TE Lvwg Erkenntnis 2017/3/17 405-6/51/1/4-2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.03.2017
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Entscheidungsdatum

17.03.2017

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §39 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Ing. Dr. Adalbert Lindner über die Beschwerde des AB AA, AV, AT AU, vertreten durch die Rechtsanwälte GmbH AG, AK, AI AJ, gegen den Bescheid der belangten Behörde Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 04.10.2016, Zahl xxx-2016,

zu Recht e r k a n n t :

I.     Gemäß § 50 VwGVG iVm §§ 39 Abs 3 und 367 Z 7 GewO wird der Beschwerde keine Folge gegeben und diese als unbegründet abgewiesen.

II.    Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 60 zu leisten.

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist nach Art 133 Abs 4 B-VG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Verfahrensgang und Beschwerdevorbringen:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis verhängte die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 367 Z 7 iVm § 39 Abs 3 Gewerbeordnung (GewO) eine Geldstrafe in Höhe von € 300 (Ersatzfreiheitsstrafe: 46 Stunden). Dem Beschwerdeführer wurde zum Vorwurf gemacht, habe es als unbeschränkt haftender Gesellschafter der AA AB KG mit Sitz in der AQ, AI AJ, also als gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zur Vertretung nach außen berufenes Organ, zu verantworten, dass sich die KG als Inhaberin des Gewerbes „Gastgewerbe gemäß § 94 Z 26 GewO“, Betriebsart: Restaurant, für die Ausübung des gewerberechtlichen Geschäftsführers AB AA, geb AC bedient, obwohl sich dieser entgegen § 39 Abs 3 GewO nicht im Betrieb entsprechend betätige. Als Ort der Begehung führte die belangte Behörde die AQ in AI AJ an; als Tatzeitraum 19.01.2016 bis zumindest 04.10.2016.

Das dem Straferkenntnis vorangegangene Verfahren hatte die Behörde aus Anlass einer Anzeige eingeleitet. Die Strafverfügung vom 01.03.2016, Zahl xxx-2016, hatte der Beschwerdeführer mittels Einspruch bekämpft. Im anschließenden Ermittlungsverfahren hatte die belangte Behörde als Zeuginnen die ehemalige Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, AR AO, sowie deren im gegenständlichen Gastgewerbebetrieb tätige Tante AP AO vernommen. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer hatte mehrere Stellungnahmen zu den Tatvorwürfen und den Ergebnissen der Beweisaufnahme abgegeben.

Mit Schriftsatz vom 03.11.2016 focht der Beschwerdeführer das Straferkenntnis zur Gänze beim Landesverwaltungsgericht Salzburg an. Er beantragte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, die Einvernahme der bereits von der belangten Behörde vernommenen Zeuginnen sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens. Begründet wurde die Beschwerde damit, dass das Straferkenntnis inhaltlich rechtswidrig sei. Der Beschwerdeführer habe sich ausreichend im Restaurant betätigt, dies namentlich durch Übertragung aller notwendigen Aufgaben auf die Prokuristin AP AO, die in Absprache mit ihm den ordnungsgemäßen Betrieb des Restaurants unter Einhaltung der baubehördlichen und gewerberechtlichen Bewilligung aufrechterhalte. Es sei nicht von Belang, dass der Beschwerdeführer nicht vor Ort anwesend (gewesen) sei; AP AO sei ohnedies zur Vornahme aller erforderlichen Aufgaben berechtigt.

Das Landesverwaltungsgericht führte am 07.03.2017 im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der Beschwerdeführer erschien nicht persönlich; ebenso wenig die als Zeugin geladene AR AO. Der Vertreter des Beschwerdeführers verzichtete in der Folge auf ihre Einvernahme. Die Zeugin AP AO wurde vom Landesverwaltungsgericht in der Verhandlung vernommen.

Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Die AA AB KG, Firmenbuchnummer yyyyyv, übt an ihrem Sitz, AQ, AI AJ, seit 17.09.2014 das reglementierte Gastgewerbe (§ 94 Z 26 iVm § 111 Abs 1 Z 2 GewO) in der Betriebsart Restaurant aus. Gewerberechtlicher Geschäftsführer der KG war von 17.09.2014 bis 26.12.2016 der Beschwerdeführer. Familienangehörige des Beschwerdeführers waren von Anfang an im Gewerbebetrieb tätig. Der Beschwerdeführer führte anfänglich den Betrieb; seine Aufgaben waren ua der Einkauf, die Buchhaltung und die Erteilung von Weisungen an die Mitarbeiter. Im September 2016 hatte der Betrieb zehn Mitarbeiter.

Der Beschwerdeführer war jedenfalls zwischen 19.01.2016 bis 04.10.2016 unbeschränkt haftender Gesellschafter (Komplementär) der AA AB KG. Ein verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs 2 leg cit wurde nicht bestellt.

Zwischen 01.09.2014 und 14.03.2016 war der Beschwerdeführer mit Hauptwohnsitz in der AV, AT AU, gemeldet. Seit 14.03.2016 liegt der gemeldete Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers in der AF, AD AE.

Ca im September/Oktober 2015 hat der Beschwerdeführer seine Familie verlassen. Wo der Beschwerdeführer anschließend wohnte, kann nicht im Einzelnen festgestellt werden. Es ist aber festzustellen, dass er seither nicht mehr in der AV, AT AU, oder in AJ wohnte und dass er sich wenigstens seit März 2016 überwiegend in Wien aufhält. Zumindest bis Juni 2016 unterhielt er keinen Kontakt zu seiner einstigen Lebensgefährtin AR AO. Im Zeitraum zwischen 19.01.2016 bis 04.10.2016 war er im Zusammenhang mit dem Gastgewerbebetrieb zumindest einmal beim Steuerberater oder Notar. Im Betrieb selbst war der Beschwerdeführer jedoch in diesem Zeitraum höchstens einmal persönlich anwesend. Der Betrieb wird seither faktisch von AP AO geführt, die seit Oktober 2015 über eine entsprechende Vollmacht/Prokura verfügt und – abgesehen vom Termin mit dem Steuerberater – alle das Restaurant betreffenden Entscheidungen trifft. Anfangs stand der Beschwerdeführer ca zweimal wöchentlich in telefonischem Kontakt mit ihr.

Der Beschwerdeführer ist für drei Kinder sorgepflichtig. Weitere Informationen zu seinen persönlichen Verhältnissen (Einkommen, Vermögen, sonstige Sorgepflichten) liegen nicht vor. Der Beschwerdeführer ist verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholten. Ua wurde er in den Jahren 2015 und 2016 insgesamt vier Mal wegen Übertretungen der GewO rechtskräftig bestraft.

In beweiswürdigender Hinsicht ist festzuhalten, dass sich obige Feststellungen insbesondere aus dem Akt der belangten Behörde, dem Akt des Landesverwaltungsgerichts sowie den Ergebnissen des Beweisverfahrens in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 07.03.2017 ergeben. Die Feststellungen zur AA AB KG und zur Rechtsstellung des Beschwerdeführers in Bezug auf die Gesellschaft stützen sich namentlich auf einen im Akt der belangten Behörde enthaltenen GISA-Auszug vom 15.02.2016. Aus einer vom Vertreter des Beschwerdeführers am 07.03.2017 vorgelegten Verständigung der Bezirkshauptmannschaft Zell am See als Gewerbebehörde über die Eintragung von AP AO als gewerberechtliche Geschäftsführerin der KG mit Rechtswirksamkeit 27.12.2016 folgt, dass der Beschwerdeführer seither nicht mehr gewerberechtlicher Geschäftsführer der KG ist. Die Feststellungen zum Wohnsitz des Beschwerdeführers konnten anhand einer Abfrage aus dem Zentralen Melderegister vom 07.03.2017 getroffen werden.

Den Feststellungen zum Geschäftsbetrieb (anfängliche und spätere Aufgaben des Beschwerdeführers, Aufgaben von AP AO, Anwesenheit des Beschwerdeführers im Betrieb, etc) und den persönlichen Umständen des Beschwerdeführers (Verlassen der Familie) liegen zugrunde: Zeugenaussage von AR AO, der einstigen Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, gegenüber der belangten Behörde vom 27.06.2016; Zeugenaussage der vom Beschwerdeführer Bevollmächtigten/Prokuristin der KG und Tante von AR AO, AP AO, vom 06.09.2016 gegenüber der belangten Behörde und vom 07.03.2017 gegenüber dem Landesverwaltungsgericht.

Die Zeugin AP AO machte auf das Landesverwaltungsgericht einen glaubwürdigen Eindruck und bestätigte diese die gegenüber der belangten Behörde getätigte Aussage. Von der Glaubwürdigkeit der Zeugin AR AO konnte sich das Landesverwaltungsgericht nicht selbst überzeugen, da diese zur Verhandlung am 07.03.2017 – trotz Ladung – nicht erschienen war. Die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage gegenüber der belangten Behörde wurde jedoch vom Beschwerdeführer(vertreter) weder in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht noch in der Stellungnahme vom 01.08.2016 in Zweifel gezogen. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers verzichtete ausdrücklich auf die Vernehmung der Zeugin. Auch wenn AR AO, wie vom Beschwerdeführer in der Stellungnahme vorgebracht, keinen Einfluss auf die Geschäftsgebarung der KG haben mag, kann sie doch ohne Weiteres Angaben dazu machen, wann sie den Beschwerdeführer am (einstigen) gemeinsamen Wohnsitz und im Gastgewerbebetrieb, in dem sie selbst arbeitet, (zuletzt) gesehen hat.

Schließlich ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer den vom Landesverwaltungsgericht und zuvor im Wesentlichen von der belangten Behörde gleichermaßen festgestellten Sachverhalt im gesamten behördlichen und gerichtlichen Verfahren nicht bestritten hat. Strittig war und ist vielmehr, ob die belangte Behörde den festgestellten Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt hat. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine Tatsachenfrage oder eine Frage der Beweiswürdigung. Vor diesem Hintergrund waren die festgestellten Tatsachen insgesamt als erwiesen anzusehen.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen beruhen auf den Angaben des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht am 07.03.2017. Den Feststellungen zur Unbescholtenheit liegt eine Abfrage aus der Verwaltungsstrafevidenz vom 13.03.2017 zugrunde.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat hiezu erwogen:

Da die Beschwerde nicht zurückzuweisen und das (Beschwerde-)Verfahren auch nicht einzustellen ist, hat das Landesverwaltungsgericht gemäß § 50 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (BGBl I 33/2013 idF BGBl I 24/2017; VwGVG) in der Sache selbst zu entscheiden. Das Landesverwaltungsgericht hat daher aufgrund der Beschwerde zu prüfen, ob die belangte Behörde das Straferkenntnis zu Recht gegen den Beschwerdeführer erlassen hat oder ob die Behauptung der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids zutrifft.

Eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z 7 GewO (BGBl 194/1994 idF BGBl I 82/2016) begeht, wer sich für die Ausübung eines Gewerbes eines Geschäftsführers bedient, der sich entgegen § 39 Abs 3 GewO nicht im Betrieb entsprechend betätigt. § 39 Abs 3 GewO besagt, dass sich der Gewerbeinhaber in den Fällen, in denen ein Geschäftsführer zu bestellen ist, eines Geschäftsführers zu bedienen hat, der sich im Betrieb entsprechend betätigt. Eine Verpflichtung zur Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers besteht beispielsweise gemäß § 9 Abs 1 GewO für juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften (offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften). Zum Erfordernis der entsprechenden Betätigung im Betrieb sind auch § 39 Abs 2 GewO und die dazu ergangene Judikatur beachtlich; vgl Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO3 (2011), § 39 Rz 43. Nach dieser Bestimmung muss der gewerberechtliche Geschäftsführer den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entsprechen und in der Lage sein, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen, insbesondere die dem Abs 1 leg cit entsprechende, selbstverantwortliche Anordnungsbefugnis besitzen.

Die AA AB KG ist eine eingetragene Personengesellschaft, die zur Ausübung des reglementierten Gastgewerbes (§ 94 Z 26 iVm § 111 Abs 1 Z 2 GewO) gemäß § 9 Abs 1 GewO zur Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers verpflichtet ist. Dieser Verpflichtung ist die KG nachgekommen, indem sie AB AA, also den Beschwerdeführer, zum gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt hat. Fraglich ist damit allein, ob sich der gewerberechtliche Geschäftsführer im mutmaßlichen Tatzeitraum dem Gesetz entsprechend im Betrieb betätigt hat.

Die Beantwortung dieser Frage erfordert eine Einzelfallprüfung, bei der Gegenstand und Umfang der ausgeübten gewerblichen Tätigkeit, Art und Umfang der Betriebsanlage und die persönlichen Verhältnisse des gewerberechtlichen Geschäftsführers zu berücksichtigen sind; vgl Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO3 (2011), § 39 Rz 43 sowie Köhler, § 39 Rz 31, in Ennöckl/Raschauer/Wessely (Hg), Kommentar zur GewO (2015). Bedacht zu nehmen ist auch auf den gesetzlichen Aufgabenbereich eines gewerberechtlichen Geschäftsführers. Der gewerberechtliche Geschäftsführer ist dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich (§ 39 Abs 1 GewO). Eben diesen Aufgaben entsprechend muss er sich tatsächlich im Betrieb betätigen.

Der gewerberechtliche Geschäftsführer muss die gewerbliche Tätigkeit ausreichend beobachten, kontrollieren und steuern können, er muss insoweit auf die Beschäftigten Einfluss nehmen können; vgl Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO3 (2011), § 39 Rz 44 und Köhler, § 39 Rz 29, in Ennöckl/Raschauer/Wessely (Hg), Kommentar zur GewO (2015). Eine bloß ‚gelegentliche Anwesenheit‘ kann jedenfalls keine entsprechende Betätigung sein.“ (Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7, § 39 Rz 70, 1. Grundlieferung.) Allerdings erfordert die entsprechende Betätigung im Betrieb nicht notwendigerweise eine ununterbrochene Anwesenheit. Eine entsprechende Betätigung im Betrieb kann heutzutage unter Umständen auch durch die Kombination von persönlicher Anwesenheit mit Überwachung auf elektronischem Wege erfolgen. In Bezug auf die ausschließlich am Betriebsstandort ausgeübten freien Gewerbe Handels- und Handelsagentengewerbe sowie die Erbringung von Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik hat der Verwaltungsgerichtshof eine persönliche Anwesenheit des gewerberechtlichen Geschäftsführers im Umfang von 20 bis 30 Stunden pro Monat gemeinsam mit täglichen Kontrollen auf elektronischem Wege (Fax, E-Mail, Telefon, Telefonkonferenzen, etc) für ausreichend iSd § 39 Abs 2 GewO befunden; vgl VwGH 21.01.2010, 2006/04/0038.

In Anwendung des anhand von Literatur und höchstgerichtlicher Judikatur ausgelegten Gesetzes auf den zu beurteilenden Fall ergibt sich, dass sich die KG im vorgeworfenen Tatzeitraum eines gewerberechtlichen Geschäftsführers bedient hat, der sich nicht im Betrieb entsprechend betätigt hat. Die KG übt das Gastgewerbe iSd § 94 Z 26 iVm § 111 Abs 1 Z 2 GewO in der Betriebsart „Restaurant“ aus. Hierbei handelt es sich um ein reglementiertes Gewerbe, dessen Ausübung einen Befähigungsnachweis erfordert. Damit soll insbesondere der Schutz der Konsumenten (zB vor einer allfälligen Gesundheitsgefährdung durch unsachgemäße Gewerbeausübung) sichergestellt werden. Aufgrund dessen kommt der tatsächlichen Betätigung des gewerberechtlichen Geschäftsführers, der über den entsprechenden Befähigungsnachweis verfügt, fraglos größere Bedeutung zu als bei einem Gewerbe, das seiner Art und seinem Inhalt nach mit weniger (gravierenden) Risiken für Konsumenten verbunden ist als das Gastgewerbe. Insofern stellt sich die Sachlage im gegenständlichen Fall in wesentlichen Punkten anders dar als im oben zitierten Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH 21.01.2010, 2006/04/0038).

Dessen ungeachtet war der gewerberechtliche Geschäftsführer im vorliegenden Fall, wie das Landesverwaltungsgericht festgestellt hat, über Monate höchstens einmal im Gewerbebetrieb persönlich anwesend und hat höchstens zweimal wöchentlich mit der Bevollmächtigten/Prokuristin telefoniert. Damit konnte er die Ausübung der gewerblichen Tätigkeit durch die Restaurantmitarbeiter nicht ausreichend kontrollieren und steuern. Es konnte weder dargelegt werden noch ist anderweitig ersichtlich, wie der gewerberechtliche Geschäftsführer durch zwei Telefonate pro Woche mit einer Mitarbeitern, mag sie auch Prokuristin sein, insbesondere auf den Ausschank von Getränken und die Zubereitung sowie anschließende Verabreichung von Speisen durch die Beschäftigten hinreichend hätte Einfluss nehmen können. Hierbei handelt es sich um manuell und in der Betriebsanlage zu verrichtende Tätigkeiten, die – sieht man vielleicht von einer durchgängigen Videoüberwachung durch den gewerberechtlichen Geschäftsführer ab, die im gegenständlichen Fall ohnedies nicht gegeben ist – einer Kontrolle und zweckmäßigen Anleitung auf dem Wege der Telekommunikation generell nur sehr eingeschränkt zugänglich sind. Das Gastgewerbe ist im Unterschied zu anderen Gewerben gerade kein Gewerbe, bei dem gewerbliche Tätigkeiten vielfach auf schriftlichem oder telefonischem Wege erledigt werden können. Instrumente der modernen Informations- und Kommunikationstechnologie können ein – im gegenständlichen Fall nicht erfülltes – Mindestmaß an persönlicher Anwesenheit des gewerberechtlichen Geschäftsführers im Gastgewerbebetrieb nicht ersetzen, vgl Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO3 (2011), § 39 Rz 16.

Aus diesem Grund vermag der Beschwerdeführer mit der Argumentation, die Prokuristin habe in Abstimmung mit ihm den ordnungsgemäßen Betrieb aufrechterhalten, nicht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids aufzuzeigen. Der gewerberechtliche Geschäftsführer hat sich nicht iSd § 39 Abs 3 GewO entsprechend im Betrieb betätigt. Hinzuweisen ist auch darauf, dass in der GewO nicht vorgesehen ist, dass sich ein gewerberechtlicher Geschäftsführer durch eine zivilrechtliche Bevollmächtigung einer anderen Person seiner persönlichen Pflicht zur entsprechenden Betätigung entledigen kann.

Dass der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers die im angefochtenen Bescheid zitierten Strafverfahren zu den Zahlen 30606-369/11665-2016 und 30606-369/14139-2016, wie in der Beschwerde vorgebracht, nicht bekannt sind, ist rechtlich irrelevant. Es erübrigt sich, darauf einzugehen, ob der gewerberechtliche Geschäftsführer in den genannten Verfahren rechtskräftig bestraft worden ist. Dass es infolge einer unzureichenden Betätigung des gewerberechtlichen Geschäftsführers tatsächlich zu Missständen oder zu einer Übertretung von gewerberechtlichen Vorschriften kommt, ist nämlich kein Tatbestandselement von § 367 Z 7 GewO (vgl mit Verweis auf VwGH 19.01.1988, 86/04/0140 Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7, § 39 Rz 76, 1. Grundlieferung).

Aus all dem folgt, dass sich die AA AB KG im Zeitraum von 19.01.2016 bis 04.10.2016 zur Ausübung des reglementierten Gastgewerbes eines gewerberechtlichen Geschäftsführers bedient hat, der sich nicht iSd § 39 Abs 3 GewO entsprechend im Betrieb betätigt hat. Damit wurde der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Z 7 GewO verwirklicht.

Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit:

Gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz (BGBl 52/1991 idF BGBl I 33/2013; VStG) ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (§ 9 Abs 2 VStG) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Die AA AB KG ist, wie bereits ausgeführt, eine eingetragene Personengesellschaft. Ein verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs 2 leg cit wurde nicht bestellt. Für den hier zu beurteilenden Fall gibt es keine Verwaltungsvorschriften, die anderes bestimmen. Eine Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers scheidet aus, weil es sich bei § 367 Z 7 GewO um ein Sonderdelikt handelt, das nur vom Gewerbeinhaber begangen werden kann; vgl Wessely, § 367 Rz 10, in Ennöckl/Raschauer/Wessely (Hg), Kommentar zur GewO (2015).

Daher ist für die Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z 7 GewO verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Das sind bei einer KG gemäß § 161 Abs 2 iVm §§ 125 ff und § 170 Unternehmensgesetzbuch (dRGBl S 219/1897 idF BGBl I 20/2017; UGB) die unbeschränkt haftenden Gesellschafter, also die Komplementäre. Da der Beschwerdeführer gemäß den getroffenen Feststellungen Komplementär der KG im vorgeworfenen Tatzeitraum war, ist er iSd § 9 Abs 1 VStG für die Verwaltungsübertretung nach § 367 Z 7 GewO durch die GmbH verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Zur subjektiven Tatseite:

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass, da nichts anderes bestimmt ist, zur Strafbarkeit nach § 367 Z 7 GewO fahrlässiges Verhalten genügt (§ 5 Abs 1 Satz 1 VStG). Der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr gehört nicht zum Tatbestand, daher handelt es sich um ein so genanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne von § 5 Abs 1 VStG. Dies hat gemäß § 5 Abs 1 Satz 2 VStG zur Folge, dass die Verwirklichung der objektiven Tatseite Verschulden in Form von Fahrlässigkeit indiziert. Der Beschuldigte muss daher glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft; vgl. auch VwGH 25.10.1996, 95/17/0618. Dazu hat der Beschuldigte nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs „initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht“ (zuletzt VwGH 20.01.2016, 2013/17/0033). Das entsprechende Vorbringen muss substantiiert sein, allgemeine Behauptungen genügen nicht; vgl Lewisch § 5 Rz 9, in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG (2013).

Der Beschwerdeführer hat kein derartiges Vorbringen erstattet. Auch ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nichts hervorgetreten, was am fahrlässigen Verhalten des Beschwerdeführers zweifeln ließe. Es ist ihm somit nicht gelungen, die gesetzliche Vermutung des fahrlässigen Verhaltens zu entkräften, weshalb zumindest von einer fahrlässigen Tatbegehung auszugehen ist.

Zusammenfassung:

Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen ist zusammenfassend festzuhalten, dass der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht nur in objektiver Hinsicht verwirklicht, sondern auch zu verantworten hat. Da der Beschwerde wegen der behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit keine Berechtigung zukam, war sie als unbegründet abzuweisen.

Zur Strafbemessung:

Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 Abs 1 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach Abs 2 leg cit hat das Landesverwaltungsgericht überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (BGBl 60/1974 idF BGBl I 154/2015; StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Wie ausgeführt, ist der gewerberechtliche Geschäftsführer dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich. Durch die Bestimmung über die entsprechende tatsächliche Betätigung im Betrieb soll sichergestellt werden, dass der gewerberechtliche Geschäftsführer dieser Verantwortung nachkommt. Die Kontrolle und Steuerung der (Mitarbeiter bei der) gewerblichen Tätigkeit erfordert die tatsächliche Betätigung des gewerberechtlichen Geschäftsführers im Betrieb. Die Tathandlung schädigte das als gewichtig einzustufende öffentliche Interesse, wonach durch die maßgeblichen gewerberechtliche Bestimmungen - zum Schutz insbesondere der Kunden - gewährleistet werden soll, dass bei der Gewerbeausübung durch Personengesellschaften eine berechtigte, befugte, rechtlich verantwortliche und – jedenfalls bei einem reglementiertem Gewerbe wie dem gegenständliche ausgeübten Gastgewerbe – fachlich befähigte natürliche Person durch entsprechende tatsächliche Betätigung im Betrieb auf die Verrichtung der gewerblichen Tätigkeiten im Sinne des Gesetzes Einfluss nimmt. Angesichts dessen ist von keiner bloß geringen Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts auszugehen; der objektive Unrechtsgehalt der Tat an sich ist keineswegs unbeachtlich und nicht unerheblich. Der Beschwerdeführer hat überdies zu verantworten, dass das strafrechtlich geschützte Rechtsgut über einen verhältnismäßig langen Zeitraum von über acht Monaten verletzt wurde. Bereits im Hinblick auf die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität der Beeinträchtigung kommt ein Vorgehen iSd § 45 Abs 1 Z 4 VStG damit nicht in Betracht.

Ebenso kann das Ausmaß des Verschuldens im vorliegenden Fall - in Anbetracht der offensichtlichen Außerachtlassung der im gegenständlichen Fall objektiv gebotenen und dem Beschuldigten zuzumutenden Sorgfalt - nicht als geringfügig bezeichnet werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschrift durch den Beschuldigten im konkreten Fall eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Straftatbestandes bei gehöriger Aufmerksamkeit nur schwer hätte vermieden werden können.

Was die Berücksichtigung der subjektiven Strafbemessungskriterien iSd § 19 Abs 2 VStG angeht, so sind die rechtkräftigen und nicht getilgten (§ 55 VStG) Bestrafungen des Beschwerdeführers wegen Übertretungen der GewO als erschwerend zu werten. Als erschwerend ist in Anlehnung an die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu § 366 Abs 1 Z 1 GewO auch die Tatsache zu werten, dass sich die AA AB KG bei der Ausübung eines reglementierten Gewerbes eines gewerberechtlichen Geschäftsführers bedient hat, der sich nicht entsprechend im Betrieb betätigt hat; vgl mit Verweis auf VwSlg 9067 A/1976 Wessely, § 366 Rz 17, in Ennöckl/Raschauer/Wessely (Hg), Kommentar zur GewO (2015). Sonstige mildernde oder erschwerende Umstände wurden nicht bekannt. Bei der Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse war mangels konkreter Angaben von durchschnittlichen Verhältnissen auszugehen.

Abschließend ist daher zur Strafbemessung festzuhalten: Der verwaltungsbehördlich festgesetzte Strafbetrag in Höhe von € 300 befindet sich im unteren Bereich des hiefür vorgesehenen Strafrahmens von bis zu € 2.180. Bei dieser Strafhöhe kann, in Ansehung des Unrechtsgehaltes der Tat und des Verschuldens des Täters, unter Bedachtnahme auf die Erschwerungsgründe sowie unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse, insgesamt keine Unangemessenheit im Sinne von § 19 VStG erkannt werden. Die von der belangten Behörde festgesetzte Strafe war daher zu bestätigen.

Zu den Verfahrenskosten:

Gemäß § 52 Abs 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist gemäß Abs 2 leg cit für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen. Aufgrund der Strafhöhe von € 300 war daher ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von € 60 vorzuschreiben.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Landesverwaltungsgericht hatte – bezogen auf den Einzelfall – die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids zu beurteilen. In seiner Entscheidung ist das Landesverwaltungsgericht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wobei auf die in der Begründung zitierten Entscheidungen verwiesen werden darf. Weiters ist die zu den maßgebenden materiell- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, soweit hier relevant, auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Betätigung gewerberechtlicher Geschäftsführer, Anwesenheit im Betrieb, Steuerung und Kontrolle

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2017:405.6.51.1.4.2017

Zuletzt aktualisiert am

12.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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