TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/17 W111 2140239-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

17.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W111 1435165-3/19E

W111 2140245-1/13E

W111 2140243-1/11E

W111 2140239-1/13E

W111 1435168-3/7E

W111 1435169-3/7E

W111 2140242-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. DAJANI, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX alias XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , 4.)

XXXX , geb. XXXX , 5.) XXXX alias XXXX , geb. XXXX , 6.) XXXX alias

XXXX , geb. XXXX , und 7.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Russische Föderation und vertreten durch den XXXX , gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 21.10.2016, Zln.:

1.) 821877303-150181504, 2.) 821877401-150181547, 3.) 821877608-150181482, 4.) 821877510-1518512, 5.) 821877706-150181539,

6.) 830215105-150181495 und 7.) 1126996509-161150574, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß §§ 3, 8, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG

2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 FPG sowie § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Vorangegangene Verfahren:

1.1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe und bekennen sich zum islamischen Glauben. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und Eltern sowie gesetzliche Vertreter der minderjährigen Dritt- bis SiebtbeschwerdeführerInnen. Die erst- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien stellten infolge gemeinsamer illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 27.12.2012 erste Anträge auf Gewährung internationalen Schutzes in Österreich.

Der Erstbeschwerdeführer begründete die Flucht seiner Familie aus dem Herkunftsstaat im Wesentlichen damit, er sei in XXXX als Zahnarzt tätig gewesen und sei eines Tages von zwei tschetschenischen Männern in Militäruniformen aufgesucht worden, welche ihn beschuldigt hätten, dass er für die "Banditen" zahnärztliche Tätigkeiten durchführen würde. Sie hätten von ihm verlangt, binnen einer Woche 2.000.000,- russische Rubel zu bezahlen. Die Zweitbeschwerdeführerin berief sich auf die Probleme ihres Ehegatten und erklärte, sie selbst und die von ihr gesetzlich vertretenen minderjährigen Kinder seien darüber hinaus keinen individuellen Problemen im Herkunftsstaat ausgesetzt gewesen.

Im Februar 2013 wurde der nunmehrige Sechstbeschwerdeführer als Sohn des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin im Bundesgebiet geboren, am 19.02.2013 wurde für diesen ebenfalls ein Antrag auf internationalen Schutz eingebracht.

1.2. Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 24.04.2013 wurden die ersten Anträge auf internationalen Schutz der erst- bis sechstbeschwerdeführenden Parteien sowohl im Hinblick auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Gewährung subsidiären Schutzes abgewiesen und die Ausweisung der erst- bis sechstbeschwerdeführenden Parteien aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgesprochen.

1.3. Mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 29.05.2013, Zahlen D18 435.165-1/2013/2E ua., wurden die gegen die dargestellten Bescheide eingebrachten Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

In der Entscheidungsbegründung hielt der erkennende Senat des Asylgerichtshofes im Wesentlichen fest, eine aktuelle asylrelevante Verfolgungsgefahr habe nicht festgestellt werden können, zumal es aufgrund näher ausgeführter beweiswürdigender Erwägungen als nicht glaubhaft erachtet werde, dass dem Erstbeschwerdeführer von zwei uniformierten Personen unterstellt worden wäre, er würde Mitglieder der Widerstandsbewegung in Tschetschenien in seiner Zahnarztpraxis behandeln und er aus diesem Grund zur Zahlung eines Schutzgeldes in Höhe von 2.000.000 russischen Rubel aufgefordert worden wäre. Auch darüber hinaus habe keine relevante Gefahrenlage für die beschwerdeführenden Parteien in ihrem Herkunftsstaat erkannt werden können; eine entscheidungsmaßgebliche ausgeprägte Integration der Familie in Österreich habe sich ebensowenig ergeben.

Diese Erkenntnisse wurden den beschwerdeführenden Parteien am 06.06.2013 zugestellt und erwuchsen in Rechtskraft.

1.4. Am 15.05.2014 brachten die erst- bis sechstbeschwerdeführenden Parteien, nachdem sie am gleichen Tag nach den Bestimmungen der Dublin III-Verordnung aus Deutschland rücküberstellt worden waren, zweite Anträge auf internationalen Schutz im Bundesgebiet ein. Diese Folgeanträge begründete der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen damit, dass seine ursprünglichen Gründe weiterhin aufrecht blieben, neue Gründe gebe es keine. Er fürchte sich nach wie vor vor den Leuten, welche ihn erpresst hätten und sei von seinen Eltern vor einer Rückkehr in den Herkunftsstaat gewarnt worden, zumal bei diesen wiederholt nach dem Erstbeschwerdeführer gefragt worden sei. Die erst- bis sechstbeschwerdeführenden Parteien hätten Österreich infolge Erhalts der negativen Beschwerdeentscheidungen aus Angst vor einer Abschiebung verlassen und sich folglich ausschließlich in Deutschland aufgehalten.

1.5. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.07.2014 wurden die Folgeanträge der erst- bis sechstbeschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz jeweils gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

1.6. Die gegen diese Bescheide eingebrachten Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes jeweils vom 04.08.2014, Zahlen W226 1435165-2/3E, W226 1435164-2/3E u.a. als unbegründet abgewiesen.

In der Entscheidungsbegründung wurde im Wesentlichen festgehalten, der Erstbeschwerdeführer hätte sich neuerlich auf den bereits in einem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren gewürdigten Fluchtgrund berufen und darüber hinaus auf zwischenzeitliche Nachfragen nach seiner Person bei seinen Eltern im Herkunftsstaat verwiesen, wobei diesem Vorbringen ein glaubhafter Kern abzusprechen gewesen sei. Da sich auch darüber hinaus keine potentiell relevanten Neuerungen im Verfahren ergeben hätten, habe die Behörde die Folgeanträge der beschwerdeführenden Parteien zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Diese Erkenntnisse erwuchsen infolge Zustellung an die erst- bis sechstbeschwerdeführenden Parteien in Rechtskraft.

2. Gegenständliche Verfahren:

2.1. Am 17.02.2015 brachten die erst- bis sechstbeschwerdeführenden Parteien die verfahrensgegenständlichen dritten Anträge auf internationalen Schutz ein.

Im Zuge der am folgenden Tag abgehaltenen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Erstbeschwerdeführer an, seine Familie hätte sich nach Erhalt der abweisenden Entscheidungen im vorangegangenen Verfahren abermals nach Deutschland begeben und sich dort bis zum 13.02.2015 aufgehalten. Zum Grund seiner neuerlichen Antragstellung führte der Erstbeschwerdeführer aus, er hätte vor kurzem erfahren, dass sein Bruder zweimal verhört und nach dem Aufenthaltsort des Erstbeschwerdeführers gefragt worden sei. Seine Frau hätte mitgeteilt, dass ihre beiden Cousins in Syrien kämpfen würden, der Erstbeschwerdeführer glaube, dass diese beiden Gründe miteinander verbunden seien. Für den Fall einer Rückkehr befürchte er, dass man ihn in der Heimat nicht in Ruhe lassen und zur Aussage zwingen würde, dass er in Syrien gekämpft hätte. Sie würden ihn zumindest hinter Gitter bringen, was weiters mit ihm geschehen werde, könne er nicht sagen. Die Änderung seiner Situation sei ihm erst vor kurzem von seinen Verwandten mitgeteilt worden.

Die Zweitbeschwerdeführerin führte zur Begründung ihrer neuerlichen Antragstellung anlässlich ihrer Erstbefragung am 18.02.2015 aus, ihre beiden Brüder seien vor einiger Zeit nach Syrien gegangen, um zu kämpfen. Seitdem werde in der Heimat fast jeden Tag ein anderes Familienmitglied von den Behörden abgeholt und einvernommen. Seit kurzem würden sie den Bruder ihres Mannes holen; sie wollten diesen zur Aussage zwingen, dass sein Bruder, also der Erstbeschwerdeführer, ebenfalls in Syrien sei. Da sich die Gefährdungslage in der Heimat demnach für dsie verschlimmert hätte, würden sie abermals um internationalen Schutz ansuchen. Ihre Brüder würden bereits seit längerem in Syrien kämpfen, die Zweitbeschwerdeführerin habe davon jedoch erst kürzlich von ihrer Mutter erfahren.

Im August 2016 wurde die nunmehrige Siebtbeschwerdeführerin im Bundesgebiet geboren, für welche ihre gesetzlichen Vertreter am 19.08.2016 ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz einbrachten.

Am 29.09.2016 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Der Erstbeschwerdeführer gab zusammengefasst zu Protokoll, sie hätten ihre Eltern telefonisch darüber informiert, dass sie nach Tschetschenien zurückkehren müssten. Die Eltern hätten gesagt, dass er bleiben solle, wo er sei, da immer noch nach ihm gefragt werde. Die Eltern hätten ihm dies nicht früher gesagt, um ihn nicht zu stressen. Cousins seiner Frau seien irgendwann nach Syrien gegangen, weshalb die ganze Familie seiner Frau in Tschetschenien keine Ruhe mehr hätte und unter Beobachtung stünde. Da sich der Erstbeschwerdeführer um seine Kinder sorge, habe er einen dritten Antrag stellen müssen. Er berichtete zudem von einem Vorfall im Jahr 2005, als Angehörige der Spezialeinheit GRU in seiner Abwesenheit im Haus des Erstbeschwerdeführers gewesen wären. Angesprochen auf die in der Erstbefragung erwähnten Verhöre seines Bruders, erklärte der Erstbeschwerdeführer zunächst, sein Bruder sei zwischenzeitlich wieder befragt worden, von wem genau, sei dem Erstbeschwerdeführer nicht bekannt. Auf Nachfrage erklärte der Erstbeschwerdeführer, sein Bruder habe ihm vor seiner dritten Asylantragstellung davon berichtet. Danach hätte er zwar noch mit ihm telefoniert, doch habe ihm sein Bruder nichts mehr über die Situation gesagt, um ihn nicht zu belasten. Was sie den Bruder gefragt hätten, sei dem Erstbeschwerdeführer nicht bekannt, da der Bruder ihm dies nicht gesagt hätte; dieser habe nur gesagt, dass der Erstbeschwerdeführer unbedingt in Europa bleiben solle. Dem Erstbeschwerdeführer sei lediglich der Vorname eines der Cousins seiner Frau bekannt, welche in Syrien kämpfen würden. Es handle sich um einen Cousin mütterlicherseits sowie einen Cousin väterlicherseits. Auf Vorhalt, seine Gattin hätte anlässlich ihrer Erstbefragung davon gesprochen, dass zwei ihrer Brüder in Syrien kämpfen würden, erklärte der Erstbeschwerdeführer, bei ihnen heiße dies so, auch wenn es sich um einen Cousin handle; sie würden ihre männlichen Verwandten oft "Bruder" nennen, auch wenn es sich z.B. nur um Verwandte zweiten Grades handle. Auf Vorhalt der weiteren Angaben der Zweitbeschwerdeführerin hinsichtlich einer behördlichen Kontrolle ihrer Familie gab der Erstbeschwerdeführer an, diesbezügliche Details seien ihm nicht bekannt, da er zur Familie seiner Frau nicht in Kontakt stehe. Aufgrund dessen, dass die Cousins seiner Frau in Syrien kämpfen würden, sei es naheliegend, dass sie annehmen würden, dass der Erstbeschwerdeführer auch dazu gehöre. Angesprochen auf die Möglichkeit einer Niederlassung in einem anderen Teil der Russischen Föderation, erklärte der Erstbeschwerdeführer, er könne einfach nicht nach Russland, egal wohin. Nach erfolgter Rückübersetzung ergänzte der Erstbeschwerdeführer, jene beiden Cousins seiner Frau, welche ihn Syrien gekämpft hätten, seien im Kampf gefallen.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab zusammengefasst an, sie habe ihre Mutter im Jänner 2015 über ihre bevorstehende Rückkehr nach Tschetschenien informiert, woraufhin die Mutter hysterisch geworden wäre und geweint hätte. Sie hätte gesagt, die Situation sei viel schlimmer geworden als vorher, da zwei Cousins in Syrien gekämpft hätten und dort gefallen wären. Seitdem würde ihre ganze Familie kontrolliert werden. Sie würden von Zeit zu Zeit von der Polizei abgeholt, befragt und wieder freigelassen werden, es würden auch jederzeit in den Häusern Razzien durchgeführt werden. Die Familie der Zweitbeschwerdeführerin sei schon immer verfolgt worden. Da die Behörden über ihren Aufenthaltsort nicht informiert wären, würde dazu gedichtet, dass die Zweitbeschwerdeführerin ebenfalls gegen das Regime wäre und sie würden als Landesverräter eingestuft. Auf die Frage, wann der Bruder ihres Mannes von den Behörden nach seinem Aufenthaltsort befragt worden wäre, erklärte die Zweitbeschwerdeführerin, sie frage ihren Mann nicht mehr, weil sie genug mit ihrer Depression zu kämpfen hätte. Darauf angesprochen, dass sie in der Erstbefragung noch von zwei Brüdern gesprochen hätte, welche in Syrien kämpfen würden, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, bei ihnen sage man nicht "Cousin", dies klinge einfach zu entfernt. Für sie seien es Brüder, auch wenn es sich nicht um leibliche Brüder handeln würde. Ob es seit der Erstbefragung zu weiteren Einvernahmen von Familienmitgliedern gekommen wäre, könne die Zweitbeschwerdeführerin nicht genau sagen, da ihr die Familie nicht alles erzähle. Danach gefragt, welche Familienmitglieder zu welchen ungefähren Zeitpunkten abgeholt worden wären, antwortete die Zweitbeschwerdeführerin, es sei schon länger her und es sei ihr auch damals nicht alles gesagt worden.

Die beschwerdeführenden Parteien brachten diverse Unterlagen zum Beleg der Integrationsschritte der Familie im Bundesgebiet in Vorlage.

2.2. Mit den nunmehr angefochtenen, im Familienverfahren ergangenen, Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 21.10.2016 wurden die Anträge auf internationalen Schutz der beschwerdeführenden Parteien in Spruchpunkt I. jeweils gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurden die Anträge auf internationalen Schutz in Spruchpunkt II. jeweils hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde den beschwerdeführenden Parteien in den Spruchpunkten III. gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die beschwerdeführenden Parteien weiters eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen und unter einem gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde in den Spruchpunkten IV. eine vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

In der Entscheidungsbegründung hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass eine Verfolgung der beschwerdeführenden Parteien in der Russischen Föderation nicht habe festgestellt werden können. Dies wurde insbesondere mit den vagen Angaben des Erstbeschwerdeführers in Bezug auf die zur Begründung seines dritten Antrages vorgebrachten zwei Verhöre seines Bruders begründet, aus welchen eine konkrete Gefährdung des Erstbeschwerdeführers keinesfalls ersichtlich würde. Die Angabe des Erstbeschwerdeführers, seine Familienmitglieder hätten ihm keine näheren Details bekanntgeben wollen, um ihn nicht zu belasten, sei als nicht nachvollziehbar zu erachten, zumal entsprechende Informationen für sein Asylverfahren von entscheidender Bedeutung sein würden. Zudem sei es Angehörigen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin offensichtlich möglich, im Herkunftsstaat ein normales Leben zu führen. Insbesondere sei es auch den Ehemännern der Schwestern der Zweitbeschwerdeführerin möglich, weiterhin im Herkunftsstaat zu leben, weshalb nicht ersichtlich sei, weshalb gerade der Person des Erstbeschwerdeführers aufgrund der Teilnahme an Kampfhandlungen in Syrien durch Cousins der Zweitbeschwerdeführerin eine behördliche Verfolgung drohen sollte. Weder der Erstbeschwerdeführer, noch die Zweitbeschwerdeführerin hätten Details bezüglich der angeblichen behördlichen Mitnahmen von Familienmitgliedern der Zweitbeschwerdeführerin nennen können. Im Übrigen würden die behaupteten Verhöre von Familienmitgliedern nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch keine Verfolgungshandlungen im Sinne des Asylgesetzes darstellen. Aus Polizeiladungen und der subjektiven Befürchtung des Asylwerbers, verhaftet oder verfolgt zu werden, ergebe sich, wenn objektiv keine Gefahr eines ungerechtfertigten Eingriffs zu erkennen sei, kein Asylgrund, zumal Ladungen, Nachfragen und selbst kurzfristige Inhaftierungen nicht als derart gravierend angesehen werden könnten, als dass sie einen Verbleib im Heimatland unerträglich machten. Der vom Erstbeschwerdeführer überdies in Bezug auf das Jahr 2005 geschilderte Vorfall betreffe einen Sachverhalt, der bereits vor rechtskräftigem Abschluss des ersten Verfahrens auf internationalen Schutz vorgelegen hätte und dem Erstbeschwerdeführer bekannt gewesen sei. Im Übrigen sei nicht zu erkennen, dass dieser einmalige Vorfall für den Erstbeschwerdeführer eine Verfolgung nach sich gezogen hätte, zumal ihm bis zum Jahr 2012 ein Verbleib in Tschetschenien und die dortige Ausübung seines Berufs als Zahnarzt möglich gewesen sei. Soweit die Zweitbeschwerdeführerin darauf verwiesen hätte, dass ihre Familie aufgrund der Aktivitäten zweier ihrer Onkel in den Tschetschenienkriegen schon immer Probleme gehabt hätte, so stünde diesem Vorbringen ebenfalls die Rechtskraft ihrer vorangegangenen Verfahren entgegen, zudem sei es der Zweitbeschwerdeführerin trotz der angeblichen Schwierigkeiten ihrer Familie seit dem Jahr 1995 bzw. 1999 möglich gewesen, bis 2012 im Heimatland zu leben, eine Berufsausbildung zu absolvieren und eine Familie zu gründen. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin hätten demnach auch im Zuge der dritten Antragstellungen keine konkreten Gründe dargelegt, vor deren Hintergrund eine Gefährdung der Familie im Falle einer Rückkehr anzunehmen sei.

In den Verfahren der minderjährigen beschwerdeführenden Parteien seien seitens ihrer gesetzlichen Vertreter keine darüberhinausgehenden individuellen Fluchtgründe ins Treffen geführt worden.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin seien gesund, besäßen eine qualifizierte Berufsausbildung, und befänden sich im arbeitsfähigen Alter, sodass sie in der Lage sein würden, den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder, wie bereits vor der Ausreise, eigenständig zu bestreiten. Zudem würden die beschwerdeführenden Parteien nach einer Rückkehr auf Unterstützung durch zahlreiche Angehörige zurückgreifen können, sodass eine Gefahr einer existenzbedrohenden Notlage nicht zu erkennen sei. Auch die minderjährigen beschwerdeführenden Parteien seien gesund und könnten in zumutbarer Weise gemeinsam mit ihren Eltern in den Herkunftsstaat zurückkehren.

Die beschwerdeführenden Parteien hätten keine außergewöhnliche Integrationsverfestigung im Bundesgebiet erlangt, deren private Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet seien überdies dadurch maßgeblich relativiert, dass sie sich der Unsicherheit ihres Aufenthalts stets bewusst sein mussten und ihre Aufenthaltsdauer zudem durch mehrfache unbegründete Asylantragstellungen und den beharrlichen Verbleib im Bundesgebiet zustande gekommen wäre.

2.3. Gegen diese Bescheide wurde durch die nunmehr bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation mit für alle Familienmitglieder gleichlautendem Schriftsatz vom 10.11.2016 die verfahrensgegenständliche Beschwerde eingebracht, zu deren Begründung auf ein beiliegend übermitteltes handschriftliches Schreiben der beschwerdeführenden Parteien verwiesen wurde.

2.4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 21.11.2016 mitsamt den bezughabenden Verwaltungsakten beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Eingaben vom 24.11.2016, vom 03.08.2017, vom 12.12.2019 und vom 18.12.2019 wurden weitere Unterlagen zum Beleg der Integrationsbemühungen der beschwerdeführenden Parteien in Vorlage gebracht.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX wurde der Erstbeschwerdeführer wegen des Vergehens der Bestechung nach § 307 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Urkundenunterdrückung als Beteiligter nach den §§ 12 zweiter Fall, 229 Abs. 1 StGB verurteilt. Der Erstbeschwerdeführer war zusammengefasst für schuldig befunden worden, einer Mitarbeiterin des Österreichischen Integrationsfonds für die pflichtwidrige Vornahme eines Amtsgeschäftes, nämlich insbesondere der gegen der Prüfungsordnung vorgenommenen nachträglichen Berichtigung von falschen (Multiple Choice)-Testantworten, über Vermittlung einer bereits rechtskräftig verurteilten Person einen Vorteil, nämlich einen Bargeldbetrag in der Höhe von mindestens EUR 400,- gewährt zu haben.

2.5. Am 08.01.2020 fand zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor der dem Bundesverwaltungsgericht statt, an welcher die erst- bis viertbeschwerdeführenden Parteien, ihr bevollmächtigter Vertreter, sowie eine Dolmetscherin für die russische Sprache teilgenommen haben. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl war ordnungsgemäß geladen worden, verzichtete jedoch auf eine Teilnahme an der Verhandlung.

Die gegenständlich relevanten Teile der Befragung gestalteten sich wie folgt:

(BF1=Erstbeschwerdeführer; BF2=Zweitbeschwerdeführerin;

BF3=minderjähriger Drittbeschwerdeführer, BF4=minderjähriger

Viertbeschwerdeführer)

"(...) RI: Leiden Sie oder ihre Kinder an schweren oder chronischen Krankheiten?

BF1 und BF2: Nein, wir sind gesund auch unsere Kinder sind gesund.

RI: Möchten sie hinsichtlich ihrer bisherigen Aussagen Korrekturen oder Ergänzungen vornehmen?

B1 und BF2: Nein. Nachgefragt geben wir an, dass unsere Angaben vollständig und richtig waren. Wir wurden im bisherigen Verfahren auch korrekt behandelt.

Der R erteilt eine Belehrung über das bisherige Verfahren.

RI: Haben sie Verwandte in ihrer Heimat?

BF1: Vater, Mutter, Schwester, Bruder und sonstige Verwandte. Meine Schwester ist verheiratet und hat eine eigene Familie. Der Mann von ihr ist mit Gelegenheitsarbeiten beschäftigt. Mein Bruder trainiert Kinder. Früher war er als Lehrer tätig, jetzt ist er gekündigt worden. Alle meine Verwandten leben in Tschetschenien. Ein Onkel von mir ist eines natürlichen Todes in Tschetschenien gestorben, ein anderer Onkel von mir lebt in Österreich. Nachgefragt gebe ich an, dass ich mit meiner Mutter telefonisch in Kontakt bin und keine Informationen über eine Verfolgung meiner Verwandten habe. Ich gehe davon aus, dass mir das meine Mutter gesagt hätte, wenn das so wäre.

BF2: Ich habe 2 Schwestern in Russland. Meine Schwestern sind verheiratet. Eine Schwester lebt in Tschetschenien, deren Ehemann führt Gelegenheitsarbeiten aus. Eine andere Schwester lebt in Dagestan, deren Ehemann führt wahrscheinlich auch Gelegenheitsarbeiten aus, so genau weiß ich das nicht. Meine Verwandten werden regelmäßig kontrolliert, sie stehen unter Kontrolle.

BF2 bis BF4 verlassen den Saal.

RI: Schildern Sie mir bitte detailliert und chronologisch richtig aus welchen Gründen Sie Ihre Heimat verlassen haben bzw. welche neuen Fluchtgründe seit dem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vorliegen.

BF1: Ich war Zahnarzt und sie haben mich beschuldigt die sogenannten Terroristen als Zahnarzt behandelt zu haben. Ein Kollege von mir der in der gleichen Situation war ist schon längst nach Frankreich übersiedelt und der andere ist noch zu Hause. Er ist deshalb im Gefängnis gesessen, weil er die Zähne der Terroristen behandelt hat. Und ich hatte auch Angst dort zu bleiben, weil mit mir hätte auch alles passieren können. Sie haben zuerst Geld verlangt, ich hatte aber kein Geld.

RI: Dieser Sachverhalt wurde bereits im Rahmen von 2 Asylverfahren negativ entschieden. Welche neue Asylgründe liegen vor.

BF1: Wenn ich mit meiner Familie telefoniere sagen sie immer komm bitte nicht zurück. Die Situation dort ist nach wie vor sehr angespannt und das kann man auch auf YouTube nachsehen. Nachgefragt gebe ich an, dass die Leute dort gefoltert werden. Es gibt sogar ein Video wo der Bürgermeister von Grosny eine Frau foltert.

RI: Trotzdem haben Sie aber vorher angegeben, dass Ihre Verwandten unbehelligt in Tschetschenien leben.

BF1: Ich frage sie nicht und sie haben mir auch nichts erzählt.

R: Sie haben aber vorher angeben, dass Ihre Mutter es Ihnen wohl gesagt hätte, wenn etwas passiert wäre.

BF1: Natürlich würden sie mir nur grobe Vorfälle erzählen.

R: Unbestritten ist die Lage in Tschetschenien problematisch. In wie weit werden Sie oder Ihre Familie asylrelevant verfolgt?

BF1: Natürlich droht mir Gefahr. Die Verwandten von meiner Frau waren in Syrien und wurden dort umgebracht. Ich habe Angst wegen der Verwandten meiner Frau. Mehrfach nachgefragt gebe ich an, dass meine Asylgründe ausschließlich in jenem Vorbringen begründet sind, welche bereits in 2 Asylverfahren negativ entschieden wurden. Alle sonstigen asylrelevanten Gründe liegen in der Verwandtschaft meiner Frau begründet, da 2 Verwandte von ihr in Syrien als Kombatanten umgekommen sind. Da diese Vorfälle zu einem Zeitpunkt waren, als ich bereits in Österreich war, gibt es hinsichtlich meiner Person bzw. meiner in Tschetschenien lebenden Blutsverwandten keine sonstigen asylrelevanten Gründe.

R: Schildern Sie mir, in wie weit Sie über die Verfolgungshandlungen die aus Ihren verschwägerten Verwandten resultieren informiert sind.

BF1: Es passiert ständig etwas und es kann jederzeit was passieren.

R: Bitte konkretisieren Sie Ihr Vorbringen.

BF1: Die ganze Familie meiner Frau die noch in Tschetschenien ist wird ständig kontrolliert und einvernommen.

R: Sind Ihnen dabei Übergriffe russischer Behörden genannt worden?

BF1: Ich weiß nichts davon. Meine Frau hat mir von Übergriffen nichts gesagt.

R: Wäre es nicht innerhalb der Lebenserfahrung, dass eine Ehefrau ihrem Ehemann schildert wenn es zu Übergriffen gegen ihre Verwandten in der Heimat kommt?

BF1: Wahrscheinlich hätte meine Frau es mir gesagt.

R: Wie schätzen Sie daher die Situation Ihrer verschwägerten Verwandten in Tschetschenien ein?

BF1: Ich glaube, wenn irgendjemand etwas anstellt könnte man einfach ihnen das unterschieben. Ich lebe hier auch seit 7 Jahren nicht wirklich normal, weil die ganze Zeit gibt es Einvernahmen und Polizei.

R: Wollen Sie damit die Situation in Österreich mit Russland vergleichen?

BF1: Nein, nur weil mein Verfahren nicht abgeschlossen ist.

R: Warum haben Sie nach den letzten Beiden Asylanträgen Österreich nicht verlassen?

BF1: Weil ich Angst habe und Bedrohung sehe.

R: Ist es Ihnen bewusst, dass Sie nach der österreichischen Rechtsordnung verpflichtet gewesen wären Österreich zu verlassen.

BF1: Ja. Wenn ich alleine gewesen wäre ohne meiner Familie wäre ich sicher in Russland geblieben.

R: Wovon leben Sie und Ihre Familie?

BF1: Wir leben von der Grundversorgung und arbeiten gegen Dienstleistungsschecks. Wir verdienen ungefähr 200,- bis 300,- Euro im Monat über selbstständige Tätigkeiten. Der größte Teil unseres Lebensunterhaltes wird aus öffentlichen Mitteln bestritten.

R: Gesetz dem Fall, Sie hätten eine Arbeitsbewilligung, hätten Sie schon eine Beschäftigung in Aussicht?

BF1: Ja. Ich könnte bei der XXXX beginnen

R: Existiert diesbezüglich eine aktuelle Beschäftigungszusage?

BF1: Ja. Der BF legt diesbezüglich eine Bestätigung der Firma XXXX vor.

R: Sprechen Sie Deutsch?

BF1: Ja, ich spreche Deutsch.

R: Bitte schildern Sie mir, ohne zu Hilfenahme der Übersetzerin, wie Sie heute in das Gerichtsgebäude gekommen sind.

BF1: Ganz normal mit dem Zug. Von XXXX bis Westbahnhof, dann umsteigen in die U-Bahn, dann zu Fuß zum Gericht gegangen.

R: Was haben Sie gestern zu Mittag gegessen?

BF1: Ich habe nur zu Abend gegessen. Ich weiß nicht wie das auf Deutsch heißt (die Dolmetscherin übersetzt das russische Wort mit Buchweizen)

R: Wo wohnen Sie?

BF1: Ich wohne in XXXX .

R: Beschreiben Sie mir XXXX ein bisschen.

BF1: Es ist ein kleiner Ort. Der Berg dort heißt XXXX . Es ist ein schöner Ort.

R: Festgehalten wird, dass eine grundlegende Verständigung mit dem BF in deutscher Sprache möglich ist.

R: Sind Sie vorbestraft?

BF1: Ja, ich wurde unschuldig bestraft. Es war wegen der B1 Prüfung. Ich war wegen der A2 Prüfung beim BFI oder bei der Volkshochschule. Diese Frau hat gesagt sie haben keine A2 Gruppe aber ich könne bei der B1 Gruppe mitmachen. Aber in dieser Gruppe waren alle mit Papieren. Wegen der Staatsbürgerschaft wollten sie diese Prüfung bestehen. Ich war der einzige mit einem Asylausweis. Später habe ich einen Brief bekommen in dem stand ich bin Zeuge. Dann hat man mich als Beschuldigter geführt, dass ich Schmiergelder bezahlt hätte an diese Frau und sie haben mir am Bildschirm Mittelsmänner und diese Prüferin gezeigt. Ich wurde gefragt ob ich diese kenne. Ich sagte, dass ich die Prüferin nur bei der Prüfung gesehen habe, aber die anderen Männer nicht kenne. Nachgefragt gebe ich an, dass ich zu Unrecht durch das österreichische Strafgericht verurteilt wurde.

R: Im Rahmen Ihrer Beschwerdeschrift haben Sie einen 4seitigen Text in kyrillischer Schrift vorgelegt. Können Sie den Inhalt dieses Briefes wiedergeben (R bietet dem BF an in den Text Einsicht zu nehmen).

BF1: Ich bin nicht aus wirtschaftlichen Gründen gekommen und ich bin wegen diesem Problems gekommen, weil ich die Zähne der Terroristen behandelt habe musste ich flüchten. Und wenn ich dort geblieben wäre hätte ich dort sicher 100%ig Probleme bekommen. Sonst habe ich allgemeines über Folterungen in Tschetschenien geschrieben was aber mit meinem persönlichen Fall nichts zu tun hat. Ich habe dort die allgemeine Situation beschrieben.

R: Möchten Sie noch irgendetwas hinzufügen was Sie bisher nicht gesagt haben?

BF1: Ich habe wirklich Stress auch wegen der Gerichtsverhandlung in der schon erwähnten Sache die ich nicht getan habe und ich möchte, dass es endlich positiv entschieden werde. Hätte ich es gemacht, hätte ich schon längst gestanden. Ich verstehe nicht, warum ich etwas gestehen soll, was ich nicht getan habe.

R an BFV: Möchten Sie noch etwas fragen oder hinzufügen?

Waren Sie bisher ehrenamtlich tätig?

BF1: Einmal beim Roten Kreuz. Sie haben aber gesagt, dass sie schon zu viele Studenten hätten. In XXXX war ich einmal bei der Feuerwehr, beim zweiten Mal wurde mir gesagt, dass ich ohne positiven Asylbescheid nicht bei der Feuerwehr arbeiten könne. Man war ein wenig unhöflich zu mir. Letztes Mal war ich im Altenheim. Zweimal hatte ich einen Termin. Auch da sagte man mir, dass man zwar gerne hätte, dass ich freiwillig Arbeite es aber aus rechtlichen Gründen nicht möglich wäre. Bei der Gemeinde habe ich mich auch angemeldet, wenn sie eine Arbeit für mich haben, sollen sie mich anrufen.

BFV: Haben Sie soziale Kontakte in Österreich?

BF1: Ja viele in meiner Wohngegend. Auch in XXXX kenne ich Menschen.

Es wird ein Konvolut an Integrationsunterlagen vorgelegt welche in Kopie zum Akt genommen werden.

BFV: Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft in Österreich vor?

BF1: Ich stelle mir vor hier zu arbeiten, meine Kinder lernen hier, nützlich sein für Österreich und einen wirtschaftlichen Teil leisten zu können.

R: Können Sie mir Fakten nennen die für eine besondere Integration in Österreich sprechen würden?

BF1: Ich besuche einen Deutschkurs und wir haben viel Kontakt mit österreichischen Leuten. Wir sprechen und Essen miteinander.

R: Ist das Deutschprüfungszeugnis welches Sie vorgelegt haben, jenes wegen dem Sie vorbestraft wurden?

BF1: Es gibt ein späteres Deutschprüfungszeugnis (nach 2015).

(Der BF verweist diesbezüglich auf das Schreiben OZ14 mit einer bestandenen Prüfung auf dem Niveau B1)

R: Gibt es noch weitere Fragen bzw. möchten Sie noch etwas anmerken?

BFV: Nein.

BF1: Ich möchte, dass alles gut beendet wird.

BF2 wird in den Verhandlungssaal geholt.

R: RI: Schildern Sie mir bitte detailliert und chronologisch richtig aus welchen Gründen Sie Ihre Heimat verlassen habe bzw. welche neuen Fluchtgründe seit dem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vorliegen.

BF2: Nachdem mein Mann einem mutmaßlichen Terroristen die Zähne behandelt hat. Deshalb haben die Probleme begonnen. Deshalb sind wir ausgereist.

R: Über diesen Sachverhalt wurde bereits rechtskräftig entschieden.

BF2: Ja.

R: Welche neuen Gründe gibt es für Ihren Asylantrag?

BF2: Meine 2 Brüder sind nach Syrien gereist und deshalb werden meine Verwandten in Tschetschenien verfolgt. Meine Mutter hat gesagt es wäre zu gefährlich für mich zurückzukehren.

R: Sind das echte Brüder oder Cousins?

BF2: Es handelt sich um Cousins.

R: Wie sind Sie mit diesen verwandt?

BF2: Das sind die Söhne von zwei verschiedenen Onkel. Ein Onkel ist der Bruder meiner Mutter, der andere von meinem Vater.

R: Wie heißen die beiden Cousins?

BF2: XXXX ist der Bruder meiner Mutter dessen Sohn XXXX ist in Syrien gefallen ca. 2015. Der Vater heißt XXXX und der Sohn heißt

XXXX .

R: In wie weit wurden Ihre Verwandten in Tschetschenien aufgrund dieses Sachverhaltes verfolgt?

BF2: Der Vater von XXXX ist 2017 gestorben. Als Folge der "endlosen Befragungen, Beschuldigungen" gegen ihn, dass er einen unwürdigen Sohn erzogen habe. Nachgefragt gebe ich an, dass er an einem Herzinfarkt gestorben ist, wegen dem Stress. Nachgefragt, der Herzinfarkt war nach einer Einvernahme, als er und sein jüngerer Sohn mitgenommen wurden, kam er nachhause, dann wurde ihm schlecht, dann wurde er ins Krankenhaus wegen dem Herzinfarkt gebracht, dort verstarb er dann.

R: Sind Ihnen Übergriffe russischer oder tschetschenischerer Behörden im Rahmend er Befragung bekannt?

BF2: Wir wissen nicht genau, was dort war, aber wir kennen unseren Anführer vom Land.

R: Das heißt, es ist Ihnen von Übergriffen explizit nichts bekannt?

BF2: Auch, wenn ich sage, ja, er wurde gefoltert, ich habe keine

Beweise. Nachgefragt: Das, was ich weiß, ist, dass er und der Sohn mitgenommen wurden, dann wurde er zurückgebracht und dann hatte er einen Herzinfarkt, das weiß ich. er wurde zwei Jahre lang immer wieder befragt.

R: Ich frage Sie nochmals, von Misshandlungen oder Übergriffen ist Ihnen nichts bekannt?

BF2: Nein, ich habe nichts davon gehört. Wenn man in Russland lebt, sind einem die dortigen Methoden der Behörden vertraut, aber dort wird man oft zu Geständnissen gezwungen.

R: Gibt es einen korrekten Fall, wo irgendjemand misshandelt oder erpresst wurde durch russische Behörden und dem dadurch negatives widerfahren ist?

BF2: Es sind sozusagen, viele Vorfälle, wo sie immer befragt werden. Z.B. auch mein Bruder, der damals 18 Jahre alt war wurde mitgenommen und befragt, konkreteres kann ich nicht angeben. Ich wurde nicht befragt. Für mich ist es schon eine moralische Gewaltanwendung.

R: Wurde Ihre Familie bereits vor 2015 verfolgt?

BF2: Ja, wegen meinem Onkel. Ein Onkel ist gestorben, der andere lebt in Georgien.

R: Was ist vor 2015 passiert?

BF2: Wegen dem Onkel wurde z.B. auch mein Vater einige Male bestellt, vorgeladen. Nachgefragt, wann das war gebe ich an, nach dem zweiten Krieg, nachdem er Onkel gestorben ist. Der Onkel, der in Georgien lebt, der wird offiziell verfolgt, er ist auf der Fahndungsliste, nach dem ersten Krieg.

R: Wurde Ihre Familie 2012 verfolgt bzw. hatten Sie zum Zeitpunkt der Erstantragstellung Fluchtgründe?

BF2: Wegen meines Mannes. Nachgefragt, ob ich welche hatte gebe ich an, dass es bei mir so war, dass meine Familie befragt wurde und wir dann wegen dem Mann flüchteten. Daran, dass die Familie befragt wurde, daran haben wir uns schon gewohnt. Mein Mann wurde bedroht. Ich wollte nicht alleine dortbleiben.

R: Sprechen Sie Deutsch?

BF2 auf Deutsch: Ein bisschen, ich verstehe es besser. Ich habe auch ein B1-Deutschprüfungszeugnis.

Die BF2 legt ein Deutschprüfungszeugnis vor (wird in Kopie zum Akt genommen).

R: Können Sie mir ohne zu Hilfenahme der Dolmetscherin sagen, wie sie heute ins Gerichtsgebäude gekommen sind?

BF2: Ich bin mit der Nachbarin mit dem Auto gefahren, dann mit der Westbahn nach Wien. Dann mit der U-Bahn.

R: Was haben Sie gestern zu Mittag gegessen?

BF2: Ich habe gestern nicht gegessen.

R: Was haben Sie vorgestern zu Mittag gegessen?

BF2: Es ist ein nationales Gericht. Es ist ein Teig, Wasser und Mehl, Topfen mit Schnittlauch, ich mache es wie eine Pizza, es ist gefüllt.

R: Wovon leben Sie in Österreich?

BF2: Alle zehn Tage bekomme ich Sozialgeld vom Land.

R: Gesetzt den Fall, Sie hätten eine Beschäftigungsbewilligung, hätten Sie schon einen Arbeitsplatz?

BF2: Anfangs könnte ich als Putzfrau arbeiten. Am 27.01.2020 beginne ich mit einer Pflegeausbildung. Wenn eine positive Antwort kommt, dann kann ich diese Ausbildung weitermachen, wenn nicht, dann nicht. Ich war in einem Seniorenheim, dort machte ich ein Praktikum für 40 Stunden, ich habe einen Brief bekommen, dass ich die Ausbildung machen kann.

R: Das Ihrer Beschwerde angeschlossene handschriftliche Schreiben, ist das das gleiche wie das Ihres Mannes?

BF2: Ja, wir haben es gemeinsam geschrieben.

R: Können Sie mir Umstände nennen, die für eine besondere Integration in Österreich sprechen würden?

BF2: Die letzten drei Jahre in XXXX fand ich viele Freunde und Freundinnen, ich knüpfte Kontakte, die Nachbarin ist wie eine neue Familie für mich, sie hilft mir immer und auch meinen Kindern. Sie spielt mit meinen Kindern, in XXXX habe ich eine neue Heimat gefunden. Die letzten drei Jahre waren sehr ruhig. Es ist wie ein normales Leben für mich. Ich lebe dort ohne Probleme, ich darf nicht arbeiten wo ich will.

R: Gibt es noch ein weiteres Vorbringen bzw. Fragen an die BF2?

BFV: Nein.

R: Möchten Sie uns noch etwas sagen?

BF2: Nein. Natürlich möchte ich eine positive Entscheidung, dass meine Kinder hier in Ruhe leben können.

Die restlichen BF betreten den Verhandlungssaal.

R an BF3: Bitte schildern Sie mir, wie Ihr Privat- und Familienleben in Österreich aussieht, bzw. wie Sie sich in Österreich integriert fühlen?

BF3: Ich habe hier viele Freunde in der Schule. Eigentlich fühle ich mich in Österreich wohl.

R: Sprechen Sie russisch?

BF3: Ja.

R: Sprechen Sie tschetschenisch?

BF3: Ja.

R: Was war 2018 für ein Vorfall?

BF3: Es gab eine Schlägerei in der Schule in der Mittagspause, wir stritten uns, wir nahmen uns gegenseitig in den Schwitzkasten. Nachgefragt, jetzt ist eine Ruhe und es passierte nichts mehr.

R: Möchten Sie mir noch etwas sagen?

BF3: Nein.

R an BF4: Bitte schildern Sie mir, wie Ihr Privat- und Familienleben in Österreich aussieht, bzw. wie Sie sich in Österreich integriert fühlen?

BF4: Ich fühle mich in Ö wohl, ich habe auch viele Freund, auch in der Schule geht es mir sehr gut. Ich möchte nach dem Poly eine Lehre mit Matura machen, ich möchte die Lehre als Kunststoffformgeber in XXXX machen.

R: Sprechen Sie Russisch oder Tschetschenisch?

BF4: Ja.

R: Gibt es noch weitere Fragen oder Vorbringen betreffend BF3 und BF4?

BFV: Nein.

Vorgelegt wird das LIB der Staatendokumentation (Stand: 30.09.2019) betreffend die russische Information.

Der BFV erklärt, dass die Übergabe eines Exemplars nicht notwendig ist und verzichtet auf eine Stellungnahme.

R: Möchten Sie noch etwas sagen?

BF4: Nein. (...)"

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und Eltern der minderjährigen Dritt- bis SiebtbeschwerdeführerInnen, deren gesetzliche Vertretung sie innehaben. Die beschwerdeführenden Parteien führen die im Spruch angeführten Personalien, sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, der tschetschenischen Volksgruppe und dem muslimischen Glauben zugehörig. Die erst- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien reisten im Dezember 2012 gemeinsam illegal in das Bundesgebiet ein und stellten am 27.12.2012 erste Anträge auf internationalen Schutz. In weiterer Folge wurde der nunmehrige Sechstbeschwerdeführer im Bundesgebiet geboren, für welchen durch seine gesetzlichen Vertreter ebenfalls um internationalen Schutz angesucht wurde. Über jene Anträge wurde durch das Bundesasylamt mit Bescheiden vom 24.04.2013 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch der subsidiär Schutzberechtigten unter Ausspruch von Ausweisungen aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation abweisend entschieden. Die gegen diese Bescheide eingebrachten Beschwerden wurden durch den Asylgerichtshof mit rechtskräftigen Erkenntnissen vom 29.05.2013 gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Die erst- bis sechstbeschwerdeführenden Parteien reisten nach Erhalt der abweisenden Beschwerdeentscheidungen illegal nach Deutschland weiter, von wo aus sie am 15.05.2014 nach den Bestimmungen der Dublin III-Verordnung nach Österreich rücküberstellt wurden. Die am gleichen Tag eingebrachten Folgeanträge auf internationalen Schutz wurden mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.07.2014 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, wobei die gegen diese Bescheide eingebrachten Beschwerden mit rechtskräftigen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.08.2014 als unbegründet abgewiesen wurden.

Die erst- bis sechstbeschwerdeführenden Parteien reisten daraufhin abermals illegal nach Deutschland weiter und stellten nach Rückkehr in das österreichische Bundesgebiet am 17.02.2015 die verfahrensgegenständlichen dritten Anträge auf internationalen Schutz. Für die im August 2016 im Bundesgebiet geborene Siebtbeschwerdeführerin wurde durch ihre gesetzlichen Vertreter ebenfalls ein Antrag auf internationalen Schutz eingebracht.

1.2. Die beschwerdeführenden Parteien waren in ihrem Herkunftsstaat in der Vergangenheit keiner Bedrohung aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten ausgesetzt und droht ihnen eine solche auch in Zukunft nicht.

Nicht festgestellt werden kann, dass die beschwerdeführenden Parteien im Fall ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würden oder von der Todesstrafe bedroht wären. Die beschwerdeführenden Parteien leiden jeweils an keinen schwerwiegenden oder chronischen Erkrankungen und haben zahlreiche verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte in der Russischen Föderation. In Tschetschenien leben unverändert die Eltern, ein Bruder, eine Schwester und weitere Verwandte des Erstbeschwerdeführers sowie eine Schwester der Zweitbeschwerdeführerin mit ihrer Familie. Eine weitere Schwester der Zweitbeschwerdeführerin lebt mit ihrer Familie in Dagestan. Der Erstbeschwerdeführer ist ausgebildeter Zahnarzt und hat im Vorfeld der Ausreise einige Jahre in diesem Beruf gearbeitet. Die Zweitbeschwerdeführerin besitzt ebenfalls eine Ausbildung im medizinischen Bereich.

1.3. Der Erstbeschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX wegen des Vergehens der Bestechung nach § 307 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Urkundenunterdrückung als Beteiligter nach den §§ 12 zweiter Fall, 229 Abs. 1 StGB (nach Berufungsentscheidung des Oberlandesgerichts XXXX vom XXXX ) zu einer Geldstrafe von 360 Tagsätzen zu je EUR 4,00,- verurteilt, wovon ein Strafteil von 180 Tagsätzen unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit nachgesehen wurde. Der Erstbeschwerdeführer war zusammengefasst für schuldig befunden worden, einer Mitarbeiterin des Österreichischen Integrationsfonds für die pflichtwidrige Vornahme eines Amtsgeschäftes, nämlich insbesondere der gegen der Prüfungsordnung vorgenommenen nachträglichen Berichtigung von falschen (Multiple Choice)-Testantworten, über Vermittlung einer bereits rechtskräftig verurteilten Person einen Vorteil, nämlich einen Bargeldbetrag in der Höhe von mindestens EUR 400,- gewährt zu haben.

Die übrigen beschwerdeführenden Parteien sind strafgerichtlich unbescholten.

1.4. Nicht festgestellt werden kann, dass eine ausgeprägte und verfestigte Integration der beschwerdeführenden Parteien in Österreich vorliegt. Außerhalb ihrer Kernfamilie verfügen die beschwerdeführenden Parteien über keine familiären oder sonstigen engen sozialen Bezugspunkte im Bundesgebiet. Im Bundesgebiet hat sich zuletzt ein Onkel des Erstbeschwerdeführers mit dessen Familie als Asylwerber aufgehalten, es bestand jedoch kein enger Kontakt zu den beschwerdeführenden Parteien und es liegt kein besonderes Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis zu diesen Angehörigen vor.

Die beschwerdeführenden Parteien haben während ihrer Aufenthalte durchwegs Grundversorgung bezogen und sind nicht selbsterhaltungsfähig. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin haben sich bemüht gezeigt, im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten zum Haushaltseinkommen beizutragen. Zuletzt verdienten sie monatlich rund 200 bis 300 EUR durch Verrichtung selbständiger Tätigkeiten (Reinigungs-, Garten- und Reparaturarbeiten gegen Dienstleistungsscheck). Der Erstbeschwerdeführer besitzt eine (hinsichtlich Ausmaß der Beschäftigung und Entlohnung nicht konkretisierte) Einstellungszusage durch eine Firma. Er hat einen Erste-Hilfe-Grundkurs absolviert und ist, ebenso wie die beiden älteren Söhne, Mitglied in einem Boxverein. Die Zweitbeschwerdeführerin plant, Ende Jänner 2020 eine Ausbildung als Pflegerin aufzunehmen, im Vorfeld hat sie ein Praktikum von 40 Stunden in einem Altenheim absolviert. Dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin war eine grundlegende Verständigung in deutscher Sprache anlässlich der Beschwerdeverhandlung möglich, diese haben jeweils Integrationsprüfungen auf dem Niveau B1 bestanden. Der Erstbeschwerdeführer besuchte zuletzt einen B2-Deutschkurs, die Zweitbeschwerdeführerin nahm an einem Basisbildungskurs am BFI teil.

Auch die minderjährigen BeschwerdeführerInnen haben sich im Zuge ihrer langjährigen Aufenthalte im Bundesgebiet und ihres Pflichtschulbesuchs Deutschkenntnisse angeeignet. Die minderjährigen Dritt- bis FünftbeschwerdeführerInnen besuchen im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht die Schule im Bundesgebiet und sind altersgemäß gut in das Schulleben integriert. Der Drittbeschwerdeführer und der Viertbeschwerdeführer besuchten zuletzt ein Polytechnikum, die Fünftbeschwerdeführerin und der Sechstbeschwerdeführer die Volksschule. Die Siebtbeschwerdeführerin besucht den Kindergarten. Die minderjährigen beschwerdeführenden Parteien beherrschen unverändert ihre tschetschenische Muttersprache. Die beschwerdeführenden Parteien haben Freundschaften und Bekanntschaften im Bundesgebiet geknüpft.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin waren sich der Unsicherheit eines dauerhaften Aufenthalts während ihrer gesamten Aufenthaltsdauer bewusst, diese leisteten der erstmals im Mai 2013 ausgesprochenen rechtskräftigen Ausreiseverpflichtung keine Folge und setzten ihren Aufenthalt in Europa durch zwei illegale Weiterreisen nach Deutschland sowie die anschließende Stellung von unbegründeten Folgeanträgen in Österreich beharrlich fort. Die beschwerdeführenden Parteien haben die nunmehrigen (Folge-)Anträge in bewusst rechtsmissbräuchlicher Absicht zur Verhinderung einer Außerlandesbringung eingebracht.

1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Sicherheitslage

Wie verschiedene Anschläge mit zahlreichen Todesopfern in den letzten Jahren gezeigt haben, kann es in Russland, auch außerhalb der Kaukasus-Region, zu Anschlägen kommen. Todesopfer forderte zuletzt ein Terroranschlag in der Metro von St. Petersburg im April 2017. Die russischen Behörden halten ihre Warnung vor Anschlägen aufrecht und rufen weiterhin zu besonderer Vorsicht auf (AA 3.9.2019a, vgl. BMeiA 3.9.2019, GIZ 8.2019d). Trotz verschärfter Sicherheitsmaßnahmen kann das Risiko von Terrorakten nicht ausgeschlossen werden. Die russischen Sicherheitsbehörden weisen vor allem auf eine erhöhte Gefährdung durch Anschläge gegen öffentliche Einrichtungen und größere Menschenansammlungen hin (Untergrundbahn, Bahnhöfe und Züge, Flughäfen etc.) (EDA 3.9.2019).

Russland tritt als Protagonist internationaler Terrorismusbekämpfung auf und begründet damit seinen Militäreinsatz in Syrien. Vom Beginn des zweiten Tschetschenienkriegs 1999 bis ins Jahr 2013 sah es sich mit 75 größeren Terroranschlägen auf seinem Staatsgebiet konfrontiert, die Hunderten Zivilisten das Leben kosteten. Verantwortlich dafür war eine über Tschetschenien hinausgehende Aufstandsbewegung im Nordkaukasus. Die gewaltsamen Zwischenfälle am Südrand der Russischen Föderation gingen 2014 um 46% und 2015 um weitere 51% zurück. Auch im Global Terrorism Index, der die Einwirkung des Terrorismus je nach Land misst, spiegelt sich diese Entwicklung wider. Demnach stand Russland 2011 noch an neunter Stelle hinter mittelöstlichen, afrikanischen und südasiatischen Staaten, weit vor jedem westlichen Land. Im Jahr 2016 rangierte es dagegen nur noch auf Platz 30 hinter Frankreich (Platz 29), aber vor Großbritannien (Platz 34) und den USA (Platz 36). Nach der Militärintervention in Syrien Ende September 2015 erklärte der sogenannte Islamische Staat (IS) Russland den Dschihad und übernahm die Verantwortung für den Abschuss eines russischen Passagierflugzeugs über dem Sinai mit 224 Todesopfern. Seitdem ist der Kampf gegen die Terrormiliz zu einer Parole russischer Außen- und Sicherheitspolitik geworden, auch wenn der russische Militäreinsatz in Syrien gewiss nicht nur von diesem Ziel bestimmt ist, sondern die Großmachtrolle Russlands im Mittleren Osten stärken soll. Moskau appelliert beim Thema Terrorbekämpfung an die internationale Kooperation (SWP 4.2017).

Eine weitere Tätergruppe rückt in Russland ins Zentrum der Medienaufmerksamkeit, nämlich Islamisten aus Zentralasien. Die Zahl der Zentralasiaten, die beim sog. IS kämpfen, wird auf einige tausend geschätzt (Deutschlandfunk 28.6.2017).

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (3.9.2019a): Russische Föderation:

Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/russischefoederationsicherheit/201536#content_0, Zugriff 3.9.2019 - BmeiA (3.9.2019): Reiseinformation Russische Föderation,

https://www.bmeia.gv.at/reiseaufenthalt/reiseinformation/land/russische-foederation/, Zugriff 3.9.2019 - Deutschlandfunk (28.6.2017): Anti-Terrorkampf in Dagestan. Russische Methoden,

https://www.deutschlandfunk.de/anti-terrorkampf-in-dagestan-russischemethoden.724.de.html?dram:article_id=389824, Zugriff 29.8.2018 - EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (3.9.2019): Reisehinweise für Russland, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-undreisehinweise/russland/reisehinweise-fuerrussland.html, Zugriff 3.9.2019 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (8.2019d): Russland, Allt

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten