft auf der Straße leben müssen. Sie wolle nicht zurück. Die Frage, ob es konkret, sie betreffende Vorfälle in Griechenland gegeben ha-be, verneinte die Erstbeschwerdeführerin und gab an, dass sie dort nicht zufrieden gewesen sei und zwar deshalb, weil ihr Mann in Österreich und sie in Griechenland leben würde. Zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen zur Lage in Griechenland wolle sie keine Stellungnahme abgeben, da die Lage in Griechenland schlecht für sie gewesen sei.

Von einer gerichtlichen Untersuchung als Zeuge oder Opfer in Österreich sei sie nie betrof- fen gewesen. Die Erstbeschwerdeführerin sei auch nicht von einem zivil- oder strafrechtli-chen Gerichtsverfahren oder von einer einstweiligen Verfügung in Österreich betroffen ge-wesen.

Von der eingeräumten Möglichkeit Fragen zu stellen oder ein Anliegen vorzubringen machte die während der Einvernahme anwesende Rechtsberaterin keinen Gebrauch.

Aus den vom Bundesamt - nach Zustimmung der Erstbeschwerdeführerin - eingeholten medizinischen Unterlagen ergibt sich, dass die Erstbeschwerdeführerin schwanger ist und der voraussichtliche Geburtstermin der XXXX .2020 sein wird (vgl. AS 115 ff im Akt der Erstbeschwerdeführerin).

2. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die Beschwerdeführer nach Griechenland zurückzubegeben hätten (Spruchpunkte I.). Unter den Spruchpunkten II. der jeweils angefochtenen Bescheide wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Letztlich wurde unter den Spruchpunkten III. die Anordnung der Außerlandesbringung der Beschwerdeführer ge- mäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge ihre Abschiebung nach Griechenland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig ist.

Begründend wurde zu beiden Beschwerdeführern ausgeführt, dass diese an keinen Erkrankungen leiden würden, die einer Überstellung nach Griechenland entgegenstünden. Die Erstbeschwerdeführerin sei in Besitz eines bis XXXX .05.2024 gültigen Konventionsreisepasses sowie eines bis XXXX .09.2021 gültigen griechischen Aufenthaltstitels. Der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin bzw. der Vater des Zweitbeschwerdeführers sei seit Dezember 2012 anerkannter Flüchtling in Österreich. Die Erstbeschwerdeführerin habe ihren Ehemann traditio-nell via Internet in der Türkei und am XXXX 2017 standesamtlich in Griechenland geheiratet. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf in den angefochtenen Bescheiden Feststellungen zur Lage in Griechenland betreffend die Situation von Schutzberechtigten.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt aus, dass die Erstbeschwerdeführerin bezüglich ihres Gesundheitszustandes sowie jenem des Zweitbeschwerdeführers nicht behauptet ha-be, dass sie an schweren, lebensbedrohenden Krankheiten leiden würden. Ärztliche Befunde in dieser Hinsicht seien nicht vorgelegt worden. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweit-beschwerdeführer würden gemeinsam nach Griechenland überstellt werden. Nach Wiederholung des Vorbringens der Erstbeschwerdeführerin zu ihrem Ehemann (und Vater des Zweitbeschwerdeführers) wurde zunächst darauf verwiesen, dass dieser zwar seit 2012 an-erkannter Flüchtling in Österreich sei, allerdings am XXXX .11.2019 gegen ihn ein Aberken-nungsverfahren eingeleitet worden sei. Eine ZMR Abfrage habe ergeben, dass der Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer seit XXXX .11.2012 bis XXXX .10.2017 fast durchgehend an unterschiedlichen Adressen in Österreich gelebt habe. Nach einer Abwesenheit von ca. 22 Mona-ten sei seine vorletzte Meldung am XXXX .08.2019 in Wien erfolgt. Dies sei der Zeitraum, in welchem die Erstbeschwerdeführerin glaube, nach Wien geflogen zu sein. Zwei Tage vor Antragstellung der Beschwerdeführer habe sich deren Ehegatte bzw. Vater am XXXX .11.2019 an sei- ner nunmehrigen, aktuellen Adresse in XXXX gemeldet. Dem Akt des Ehegatten bzw. Vaters liege ein Ersuchen Griechenlands vom XXXX .09.2018 an Österreich bei, diesen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zu übernehmen, da er am XXXX .09.2018 in Griechenland um Asyl an-gesucht habe. Ferner habe die Österreichische Botschaft in Athen dem Bundesamt mitge- teilt, dass der Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer bei der Botschaft vorgesprochen und angegeben habe, sein Konventionsreisepass sei ihm gestohlen worden. Dieser sei in der Folge von der Polizei am XXXX .12.2017 am Flughafen in Athen gefunden worden. Als anerkannten Flüchtling sei dem Ehemann bzw. Vater mit Schreiben vom XXXX .11.2018 die Wiedereinrei-se nach Österreich gestattet worden. Zu den Angaben der Erstbeschwerdeführerin, sie wolle mit ihrem Ehemann in Österreich leben, werde ausgeführt, dass dieser ab Oktober 2017 bis August 2019 nicht in Österreich niedergelassen gewesen sei. Nach einem ca. dreimonatigen Aufenthalt, der der Erstbeschwerdeführerin aufgrund ihres griechischen Konventionsreisepasses gestattet gewesen sei, habe sie den gegenständlichen Antrag gestellt und dabei behauptet, in Griechenland einen negativen Asylbescheid erhalten zu haben. Die unberechtigte Stellung eines Asylantrages und die falschen Angaben betreffend den Asylstatus in Griechenland könnten nur als absichtliche Umgehung der Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Fremden in Österreich gewertet werden. Ein allein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt könne keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Ferner sei das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem sich die Erstbeschwerdeführerin ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst gewesen sei. Sowohl die erste Begegnung mit dem Ehegatten als auch die Fortführung des Familienlebens sei ausschließlich außerhalb des österreichischen Bundesgebietes erfolgt. Es könne auch kein Abhängigkeitsverhältnis zum Ehegatten bzw. Vater der Beschwerdefüh-rer festgestellt werden. Der Ehegatte bzw. Vater habe die Beschwerdeführer regelmäßig in Griechenland besucht und könne die Ehe auf diese Art und Weise in Griechenland, wo die Beschwerdeführer asylberechtigt seien, fortgesetzt werden. Die Feststellungen zum Schutz vor Verfolgung in Griechenland würden sich aus den unbedenklichen Akteninhalten ergeben. Es werde darauf hingewiesen, dass die Ausstellung eines Konventionsreisepasses nur im Zusammenhang mit einem positiven Asylbescheid möglich sei und daher die Angaben der Erstbeschwerdeführerin betreffend ihren Asylstatus in Griechenland nur als bewusste Umge- hung der österreichischen Rechtsordnung gesehen werden könnten. Die Feststellungen zu Griechenland würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Zum Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin, sie habe in Griechenland Hunger erlebt, auf der Straße leben müssen und die Lage sei schlecht gewesen, werde ausgeführt, dass gemäß den Länderfeststellungen anerkannten Flüchtlingen das allgemeine staatliche Sozialsystem zur Verfügung stehe und es würden EU-finanzierte Integrationsprogramme wie Soforthilfe für Integration und Unterbringung (ESTIA) existieren. Anerkannte Flüchtlinge hätten einen gesetzlichen Anspruch auf medizinische Behandlung und seien in die staatliche Krankenversicherung mit einbezogen. Die Erstbeschwerdeführerin habe bereits den Zweitbeschwerdeführer in Griechenland im Juli 2018 zur Welt gebracht. Im Rahmen des ESTIA-Programms würden hauptsächlich Familien untergebracht werden, wobei prioritäre Kriterien das Vorliegen einer medizinischen Indikation, die bevorstehende Geburt eines Kindes, Neugeborene, alleinerziehende Mütter sowie die Un- terbringung von vulnerablen Personen seien. Insbesondere die Erstbeschwerdeführerin als alleinerziehende Mutter, welcher eine Geburt bevorstehe, erfülle diese Kriterien. Bedürftige könnten sich nach der Ankunft in Griechenland unmittelbar an Hilfsorganisationen wenden. Ein Zugang zum Arbeitsmarkt stehe Schutzberechtigten ebenfalls offen. Seit Juni 2018 stelle die griechische Arbeitsagentur ODEA für alle Schutzberechtigten ein Arbeitslosenkarte aus, die zur Inanspruchnahme einiger kostenloser Leistungen berechtige. NGOs würden Programme zur Fortbildung, Unterstützung bei der Arbeitssuche und Sprachkurse anbieten. Es bestünden keine Anhaltspunkte, dass die Beschwerdeführer in Griechenland keine Existenzgrundlage vorfänden. Neben den Sozialleistungen, die ihnen zustünden, sei die Erstbeschwerdeführerin jung, gesund und arbeitsfähig, sodass sie eine Existenzgrundlage in Griechenland schaffen könne. Dies werde durch die Tatsache bekräftigt, dass die Erstbeschwer-deführerin bereits zweieinhalb Jahre lang in Griechenland in der Lage gewesen sei, für sich und den Zweitbeschwerdeführer zu sorgen. Zusammenfassend seien aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin keine stichhaltigen Gründe zu entnehmen, dass den Beschwerde- führern in Griechenland eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen könne.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu den jeweiligen Spruchpunkten I. der angefochtenen Bescheide, dass die Beschwerdeführer in Griechenland als Asylberechtigte anerkannt worden seien. Es sei daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer dort Schutz vor Verfolgung gefunden hätten. Zu den Spruchpunkten II. der jeweils angefochtenen Bescheide wurde ausgeführt, dass die Erteilung eines Aufenthaltsti- tels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen sei, wenn ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG zurückgewiesen werde. Es sei weder aus der Aktenlage ersichtlich noch habe die Erstbeschwerdeführerin behauptet, die Beschwerdeführer seien Zeuge oder Opfer von Menschenhandel, grenzüberschreitenden Prostitutionshandel oder Opfer von Gewalt geworden. Daher sei ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht zu erteilen. Weiters wurde zu den jeweiligen Spruchpunkten III. ausgeführt, dass eine Entscheidung nach § 4a AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei, wenn ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG von Amts wegen nicht zu erteilen sei. Die Beschwerdeführer würden gemeinsam aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Griechenland ausgewiesen. Betreffend den Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer werde darauf verwiesen, dass eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, wenn ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereit bei seiner Begründung ungewiss gewesen sei, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeute. Eine solche Ausnahmesituation werde in den vorliegenden Fällen nicht erkannt. Eine besondere Integration der Beschwerdeführer könne auch aufgrund der nur kurzen Aufenthaltsdauer ausgeschlossen werden. Aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens würden auch sonst keine Hinweise vorliegen, die den Schluss zulassen würden, dass durch die Anordnung der Außerlandesbringung auf unzulässige Weise in das Privatleben eingegriffen worden sei. Da den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt werde und gemäß § 10 Abs. 1 AsylG iVm § 9 BFA-VG keine Verletzung von Art. 8 EMRK ersichtlich sei, sei diese Entscheidung mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden. Eine Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.

3. Im Akt der Erstbeschwerdeführerin befinden sich sowohl Kopien des Dublin-In Verfahrens ihres Ehegatten als auch aus dessen Botschaftsverfahren. Diesen Unterlagen lässt sich zu- sammengefasst entnehmen, dass der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin am XXXX .09.2018 in Griechenland um Asyl angesucht hat. Ein Ersuchen der griechischen Behörden auf Übernahme gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO lehnte die österreichische Dublinbehörde mit dem Hinweis ab, dass dem Ehegatten bzw. Vater der Beschwerdeführer am

XXXX .12.2012 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden war und die Dublin III-VO sohin nicht an- wendbar ist. Am XXXX .08.2018 sprach der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin bei der Österreichischen Botschaft in Athen vor und gab an, dass er nach Österreich zurückkehren wolle. Er sei seit XXXX .10.2017 - nachdem er seinen Konventionsreisepass verloren habe - ohne Do-kument in Griechenland wohnhaft. Einer Niederschrift der Österreichischen Botschaft Athen mit dem Ehegatten bzw. Vater der Beschwerdeführer ist zu entnehmen, dass dieser im Feber 2017 in Griechenland eingereist sei und dort am XXXX 2017 geheiratet habe. Danach sei er nach Österreich zurückgekehrt und im April 2017 neuerlich nach Griechenland gereist. Er wohne mit seiner Gattin und seinem Sohn in einem Hotel, welches Flüchtlingen vom griechischen Staat zur Verfügung gestellt werde. Die Erstbeschwerdeführerin bekomme monatlich € 150,00 und zusätzlich € 40,00 für den Zweitbeschwerdeführer vom griechischen Staat. Fünf Geschwister der Erstbeschwerdeführerin würden in Deutschland leben und hätten ihr bei einem Besuch in Griechenland Geld in bar übergeben.

Ferner findet sich im Akt der Erstbeschwerdeführerin eine Bestätigung von UNHCR vom XXXX .09.2018, dass die Erstbeschwerdeführerin bis zum XXXX .06.2020 am Cash-Card Programm des UNHCR teilnimmt und sohin als Bezieherin von EU-finanzierten Geldleistungen in Griechenland geführt wird (vgl. AS 167 im Akt der Erstbeschwerdeführerin).

4. Gegen die oben angeführten Bescheide erhob die Erstbeschwerdeführerin für sich und als gesetzliche Vertreterin ebenso für den minderjährigen Zweitbeschwerdeführer im Wege ihrer nunmehr ausgewiesenen Vertretung Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde nach Wiederholung des Verfahrensgangs im Wesentlichen ausgeführt, dass es die Behörde unterlas-sen habe, das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer ausreichend zu berücksichtigen. Insbesondere habe die Behörde bei der Erlassung der Aufenthaltsbeendigung die kon-kreten Auswirkungen der Aufenthaltsbeendigung auf die Beziehung des Zweitbeschwerde-führers zu seinem Vater nicht gehörig geprüft. Ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind entstehe mit dem Zeitpunkt der Geburt. Das Zusammenleben eines Elternteils mit einem Kind sei keine unabdingbare Voraussetzung für das Vor-handensein eines Familienlebens. Es sei nach Auffassung des EGMR ein grundlegender Bestandteil des Familienlebens, dass sich Eltern und Kinder der Gesellschaft des jeweils ande-ren Teils erfreuen können. Eine unzureichende Berücksichtigung des Kindeswohls könne zu einer Fehlerhaftigkeit der Interessensabwägung und somit zu einer Verletzung des Art. 8 EMRK führen. Somit sei ersichtlich, dass es sich im vorliegenden Fall um ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK handle, welches durch die bekämpften Bescheide zwischen den Beschwerdeführern und ihrem in Österreich ansässigen Ehemann bzw. Vater beeinträchtigt und vernichtet werde. Darüber hinaus werde das zweite Kind nach der Geburt den Asylsta-tus des Vaters bekommen, was dazu führen werde, dass das Neugeborene seine Mutter nicht bei sich haben könne.

5. Aufgrund einer Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichts gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit E-Mail vom 30.01.2020 bekannt, dass die Beschwerdeführer noch nicht nach Griechenland überstellt wurden, da diese unbekannten Aufenthalts sind.

Ferner übermittelte das Bundesamt ein Schreiben der griechischen Dublinbehörde vom 11.02.2020, in dem bestätigt wurde, dass beide Beschwerdeführer in Griechenland den Sta-tus von Asylberechtigten erlangt hatten und über b is zum XXXX .09.2021 gültige griechische Aufenthaltstitel verfügen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Beschwerdeführern:

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers. Beide Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Syrien kurdischer Volksgruppenzugehörig- keit. Von Syrien aus reiste die Erstbeschwerdeführerin in die Türkei, von wo aus sie weiter nach Griechenland fuhr, wo sie am XXXX .08.2017 einen Asylantrag stellte. In der Folge wurde ihr in Griechenland der Status der Asylberechtigten zuerkannt und ihr ein bis zum XXXX .05.2024 gültiger Konventionspass ausgestellt. Am XXXX wurde der Zweitbeschwerdeführer in Griechenland geboren und ist dort ebenfalls asylberechtigt. Beide Beschwerdeführer verfügen über griechische Aufenthaltstitel mit einer Gültigkeit bis XXXX .09.2021. Trotz aufrechten Status als Asylberechtigte begaben sich die Beschwerdeführer nach einem ca. zweieinhalb-jährigen Aufenthalt in Griechenland in das österreichische Bundesgebiet und stellten am 14.11.2019 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Konkrete, in der Person der Beschwerdeführer gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Griechenland sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Griechenland Gefahr liefen, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden. Festgestellt wird, dass der griechische Staat für die Beschwerdeführer ausreichend gesorgt hat. Die Beschwerdeführer wohnten in einem Hotel, das ihnen (und anderen Flüchtlingen) vom griechischen Staat zur Verfügung gestellt wurde. Ferner bekam die Erstbeschwerdeführerin monatlich € 150,00 für sich und zusätzlich € 40,00 für den Zweitbeschwerdeführer vom griechischen Staat. Auch wurde die medizini- sche Versorgung in Zusammenhang mit der Geburt des Zweitbeschwerdeführers nicht beanstandet. Weiters wird festgestellt, dass die Erstbeschwerdeführerin Bezieherin der EU- finanzierten Geldleistungen im Rahmen des Cash-Card Programms des UNHCR ist.

Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführer weder an körperlichen noch an psychischen Erkrankungen leiden, die einer Überstellung nach Griechenland aus gesundheitlichen Grün- den entgegenstehen. Die Erstbeschwerdeführerin ist schwanger, der voraussichtliche Geburtstermin ist der XXXX .2020. Eine Risikoschwangerschaft liegt nicht vor.

Der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin und Vater des Zweitbeschwerdeführers lebt in Österreich seit XXXX .12.2012 als anerkannter Konventionsflüchtling. Seit XXXX .12.2019 ist beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten anhängig. Die Ehe der Erstbeschwerdeführerin mit ihrem Ehegatten wurde am XXXX 2017 in Griechenland geschlossen. Von Oktober 2017 bis August 2019 verfügte der Ehegatte bzw. Vater der Beschwerdeführer über keine aufrechte Meldeadresse in Österreich und wird festgestellt, dass er sich in diesem Zeitraum bei den Beschwerdeführern in Grie- chenland aufgehalten hat. In Österreich leben die Beschwerdeführer mit dem Ehegatten bzw. Vater nicht im gemeinsamen Haushalt. Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführer seit 13.12.2019 über keine aufrechte Meldung mehr in Österreich verfügen. Sohin hat sich die Erstbeschwerdeführerin dem Verfahren bzw. den Behörden entzogen und ist mit dem Zweitbeschwerdeführer untergetaucht. Ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Beschwerdeführern und ihrem Ehemann bzw. Vater kann nicht festgestellt werden. Darüber hinaus bestehen keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

1.2. Zur Lage in Griechenland betreffend Schutzberechtigte:

Zur Lage in Griechenland betreffend Schutzberechtigte wurden in den angefochtenen Be-scheiden Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen wer-den.

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten zunächst eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Humanitär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre. Die Aufenthaltserlaubnis wird in der Regel ein bis zwei Monate nach der Ent- scheidung ausgestellt. In der Zwischenzeit gilt die Asylwerberkarte mit dem Stempel "Pen- ding Residence Permit". Nach fünf Jahren Aufenthalt kommt ein Flüchtling für eine dauerhaf-te Aufenthaltsgenehmigung in Frage, wenn er bestimmte Voraussetzungen erfüllt (AIDA 3.2019). [...]

NGOs bezeichnen die Lebensbedingungen für Menschen mit internationalem Schutzstatus in Griechenland als alarmierend. Schutzberechtigte sehen sich nicht nur mit fehlenden Mög-lichkeiten zur Integration in die griechische Gesellschaft konfrontiert, sondern auch oft mit unzulänglichen Lebensumständen und humanitären Standards, einer äußerst prekären sozi-oökonomischen Situation und kämpfen oft um ihr bloßes Überleben. Es bestehen weiterhin flächendeckende Defizite bezogen auf die Aufnahme, Versorgung und Integration von Schutzberechtigten. In der Praxis besteht für Flüchtlinge immer noch kein gesicherter Zugang zu Unterbringung, Lebensmittelversorgung, medizinischer und psychologischer Behandlung oder zum Arbeitsmarkt. Auf dem Festland sind Fälle bekannt, in denen anerkannte Flüchtlin-ge inoffiziell für einige Monate weiter i n den Unterbringungszentren bleiben durften und Bargeld erhielten wie Asylbewerber. Jedoch wurden für sie keine weiteren Integrationsmaßnahmen ergriffen. Sie erhielten keinen Zugang zu entsprechenden Informationen oder Unterstützung bei der Integration (Pro Asyl/RSA 8.2018).

Besondere staatliche Hilfsangebote für anerkannte Schutzberechtigte neben dem allgemei-nen staatlichen Sozialsystem bestehen nicht. Konzepte für eine speziell zugeschnittene In-formation durch öffentliche Behörden sowie Zugangserleichterungen zu staatlichen Leistungen für anerkannte Schutzberechtigte befinden sich im Aufbau (AA 26.9.2018a; vgl. Pro Asyl/RSA 8.2018).

Integrationsplan:

Die sogenannte Nationale Strategie zur Integration von Drittstaatsangehörigen ist nur teilweise umgesetzt. Maßnahmen und Projekte des Ministeriums für Arbeit und Sozialfürsorge sind zwar für diejenigen, die unter der Armutsgrenze leben, vorgesehen, aber nicht für Per-sonen, die kein Griechisch sprechen oder verstehen (Pro Asyl/RSA 8.2018).

In der Praxis werden konkrete Integrationsprogramme (z.B. Soforthilfe für Integration und Unterbringung (ESTIA)) weitgehend von einer EU-Finanzierung abhängig sein, da weder auf nationaler noch auf kommunaler Ebene nennenswerte Ressourcen zur Verfügung stehen. Positiver gestaltet sich die Integration der etwa 12.000 schulpflichtigen Flüchtlingskinder in Griechenland, von denen im Schuljahr 2017/2018 ca. 8.000 eingeschult waren (AA 6.12.2018).

Sozialleistungen:

Gemäß Gesetz haben Flüchtlinge in Griechenland dieselben sozialen Rechte wie griechische Staatsbürger, aber bürokratische Hürden, staatliche Handlungsdefizite, mangelnde Umsetzung des Gesetzes und die Auswirkungen der Wirtschaftskrise können den Genuss dieser Rechte schmälern (AIDA 3.2019; vgl. Pro Asyl/RSA 30.8.2018; UNHCR 4.2019). Das neue System der sozialen Grundsicherung vom Februar 2017 befindet sich noch im Aufbau und wird schrittweise eingeführt. Es sieht Geldleistungen (erste Säule) sowie Sachleistungen (zweite Säule) und Arbeitsvermittlung (dritte Säule) vor. Eine etablierte Verwaltungspraxis besteht bislang nicht. Allerdings wurde der Zugang im Rahmen einer Gesetzesänderung im Juni 2018 für jene Personen eingeschränkt, die in EU-finanzierten Aufnahmelagern und Apartments wohnen. Die überwiegende Mehrheit der anerkannten Schutzberechtigten bezieht bisher keine soziale Grundsicherung (AA 6.12.2018). Voraussetzung für den Leistungsbezug allge-meiner Sozialhilfe ist das Einreichen verschiedener Dokumente (Aufenthaltserlaubnis, Sozi-alversicherungsnummer, Bankverbindung, Steuererklärung über das Online-Portal Taxis- Net), wobei der Nachweis des dauerhaften einjährigen Mindestaufenthalts im Inland durch die inländische Steuererklärung des Vorjahres nachzuweisen ist. Dabei sind Unterlagen grundsätzlich online und in griechischer Sprache einzureichen, staatlicherseits werden keine Dolmetscher gestellt (AA 7.2.2018). Bei der Beschaffung der genannten Dokumente stoßen jedoch die Betroffenen in der Praxis auf zahlreiche Schwierigkeiten (Pro Asyl/RSA 30.8.2018; vgl. UNHCR 4.2019). Einige NGOs bieten punktuell Programme zur Unterstützung bei der Beantragung von Sozialleistungen an. Erster Anlaufpunkt ist die HELP-Webseite des UNHCR. Es beraten z. B. der Arbeiter- Samariter-Bund, die Diakonie und der Greek Refugee Council (AA 6.12.2018; vgl. UNHCR 4.2019). Im Juli 2019 gab es 72.290 Bezieher der EU-finanzierten Geldleistungen im Rahmen sogenannter Cash-Card Programm des UNHCR, darunter 13.800 anerkannte Schutzberechtigte (UNHCR 7.2019). Es besteht kein Anspruch auf Teilnahme an dem Cash-Card-Programm, es handelt sich nicht um einen Sozialhilfeanspruch, sondern um humanitäre Hilfe. Der Bezugszeitraum endet grundsätzlich nach Anerkennung bzw. nach einer Übergangsfrist von 6 bis 12 Monaten. In der Praxis wurden bisher keine Asylwerber nach ihrem Statuswechsel von dem Bezug ausgeschlossen. Für bereits anerkannte Schutzbe- rechtigte ist ein Neueintritt in das Cash-Card-Programm allerdings nicht möglich (AA 6.12.2018). Der Auszahlungsbetrag beträgt zwischen 90 € für eine Einzelperson mit Unterkunft und Verpflegung und bis zu 550 € für eine Familie mit sieben oder mehr Personen (AIDA 3.2019; vgl. UNHCR 7.2019).

Medizinische Versorgung:

Anerkannte Schutzberechtigte haben durch Gesetz vom 20. Februar 2016, umgesetzt seit Ende 2016, einen gesetzlichen Anspruch auf unentgeltliche medizinische Behandlung (auch in Krankenhäusern) und sind in die staatliche Krankenversicherung mit einbezogen. Das Ge-sundheitssystem erfüllt diesen Anspruch auch in der Praxis, insbesondere im Rahmen der Notfallversorgung (AA 7.2.2018). Trotz des günstigen Rechtsrahmens wird der tatsächliche Zugang zu medizinischer Versorgung in der Praxis durch einen erheblichen Ressourcen- und Kapazitätsmangel sowohl für Fremde als auch für die einheimische Bevölkerung erschwert. Der von verschiedenen Sparmaßnahmen stark betroffene öffentliche Gesundheitssektor steht unter enormem Druck und ist nicht in der Lage, den gesamten Bedarf an Gesundheitsleistungen weder für die einheimische Bevölkerung noch für Migranten zu decken. Ein wei-teres Problem stellt die Ausstellung der Sozialversicherungsnummer (AMKA) dar (AIDA 3.2019). Kosten fallen bei Medikamenten im ambulanten Bereich an, da der staatlich festgesetzte erstattete Preis in Apotheken teilweise unterhalb des realen Verkaufspreises gilt. Mit Blick auf die allgemein begrenzten Haushaltsmittel sind Schutzberechtigte wie die griechi- sche Bevölkerung auch hierbei Budgetierungen und restriktiver Medikamentenausgabe insbesondere bei teuren Krebsmedikamenten unterworfen. Seit Anfang 2017 werden Medikamente für Bedürftige nicht mehr kostenlos in Krankenhausapotheken abgegeben, sondern sind über Apotheken zu beziehen. Dabei wird ein staatlich festgesetzter Preis erstattet, der z.T. unterhalb des üblichen Abgabepreises in Apotheken liegt. Der Differenzbetrag ist privat zu tragen. An einigen Orten unterstützen private Sozialkliniken Bedürftige mit kostenloser Medikamentenabgabe. Fälle von Behandlungsverweigerung sind seltene Ausnahmen (AA 6.12.2018; vgl. AA 7.2.2018).

Wohnmöglichkeiten:

Anerkannte Schutzberechtigte haben seit 2013 Zugang zu Unterbringung unter den gleichen Bedingungen wie Drittstaatsangehörige, die sich legal in Griechenland aufhalten. Eine staat-liche Sozialleistung zur Wohnungsunterstützung besteht derzeit auch für die griechische Bevölkerung noch nicht (AA 26.9.2018a; vgl. AIDA 3.2019). In der Praxis wird Schutzberechtig-ten, die als Asylwerber in einem Flüchtlingslager oder in einer Wohnung des UNHCR-Unterbringungsprogramms (ESTIA) untergebracht waren, gestattet, nach ihrer Anerkennung für weitere 6 Monate in der gleichen Unterkunft zu bleiben (Pro Asyl/RSA 8.2018). Wohn-raum wäre grundsätzlich auf dem freien Wohnungsmarkt zu beschaffen (AA 6.12.2018). Das private Anmieten von Wohnraum für bzw. durch anerkannte Schutzberechtigte wird durch das traditionell bevorzugte Vermieten an Familienmitglieder, Bekannte und Studenten, so- wie gelegentlich durch Vorurteile erschwert (AA 26.9.2018a). Personen, die keine Unterkunft haben und nicht das Geld besitzen, eine zu mieten, le ben oft in überfüllten Wohnungen, verlassenen Häusern ohne Zugang zu Strom oder Wasser oder werden obdachlos (AIDA 3.2019; Pro Asyl/RSA 8.2018). Schutzberechtigte haben Zugang zu Unterbringungseinrichtungen für Obdachlose, die jedoch nur begrenzt vorhanden sind. Eigene Unterbringungsplät-ze für anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte existieren nicht. Es gibt auch keine eigene Unterstützung für ihre Lebenshaltungskosten. In Athen etwa gibt es vier Asyle für Obdachlose (zugänglich für griechische Staatsbürger und legal aufhältige Drittstaatsan- gehörige). Aber es ist äußerst schwierig, dort zugelassen zu werden, da sie chronisch über-füllt sind und Wartelisten führen (AIDA 3.2019; vgl. Pro Asyl/RSA).

Die Aufnahme ins ESTIA-Programm ist nur für diejenigen anerkannten Schutzberechtigten möglich, welche die Kriterien der Vulnerabilität erfüllen und bereits als Asylwerber an dem Programm teilgenommen haben. Im Rahmen des Programms werden hauptsächlich Familien untergebracht (AIDA 3.2019). Prioritäre Kriterien sind das Vorliegen einer medizinischen In-dikation, bevorstehende Geburt oder Neugeborene, alleinerziehende Mütter sowie Unterbringung der vulnerablen Personen von den Erstaufnahmeeinrichtungen auf den ostägäi-schen Inseln (AA 6.12.2018). Im Rahmen des ESTIA-Programms waren im März 2019 6.790 anerkannte Schutzberechtigte untergebracht (UNHCR 4.2019). Die Auslastungsquote lag Ende August 2019 mit 21.622 Einwohnern (Asylwerber und anerkannte Schutzberechtigte) bei 98,2% der Kapazitäten (ESTIA 28.8.2019). Anerkannte Schutzberechtigte sind dazu aufge-rufen, die Wohnungen innerhalb einer Übergangsphase von 6 bzw. 12 Monaten nach ihrer Anerkennung zu verlassen. In der Praxis ist es bisher aber nicht zu erzwungenen Räumungen gekommen (AA 6.12.2018). Personen, die nach Zuerkennung ihres Schutzstatus in Griechenland ESTIA verlassen und einen Zweitantrag in einem anderen EU-Staat stellen, verzichten in eigener Verantwortung auf diesen sozialen Vorteil (AA 6.12.2018).

Einige NGOs bieten punktuell Wohnraum an. Hierzu gehören z.B. Caritas Hellas, Orange House und PRAKSIS. Insbesondere Caritas Hellas nterhält einen sogenannten "Social Spot" in Athen. Hier werden täglich Hilfestellungen zu verschiedenen Themen angeboten. Zudem verfügt Caritas Hellas über Wohnräumlichkeiten sowie Kooperationen mit der armenischen Kirchengemeinde, welche u. a. auch für kurzfristige Unterbringungen zur Verfügung stehen. Weitere gemischte Wohnprojekte der Caritas Hellas im Stadtteil Neos Kosmos werden von den römisch-katholischen Bischöfen in Griechenland unterstützt. Die Zahl der Unterkünfte in Athen ist insgesamt nicht ausreichend. Die vorbezeichneten Stellen arbeiten mit Bedürftigen direkt und unmittelbar zusammen. Bedürftige können sich nach Ankunft in Griechenland unmittelbar an die vorgenannten Organisationen wenden (AA 6.12.2018).

Arbeitsmarkt:

Ein Zugang zum Arbeitsmarkt steht rechtlich dauerhaft und legal im Land lebenden Personen zu, damit grundsätzlich auch Schutzberechtigten. Geldleistungen der Arbeitslosenversicherung erhalten nur Personen mit entsprechenden Vorversicherungszeiten für eine Dauer von maximal einem Jahr. Die griechische Arbeitsagentur ODEA stellt nunmehr seit Juni 2018 für alle Schutzberechtigten eine Arbeitslosenkarte aus. Eine Registrierung bei der Arbeitsagen-tur, welche Voraussetzung für weitere Sozialleistungen ist, war zuvor in der Praxis für Schutzberechtigte kaum möglich, da als Voraussetzung ein Wohnungsnachweis auf den Namen der Person vorgelegt werden musste. Nachdem diese Hürde weggefallen ist, wurden innerhalb weniger Monate über 4.000 Personen aus dem EU-finanzierten Unterkunftsprogramm ESTIA registriert. Die Arbeitslosenkarte berechtigt zu folgenden Leistungen: kostenlo-se Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs; kostenloser Eintritt in Museen; Ermäßigungen für Gas-, Wasser-, und Stromrechnungen, Rabatte in einigen Fast-Food-Restaurants, Mobilfunkangebote und ermäßigte berufliche Fortbildungsmaßnahmen. Einige NGOs bieten punktuell Programme zur Fortbildung und Unterstützung bei der Arbeitssuche an. Hierzu gehören z. B. Arbeiter- Samariter-Bund, Diakonie und Greek Refugee Council (AA 6.12.2018). Die Chancen zur Vermittlung eines Arbeitsplatzes sind gering. Die staatliche Arbeitsagentur OAED hat bereits für Griechen kaum Ressourcen für die aktive Arbeitsvermittlung (Betreuungsschlüs-sel: 1 Mitarbeiter für über 1.000 Arbeitslose) und noch kein Programm zur Arbeitsintegration von Flüchtlingen aufgelegt. Migration in den griechischen Arbeitsmarkt hat in der Vergan- genheit vor allem in den Branchen Landwirtschaft, Bauwesen, haushaltsnahe und sonstige Dienstleistungen stattgefunden. Allerdings haben sich die Arbeitschancen durch die anhaltende Finanz- und Wirtschaftskrise allgemein deutlich verschlechtert. Möglichkeiten zur Arbeitsaufnahme bestehen z. T. bei NGOs etwa als Dolmetscher oder Team-Mitarbeiter (AA 26.9.2018a).

Bildung:

Ein Zugang zum Bildungssystem wird faktisch durch Sprachbarrieren und die stark akade-misch ausgerichtete Bildungslandschaft in Griechenland erschwert. Es bestehen einzelne Projekte einer dualen Berufsausbildung etwa im Bereich der Landwirtschaft. Das griechische Bildungsministerium konzentriert sich in seinen Bemühungen bisher auf die Beschulung der 5 bis 17-jährigen schulpflichtigen Flüchtlingskinder, von denen im Schuljahr 2017/2018 ca. 62% eingeschult waren. Zahlreiche NGOs bieten Sprachkurse für Griechisch und Englisch an (AA 26.9.2018b).

Unterstützung durch NGOs:

NGOs spielen bei der Integration Schutzberechtigter eine wichtige Rolle. Es gibt sowohl in Griechenland aktive internationale wie auch lokale NGOs. Die Angebote sind vielfältig, allerdings mit Schwerpunkt in den Ballungsräumen Athen und Thessaloniki, wo sich auch die meisten Schutzberechtigten befinden. Die NGOs sind Umsetzungspartner der internationa- len Hilfsprojekte, finanziert von der EU und in weiten Teilen koordiniert vom UNHCR. Die Programme werden genutzt (AA 26.9.2018a). Bekannte Organisationen sind unter anderem: Society for the care of minors (sma-athens.org), Apostoli, eine Organisation der griechisch-orthodoxen Kirche (mkoapostoli.com), Arsis (arsis.gr), National Centre for Solidarity (ek-ka.org.gr) Hellenic Red Cross (redcross.gr), Positive Voice - Greek Association of HIV Positive Persons (positivevoice.gr), Klimaka (klimaka.org.gr), Nostos (nostos.org.gr), Doctors of the World (mdmgreece.gr), Medical Intervention (medin.gr), Praksis (praksis.gr) sowie Faros (faros.org.gr) usw. (AA 6.12.2018; vgl. UNHCR 4.2019).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seinen Entscheidungen die Lage von [asyl- und subsidiär] Schutzberechtigten in Griechenland umfassend festgestellt und zwar unter Berücksichtigung sämtliche Rechte, die anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzbe-rechtigten in Griechenland zukommen, wie beispielsweise erneuerbare dreijährige Aufent-

haltserlaubnis, Sozialleistungen, Wohnmöglichkeiten und Zugang zu medizinischer Versorgung.

Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass die Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Griechenland als Asylberechtigte in Griechenland in eine existenzielle Notlage geraten könnte und/oder ihnen der Zugang zu medizinischer Versorgung verwehrt werden würde. Hinzu kommt in den vorliegenden Fällen, dass es sich um eine schwangere Mutter mit einem Kleinkind handelt, die die Kriterien der Vulnerabilität (beispielsweise bevorstehende Geburt oder Neugeborene, alleinerziehende Mutter) erfüllt und sohin ins ESTIA-Programm aufgenommen werden könnte. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin betreffend die Lage von Asylberechtigten in Griechenland den Feststellungen des Bundesamtes in den angefochtenen Bescheiden zu folgen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu den Beschwerdeführern, zu ihren familiären Beziehungen zueinander, zu ihrer Staatsangehörigkeit sowie Volksgruppenzugehörigkeit, zur Ausreise der Erstbeschwerdeführerin aus Syrien, zur Weiterreise nach Griechenland über die Türkei sowie zur Dauer des Aufenthalts in Griechenland, zur Geburt des Zweitbeschwerdeführers in Griechenland zur Einreise nach Österreich sowie zur Stellung der gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Akteninhalt und lässt sich auch dem Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin nichts Gegenteiliges entnehmen.

Dass die Erstbeschwerdeführerin am XXXX .08.2017 in Griechenland einen Asylantrag stellte, ergibt sich zweifelsfrei aus dem diesbezüglichen Eurodac-Treffer. Die Feststellungen zur Zuerkennung des Status von Asylberechtigten an die Beschwerdeführer in Griechenland samt Erteilung von Aufenthaltstitel ergeben sich aus dem Schreiben der griechischen Dublinbehörde vom 11.02.2020, den vorgelegten Dokumentenkopien, nämlich dem griechischen Konventionsreisepass der Erstbeschwerdeführerin und den griechischen Aufenthaltstitel beider Beschwerdeführer. Auf diesen Dokumentenkopien gründen auch die Feststellungen zu Gül-tigkeitsdauer des Konventionsreisepasses sowie der Aufenthaltstitel. Das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin in ihrer Erstbefragung, sie habe in Griechenland um Asyl angesucht und einen negativen Bescheid erhalten, ist nicht glaubhaft und wurde sowohl durch die vorgelegten Unterlagen als auch durch die Angaben ihres Ehegatten in dessen Botschaftsverfahr-

en (vgl. AS 241 im Akt der Erstbeschwerdeführerin: "... sowohl meine Gattin als auch mein Sohn [...] besitzen diese Asylkarten.") widerlegt.

Generell ist an dieser Stelle auszuführen, dass die Angaben der Erstbeschwerdeführerin im Verfahren nicht nur betreffend ihren dortigen Status als Asylberechtigte nicht den Tatsachen entsprechen, sondern auch hinsichtlich ihres Aufenthalts in Griechenland, insbesondere in Zusammenhang mit der ihr dort gewährten (finanziellen) Unterstützung, dem Akteninhalt grob widersprechen und daher nicht glaubhaft sind. Im Rahmen ihrer Erstbefragung gab die Erstbeschwerdeführerin auf die Frage nach ihrem Aufenthalt in Griechenland an, dass es dort keine Gerechtigkeit und keine Menschlichkeit gebe. Dieses Vorbringen geht jedoch gänzlich ins Leere, da es die Erstbeschwerdeführerin auf die von ihr aufgestellte Falschbehauptung, sie habe in Griechenland einen negativen Bescheid erhalten, bezog. Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt brachte sie vor, dass sie in Athen bei Verwandten und Freunden gewohnt habe, was jedoch den Angaben ihres Ehemannes in dessen Botschaftsverfahren eindeutig widerspricht, der angab, sie würden in einem Hotel leben, das Flüchtlingen vom griechischen Staat zur Verfügung gestellt werde (vgl. AS 241 im Akt der Erstbeschwerdeführerin). Aber auch das weitere Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin zu ihrem Aufenthalt in Griechenland, sie habe Hunger erlebt und habe oft auf der Straße leben müssen, ist als übertriebene Scheinbehauptung und sohin als nicht glaubhaft zu werten. Zum einen räumte die Erstbeschwerdeführerin auf weitere Nachfrage selbst ein, dass es keine konkreten, sie betreffende Vorfälle in Griechenland gegeben habe, aber sie dort nicht zufrieden gewesen sei, weil ihr Mann in Österreich und sie in Griechenland lebe (vgl. AS 109 im Akt der Erstbeschwerdeführerin). Zum andern ist darauf zu verweisen, dass sich nach dem unbedenklichen Akteninhalt eindeutig ergibt, dass der griechische Staat ausreichend für die Beschwerdeführer gesorgt hat. Wie erwähnt brachte der Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer in seinem Botschaftsverfahren selbst vor, dass die Beschwerdeführer in einem Hotel gewohnt hätten, das ihnen (und anderen Flüchtlingen) vom griechischen Staat zur Verfügung gestellt worden sei und die Erstbeschwerdeführerin monatlich € 150,00 für sich und zusätzlich €

40,00 für den Zweitbeschwerdeführer vom griechischen Staat bekommen habe. Anzumerken ist in Zusammenhang mit der Versorgung der Beschwerdeführer durch den griechischen Staat, dass die Erstbeschwerdeführerin kein Vorbringen zur (in Griechenland stattgefunden habenden) Geburt des Zweitbeschwerdeführers erstattet hat, sodass davon auszugehen ist, dass die medi-zinische Betreuung der Erstbeschwerdeführerin vor, während und nach der Geburt des Zweitbeschwerdeführers nicht zu beanstanden war. Daher waren die obigen Feststellungen zur ausreichenden Versorgung in Griechenland zu treffen. Die Feststellung, dass die Erstbeschwerdeführerin Bezieherin der EU-finanzierten Geldleistungen im Rahmen des Cash-Card Programms des UNHCR ist, gründet auf dem im Akt der Erstbeschwerdeführerin erliegenden "Card Receipt" des UNHCR, wobei an dieser Stelle anzumerken ist, dass die Erstbeschwerdeführerin auch diesen Umstand vor dem Bundesamt nicht aus eigenem erwähnt hat, sondern diese "Card Receipt" im Botschaftsverfahren ihres Ehegatten vorgelegt wurde. Sohin ist festzuhalten, dass eine die Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Grie-chenland nicht ausreichend substanziiert und vor allem nicht glaubhaft vorgebracht wurde. Aus all diesen Gründen sind die Angaben der Erstbeschwerdeführerin zu ihrem Aufenthalt in Griechenland nicht glaubhaft und werden daher der Entscheidung nicht zugrunde gelegt. Letztlich ist in diesem Zusammenhang noch anzumerken, dass die Aussage der Erstbe-schwerdeführerin vor dem Bundesamt, sie werde sich umbringen, bevor sie nach Griechenland zurückkehre, ebenfalls unter diesem Aspekt zu beurteilen ist, zumal sich dem Aktenin-halt weder Hinweise auf eine psychische Erkrankung der Erstbeschwerdeführerin - im Ge-genteil, gab sie doch wiederholt an, gesund zu sein - noch solche auf eine (latente) Selbstmordgefährdung entnehmen lassen und darüber hinaus dieses Vorbringen im Rahmen der schriftlichen Beschwerdeausführungen nicht mehr aufgegriffen wurde.

Hinzu kommt, dass die Erstbeschwerdeführerin auch als Person nicht glaubwürdig ist. Dies-bezüglich ist zunächst darauf zu verweisen, dass die Erstbeschwerdeführerin durch die Vernichtung ihres Konventionspasses bewusst ihren Status als Asylberechtigte in Griechenland vor den österreichischen Behörden verheimlichen wollte. Weiters gab sie in ihrer Erstbefragung an, dass sie Ende Juli - glaublich am XXXX .07.2019 - von Athen nach Wien geflogen sei (eine Überprüfung dieser Aussage war durch das Vernichten des Reisepasses nicht mehr möglich), brachte jedoch widersprüchlich hierzu in der Einvernahme vor dem Bundesamt vor, sie habe in Österreich die ersten paar Tage bei ihrem Mann gewohnt und lebe seit Antrags-tellung in der Betreuungsstelle. Da die Antragstellung am 14.11.2018 erfolgt ist, haben die Beschwerdeführer entweder wesentlich länger als "die ersten paar Tage" bei ihrem Ehemann bzw. Vater gewohnt oder die Einreise in das österreichische Bundesgebiet erfolgte weit spä-ter als Ende Juli 2019.

Die Feststellung zum Nichtvorliegen schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die einer Überstellung der Beschwerdeführer nach Griechenland entgegenstehen, ergibt sich aus den eigenen Angaben des Erstbeschwerdeführerin. Sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt gab sie dezidiert an, an keinen Krankheiten zu lei-den sowie keine Medikamente zu benötigen und, dass der Zweitbeschwerdeführer auch gesund sei. Die Schwangerschaft der Erstbeschwerdeführerin ergibt sich aus ihren eigenen Angaben und ist auch aus den vom Bundesamt eingeholten medizinischen Unterlagen ersicht-lich. Auf diesen Unterlagen gründet auch die Feststellung zum voraussichtlichen Geburtstermin. Hinweise auf eine Risikoschwangerschaft sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgebracht.

Die Feststellung zum Asylstatus des Ehemanns bzw. Vaters der Beschwerdeführer ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie aus den diesbezüglich vom Bundesverwaltungsgericht eingehol-ten Auszügen aus dem Zentralen Melderegister und aus dem Zentralen Fremdenregister, beide vom 23.12.2019. Aus dem Zentralen Fremdenregister ergibt sich ebenfalls die Feststellung, dass im Fall des Ehegattens der Erstbeschwerdeführerin ein Asylaberkennungsverfahren anhängig ist. Die Feststellung zur Eheschließung gründet auf der vorgelegten Kopie einer Heiratsurkunde, der als Eheschließungsdatum der XXXX 2017 zu entnehmen ist. Die Feststellung zur nicht vorhandenen Meldung des Ehegattens bzw. Vaters der Beschwerdeführer zwischen Oktober 2017 und August 2019 ergibt sich ebenso aus dem Zentralen Melderegister. Dass sich der Ehegatte bzw. Vater in diesem Zeitraum in Griechenland aufgehalten hat, ist auch aufgrund der Akteninhalte seines Dublin-In und Botschaftsverfahren nachvollziehbar. Der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin gibt im Botschaftsverfahren selbst an, dass er seit Oktober 2017 in Griechenland aufhältig sei und sprach am XXXX .08.2018 bei der österreichischen Botschaft in Athen vor. Weiters ist dem Dublin-In Akt zu entnehmen, dass er am XXXX .09.2018 in Griechenland einen Asylantrag stellte. Die Feststellung zum Nichtvorliegen eines gemein-samen Haushalts in Österreich zwischen den Beschwerdeführern und ihrem Ehegatten bzw. Vater ergibt sich ebenfalls aus den diesbezüglichen Auszügen aus dem Zentralen Melderegis-ter und gab die Erstbeschwerdeführerin darüber hinaus vor dem Bundesamt an, dass ihr Mann in XXXX und sie in der Betreuungsstelle wohne. Dass die Beschwerdeführer seit dem 13.12.2019 über keine aufrechte Meldung mehr in Österreich verfügen, gründet ebenfalls auf den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszügen aus dem Zentralen Meldere-gister vom 29.01.2020 (Erstbeschwerdeführerin) und vom 07.02.2020 (Zweitbeschwerdeführer). Hieraus ergibt sich auch die Feststellung zum "Untertauchen" der Beschwerdeführer, die darüber hinaus durch das Bundesamt bestätigt wurde, das im E-Mail vom 30.01.2020 be-kannt gab, dass die Beschwerdeführer unbekannten Aufenthalts sind. Hinweise auf Abhän-gigkeiten finanzieller oder sonstiger Art zwischen den Beschwerdeführern und ihrem Ehegatten bzw. Vater sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurde auch kein derartiges Vorbringen erstattet. Sonstige Bindungen der Beschwerdeführer im österreichischen Bun-desgebiet sind nicht ersichtlich, wobei anzuführen ist, dass die Erstbeschwerdeführerin wohl kein Interesse (mehr) an der Fortführung ihres Verfahrens in Österreich hat, da sie sich an-dernfalls diesem wohl kaum entzogen hätte.

2.2. Die Feststellungen zur Lage von Asylberechtigten bzw. von Schutzberechtigten in Griechenland stammen vom 04.10.2019 und beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zur Situation von Asylbe- rechtigten in Griechenland ergeben. Insbesondere werden auch die Rechte und Versor- gungsleistungen, die Schutzberechtigten in Griechenland zukommen - erneuerbare dreijährige Aufenthaltserlaubnis, Sozialleistungen, Wohnmöglichkeiten und Zugang zu medizini-scher Versorgung - umfassend dargelegt. Allerdings wird durchaus auch auf die Schwierigkeiten, die auf anerkannte Flüchtlinge in Griechenland unter Umständen zukommen können, verwiesen, sodass gesagt werden kann, dass die Länderfeststellunge n im angefochtenen Bescheid ein durchaus differenziertes Bild der Situation von Schutzberechtigten in Griechenland zeigen. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länder-feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weite-ren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herange-zogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Die Gesamtsituation für Asyl- bzw. Schutzberechtigte in Griechenland ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefoch- tenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentliche Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, wurden nicht dargelegt. Weder die Erstbeschwerdeführerin noch ihre in der Einvernahme anwesende Rechtsberaterin gaben zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen des Bundesamtes eine Stellungnahme ab; die Erstbeschwerdeführerin stellte lediglich unsubstanziiert in den Raum, dass die Lage in Griechenland "schlecht" für sie gewesen sei. In der Beschwerde wurde diese Feststellungen ebenso nicht bestritten und wurden auch keine alternativen Berichte in das Verfahren eingeführt. An dieser Stelle wird neuerlich erwähnt, dass die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid durchaus ein differenziertes Bild zeichnen und - trotz vorhandener rechtlicher Möglichkeiten für Asylberechtigte - auf die praktischen Schwierigkeiten, die unter Umständen - etwa bei der Arbeitssuche, bei der Unterbringung oder beim Zugang zu Sozialleistungen - e ntstehen könnten, verweisen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständl-ich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfah-rensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemä

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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