TE Lvwg Erkenntnis 2020/4/3 LVwG-1-407/2019-R9

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Veröffentlicht am 03.04.2020
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Entscheidungsdatum

03.04.2020

Norm

VStG §25 Abs1
VwGVG 2014 §38
FrpolG 2005 §120 Abs1a
FrpolG 2005 §31 Abs1

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Eva-Maria Längle über die Beschwerde des B H, geb am XX.XX.XXXX (StA: A), vertreten durch RA Dr. Herbert Pochieser, Wien, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Vorarlberg vom 05.11.2019 betreffend eine Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz (FPG), zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.   Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe sich als Fremder vom 31.10.2019 bis am 05.11.2019 an seinem Wohnort in R, Wstraße, nicht rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten, weil sich Fremde gemäß § 31 Abs 1 FPG rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten;

1.   wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2.   wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechts nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3.   wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, bis zu drei Monaten (Art 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4.   solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 zukommt;

5.   bis zu einer Entscheidung über einen Verlängerungsantrag (§ 2 Abs 4 Z 17a), solange der Aufenthalt als Saisonier in den vergangenen zwölf Monaten insgesamt die Dauer von neun Monaten nicht überschreitet;

6.   wenn sie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer gemäß ICT-Richtlinie eines anderen Mitgliedstaates sind, der das SDÜ nicht vollständig anwendet und § 18 Abs 13 AuslBG erfüllen, solange der Aufenthalt im Bundesgebiet in den vergangenen 180 Tagen nicht insgesamt die Dauer von 90 Tagen überschreitet und die Voraussetzung des Art 6 Abs 1 lit e SGK erfüllt sind;

7.   wenn sie gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels „Forscher“ eines anderen Mitgliedstaates sind und eine Tätigkeit für eine Forschungseinrichtung ausüben, die gemäß § 1 Abs 2 lit h AuslBG vom sachlichen Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen ist, oder als deren Familienangehörige Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaaten sind, solange jeweils ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in den vergangenen 360 Tagen nicht insgesamt die Dauer von 180 Tagen überschreitet und die Voraussetzung des Art 6 Abs 1 lit e SGK erfüllt sind;

8.   wenn sie gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels „Student“ eines anderen Mitgliedstaates sind und an einem unions- oder multilateralen Programm mit Mobilitätsmaßnahmen teilnahmen oder für sie eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Hochschuleinrichtungen besteht, solange ihr Aufenthalt im Bundesgebiet nicht insgesamt die Dauer von 360 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen nach Art 6 Abs 1 lit e SGK erfüllt sind, oder

9.   soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

Mit Beschluss vom 16.10.2019, Zl XXX, habe der Verwaltungsgerichtshof seine außerordentliche Revision zurückgewiesen. Der Ausreiseverpflichtung binnen 14 Tagen sei er nicht nachgekommen.

Weil er während des vorgeworfenen Tatzeitraumes auch keine anderen Voraussetzungen eines gültigen Aufenthalts vorweisen hätte können, habe er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten.

Als Tatzeitraum wurde der 31.10.2019 bis zum 05.11.2019, als Tatort R, Wstraße, festgehalten.

Die Landespolizeidirektion Vorarlberg (LPD) erblickte darin eine Übertretung des § 120 Abs 1a iVm § 31 Abs 1 FPG. Es wurde eine Geldstrafe von 600 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen und 8 Stunden festgesetzt.

2.              Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt er im Wesentlichen vor, mit dem angefochtenen Straferkenntnis werde ihm eine Verletzung des § 120 Abs 1a iVm § 31 Abs 1 FPG durch unrechtmäßigen Aufenthalt an seinem Wohnort vom 31.10.2019 bis zum 05.11.2019 zur Last gelegt. Begründend werde ausgeführt, ihm sei die Strafverfügung der LPD Vorarlberg am 13.05.2019 durch Hinterlegung zugestellt worden. Dagegen hätte er am 21.05.2019 durch seinen Rechtsvertreter Einspruch erhoben. Den Gründen dieses Einspruches werde in den weiteren Ausführungen der Begründung entgegengetreten. Zur Strafhöhe werde ua ausgeführt, dass seine näheren Einkommensverhältnisse der Behörde nicht bekannt seien. Für Form und Inhalt der Straferkenntnisse würden gemäß § 24 VStG grundsätzlich die einschlägigen Bestimmungen der §§ 58 bis 60 AVG gelten, mit Ergänzungen durch das VStG, insbesondere durch dessen § 44a und § 46. Gemäß § 58 Abs 2 und § 60 AVG hätten behördliche Entscheidungen eine Begründung zu enthalten, in der die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen seien. Es sei daher in einer eindeutigen (die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und gegebenenfalls einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglichen) Weise darzutun, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt werde, aus welchen Erwägungen zur Ansicht gelangt worden sei, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege, und aus welchen Gründen die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtet worden sei (vgl VwGH 05.05.2014, Ro 2014/03/0033). Dazu zähle auch, dass der Beginn des Tatzeitraumes festzustellen und diese Feststellung entsprechend zu begründen sei (vgl VwGH 03.09.2019, Ra 2019/15/0070). In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berufe sich die Behörde auf eine Strafverfügung vom 07.05.2019, die unter derselben Geschäftszahl geführt werde und gegen die am 21.05.2019 Einspruch erhoben worden wäre. In der genannten Strafverfügung werde ihm gemäß § 120 Abs 1a iVm § 31 Abs 1 FPG ein unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet im Zeitraum vom 25.04.2019 bis zum 07.05.2019 vorgeworfen. Die Behörde trete den Ausführungen seines Einspruches entgegen und spreche nunmehr im angefochtenen Straferkenntnis aus, er hätte im Zeitraum vom 31.10.2019 bis zum 05.11.2019 eine Verletzung des § 120 Abs 1a iVm § 31 Abs 1 FPG begangen. Zu dem im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses genannten Tatzeitraum vom 31.10.2019 bis zum 05.11.2019 fehle es an jeglicher Feststellung oder Begründung. Die Behörde setze hiermit willkürlich einen Zeitraum fest, ohne anzugeben, aufgrund welcher Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, mittels welcher Erwägungen die belangte Behörde den angegebenen Tatzeitraum festgestellt habe. Die belangte Behörde habe dadurch ihre Begründungspflicht gröblich missachtet und es sei das Straferkenntnis daher mit Rechtswidrigkeit belastet. Einem Straferkenntnis habe ein ordentliches Ermittlungsverfahren voranzugehen. Zweck des Ermittlungsverfahrens sei gemäß § 37 AVG (anzuwenden gemäß § 24 VStG), den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgeblichen Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Damit würden zwei Verfahrensgrundsätze von weittragender Bedeutung normiert, nämlich der Grundsatz der materiellen Wahrheit und der Grundsatz des Parteiengehörs. Dem angefochtenen Straferkenntnis fehle es an jeglicher Feststellung zum abgesprochenen Tatzeitraum und ihm sei auch keine Möglichkeit zur Rechtfertigung eingeräumt worden. Der Gang des Verfahrens zur Strafverfügung vom 07.05.2019 sei diesbezüglich irrelevant, da Gegenstand der Strafverfügung ein anderer Tatzeitraum gewesen sei. Er sei mit dem angefochtenen Straferkenntnis zum ersten Mal über den Vorwurf einer Rechtsverletzung im Zeitraum 31.10.2019 bis 05.11.2019 in Kenntnis gesetzt worden und es sei ihm dabei unter völliger Missachtung der Verfahrensvorschriften und Verweigerung des rechtlichen Gehörs, welche zur Erlassung eines mangelfreien Straferkenntnisses einzuhalten seien, eine Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe auferlegt worden. Das angefochtene Straferkenntnis sei daher rechtswidrig. Bei der Bemessung der Strafhöhe sei im Straferkenntnis ua ausgeführt: „Ihre näheren Einkommensverhältnisse sind der Behörde nicht bekannt.“ Dem sei entgegenzutreten, da die Behörde bei Erfüllung ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht unschwer feststellen könne, dass er als Asylwerber ohne Vermögen nach Österreich gekommen sei und hier keine Beschäftigungsbewilligung erhalten habe, um ein Einkommen zu erwirtschaften. Auch in diesem Punkt habe die belangte Behörde ihre amtswegige Ermittlungspflicht verletzt. Aus diesen Gründen würden die Anträge gestellt

-     das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das Verfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs 1 VStG einzustellen,

                in eventu

-     es aufgrund der geringen Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der geringen Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sowie aufgrund seines geringen Verschuldens bei einer Ermahnung gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs 1 letzter Satz VStG bewenden zu lassen,

                in eventu

-     die Strafhöhe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß herabzusetzen.

3.   Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 16.10.2019, Zl XXX, die Revision des Beschwerdeführers gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.04.2019 betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG zurückgewiesen.

Mit dem erwähnten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes wurde eine Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 29.04.2015 gemäß den §§ 3 Abs 1, 8 Abs 1, 10 Abs 1 Z 3, 57 AsylG, gemäß § 9 BFA-VG und gemäß den §§ 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen, bzw, soweit damit über die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG abgesprochen wurde, ersatzlos behoben.

Im angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 3 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat A (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß den §§ 55 und 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs 1 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG betrug die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.).

Der Beschwerdeführer hat sich im Tatzeitraum 31.10.2019 bis zum 05.11.2019 nicht in R, Wstraße, und auch sonst nicht in Österreich aufgehalten. Er war lediglich an dieser Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Bereits mit Strafverfügung der LPD Vorarlberg vom 07.05.2019 wurde dem Beschwerdeführer eine Übertretung des § 120 Abs 1a iVm § 31 Abs 1 FPG mit Tatzeitraum 25.04.2019 bis zum 07.05.2019 angelastet. Gegen diese Strafverfügung wurde Einspruch erhoben, worauf das angefochtene Straferkenntnis erlassen wurde.

4.   Dieser Sachverhalt wird aufgrund der Aktenlage als erwiesen angenommen.

Einziger Anhaltspunkt im Akt der belangten Behörde dafür, dass sich der Beschwerdeführer im Tatzeitraum am Tatort bzw überhaupt in Österreich aufgehalten haben könnte, ist die im Behördenakt enthaltene ZMR-Abfrage vom 05.11.2019, gemäß der der Beschwerdeführer seit dem 09.05.2019 in der Wstraße in R mit Hauptwohnsitz gemeldet war. Offenbar war für die belangte Behörde dadurch die Begehung der dem Beschwerdeführer angelasteten Tat nachgewiesen.

Allein dies ist für das Verwaltungsgericht allerdings kein Beweis dafür, dass sich der Beschwerdeführer tatsächlich im Tatzeitraum in Österreich aufgehalten hat. Es kann nämlich genauso gut sein, dass der Beschwerdeführer sehr wohl Österreich verlassen hat, es jedoch unterlassen hat, sich bei der zuständigen Meldebehörde abzumelden. Diesfalls würde nicht die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Übertretung des § 120 Abs 1a iVm § 31 Abs 1 FPG vorliegen, sondern die mit einem wesentlich geringeren Strafrahmen (726 Euro, falls kein Wiederholungsfall vorliegt) nach § 22 Abs 1 Z 1 des Meldegesetzes.

Ansonsten ergeben sich aus dem Akt keinerlei Anhaltspunkte für einen illegalen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Tatzeitraum. Es findet sich zwar darin ein Aktenvermerk des BFA, Landesstelle Vorarlberg, vom 24.10.2019, Zl YY, über die Zulässigkeit der Abschiebung. Dieses Datum liegt jedoch vor dem Tatzeitraum, sodass es, selbst wenn sich der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt noch in Österreich aufgehalten hat, auch nicht ausgeschlossen ist, dass der Beschwerdeführer bis zum 31.10.2019 (= Beginn des Tatzeitraumes) Österreich dennoch verlassen hat.

Die belangte Behörde hat aufgrund einer am 25.04.2019 übermittelten Anzeige der Finanzpolizei vom Verdacht erfahren, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich aufhalten würde. Gemäß deren Erhebungen wäre der Beschwerdeführer im Zeitraum 23.08.2017 bis zum 25.01.2019 illegal bei einem F Unternehmen beschäftigt gewesen. Dieser Zeitraum liegt jedoch weit vor dem Tatzeitraum, daraus können keinerlei Schlüsse gezogen werden, dass sich der Beschwerdeführer mehr als neun Monate später noch in Österreich aufgehalten habe.

Das Verwaltungsgericht hat daher erhebliche Zweifel daran, dass sich der Beschwerdeführer im Tatzeitraum in Österreich aufgehalten hat. Aufgrund dessen war „in dubio pro reo“ die Feststellung zu treffen, dass sich der Beschwerdeführer im Tatzeitraum nicht in Österreich aufgehalten hat.

5.1. Nach § 120 Abs 1a FPG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes.

Nach § 31 Abs 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn bestimmte im Gesetz genannte Voraussetzungen vorliegen.

5.2. Da hier jedoch ein Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich während des Tatzeitraumes nicht erwiesen ist, konnte die Beurteilung, ob ein solcher rechtmäßig gewesen wäre, unterbleiben.

5.3. Das Verwaltungsgericht verkennt nicht, dass § 25 Abs 1 VStG (amtswegige Ermittlungspflicht im Verwaltungsstrafverfahren) gemäß § 38 VwGVG auch für die Verwaltungsgerichte gilt. Allerdings hat auch die amtswegige Ermittlungspflicht ihre Grenzen. So läuft gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl in etwa VwGH 17.09.2019, Ra 2019/18/0332) ein allgemeines Vorbringen, welches aus Mutmaßungen besteht, auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinaus, zu dessen Aufnahme das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet ist.

Die Begründung im angefochtenen Straferkenntnis beruht jedoch auf solchen bloßen Mutmaßungen (aufrechte Meldung im Tatzeitraum). Allfällige Erhebungen, bei wem auch immer, ob sich der Beschwerdeführer im Tatzeitraum doch in Österreich aufgehalten haben könnte, würden auf solche Erkundungen hinauslaufen, welche ein Verwaltungsgericht nicht durchführen muss.

Laut Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde im Verwaltungsstrafverfahren nicht verpflichtet, aufgrund bloßer Behauptungen, die in keiner Weise näher konkretisiert sind, weitere (umso weniger aufwendige) Ermittlungen durchzuführen (VwGH 26.03.1993, 90/17/0398).

Was für eine Partei in einem Verwaltungs- bzw Verwaltungsstrafverfahren gilt, hat jedoch auch für eine belangte Behörde in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu gelten, da auch sie eine Partei ist.

Die belangte Behörde hat keinerlei Beweisanträge gestellt und ebenfalls keine weiteren Beweismittel vorgelegt, sie hat auch keine Gegenäußerung erstattet, obwohl in der Beschwerde ausdrücklich gerügt wurde, dass es zu dem vorgeworfenen Tatzeitraum vom 31.10.2019 bis zum 05.11.2019 an jeglicher Feststellung oder Begründung fehlen würde. Auch hat die belangte Behörde auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet.

Aufgrund dessen sah sich das Verwaltungsgericht nicht veranlasst, Erkundungen zum Thema, ob sich der Beschwerdeführer im Tatzeitraum in Österreich aufgehalten hat oder nicht, zu tätigen.

5.4. Ob der Beschwerdeführer in dem in der Anzeige genannten Zeitraum 23.08.2017 bis 25.01.2019 oder in dem in der Strafverfügung genannten Zeitraum 25.04.2019 bis 07.05.2019 unrechtmäßig in Österreich aufhältig war, war nicht zu prüfen, da diese Zeiträume nicht Gegenstand des angefochtenen Straferkenntnisses waren.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

6.              Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflicht weitere Ermittlungsschritte setzen muss, unterliegt einer einzelfallbezogenen Beurteilung (VwGH 09.01.2020, Ra 2019/19/0550).

Schlagworte

Verwaltungsstrafrecht, Grenzen der amtswegigen Ermittlungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2020:LVwG.1.407.2019.R9

Zuletzt aktualisiert am

21.04.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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