TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/8 W208 2196968-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.01.2020
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Entscheidungsdatum

08.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §6 Abs1 Z4
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2

Spruch

W208 2196968-2/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , geboren XXXX , Staatsangehörigkeit AFGHANISTAN, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Bernhard ÖSTERREICHER, 2511 PFAFFSTÄTTEN, Badener Straße 28, gegen den Bescheid des BUNDESAMTES FÜR FREMDENWESEN UND ASYL, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 07.11.2018, Zl. 831418102/150339256, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der damals minderjährige Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) hat nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet im Rahmen der Familienzusammenführung nach § 35 Asylgesetzes 2005 (AsylG), am 02.03.2013, vertreten durch seine Mutter, gemeinsam mit dieser und seiner Schwester einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs 1 Z 13 iVm § 34 AsylG gestellt.

Bei der Befragung am 06.11.2013 (1. Niederschrift) gab er an, die Taliban seien gegen seinen Vater gewesen, deswegen sei er auch in Gefahr. Sein Vater, der lange Zeit Soldat und Beamter im Finanzministerium gewesen sei, sei als Spion der Regierung beschuldigt worden und man habe der Familie mit Entführung gedroht, weil der Vater gegen die Taliban gewesen sei. Der Vater habe immer wieder mit ihnen diskutiert, sei dafür gewesen, dass Mädchen zur Schule gehen und habe Musik in seinem Geschäft gehört, weshalb die Taliban auch einmal seinen Kassettenrekorder kaputt gemacht hätten.

Man habe ihn vor etwa drei Jahren vor der Wohnung in KABUL geschlagen und ihm dem Wangenknochen gebrochen. Nach der Ausreise des Vaters habe es keine Vorfälle mehr gegeben, bei denen er verletzt worden wäre, aber es seien immer wieder (zuerst häufiger, dann nur mehr alle paar Monate) Leute gekommen die nach dem Vater gefragt hätten. Er habe keine Schule besucht, könne aber seinen Namen schreiben.

Seinem Vater war davor (aufgrund eines Antrages vom 18.08.2010) mit Bescheid des BAA vom 18.03.2011, Zl XXXX .447-BAT, der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt worden (AS 103 /Akt Vater). Begründet wurde die Zuerkennung mit der instabilen Sicherheitslage in Afghanistan. Die Fluchtgeschichte des Vaters wurde hingegen nicht für glaubhaft erachtet und der Antrag auf Zuerkennung des Asylstatus gem § 3 Abs 1 AsylG abgewiesen. Gegen diese Abweisung ergriff der Vater ein Rechtsmittel.

Das damalige Bundesasylamt (BAA) erkannte mit Bescheiden vom 15.11.2013 der Mutter des BF (Zl XXXX .180-BAT) aufgrund "westlicher Orientierung" den Status einer Asylberechtigten zu und erstreckte diesen Status im Familienverfahren gem § 34 Abs 2 AsylG auf die jüngere Schwester des BF (Zl XXXX .182-BAT) und den BF selbst (Zl XXXX .181-BAT).

Das BVwG gab mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 31.01.2014, W122 1418725-1/9E - ohne die Fluchtgeschichte des Vaters einer Überprüfung zu unterziehen - der Beschwerde des Vaters statt und gewährte ihm im Rahmen des Familienverfahrens als Elternteil eines minderjährigen Kindes bzw Ehegatte ebenfalls den Status eines Asylberechtigten.

2. Mit rechtskräftigem Urteil des LG für Strafsachen WIEN vom 12.11.2015, XXXX wurde der damals 17-jährige BF des Mordes (§ 75 StGB) schuldig erkannt. Er habe am 10.03.2015 in WIEN den XXXX (im Folgenden: HA oder Opfer) getötet, indem er mit einem 25 cm langen Keramikmesser 17 mal auf ihn eingestochen hat. Er wurde unter Anwendung des § 5 Z 2a JGG zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren verurteilt.

Den Feststellungen des Gerichtes ist zu entnehmen, dass erschwerend "die heimtückische Vorgangsweise des Angeklagten (Auflauern des Opfers mittels bereitgehaltenem Messer), wogegen das Opfer keine Vorsicht mehr gebrauchen konnte, sowie den besonders verwerflichen Beweggrund des religiösen Eifers (Todeswürdigkeit von Menschen die Musik lieben und den Koran vorgeblich nicht achten), der die Motivation zur Bluttat darstellte." gewertet wurde und mildernd, "das bisher tadellose Vorleben des Angeklagten und seine ungünstigen Erziehungsverhältnisse in einem Kriegsgebiet (Afghanistan)."

Der Strafrahmen habe durch § 5 Z 2a JGG 1-15 Jahre Freiheitsstrafe betragen und sei die 12-jährige Freiheitsstrafe schuldangemessen, da nur so in ausreichendem Maße spezialpräventiv auf den Angeklagten eingewirkt und ein generalpräventiver Effekt auf andere potentielle Täter aus radikal-religiösen Kreisen erzielt werden könne.

3. Am 26.04.2018 (2. Niederschrift/JA XXXX ) wurde der BF vom BFA, in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu, im Gegenstand einvernommen und in Kenntnis gesetzt, dass seine Straftat ein Ausschlussgrund für Asyl sei. Er wurde dabei zu seinen persönlichen Lebensumständen, seinem Privat- und Familienleben befragt.

Er legte in diesem Zusammenhang dar, dass er gesund sei und jederzeit arbeiten könnte, seine Familie besuche ihn regelmäßig. Im Heimatland habe er noch einen Onkel mütterlicherseits (ms) in KABUL, sonst habe er dort niemanden, auch er sei schon in KABUL gewesen. Bei einer Rückkehr würden ihn die Taliban töten, weil sie ihn verdächtigen würden, ein Terrorist zu sein, er sei deshalb auch einmal in KABUL geschlagen worden. Man habe ihn gefragt wo sein Vater sei. An Näheres könne er sich nicht mehr erinnern. Es sei auch üblich, dass man sich an ihm räche, weil er jemanden getötet habe. Nähere Angaben zur Familie des Opfers machte der BF nicht.

Verständigungsprobleme lagen keine vor, die Rückübersetzung wurde als korrekt bezeichnet.

4. Das BFA hat mit Bescheid vom 02.05.2018 dem BF den mit Bescheid vom 15.11.2013 zuerkannten Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs 1 Z 1 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, aberkannt und gemäß § 7 Abs 4 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Absatz 1 Z 2 AsylG dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach AFGHANISTAN zulässig ist (Spruchpunkt V.) und dass gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs 3 Z 5 FPG wurde ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

5. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Hilfe einer Rechtsberatungsorganisation am 25.05.2018 Beschwerde ein. Er führte an, die Taliban würden ihn nicht am Leben lassen, weil sie Polizisten gewesen seien, sie hätten ihn am Auge geschlagen und eine Bombe auf die Wohnung geworfen, deshalb seien sie nach Österreich gekommen. Die Familie des Opfers seien Paschtunen gewesen und würden ihn töten lassen. Außerdem habe er eine Magenerkrankung und gebe es in Afghanistan keine Behandlung. Er bereue, dass er in Österreich jemanden getötet habe und würde so etwas nie wieder machen.

6. Mit Beschluss des BVwG vom 02.07.2018 hob das BVwG den Bescheid auf und verwies die Rechtssache an das BFA zurück. Dem BFA wurde aufgetragen, Ermittlungen zur Aktualität des Fluchtgrundes des Vaters des BF, zur Gefahr der Rache durch in Afghanistan befindliche Angehörige des Opfers, zum sozialen Netzwerk und zur Beurteilung des Privat- und Familienlebens des BF zu treffen. Auch seien die Umstände der Tat und sein Verhalten in der Haft nicht festgestellt worden.

7. Das BFA holte in der Folge Vollzugsinformationen ein, in denen folgende Strafen aufscheinen:

04.12.2017 - € 25,-- Geldbuße; 15.02.2018 - € 20,-- Geldbuße;

19.02.2018 - 1 Woche Hausarrest; 09.03.2018 - Verweis; 09.03.2018 - € 60,-- Geldbuße;

Im beiliegenden Schreiben vom 17.07.2018 ist angeführt, dass der BF Beamte beschimpft und bedroht habe, sich nicht an die Hausordnung halte sowie Ordnung und Sauberkeit zu wünschen übrigließen.

Am 16.10.2018 wurde der BF ein weiteres Mal einvernommen (3. Niederschrift/JA XXXX ), Verständigungsprobleme lagen nicht vor.

Er gab im Wesentlichen an sowohl Paschtu als auch Dari und Deutsch zu sprechen. In seiner Muttersprache könne er nur ein wenig schreiben. Er sei In PAKTIKA geboren, habe keine Schule besucht und nicht gearbeitet, sein Vater habe einen Lebensmittelladen besessen, wo er ab und zu ausgeholfen habe. Ein Onkel ms und dessen Kinder würden noch in KABUL leben und habe er Kontakt. Ansonsten wiederholte er die Angaben in der Beschwerde und ergänzte, dass er der Opferfamilie einen Entschuldigungsbrief übergeben habe und seine Eltern diese besucht hätten. Die Frau des Opfers habe aber gesagt, dass sie ihm nie verzeihen werde. Die Medien hätten Fotos von ihm gezeigt und sei über seine Tat auch in den afghanischen Nachrichten berichtet worden. Angst vor den Taliban habe er, weil diese die Familie für Unterstützer der Regierung und Polizisten halten würden. In Österreich habe er nur familiäre und private Bindungen zu seiner Familie, die ihn auch wöchentlich im Gefängnis besuche. Er habe sich in eine andere JA verlegen lassen, weil er hier arbeiten könne und wolle.

8. Das BFA hat mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 07.11.2018 dem BF den mit Bescheid vom 15.11.2013 zuerkannten Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs 1 Z 1 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, aberkannt und gemäß § 7 Absatz 4 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Absatz 1 Z 2 AsylG dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach AFGHANISTAN zulässig ist (Spruchpunkt V.) und dass gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs 3 Z 5 FPG wurde ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Begründend wurde unter anderem sinngemäß ausgeführt, dass der BF die Opferfamilie nicht kennen würde und somit sei auch auszuschließen, dass die Opferfamilie den BF kenne.

9. Gegen den am 13.11.2018 in der JA XXXX zugestellten Bescheid, brachte der BF durch seinen Rechtsvertreter am 10.12.2018 (Datum der Postaufgabe) neuerlich Beschwerde ein und beantragte die ersatzlose Behebung des Bescheides. Begründend wurde ua angeführt die belangte Behörde habe nicht begründet, warum der BF jetzt noch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstelle. Er könne in Afghanistan nicht unterstützt werden, weil er keinen Kontakt zu seinem Onkel habe. Die Fotos des BF seien über WhatsApp an die Familie des Opfers in Afghanistan gelangt und habe er Blutrache zu fürchten.

10. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem BVwG am 12.12.2018 vom BFA vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

11. Das BVwG beschaffte den Strafakt des BF, den Asylakt des Vaters und der Mutter sowie den Asylakt des Opfers (ON 15) und holte aktuelle Vollzugberichte ein (ON 9, 10).

Die Justizvollzugbehörden teilten mit, dass der BF in der Zwischenzeit von der JA XXXX wieder in die JA XXXX verlegt worden sei. In XXXX habe er von Februar bis Mai 2019 in der Schuhmacherei gearbeitet und sodann von Juli 2019 bis zu seiner Verlegung am 11.09.2019 für einen Unternehmensbetrieb. Am 04.09.2019 habe es einen Raufhandel mit einem anderen Insassen gegeben, abgesehen von dieser Verfehlung habe er sich der Hausordnung entsprechend verhalten. Besuche habe er nur von seinen Eltern erhalten. In der JA XXXX arbeite er seit 25.09.2019 im Expedit und erbringe eine zufriedenstellende Leistung. Er habe aber bereits einmal wegen eines Raufhandels am 02.10.2019 disziplinär zur Verantwortung gezogen werden müssen (Geldbuße iHv € 30,--) und drei Besuche von seinen Eltern erhalten.

12. Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 30.10.2019 eine öffentliche Verhandlung durch, an der der BF (aus der JA XXXX über Videokonferenz zugeschaltet) im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu teilnahm und ausführlich zu den Fluchtgründen und zur Person befragt wurde, sowie Stellung nehmen konnte. Sein Rechtsvertreter nahm an der Verhandlung unentschuldigt nicht teil. Der BF war mit seiner Einvernahme einverstanden und wurde dem Rechtsvertreter die Verhandlungsschrift (ON 14, im Folgenden als VHS, Seitenzahl zitiert) zur Stellungnahme binnen 3 Wochen übermittelt.

Ein Vertreter des BFA nahm an der Verhandlung ebenso nicht teil und erhielt dieses ebenso eine Stellungnahmemöglichkeit zur Verhandlungsschrift.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden auch der Vater (VHS, 8) und die Mutter (VHS, 11) des BF zu ihren Fluchtgründen sowie die Witwe des Opfers (VHS, 14) ua zur Familie des ermordeten Ehemannes als Zeugen einvernommen. Die sechzehnjährige Schwester des BF war ebenfalls im VHS anwesend, wurde aber nicht befragt. Auffällig war, dass die Mutter trotz ihrer bereits im damaligen Asylverfahren (11/2013) angeführten "westlichen Orientierung" kein Deutsch sprach und ebenso wie die Schwester des BF (die allerdings gut Deutsch sprach und ins Gymnasium geht, wie sie im Pausengespräch mit dem Richter angab), traditionell mit langem Mantel und Hidschab bekleidet waren (VHS, 11). Ebenso, dass die Mutter überrascht war, dass sich der BF den Bart abrasiert hatte (VHS, 13).

13. Stellungnahmen der Parteien sind bis zur Entscheidung nicht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen

1.1. Zur Person und ihrem Netzwerk

Der BF führt den im Spruch angeführten Namen, wurde am XXXX in der Provinz PAKTIA geboren. Er ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan; weiters Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam (VHS des BVwG vom 30.10.2019, 5). Seine Muttersprache ist Paschtu, außerdem spricht er noch Dari/Farsi, und verfügt über Deutschkenntnisse über dem Niveau A2 (hat aber keine positive Prüfung abgelegt). In der Sprachen Dari/Farsi, Deutsch kann er lesen und schreiben, (VHS, 6).

Er ist gemeinsam mit seiner Mutter und Schwester im März 2013 (als 15-Jähriger) im Rahmen der Familienzusammenführung auf Antrag seines Vaters - der zu diesem Zeitpunkt subsidiären Schutz aufgrund der labilen Sicherheitslage genoss, dessen Antrag auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nicht rechtskräftig abgewiesen worden war und sich im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG befand - in Österreich eingereist.

Der BF hat von seinem Vater und Onkel ms Unterricht erhalten, eine Schule hat er nicht besucht (VHS, 6, 10).

Der BF ist arbeitsfähig. Er hat Berufserfahrung als Schuhmacher (I.11), Elektriker, KFZ-Mechaniker (VHS, 18) und als Hilfskraft im Lebensmittelgeschäft seines Vaters (VHS, 6) gesammelt.

Der BF hat folgende Angehörige in Kabul in Afghanistan, mit denen er in Kontakt steht (3. Niederschrift): Einen Onkel ms und dessen Familie (Frau, vier erwachsene Söhne und vier Töchter; VHS, 7); die Nachkommen einer bereits verstorbenen Tante vs (VHS, 10). Die Eltern waren in Afghanistan einflussreich und hatten viele Bekannte (VHS, 12).

Die Verwandten ms bestreiten ihren Lebensunterhalt durch Arbeit der Söhne (VHS, 7) wobei es ihnen finanziell nicht gut geht. Sie haben aber ein eigenes Haus in Kabul (VHS, 12). Sie haben den Wunsch des Vaters des BF abgelehnt mit der Familie des Opfers - die ebenfalls in Kabul wohnhaft ist - Kontakt aufzunehmen und wurden auch von dieser nicht kontaktiert (VHS, 12,13).

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF (und sein Vater) keine weiteren Angehörigen, Bekannte oder Freunde mehr in Afghanistan hat.

Er kann auf das soziale Netzwerk seines Clans in Afghanistan zurückgreifen - mit dem er in Kontakt steht bzw bei Bedarf über seine Eltern den Kontakt herstellen kann (VHS, 10) - und auf die Unterstützung der Großfamilie, die ihn aufgrund der modernen Kommunikationsmittel und des Bankwesens finanziell oder zumindest mit ihren Kontakten auch aus der Ferne unterstützen kann.

Der BF ist gesund und wird auch im Gefängnis durch seine Eltern finanziell unterstützt (VHS, 7).

Er ist in Afghanistan nicht vorbestraft, war dort nie inhaftiert, war kein Mitglied einer politischen Partei oder sonstigen Gruppierung, hat sich nicht politisch betätigt und hatte keine Probleme mit staatlichen Einrichtungen oder Behörden im Heimatland.

1.2. Zum Leben des BF in Österreich

1.2.1. Zu Dauer, Qualität und (Un-)Sicherheit des Aufenthaltsstatus

Nach seiner Einreise in das Bundesgebiet war der BF zunächst ab März 2013 als Asylwerber aufhältig und erhielt sodann abgeleitet im Familienverfahren von seiner Mutter im November 2013 den Status eines Asylberechtigten. Seine Mutter erhielt den Status aufgrund ihrer damals offenbar glaubhaft dargelegten "westlichen Orientierung" bzw dem Wunsch nach einer "selbstbestimmten Lebensweise" als Frau. Sie hat allerdings seit diesem Zeitpunkt und auch davor in Afghanistan nie gearbeitet (VHS, 8), kann auch nach 6 Jahren Aufenthalt in Österreich kaum Deutsch und hat sich nur um ihre Kinder (insbesondere den BF) gekümmert (VHS, 11).

Eineinhalb Jahre später am 10.03.2015 hat der BF im Zuge eines AMS-Kurses einen anderen Afghanen der mit ihm den Kurs besuchte und mit dem er Meinungsverschiedenheiten über Musik und den Koran hatte, mit 17 Messerstichen getötet und wurde dafür zu 12 Jahren Freiheitsstrafe (bei einem Strafrahmen von 15 Jahren) verurteilt (vgl vorne Punkt I.2.).

Der BF gibt zwar an, dass er traurig über die Tat sei und hat er sich auch bei der Witwe des Opfers mehrfach entschuldigt (VHS, 7, 17). Er leugnet aber - so wie auch in der Strafverhandlung - nach wie vor deren Begehung in Mordabsicht und spricht von einem Angriff des Opfers und Verteidigung (VHS, 20). Der Gerichtspsychiater hat dazu in der Verhandlung beim Strafgericht (Band VI, ON 90 des Strafaktes, VHP 12.11.2015, 36-38) erklärt, dass es sich dabei um einen Verdrängungsmechanismus handle, damit der BF mit sich selbst ins Reine komme. Wenn er sich nicht mit der Realität auseinandersetze, würde sich nichts ändern. Wenn es keine Verdrängung sei, dann sage er es bewusst. Der BF falle in die Risikogruppe 4 (von 9), was besage, dass eine Rückfallwahrscheinlichkeit von 17 % (binnen sieben Jahren) und von 31 % (binnen 10 Jahren bestehe). Er sei bei der Tat einsichtsfähig gewesen und habe geplant gehandelt. Zu den Feststellungen des Gerichts, wonach der BF im religiösen Eifer gehandelt hat, vgl vorne Punkt I.2.

Im Gefängnis kam es immer wieder zu Bestrafungen wegen Disziplinlosigkeiten insb zwei Raufereien mit anderen Insassen und wurde der BF mehrfach verlegt (vgl vorne Punkt I.7., I.11.). Auch dafür übernimmt er keine Verantwortung uns spricht davon, dass andere Leute ihn geschlagen hätten (VHS, 18 und 19).

Der BF ist aufgrund der Schwere seiner Straftat und seines Persönlichkeitsbildes als Gefahr für die Gemeinschaft einzuschätzen.

1.2.2. Zu Selbsterhaltungsfähigkeit, Erwerbstätigkeiten, Ausbildungen etc.

Der BF ist nicht selbsterhaltungsfähig und lebte bis zu seiner Inhaftierung von der Grundversorgung. Der BF hat einen Deutschkurs besucht und sich Deutschkenntnisse A2 angeeignet. In der Verhandlung konnte er sich mit dem Richter in gebrochenem Deutsch unterhalten und hat den Eindruck gemacht alles zu verstehen (VHS, 18).

Er hat keine Berufsausbildungen hat aber im Gefängnis in einer Schumacherwerkstatt, al Elektriker und KFZ-Mechaniker gearbeitet und arbeitet nun im Expedit der JA (VHS, 18). Er hat sich im Gefängnis zu einer Ausbildung als Schuhmacher angemeldet (VHS, 20).

1.2.3. Zu Wohnverhältnissen und privaten Bindungen in Österreich

Der BF wohnte vor der Tat bei seinen Eltern. Er hat keine österreichischen Freunde (VHS, 18) und nur Kontakt mit seinen Eltern (VHS, 7 und Vollzugsberichte).

1.3. Zur Situation im Fall einer Rückkehr des BF in ihr Herkunftsland

1.3.1. Der Vater des BF war - entgegen seiner Angaben - vor seiner Ausreise 2010 keiner konkreten Bedrohung durch die Taliban ausgesetzt. Sein Militärdienst und seine Tätigkeit für die afghanische Regierung im Finanz/Steuer-Ministerium in KABUL während der kommunistischen Besatzung (Regierung Dr. NAJIB) liegt lange zurück (VHS, 9). Danach hat er in PAKTIA eine Landwirtschaft und einige Jahre ein Lebensmittelgeschäft betrieben (BFA-Einvernahme des Vaters 2010, AS 109). Er bekam Schwierigkeiten mit den Taliban (Haqqani-Netzwerk), weil er ihre Ansichten zu Musik, Bildung und Barttracht nicht teilte, die aber nie soweit gegangen sind, dass es zu körperlichen Übergriffen gegen ihn gekommen wäre. Dennoch hat er alles verkauft - bis auf ein Grundstück - und ist mit seiner Familie nach Kabul gezogen, wo er weniger als 2 Jahre gelebt hat, bevor er nach Österreich ausgereist ist. In dieser Zeit ist weder ihm noch seinen Familienangehörigen etwas passiert (VHS, 9 und BFA-Einvernahme des Vaters 2010, AS 113: "körperlich wurde ich nie angegriffen") und es ist auch keine Bombe auf das Wohnhaus in Kabul (wie in der ersten Beschwerde vom BF angegeben [I.5.]) geworfen worden, weil sie Polizisten gewesen wären. Die Angaben des BF und des Vaters, der BF sei nach Ausreise des Vaters von den Taliban aufgesucht, nach seinem Vater gefragt und ins Gesicht geschlagen worden (VHS, 10), sind aufgrund von Widersprüchen nicht glaubhaft. Von den Taliban droht dem BF bei einer Rückkehr keine Gefahr, da weder er noch sein Vater von Bedeutung für diese sind.

1.3.2. Zum angeführten Nachfluchtgrund der befürchteten Rache bzw seiner Tötung durch die Familie des vom BF ermordeten HA (Blutfehde) bei einer Rückkehr (VHS, 16), ist das Folgende festzustellen.

Die Familie des HA lebt in Kabul, sie gehört der Volksgruppe der Tadschiken (und nicht wie vom BF in seiner ersten Beschwerde behauptet, der Paschtunen) an und sind Blutfehden bei dieser Volksgruppe - anders als bei den Paschtunen, die dem sogenannten Paschtunwali unterliegen - weniger üblich (vgl UNHCR-RL vom 30.08.2018, Seite 110 und FN 620). Die Familie ist arm und hat keinen Einfluss oder Kontakte zu Regierung oder Taliban (VHS, 14, 15, 16). Der Vater ist alt, die zwei Brüder sind einfache Hilfsarbeiter (VHS, 15). Sie haben weder das Geld noch die Möglichkeiten und Kontakte zu erfahren, wann und wohin der BF nach Afghanistan zurückkehrt, sodass davon auszugehen ist, dass sie diesen bei einer Rückkehr (in eine andere Stadt als Kabul) weder suchen noch zufällig finden würden. Im Übrigen hat sich auch das Äußere des BF im Laufe der Jahre verändert, da er vom Jugendlichen zum Mann gereift ist und durch seine Barttracht sein Äußeres nach Belieben verändern kann.

Die Opferfamilie hat, obwohl Familienangehörige des BF in Kabul und Familienangehörige der Witwe - die lange im Iran gelebt haben - in Österreich leben, diese nie bedroht oder ist mit Forderungen an sie herangetreten; obwohl die Familie des BF in Österreich sogar Kontakt mit dem Bruder der Witwe aufgenommen hat. Dabei haben die Witwe und ihre Familie klargemacht, dass sie keinen Kontakt wollen. Die Familie des HA ist frei denkend und mischt sich nicht in die Angelegenheiten der Witwe ein (VHS, 15). Es ist daher auch aus diesem Blickwinkel davon auszugehen, dass sie ihn bei einer Rückkehr gar nicht suchen würden. Dem BF droht weder von der Familie des Opfers noch von der der Witwe, bei einer Rückkehr eine Gefahr.

1.3.3. Das LIB der Staatendokumentation, spricht bei PAKTIA (der Herkunftsprovinz des BF) von einer unruhigen Provinz von strategischer Bedeutung und einer Hochburg der Taliban und des Haqquani-Netzwerks. Es kommt zu Anschlägen, gezielten Tötungen und regelmäßigen Militäroperationen gegen die Aufständischen (Taliban, Haqqani Netzwerk, al-Quaida, IS)

Zivilile Opfer sind durch Sprengfallen, Selbstmordanschläge regierungsfeindlicher Gruppierungen und durch Kollateralschäden bei Bodenoffensiven der Sicherungskräfte gegen die Aufständischen zu beklagen.

Auf dem Weg in die Heimatprovinz bzw den Heimatdistrikt besteht die reelle Gefahr willkürlicher Gewalt bloß aufgrund der Anwesenheit ausgesetzt zu sein, indem man Opfer von Angriffen und Bombenanschlägen wird, bei Kämpfen ins Kreuzfeuer gelangt oder an Checkpoints entweder als Spion der Aufständischen oder der Sicherheitskräfte der Regierung (je nachdem wer gerade das Gebiet kontrolliert) angesehen zu werden.

1.3.4. Der BF kann sich aber im Rückkehrfall in einer der relativ sicheren Städte HERAT oder MAZAR-E SHARIF niederlassen und mittelfristig dort eine Existenz aufbauen. So kann er vermeiden, dass er in Kabul zufällig Familienmitgliedern des Opfers begegnet.

Er kann diese Städte auch - in einer relativ sicheren Weise - auf dem Luftweg erreichen.

Es besteht dort für ihn keine reale (über die bloße Möglichkeit hinausgehende) Gefahr einer Tötung (einschließlich der Verhängung und/oder Vollstreckung der Todesstrafe) durch den Staat oder tödlicher Übergriffe durch Dritte.

Eine mit der Rückkehr in den Herkunftsstaat verbundene reale (über die bloße Möglichkeit hinausgehende) Gefahr, der Folter ausgesetzt zu sein oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe durch einen konkreten Akteur unterworfen zu sein, besteht dort ebenso nicht, insbesondere nicht im Hinblick auf eine drohende Tötung aus Rache, einer Kettenabschiebung, im Hinblick auf eine drohende Todesstrafe; weiters auch nicht im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand in Verbindung mit einer Unzulänglichkeit der medizinischen Bedingungen im Herkunftsstaat, im Hinblick auf die dortigen allgemeinen humanitären Bedingungen und Versorgungslage, in Verbindung mit seiner persönlichen Lage (etwa im Sinne einer existenzgefährdenden Notlage oder des Entzugs der notdürftigsten Lebensgrundlagen) oder im Hinblick auf psychische Faktoren, auf Haftbedingungen oder aus anderen Gründen.

Eine solche mit der Rückkehr in den Herkunftsstaat verbundene Gefahr besteht in diesen Städten auch nicht im Hinblick auf eine etwaige ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit als Zivilperson im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

1.4. Zur Lage im Herkunftsstaat

Das BVwG trifft folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

1.4.1. Auszug bzw. Zusammenfassung aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018 (letzte Kurzinformation eingefügt 04.06.2019):

Die Kurzinformation vom 04.06.2019 handelt vom politischen Ringen um einen Friedensvertrag mit den Taliban, spricht trotz landesweitem Rückgang der zivilen Opferzahlen im ersten Quartal um 23 %, immer noch von 1773 Toten und Verletzten darunter 582 Kinder. Ursache waren Luftangriffe, Kampfhandlungen, Sprengstoffanschläge und Kampfmittelrückstände. Auch in KABUL-Stadt kam es wieder zu Anschlägen auf Sicherheitskräfte, Mitarbeiter von Ministerien, Ausländer und schiitischen Studenten unter anderem durch den IS. Die IOM gewährt seit April 2019 keine temporäre Unterkunft für zwangsrückgeführte Afghanen mehr. Diese erhalten eine Barzuwendung von ca. 150 Euro sowie Informationen über mögliche Unterkunftsmöglichkeiten. Gemäß dem Europäischen Auswärtigen Amt (EAD) nutzten nur wenige Rückkehrer die Unterbringungsmöglichkeiten von IOM.

Die Kurzinformation vom 26.03.2019 spricht von einem Anschlag des IS in KABUL während des persischen Neujahrsfestes (Nowruz) in einer mehrheitlich von Schiiten bewohnten Gegend. Die Bomben waren in einer Moschee, hinter einem Krankenhaus und in einem Stromzähler plaziert. Ein weitere Angriff des IS mit Mörsergranaten erfolgte ebenfalls auf einen mehrheitlich von Hazara bewohnten Stadtteil auf eine Gedenkveranstaltung für einen Hazara-Führer. Berichtet wird auch von Überflutungen die der Dürre in den Provinzen Farah, Kandahar, Helmand, HERAT, Kapisa, Parwan, Zabul und KABUL. Diese haben eine weitere Landflucht in die urbanen Zentren ausgelöst und befinden sich insbesondere in Herat-Stadt rund 95.000 Personen in Notunterkünften die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Ebenfalls erwähnt werden Friedensgespräche mit den Taliban und die neuerliche Verschiebung der Präsidentenwahl auf 28.09.2019.

Der Kurzinformation vom 01.03.2019 ist zu entnehmen, dass die Sicherheitslage in Afghanistan nach wie vor labil bleibt. Die meisten regierungsfeindlichen Angriffe fanden in den Provinzen Badghis, Farah, Faryab, Ghazni, Helmand, Kandarhar, Uruzgan und Herat statt. Zivile Opfer durch Kämpfe und Anschläge gab es auch in den Provinzen Kunar, Nangarhar, Kunduz und Kabul sowie entlang verschiedener Hauptstraßen in diesen Provinzen. Alle Provinzzentren sind jedoch unter Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung.

Den Kurzinformationen vom 22.01.2019 und 31.01.2019 sind einerseits die Aufnahme von Friedensgesprächen der USA mit den Taliban zu entnehmen andererseits aber auch wieder tödliche Anschläge auf einen Stützpunkt des afghanischen Geheimdienstes in der Provinz WARDAK am 21.01.2019, am Vortag auf einen Konvoi des Provinzgouverneurs der Provinz LOGAR und vor der gesicherten Green Zone in KABUL, wo viele internationale Organisationen und NGO angesiedelt sind.

Im Herbst und Winter 2018 kam es zu mehreren Anschlägen in KABUL auf Ministerien, auf Islamgelehrte, Demonstrationen der Hazaras und Gefängnismitarbeitern bei denen es zivile Opfer gab. Brandvorrichtung/Sprengfallen, Selbstmordanschläge regierungsfeindlicher Gruppierungen und Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer. Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Faryab, Helmand und Kandahar waren am stärksten betroffen.

Aus der KI vom 11.9.2018, geht hervor, dass Angriffe des Islamischen Staates (IS/ISKP) in KABUL, Anschläge in Nangarhar und Aktivitäten der Taliban in den Provinzen Sar-i Pul und Jawzjan stattgefunden haben. Es handelte sich dabei um Selbstmordanschläge auf eine Demonstration, eine Mädchenschule, einen Festumzug und einen Wrestling-Club.

Der KI vom 22.08.2018, sind Angriffe des Islamischen Staates (IS/ISKP) in Kabul und Paktia und Aktivitäten der Taliban in Ghazni, Baghlan, Faryab und Kunduz zu entnehmen. Dies waren Entführungen auf der Takhar-Kunduz-Autobahn, ein IS-Angriff auf die Mawoud Akademie in Kabul sowie vor dem Flughafen Kabul und auf eine schiitische Moschee in Gadrez-Stadt in Paktia, sowie Kämpfe zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Aufständischen in den Provinzen Ghazni, Baghlan und Faryab.

Das LIB der Staatendokumentation führt zur SICHERHEITSLAGE im Punkt 3 im Wesentlichen aus:

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist sehr instabil. Es ist mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Die afghanische Regierung bzw deren Sicherheitskräfte behalten auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen.

Die Aufständischen üben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in städtischen Zentren aus. Sie greifen Glaubensstätten, religiöse Führer sowie Gläubige an; es gibt Tötungen, Entführungen, Bedrohungen und Einschüchterungen von religiösen Personen - hauptsächlich durch regierungsfeindliche Elemente. Ein Großteil der zivilen Opfer waren schiitische Muslime. Die Angriffe wurden von regierungsfeindlichen Elementen durchgeführt - hauptsächlich dem IS. Es wurden aber auch Angriffe auf sunnitische Moscheen und religiöse Führer ausgeführt. Es haben zahlreiche Angriffe auf Behörden, die mit der Wahlregistrierung betraut sind, stattgefunden.

Die häufigste Ursache für zivile Opfer waren IEDs und komplexe Angriffe. An zweiter Stelle waren Bodenoffensiven, gefolgt von gezielten Tötungen, Blindgängern (Engl. UXO, "Unexploded Ordnance") und Lufteinsätzen. Die Bewohner der Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kandahar waren am häufigsten vom Konflikt betroffen.

Die Taliban kontrollieren zwischen 10% und 14 % der afghanischen Distrikte Die Fähigkeiten und der Einfluss des IS sind seit seiner Erscheinung im Jahr 2015 zurückgegangen. Operationen durch die ANDSF und die US-Amerikaner, Druck durch die Taliban und Schwierigkeiten die Unterstützung der lokalen Bevölkerung zu gewinnen, störten das Wachstum des IS und verringerten dessen Operationskapazitäten. Trotz erheblicher Verluste von Territorium, Kämpfern und hochrangigen Führern, bleibt der IS nach wie vor eine Gefährdung für die Sicherheit in Afghanistan und in der Region. Er ist dazu in der Lage, öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen (HPA) in städtischen Zentren zu verüben (USDOD 12.2017).

Der IS hat sich nämlich in den vergangenen Monaten zu einer Anzahl tödlicher Angriffe in unterschiedlichen Teilen des Landes bekannt - inklusive der Hauptstadt. Dies schürte die Angst, der IS könne an Kraft gewinnen (VoA 10.1.2018; vgl. AJ 30.4.2018). Auch haben örtliche IS-Gruppen die Verantwortung für Angriffe auf Schiiten im ganzen Land übernommen (USDOD 12.2017).

Zur Heimatprovinz des BF PAKTIA wird im LIB ausgeführt:

" 3.27. Paktya / Paktia

Paktia ist eine gebirgige Provinz im südlichen Afghanistan (Pajhwok o. D.a; vgl. TA 7.11.2016). Sie grenzt an die Provinz Logar und an Pakistan im Norden, an Khost im Osten, an Paktika im Süden und an Ghazni im Osten (UN OCHA 4.2014). Die Provinz besteht aus folgenden Distrikten: Ahmadabad/Ahmad Abad, Sayed Karam/Mirzaka, Ahmadkhel/Lija Ahmad Khel/Laja Mangel, Zazi/ Alikhel/Jaji, Janikhel, Tsamkani/Chamkani, Dandaw Patan/Dand Wa Patan, Shwak/Shawak, Gerda Serai, Wuza Zadran/Zadran, Zurmat und Gardez; Gardez ist auch die Provinzhauptstadt (Pajhwok o.D.a; vgl. UN OCHA 4.2014, NPS o.D.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 570.534 geschätzt (CSO 4.2017). In der Provinz leben Tadschiken und verschiedene Teilstämme der Paschtunen (NPS o.D.). In der Provinz Paktia werden verschiedene Projekte zum Ausbau der ANP-Infrastruktur implementiert, die im März 2019 beendet werden sollen (SIGAR 30.1.2018). Der Machalgho Damm im Ahmadabad, dessen Bau im Jahr 2014 unterbrochen wurde (Pajhwok 29.4.2017), soll innerhalb der nächsten drei Jahre fertiggestellt werden (Tolonews 3.11.2017; vgl. Pajhwok 20.3.2018). Der Damm soll

2.300 Hektar Land bewässern, 800 Kilowatt Elektrizität generieren und 900 Familien mit Trinkwasser versorgen (Tolonews 3.11.2017; vgl. Pajhwok 29.4.2017). Auch soll mit dem Bau des Narai Khwli Damm in Ahmadkhelo Distrikt bald begonnen werden (Pajhwok 20.3.2018; vgl. Pajhwok 15.1.2018). Paktia zählte im November 2017 zu den Opium-freien Provinzen Afghanistans (UNODC 11.2017).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Paktia zählt zu den unruhigen Gebieten Afghanistans (Khaama Press 8.12.2017). Aufständische sind in einigen Distrikten der Provinz aktiv (Pajhwok 25.3.2018; vgl. OF 1.3.2018, Tolonews 9.1.2018, DW 4.8.2017, DZ 11.6.2017, Tolonews 13.5.2017). Paktia ist eine strategische Provinz Afghanistans und gilt als Hochburg der Taliban (RFI 17.10.2017) und des Haqqani-Netwerks (LWJ 10.8.2017); sie grenzt an Pakistan sowie auch an die Stammesgebiete unter pakistanischer Bundesverwaltung (FATA, Anm.) und gilt als Zutrittspunkt für aufständische Gruppierungen wie die Taliban, Mitglieder des Haqqani-Netzwerks oder al-Qaida (RFI 17.10.2017; vgl. AJ 18.10.2017, DW 11.6.2017). Im November 2017 erklärten sich die Dorfältesten der Provinz Paktia bereit, zwischen der afghanischen Regierung und dem Haqqani-Netzwerk zu vermitteln (Tolonews 10.11.2017).

In der östlichen Provinz Paktia leben Paschtunen-Familien traditionellerweise in einem großen Familienverband, um ihre Sicherheit, Ehre und Eigentum zu beschützen. Solche großen Familien werden besonders respektiert, nicht zuletzt, weil feindliche Parteien seltener eine Gruppe angreifen, die viele Männer und damit potenzielle Kämpfer umfasst. (IWPR 15.4.2016).

In Bezug auf Stammesdispute unterstrich der Gouverneur von Khost bei einem Besuch in Paktia die Notwendigkeit der Zusammenarbeit, um die Sicherheitslage zu verbessern und Stammesdispute zu lösen. Die Beseitigung von Stammesdisputen beider Provinzen würde die Sicherheitslage in der Region verbessern und das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung wiederherstellen. Sicherheits- und Verteidigungsbeamte, Mitglieder des Provinzrates, Stammesälteste und andere Beamte der Provinzen Khost und Paktia diskutierten über eine verbesserte Kooperation und Koordination bei der Bekämpfung von Verbrechen (Pajhwok 2.2.2017).

Es wurden zwei Angriffe in Gardez auf die afghanischen Sicherheitskräfte durch Aufständische der Provinz verübt, bei denen zahlreiche Menschen, auch Zivilisten, ums Leben gekommen bzw. verletzt worden sind (AJ 18.10.2017; vgl. RFI 17.10.2017, DZ 17.10.2017, RFI 18.6.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 60 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:

[...]

Im gesamten Jahr 2017 wurden 491 zivile Opfer (116 getötete Zivilisten und 375 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von gezielten Tötungen und Bodenoffensiven. Dies bedeutet eine Steigerung von 154% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Paktia

In der Provinz werden Militäroperationen durchgeführt, um gewisse Gegenden von Aufständischen zu befreien (EP 26.3.2018; vgl. TSD 25.3.2018); unter anderem in Form von Luftangriffen (TRT 28.3.2018; vgl. Xinhua 26.11.2017, RNA 17.10.2017, DW 4.8.2017, Tolonews 13.5.2017, Khaama Press 18.6.2017); dabei werden Aufständische getötet (TRT 28.3.2018; vgl. Xinhua 26.11.2017 DW 4.8.2017, Khaama Press 18.6.2017, Tolonews 13.5.2017). Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 16.3.2018; vgl. RFI 17.10.2017, DW 4.8.2017, RFI 18.6.2017). In der Provinz befindet sich ein afghanischer Militärstützpunkt, sowie die US-amerikanische Forward Operating Base (FOB) Gardez und die ebenfalls amerikanische "Advising Platform Lightning", wo die Task Force Southeast stationiert ist (FHS 31.8.2017; vgl. SOFN 22.6.2017, U.S. Army Mission 19.6.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Paktia

Aufständische sind in einigen Distrikten der Provinz aktiv (Pajhwok 25.3.2018; vgl. OF 1.3.2018, Tolonews 9.1.2018, DW 4.8.2017, DZ 11.6.2017, Tolonews 13.5.2017). Zu den Aufständischen zählen Mitglieder der Taliban (RFI 17.10.2017) sowie der al-Qaida (RFI 17.10.2017; vgl. AJ 18.10.2017, DW 11.6.2017). Aber auch das Haqqani-Netzwerk operiert in Paktia (DZ 11.6.2017; vgl. CRS 12.1.2017); die Provinz gilt als Geburtsort des Haqqani-Netzwerks (AJ 18.10.2017). Der Distrikt Janikhel galt Ende März 2018 als umkämpft (Tolonews 20.3.2018); Der Distrikt Janikhel hat u.a. für das Haqqani Netzwerk eine besondere Bedeutung - aufgrund seiner geographischen Lage, bietet er jenen, die den Distrikt kontrollieren, strategische Vorteile. Der Distrikt selbst grenzt an die Provinz Khost und verbindet so diese beiden Provinzen mit einem Abschnitt der Khost- Gardez-Autobahn, die ebenso durch die Provinzhauptstadt Gardez verläuft (TD 29.8.2016). Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden an der Grenze zur Provinz Khost IS-bezogene Vorfälle (Gefechte) gemeldet (ACLED 23.2.2018)."

Zu den als Ansiedlungsgebiet herangezogenen Provinz(en) bzw. Stadt/Städten führt das LIB aus:

"3.3. BALKH

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm; die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y).

Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).

Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:

Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut.

Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35).

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).

Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).

Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).

In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert [...].

Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Balkh

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).

Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh

Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.2.2018).

[...]

3.13. HERAT

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).

Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m³ turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).

Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).

Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert [...]

Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Herat

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o. D.).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018;

vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.2.2018;

vgl. Gandhara 22.2.2018, IP 13.8.2017, NYT 5.8.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an (FAZ 1.8.2017; vgl. DW 1.8.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.3.2018; vgl. Tolonews 4.3.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban-Gruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017).

Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018).

ACLED registrierte für den Zeitraum 1.1.2017-15.7.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.2.2017).

[...]"

Im LIB vom 13.11.2019 ist zu den Provinzen BALKH und HERAT ausgeführt:

["Balkh liegt im Norden Afghanistans und grenzt im Norden an Usbekistan, im Nordosten an Tadschikistan, im Osten an Kunduz und Baghlan, im Südosten an Samangan, im Südwesten an Sar-e Pul, im Westen an Jawzjan und im Nordwesten an Turkmenistan (UNOCHA 13.4.2014; vgl. GADM 2018). Die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz ist in die folgenden Distrikte unterteilt:

Balkh, Char Bolak, Char Kent, Chimtal, Dawlat Abad, Dehdadi, Kaldar, Kishindeh, Khulm, Marmul, Mazar-e Sharif, Nahri Shahi, Sholgara, Shortepa und Zari (CSO 2019; vgl. IEC 2018).

Nach Schätzung der zentralen Statistikorganisation Afghanistan (CSO) für den Zeitraum 2019-20 leben 1.475.649 Personen in der Provinz Balkh, davon geschätzte 469.247 in der Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif (CSO 2019). Balkh ist eine ethnisch vielfältige Provinz, welche von Paschtunen, Usbeken, Hazara, Tadschiken, Turkmenen, Aimaq, Belutschen, Arabern und sunnitischen Hazara (Kawshi) bewohnt wird (PAJ o.D.; vgl. NPS o.D.).

Balkh bzw. die Hauptstadt Mazar-e Sharif ist ein Import-/Exportdrehkreuz sowie ein regionales Handelszentrum (SH 16.1.2017). Die Autobahn, welche zum usbekischen Grenzübergang Hairatan-Termiz führt, zweigt ca. 40 km östlich von Mazar-e Sharif von der Ringstraße ab. (TD 5.12.2017). In Mazar-e Sharif gibt es einen Flughafen mit Linienverkehr zu nationalen und internationalen Zielen (BFA Staatendokumentation 25.3.2019). Im Januar 2019 wurde ein Luftkorridor für Warentransporte eröffnet, der Mazar-e Sharif und Europa über die Türkei verbindet (PAJ 9.1.2019).

Laut dem Opium Survey von UNODC für das Jahr 2018 belegt Balkh den

7. Platz unter den zehn größten Schlafmohn produzierenden Provinzen Afghanistans. Aufgrund der Dürre sank der Mohnanbau in der Provinz 2018 um 30% gegenüber 2017 (UNODC/MCN 11.2018).

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

Balkh zählt zu den relativ stabilen (TN 1.9.2019) und ruhigen Provinzen Nordafghanistans, in welcher die Taliban in der Vergangenheit keinen Fuß fassen konnten (AN 6.5.2019). Die vergleichsweise ruhige Sicherheitslage war vor allem auf das Machtmonopol des ehemaligen Kriegsherrn und späteren Gouverneurs von Balkh, Atta Moham

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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