TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/9 W144 2219521-1

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Veröffentlicht am 09.07.2019
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Entscheidungsdatum

09.07.2019

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W144 2219521-1/2E

W144 2219522-1/2E

W144 2219523-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber über die gemeinsame Beschwerde 1.) der XXXX , XXXX geb., 2.) des mj. XXXX , XXXX geb., und 3.) des mj. XXXX , XXXX geb., alle StA. von Afghanistan, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft in Islamabad vom 12.02.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 35 Abs. 2 und 5 AsylG idgF als

unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die 1.-Beschwerdeführerin (1.-BF) ist die Mutter der minderjährigen (mj.) 2. und 3.-Beschwerdeführer (2.- und 3.-BF), alle sind Staatsangehörige von Afghanistan und stellten am 07.09.2018 bei der österreichischen Botschaft in Islamabad (im Folgenden: ÖB) per email Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gem. § 35 AsylG und ersuchten unter einem um einen Termin zwecks persönlicher Vorsprache.

Begründend führten die BF in der Folge in den am 06.12.2018 abgegebenen "Befragungsformularen im Einreiseverfahren gem. § 35 AsylG" aus, dass sie die Ehegattin bzw. minderjährigen Kinder des XXXX geb., StA von Afghanistan, seien, dem mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17.04.2012, Zl. C18 407.209-1/2009/10E, der Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 AsylG zuerkannt worden sei.

Den Erhebungsformularen beigeschlossen waren folgende Dokumente:

Betreffend die 1.-BF:

* Fragebogen "Familienzusammenführung" vom 11.12.2018

* Reisepass

* Tazkira samt Übersetzung

* Heiratsurkunde vom XXXX , wonach die Ehe am XXXX geschlossen wurde, und diverse Heiratsunterlagen

* Reisepass, e-card und AB-Karte der Bezugsperson in Kopie

* Gehaltsabrechnungen der Bezugsperson mit Auszahlungsbeträgen von €

1.757,39 und € 130,-- (November 2018);€ 1.893,16 (Oktober 2018)

* A2 Zertifikat und Bestätigungen über diverse Kommunikations-/Kompentenzkurse, weiters Meldezettel und Bescheid über die Verlängerung der befristeten AB bis 04.08.2020 betreffend die Bezugsperson

* Versicherungsdatenauszug vom 27.02.2009 bis 18.11.2018/laufend der Bezugsperson, aus welcher sich für die letzten 3 Jahre folgende Beitragsgrundlagen (allgemein plus Sonderzahlungen) ergeben: Jahr 2016: € 12.025,58; Jahr 2017: € 12659,20; Jahr 2018: € 12.289,44. (durchschnittlich: € 12.292,44)

* Befristeter Hauptmietvertrag der Bezugsperson (Wohnung, 40m2, Vorzimmer, Küche, 1 Zimmer, 1 Kabinett, Dusche; Mietzins: € 485,-)

Betreffend die 2.- und 3.-BF jeweils:

* Reisepasskopie

* Tazkira samt Übersetzung

Mit Schreiben der ÖB vom 06.12.2018 wurden die Einreiseanträge der BF an das BFA zur Einholung einer Stellungnahme, ob eine Schutzgewährung an die Antragsteller wahrscheinlich erscheine, übermittelt.

Mit Schreiben vom 24.01.2019 erstattete das BFA eine solche auf alle Antragsteller bezugnehmende Stellungnahme und führte darin im Wesentlichen aus, dass die Gewährung eines Schutzstatus nicht wahrscheinlich erscheine, da die Bezugsperson 3x rechtskräftig strafrechtlich wegen Suchgiftdelikten und Hehlerei verurteilt wurde. Gem. § 34 Abs. 3 Z 1 AsylG sei bei Straffälligkeit der Bezugsperson die Zuerkennung eines Schutzstatus im Familienverfahren nicht möglich.

Mit Schreiben vom 25.01.2019 wurden die BF seitens der ÖB aufgefordert, zur gleichzeitig vorgehaltenen Stellungnahme des BFA Stellung zu nehmen. Eine solche Stellungnahme wurde seitens der BF in der Folge jedoch nicht erstattet.

Mit Bescheid vom 12.02.2019, zugestellt am 21.02.2019, verweigerte die ÖB die beantragten Visa mit der seitens des BFA übermittelten Begründung der Straffälligkeit der Bezugsperson.

Gegen diesen Bescheid erhoben die BF mit Schriftsatz vom 19.03.2019 fristgerecht eine gemeinsame Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend führten die BF aus, dass § 34 Abs. 3 Z 1 AsylG normiere, dass eine Schutzgewährung an den Familienangehörigen ausscheide, wenn DIESER straffällig geworden sei - es gehe dabei um die Straffälligkeit eines Antragstellers und nicht um eine Straffälligkeit der Bezugsperson, für die es eine korrespondierende Bestimmung gebe, wonach keine Schutzgewährung an ein Familienmitglied erfolgen könne, wenn bezüglich der Bezugsperson ein Aberkennungsverfahren anhängig sei. Die BF seien nicht straffällig geworden und sei in Bezug auf die Bezugsperson kein Aberkennungsverfahren anhängig, sodass der Bescheid der ÖB rechtswidrig sei.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 24.05.2019 wurde am 31.05.2019 dem Bundesverwaltungsgericht der Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.) Feststellungen:

Festgestellt wird zunächst der oben wiedergegebene Verfahrensgang; insbesondere, dass die Bezugsperson bereits seit April 2012 subsidiär Schutzberechtigter ist und die BF ihre Anträge erst im September 2018, somit etwa 61/2 Jahre später gestellt haben.

Weiters wird festgestellt, dass die Bezugsperson der BF in einer 40m² großen Wohnung lebt, die aus Vorzimmer, Küche, 1 Zimmer, 1 Kabinett und Dusche besteht, wofür ein monatlicher Mietzins von €

485,- aufzuwenden ist. Die Bezugsperson hat in den letzten 3 Jahren durchschnittlich (bereits unter Einrechnung von Sonderzahlungen) ein Monatseinkommen von € 1.024,37 ins Verdienen gebracht.

Ferner wird festgestellt, dass die 1.-BF die Bezugsperson am XXXX , sohin in einem Alter von 12 Jahren und 2 Monaten geheiratet hat.

2.) Beweiswürdigung:

Die Festgestellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Akt der ÖB.

Die Feststellungen zu den finanziellen Verhältnissen der Bezugsperson und ihrer Wohnsituation ergeben sich aus den von der 1.-BF vorgelegten Unterlagen (Mietvertrag, Lohnzettel und insbesondere Versicherungsdatenauszug, der einen längeren Zeitraum beleuchtet, als bloß 2 punktuell vorgelegte Lohnzettel vom Oktober und November 2018).

Die Feststellung zum Alter der 1.-BF zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung ergibt sich aus ihren Angaben im Erhebungsformular zu ihrem Geburtsdatum und zum Datum der Eheschließung.

3.) Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) idgF lauten wie folgt:

"§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).

Verfahren vor dem Verwaltungsgericht

Anzuwendendes Recht

§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte."

§§ 11, 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§2 Abs. 4 Z 13) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) lauten wie folgt:

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1.

gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2.

das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3.

im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen

§ 60. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn

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1.-gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht, oder

2.-gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.

(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn

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1.-der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,

2.-der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,

3.-der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und

4.-durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

(3) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn

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1.-dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt oder

2.-im Falle der §§ 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

§ 11 Abs. 5 NAG lautet wie folgt:

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), §§ 293 und 292 Abs. 3, lauten wie folgt:

Richtsätze

§ 293. (1) Der Richtsatz beträgt unbeschadet des Abs. 2

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a)-für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,

aa)-wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben --1 120,00 €

(Anm. 1),

bb)-wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen und sublit. cc nicht anzuwenden ist --882,78 € (Anm. 2),

cc)-wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen und die pensionsberechtigte Person mindestens 360 Beitragsmonate der Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit erworben hat --1 000 € (Anm. 3),

b)-für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder Pension nach § 259 --747,00 € (Anm. 2),

c)-für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:

aa)-bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres --274,76 € (Anm. 4),

-falls beide Elternteile verstorben sind --412,54 € (Anm. 5),

bb)-nach Vollendung des 24. Lebensjahres --488,24 € (Anm. 6),

-falls beide Elternteile verstorben sind --747,00 € (Anm. 2).

Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 120,96 € (Anm. 7) für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.

(2) An die Stelle der Richtsätze und der Richtsatzerhöhung gemäß Abs. 1 treten ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2001, die unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit dem Anpassungsfaktor (§ 108f) vervielfachten Beträge.

(3) Hat eine Person Anspruch auf mehrere Pensionen aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz, so ist der höchste der in Betracht kommenden Richtsätze anzuwenden. In diesem Fall gebührt die Ausgleichszulage zu der Pension, zu der vor Anfall der weiteren Pension Anspruch auf Ausgleichszulage bestanden hat, sonst zur höheren Pension.

(4) Haben beide Ehegatten oder eingetragenen PartnerInnen Anspruch auf eine Pension aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz und leben sie im gemeinsamen Haushalt, so besteht der Anspruch auf Ausgleichszulage bei der Pension, bei der er früher entstanden ist.

Anm. 1: gemäß BGBl. II Nr. 391/2016 für 2017: 1 334,17 €

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gemäß BGBl. II Nr. 339/2017 für 2018: 1 363,52 €

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gemäß BGBl. II Nr. 329/2018 für 2019: 1 398,97 €

Anm. 2: für 2017: 889,84 €

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für 2018: 909,42 €

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für 2019: 933,06 €

Anm. 3: für 2018: 1 022,00 €

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für 2019: 1 048,57 €

Anm. 4: für 2017: 327,29 €

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für 2018: 334,49 €

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für 2019: 343,19 €

Anm. 5: für 2017: 491,43 €

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für 2018: 502,24 €

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für 2019: 515,30 €

Anm. 6: für 2017: 581,60 €

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für 2018: 594,40 €

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für 2019: 609,85 €

Anm. 7: für 2017: 137,30 €

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für 2018: 140,32 €

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für 2019: 143,97 €)

Die aktuellen Werte für diese Richtsätze - übersichtlich zusammengefasst (vgl. etwa auch www.oesterreich.gv.at) - betragen somit für das Jahr 2019:

Richtsätze für die Ausgleichszulage ab Jänner 2019

Richtsätze für die Ausgleichszulage-pro Monat im Jahr 2019

Für alleinstehende Pensionistinnen/Pensionisten (gilt auch für Witwen/Witwer)-933,06 Euro

Für alleinstehende Pensionistinnen/Pensionisten (gilt nicht für Witwen/Witwer), die mindestens 360 Beitragsmonate der Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit erworben haben-1.048,57 Euro

Für Pensionistinnen/Pensionisten, die mit der Ehepartnerin/dem Ehepartner oder der/dem gleichgeschlechtlichen eingetragenen Partnerin/Partner im gemeinsamen Haushalt leben-1.398,97 Euro

Erhöhung pro Kind, dessen Nettoeinkommen 334,49 Euro nicht übersteigt (nicht bei Witwer- oder Witwenpension)-143,97 Euro

Pensionsberechtigte auf Waisenpension: bis zum 24. Lebensjahr-343,19 Euro

Pensionsberechtigte auf Waisenpension: bis zum 24. Lebensjahr, falls beide Elternteile verstorben sind-515,30 Euro

Pensionsberechtigte auf Waisenpension: nach dem 24. Lebensjahr-609,85 Euro

Pensionsberechtigte auf Waisenpension: nach dem 24. Lebensjahr, falls beide Elternteile verstorben sind-933,06 Euro

Voraussetzungen für den Anspruch auf Ausgleichszulage

§ 292 Abs. 3.

(3) Nettoeinkommen im Sinne der Abs. 1 und 2 ist, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge. Für die Bewertung der Sachbezüge gilt, soweit nicht Abs. 8 anzuwenden ist, die Bewertung für Zwecke der Lohnsteuer mit der Maßgabe, daß als Wert der vollen freien Station der Betrag von 216,78 € (Anm. 1) heranzuziehen ist; an die Stelle dieses Betrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 1994, der unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit dem Anpassungsfaktor (§ 108f) vervielfachte Betrag. Im Falle des Bezuges einer Hinterbliebenenpension (§ 257) vermindert sich dieser Betrag, wenn für die Ermittlung der Ausgleichszulage zur Pension des verstorbenen Ehegatten/der verstorbenen Ehegattin oder des verstorbenen eingetragenen Partners/der verstorbenen eingetragenen Partnerin (Elternteiles) Abs. 8 anzuwenden war oder anzuwenden gewesen wäre und der (die) Hinterbliebene nicht Eigentümer (Miteigentümer) des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes war, für Einheitswerte unter 4 400 € im Verhältnis des maßgeblichen Einheitswertes zu dem genannten Einheitswert, gerundet auf Cent; Entsprechendes gilt auch bei der Bewertung von sonstigen Sachbezügen

(___________________

Anm. 1: gemäß BGBl. II Nr. 391/2016 für 2017: 284,32 €

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-gemäß BGBl. II Nr. 339/2017 für 2018: 288,87 €

-gemäß BGBl. II Nr. 329/2018 für 2019: 294,65 €)

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes - wenngleich in casu nicht in der konkreten Begründung, aber doch im Ergebnis - zutreffend ist:

Im vorliegenden Fall wurden am 07.09.2018 Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich seit April 2012 subsidiär schutzberechtigte "Ehegatte"/Vater der BF, XXXX geb., StA von Afghanistan, genannt.

Vorweg ist auszuführen, dass die Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach die Einreistitel gem. § 34 Abs. 3 Z 1 AsylG zu versagen seien, weil die Bezugsperson straffällig geworden sei, rechtlich verfehlt ist. § 34 Abs. 3 Z 1 leg.cit. bezieht sich - wie in der Beschwerde zu Recht gerügt - auf eine allfällige Straffälligkeit des Antragstellers und nicht auf jene der Bezugsperson.

Dennoch erweist sich die Abweisung der Einreiseanträge gem. § 35 AsylG in den vorliegenden Fällen im Ergebnis als rechtsrichtig:

Gem. § 35 Abs. 2 AsylG sind in casu die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG zu erfüllen, was jedoch nicht gegeben ist:

Die BF haben keine eigenen Einkünfte, sodass ihr Nachweis über Unterhaltsmittel allenfalls nur durch Unterhaltsansprüche gegenüber der Bezugsperson (dem Verpflichteten) erfolgen kann. Dabei muss dieser grundsätzlich, damit eine Tragfähigkeit seiner Leistungsfähigkeit gegeben ist, Einkünfte in der Höhe eines einfachen ASVG-Richtsatzes für sich (- im Falle einer Ehe den Ehegattenrichtsatz) und zusätzlich eines weiteren Richtsatzes für den Zuziehenden verfügen, wobei fallbezogen auch regelmäßige Aufwendungen zu berücksichtigen sind (vgl. Leitfaden des BMI über die Unterhaltsberechnung im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz).

Zur Berechnung der notwendigen Mittel führte der VwGH in seinem Erkenntnis vom 22.03.2011, Zl. 2007/18/0689, Folgendes aus (Hervorhebung im Original nicht enthalten):

"Bei der Unterhaltsberechnung nach § 11 Abs. 5 NAG 2005 ist bei einem gemeinsamen Haushalt unter Berücksichtigung der zu versorgenden Personen zu prüfen, ob das Haushaltsnettoeinkommen den "Haushaltsrichtsatz" nach § 293 Abs. 1 ASVG erreicht. Auf das Existenzminimum des § 291a EO ist in einer solchen Konstellation nicht Bedacht zu nehmen. Aus § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa und Abs. 4 ASVG sowie § 292 Abs. 2 ASVG ist abzuleiten, dass der Berechnung, ob der in § 293 ASVG genannte Richtsatz erreicht wird und in welchem Ausmaß die Ausgleichszulage zusteht, das Haushaltsnettoeinkommen zu Grunde zu legen ist, sofern der Anspruchsberechtigte mit einem Ehepartner im gemeinsamen Haushalt lebt. Dadurch hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass es zur Existenzsicherung im Falle des Bestehens bestimmter familiärer Bande nicht für jede Person eines Einkommens nach dem für einen alleinstehenden Pensionsempfänger vorgesehenen Richtsatz bedarf. Hingegen nehmen die Bestimmungen der §§ 291a ff EO über den unpfändbaren Freibetrag (das "Existenzminimum") keinen Bedacht darauf, ob der Verpflichtete in einem Mehrpersonenhaushalt lebt und somit die Gesamtbedürfnisse eines Ehepaares geringer wären als die verdoppelten Freibeträge. Schon aus diesem Grund kann das Existenzminimum des § 291a EO nicht auf alle Fälle einer Unterhaltsberechnung nach § 11 Abs. 5 NAG 2005 - die ausdrücklich anhand des § 293 ASVG vorzunehmen ist - angewendet werden. Der Zweck des § 11 Abs. 5 NAG 2005, die notwendigen Kosten der Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu gewährleisten, gibt keine Veranlassung zu der Annahme, dem Verpflichteten müsse darüber hinaus noch ein Existenzminimum für eine Einzelperson zur Verfügung stehen. Des Weiteren wird im Regelfall der Unterhalt dann, wenn Verpflichteter und Berechtigter im selben Haushalt wohnen, in Naturalleistungen erbracht. Dem gegenüber legen die §§ 291a ff EO den pfändungsfreien Teil bei einer Exekution auf Geldforderungen zur Hereinbringung eines in Geld bestehenden (hier: Unterhalts-)Anspruchs fest."

Die Bezugsperson müsste somit für sich, seine "Ehegattin" (- zur Unwirksamkeit der Eheschließung für den österr. Rechtsverkehr siehe unten stehende Ausführungen) und die 2 Kinder gem. § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG iVm § 11 Abs. 5 NAG iVm § 293 ASVG ein (regelmäßiges) monatliches Einkommen ("Haushaltsnettoeinkommen") von jedenfalls €

1.686,91 (1.398,97 [=Ehegattenrichtsatz] + 2x 143,97 [=Richtsatz für Kinder]) aufbringen, um erst einmal den Nominalwert der notwendigen aktuellen Ausgleichszulagenrichtsätze zu erreichen. Sein durchschnittlicher Verdienst in den letzten 3 Jahren (dieser entspricht auch in etwa dem Durchschnittsverdienst im letzten Jahr 2018) ist mit ca. € 1.024,37/Monat bereits geringer und von diesem Betrag wären in der Folge Aufwendungen für Mietbelastungen (€ 485,-), die über die "freie Station" des § 292 Abs. 3 ASVG (aktuell für das Jahr 2019: € 294,65) hinausgehen, somit in casu € 190,35 abzuziehen. Damit steht jedenfalls unzweifelhaft fest, dass die regelmäßig geltend gemachten Einkünfte des BF von durchschnittlich etwa € 1.025,- bei Weitem nicht ausreichen, um davon ausgehen zu können, dass der Aufenthalt der BF zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft iSd § 60 Abs. 2 Z3 AsylG und § 11 Abs. 5 NAG führen könnte.

Weiters findet sich in den Verwaltungskaten auch kein Nachweis über einen Krankenversicherungsschutz der BF iSd § 60 Abs. 2 Z 2 AsylG.

Zudem kommt, dass die Bezugsperson mit einer 40m2 Wohnung auch über keine ortsübliche Unterkunft für sich und 3 weitere Personen verfügt. Wenngleich die Ortsüblichkeit einer Unterkunft nicht allein an der Quadratmetergröße festgemacht werden kann, so ist doch auszuführen, dass beispielsweise laut Statistik Austria, Registerzählung 2011, etwa türkischen Haushalten in Wien pro Kopf 20,5 m2 Wohnfläche zur Verfügung stehen (vgl. kurier vom 04.12.2013 mit Verweis auf Statistik Austria); der Durchschnittswert für Haushalte in Wien beträgt 36,3m2 pro Person im Jahr 2018 (www.statistik.at). Wenn die BF nun in der Wohnung der Bezugsperson pro Kopf mit 10 m2 lediglich nur die Hälfte der Wohnfläche von türkischen Haushalten in Wien zur Verfügung hätten, erscheint die Ortsüblichkeit, selbst von einem geringen Niveau ausgehend, sehr deutlich unterschritten. In diesem Sinn hat auch bereits das Landesverwaltungsgericht Wien in seinem Erkenntnis vom 10.11.2014, Zl. VGW-151/023/27620/2014, - unter Bezugnahme auf statistisches Material - ausgeführt, dass eine Wohnungsgröße von 40,3 m2 (1 Zimmer, Küche, 1 Kabinett) für eine 4-köpfige Familie in Wien als nicht ortsüblich zu bezeichnen sei.

In casu sind daher die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z. 1-3 AsylG nicht gegeben, sodass in der Folge zu prüfen ist, ob die Ausnahmebestimmung des § 35 Abs. 4 Z 3, letzter Halbsatz, AsylG zur Anwendung gelangt, wonach von der Erfüllung dieser Voraussetzungen abzusehen ist, wenn die Stattgebung des Antrags gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat-und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist:

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, hatten die Antragsteller bereits jedenfalls seit dem Jahr 2012 keinen persönlichen Kontakt mehr zur Bezugsperson. Es wird dabei nicht verkannt, dass das Familienleben von minderjährigen Kindern und ihren Eltern nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen untergeht, und etwa auch eine vorübergehende Trennung, etc., nicht zur Folge hat, dass gleichsam jede Bindung aufgehoben erscheint. In casu liegen jedoch solche außergewöhnlichen Umstände vor, da im Falle einer derart langen Zeitspanne - die 2.- und 3.-BF haben mehr als die Hälfte ihres Lebens ohne persönlichen Kontakt zur Bezugsperson gelebt - nicht mehr von einer bloß vorübergehenden Trennung gesprochen werden kann. Damit erscheint jedoch die Stattgebung des Antrags der BF nicht geboten, um ein Familienleben mit der Bezugsperson "aufrechtzuerhalten".

Im Ergebnis erweist sich eine Schutzgewährung an die BF im Rahmen eines Familienverfahrens gem. § 34 AsylG aus den mehreren genannten Gründen als unwahrscheinlich und waren die Einreisetitel daher gem. § 35 AsylG zu versagen.

Lediglich der Vollständigkeit halber ist letztlich auszuführen, dass die Ehe der 1.-BF mit der Bezugsperson im Bundesgebiet nicht als rechtsgültig anerkannt werden kann, da die 1.-BF zum Zeitpunkt der Eheschließung erst 12 Jahre alt war:

Die maßgebliche Bestimmung (§ 1,) des Ehegesetzes idgF lautet wie folgt:

Recht der Eheschließung

A. Ehefähigkeit

§ 1. (1) Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, sind ehemündig.

(2) Das Gericht hat eine Person, die das 16. Lebensjahr vollendet hat, auf ihren Antrag für ehemündig zu erklären, wenn der künftige Ehegatte volljährig ist und sie für diese Ehe reif erscheint.

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 16 und 6) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten wie folgt:

Form der Eheschließung:

§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.

(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Vorbehaltsklausel (ordre public)

§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.

Der Oberste Gerichtshof hat jeweils unter Verweis auf Art. 16 Haager Minderjährigenschutzabkommen und § 6 IPRG in seinen Entscheidungen OGH 7Ob 600/86, 9 Ob 34/10f und 6 Ob 138/13g dargelegt, dass außerhalb der verfassungsrechtlich geschützten Grundwertungen etwa die Einehe, das Verbot der Kinderehe und des Ehezwanges, der Schutz des Kindeswohles im Kindschaftsrecht oder das Verbot der Ausbeutung der wirtschaftlichen und sozial schwächeren Partei zum Inhalt der geschützten Grundwertungen des österreichischen Rechts zählen.

Es ist daher im gegenständlichen Verfahren davon auszugehen, dass keine rechtskonforme Ehe der BF gemäß dem Internationalen Privatrechtsgesetz mit der Bezugsperson in Österreich besteht. Nach § 6 IPRG ist eine Bestimmung des fremden Rechtes dann nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. Eine Kinderehe widerspricht eindeutig den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung, und folgt aus § 6 IPRG, dass die von der BF und der Bezugsperson geschlossene Ehe hier keinen Rechtsbestand hat.

Eine mündliche Verhandlung war gemäß § 11a Abs. 2 FPG nicht durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im den vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei obigen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Einreisetitel, finanzielle Mittel, Kinderehe, Nachweismangel,
Straffälligkeit, Unterkunft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W144.2219521.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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